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JHK
JHK 2023
»Man muss die richtige Taktik anwenden.« Ermittlungsverfahren und Untersuchungshaft der DDR-Staatssicherheit in den 1950er- und 1970er-Jahren
Sebastian StudeJHK 2023
Zwischen »Parteilichkeit« und »Gesetzlichkeit«
Roger Engelmann / Daniela MünkelJHK 2023
Der Fall der Familie Ouřada
Muriel BlaiveJHK 2023
Schutz und Strenge
Jens BoysenDDR A-Z
Rückblick
Was geschah am 13. September?
1954: Inkrafttreten von Preissenkungen für Lebensmittel, Genußmittel und Gebrauchsgüter der staatlichen Handelsorganisation (HO) sowie der Postgebühren (Preissystem und Preispolitik). 1955: Adenauer und Chruschtschow vereinbaren in Moskau die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der BRD und der SU. 1956: Vereinbarung des Bundesvorstands des FDGB und des Ministeriums für Arbeit und Berufsausbildung über Lohnerhöhungen und Aufhebung der unteren Ortsklassen; am 4.6. waren Preissenkungen für einzelne Konsumgüter in Kraft getreten; am 16.11. wurden Rentenerhöhungen festgesetzt. 1977: Offizieller Freundschaftsbesuch einer Partei- und Staatsdelegation der DDR unter Leitung von Erich Honecker in Bulgarien; Unterzeichnung eines neuen Vertrags über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand zwischen beiden Staaten (Freundschaftsverträge). 1982: Besuch von Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski in der DDR. In einem Gespräch Wischnewskis mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden E. Honecker, an dem auch der Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR, Dr. Hans Bräutigam, und DDR-Außenminister O. Fischer u. a. teilnehmen, werden Fragen eines Kulturabkommens, des Gewässerschutzes in Berlin sowie des erhöhten Mindestumtauschs behandelt. Eröffnung einer Ausstellung aus der Bundesrepublik zu Problemen der Stadtsanierung mit dem Motto „Stadt Park — Park Stadt“ in Berlin (Ost); die Ausstellung wird auch in Magdeburg und Karl-Marx-Stadt gezeigt (Kulturelle Zusammenarbeit). 1983: Meinungsaustausch zwischen dem Bundesgeschäftsführer der SPD und Chefredakteur der SPD-Zeitschrift „Die neue Gesellschaft“, Peter Glotz, und dem Chefredakteur der theoretischen Zeitschrift der SED „Einheit“, Prof. M. Banaschak, in Berlin (Ost). Glotz trifft auch mit dem SED-Politbüromitglied und ZK-Sekretär für Wissenschaft, Prof. K. Hager, zu einem Gespräch zusammen.DDR A-Z 1975
Politische Ökonomie (1975)
Siehe auch: Politische Ökonomie: 1969 1979 1985 Politökonomie: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Die PÖ. im weiteren Sinne ist die „Wissenschaft von den Bedingungen und Formen, unter denen die verschiedenen menschlichen Gesellschaften produziert und ausgetauscht und unter denen sich demgemäß jedesmal die Produkte verteilt haben“ (Marx/Engels Werke, Bd. 20, Berlin [Ost] 1962, S. 139), sie untersucht also die Produktionsverhältnisse und wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten aller ökonomischen Gesellschaftsformationen von der Urgemeinschaft bis zum Kommunismus, sie bezeichnet in ihrem engeren Sinne die Wissenschaft von den Gesetzmäßigkeiten in einer bestimmten Gesellschaftsformation. I. Funktion und Stellung im Marxismus-Leninismus Die PÖ. als „wissenschaftliche Theorie der Arbeiterklasse“ wurde von Marx und Engels auf der Grundlage der Kritik der klassischen bürgerlichen PÖ. entwickelt und von Lenin im historischen Entwicklungsprozeß ausgeformt und weiterentwickelt. Sie gilt heute in ihrer engen Verflechtung und Durchdringung mit dem dialektischen und historischen Materialismus und zusammen mit dem wissenschaftlichen Kommunismus als einer der drei Bestandteile des Marxismus-Leninismus, die die ideologische Basis der Politik der kommunistischen und Arbeiterparteien bilden. Sie versteht sich als historische wie als Gesellschaftswissenschaft und untersucht so die Produktionsverhältnisse in ihrer geschichtlichen Entwicklung und will die Entstehung, Entwicklung und Ablösung der gesellschaftlichen Produktionsformen durch neue, fortschrittlichere zeigen. Die innere Struktur und Bewegungsgesetze einer Gesellschaftsformation erforschend, betrachtet sie den Zusammenhang von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, von Produktionsweise und gesellschaftlichem Überbau sowie deren jeweilige Durchdringung und Wechselwirkung. Am Ende der Untersuchung werden allgemeine, für alle oder mehrere bzw. für bestimmte Gesellschaftsformationen geltende Gesetzmäßigkeiten formuliert, um aus ihnen dann Erfordernisse und Konsequenzen für das Handeln der Arbeiterklasse und der mit ihr verbündeten Klassen und Schichten zur Erfüllung ihrer historischen Aufgabe abzuleiten. In diesem Sinne ist sie parteilich und trägt, da sie ihre Analysen vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus formuliert, Klassencharakter. „Alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen“ (Marx/Engels Werke, Bd. 25, S. 825). Ausgehend von den äußeren Erscheinungsformen sucht die marxistische PÖ. das „Wesen“ der Verhältnisse und die Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Beziehungen zu erkennen. Ihre Methode ist die des dialektischen und des historischen Materialismus, der dialektisch-logischen Analyse, der Abstraktion und Konkretion, des Aufsteigens vom Einfachen zum Komplizierten, der Verallgemeinerung und ihrer Gegenüberstellung mit dem historischen Entwicklungsprozeß. Damit soll die Verallgemeinerung die reale Bewegung der inneren Widersprüchlichkeit gesellschaftlicher Prozesse abbilden; die verwendeten polit-ökonomischen Kategorien haben die quantitativen und qualitativen Änderungen und den treibenden Grund der realen Bewegung zu erfassen; als theoretische Ausdrücke der historisch bestimmten Produktionsverhältnisse sind sie in ihrem Gehalt ebenfalls historische und damit vergängliche Produkte. Die marxistische PÖ. bedient sich dabei nahezu aller Gesellschaftswissenschaften als Hilfswissenschaften, besonders spezieller Disziplinen der Ökonomie wie Industrieökonomik, Arbeitsökonomik, Agrarökonomik u. a. m., sowie aber auch der Mathematik und Kybernetik (mathematische Methoden der Bilanzrechnung — Einsatz-Ausstoß-Analyse — von W. Leontiew). [S. 657]<II. Geschichte> Sie ist zu unterscheiden von der Geschichte des ökonomischen Denkens ohne systematische Form, beginnt mit dem Zerfall der Urgemeinschaft und erlebte in der Sklavenhaltergesellschaft ihren ersten Aufschwung (Aristoteles). Die eigentliche Geschichte der PÖ. beginnt mit der systematischen Analyse des Kapitalismus. Sie hat zum Gegenstand das ökonomische theoretische Denken und seine Entwicklung seither. Sie vollzieht sich im marxistisch-leninistischen Selbstverständnis in Abhängigkeit von der Entwicklung der jeweiligen Produktionsweise, ist Ausdruck der materiellen Interessen bestimmter Gesellschaftsklassen und somit auch Bestandteil des ideologischen Klassenkampfes. Im Gegensatz zur bürgerlichen Geschichtsschreibung, die die Entwicklung der PÖ. als ständige Weiterentwicklung ökonomischer Ideen darstellt, behandelt die marxistische Theoriengeschichtsschreibung die Geschichte der PÖ. als Teil der materiellen und ideologischen Entwicklung der Gesellschaft. Der Aufschwung der Waren- und Geldwirtschaft, die Ausdehnung des Handels und später die Anfänge der kapitalistischen Industrieproduktion weckten das Interesse an der Untersuchung und Formulierung aller in der Volkswirtschaft wirkenden Gesetzmäßigkeiten. Als eigentlicher Beginn der Nationalökonomie gilt die klassische PÖ., die sich hauptsächlich in England zugleich mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion entfaltete und ihre wichtigsten Vertreter in Adam Smith und David Ricardo hatte. Ihre Theorien waren eng mit dem Kampf des industriellen Bürgertums gegen die feudalen Verhältnisse und die Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit verbunden. Da mit seinem politischen Sieg das Bürgertum an einer Stabilisierung der sozialen Verhältnisse interessiert war und sich einer allmählich erstarkenden Arbeiterbewegung gegenüber fand (Chartisten in England), es die kapitalistischen Produktionsverhältnisse als „ewige Naturform gesellschaftlicher Produktion“ (Marx) ansah, geriet seine Theorie zur Rechtfertigungsideologie („Vulgärökonomie“). Auf der Grundlage des Forschungsstandes der klassischen PÖ., in der Tradition der bürgerlichen Philosophie, unter dem moralisch-politischen Anspruch utopischer Sozialisten in England und Frankreich und der sich entwickelnden Arbeiterbewegung schrieben Marx und Engels ihre Kritik der PÖ., die im „Kapital“ (1. Bd. 1867) ihre systematische Darstellung fand. Seit Marx und Engels entwickelte sich die PÖ. in zwei gesonderten Strömungen, der (marxistischen) PÖ. der Arbeiterbewegung und der bürgerlichen Ökonomie. Der Eintritt des Kapitalismus in die „monopolistisch-imperialistische“ Eintwicklungsphase um die Jahrhundertwende brachte neue Erscheinungen hervor (Monopolbildung, Aufgabe der freien Konkurrenz, Konflikte der Kolonialpolitik, Strukturkrisen, Ansteigen der Reallöhne u. a. m.), die die innermarxistische Diskussion belebten: Eindringen revisionistischer Strömungen in die Arbeiterbewegung, die die Marxsche These von der Verschärfung der inneren Widersprüche des Kapitalismus in Frage stellte (Bernstein, David, Tugan-Baranowski): Diskussion über die Frage des Einflusses des Kapitalismus auf Rußland; Diskussion über Entwicklungstendenzen der Landwirtschaft im Kapitalismus. Ein zentrales Problem in der theoretischen Diskussion war die politische und wissenschaftliche Erklärung des Imperialismus (Hilferdings „Finanzkapital“ 1910; R. Luxemburgs „Die Akkumulation des Kapitals“ 1913; Lenins „Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ 1916). Vor allem die Schriften Lenins über den Imperialismus wurden in der Sicht der Marxisten-Leninisten zum Fundament einer neuen Strategie der Arbeiterbewegung, da nach ihm die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder zur Instabilität führe und die Möglichkeit des revolutionären Umsturzes in nur einem Land geschaffen werde. Zugleich ziehe der Imperialismus den Aufschwung nationaler Befreiungsbewegungen nach sich, die zum Bundesgenossen der internationalen Arbeiterbewegung würden. Die bürgerliche Theorie nahm eine andere Entwicklung. Sie spaltete sich in eine „subjektivistische“ und eine historische Richtung. Die Subjektivisten entwickelten zum einen die Lehre von der Verfügung der Güter nach ihrem Grenznutzen, den das einzelne Gut für den jeweiligen Konsumenten habe und der somit auf dem Markt den Wert bestimme (Wieser, Böhm-Bawerk), zum andern entwickelte sie die Theorie von der Grenzproduktivität der Produktionsfaktoren, nach der die Eigentümer verschiedener Produktionsfaktoren so viel erhalten, wie die von ihnen gestellten Faktoren zum Wert des Sozialprodukts beigetragen haben (J. B. Clark). Beide Theorien berücksichtigen nach marxistisch-leninistischer Sicht den geschichtlich-gesellschaftlichen Charakter der kapitalistischen Produktion nicht; sie dienten lediglich zur Rechtfertigung der kapitalistischen Distributionsverhältnisse. Die historische Schule entstand als Kritik der klassischen bürgerlichen Ökonomie und grenzte sich gegen die historisch-materialistische Theorie ab; sie bestritt die Existenz ökonomischer Gesetze überhaupt (Roscher) und beschränkte sich immer mehr auf die Wirtschaftsgeschichtsschreibung (Schmoller). Aus dieser Schule gingen die Werke von W. Sombart („Der moderne Kapitalismus“ 1902) und Max Weber („Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ 1904/05) über die Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus hervor. Sie gingen in Auseinandersetzung mit Marxschen Vorstellungen ebenfalls von der historischen Bedingtheit des Kapitalismus aus, fanden aber die Erklärung [S. 658]für die Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus im „kapitalistischen Geist“ (Sombart) und in der calvinistisch geprägten protestantischen Ethik (Weber). Unter dem Einfluß von Marx stand auch J. A. Schumpeter, der den Ursprung der Dynamik der kapitalistischen Wirtschaft im Streben der Unternehmer nach technischem Fortschritt im Produktionsprozeß sah, diese Ursache aber im Unterschied zu Marx nicht als objektive Notwendigkeit des kapitalistischen Produktionsprozesses erklärte, sondern der schöpferischen und risikofreudigen Einstellung der Unternehmer zuschrieb. Die Errichtung des sowjetischen Staates als Ergebnis der Oktoberrevolution 1917 und die Entwicklung des Kapitalismus nach dem I. Weltkrieg schufen neue Bedingungen für die Weiterentwicklung der PÖ. Die entstehenden sozialistischen Produktionsverhältnisse verlangten nach einer PÖ. des Sozialismus, die allerdings ihre eigene „konkret-materielle Grundlage“ erst schaffen mußte. Da sich die Erfahrungen und die Gesetze des sozialistischen Wirtschaftens erst allmählich herausbildeten, kam es auch erst langsam zu theoretischen Schlußfolgerungen. Zentrale Probleme der Diskussion waren der sozialistische Umbau der Landwirtschaft, die Bedeutung des Ware-Geld-Verhältnisses und die Wirtschaftsrechnung im Sozialismus. Im Zuge der Vorbereitungen für den ersten Fünfjahrplan in der UdSSR (1928–1932) wurden die Grundlagen der Prinzipien der Wirtschaftsplanung herausgearbeitet. Das von Stalin in den 30er Jahren geschaffene System der wirtschaftlichen und politischen Leitung ließ kaum Untersuchungen über das Wirken objektiver ökonomischer Gesetze zu. Als Beleg dafür kann die 1952 veröffentlichte Arbeit Stalins „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR“ gelten. Sie eröffnete allerdings zugleich mit dem Hinweis auf das Wirken ökonomischer Gesetze sowie auf die Existenz von Widersprüchen zwischen den Produktionsverhältnissen und den Produktivkräften im Sozialismus den Weg zu wissenschaftlichen Analysen, wie die Belebung in der PÖ. des Sozialismus nach 1956 zeigt. Bei ihrer Ausarbeitung befaßte man sich zunächst vor allem mit Problemen der Herausbildung sozialistischer Eigentumsverhältnisse. Die Errichtung einer sozialistischen Wirtschaft seit 1917 und vor allem eines ganzen Systems von Staaten mit sozialistischer Gesellschaftsordnung als Ergebnis des II. Weltkrieges schuf eine neue Lage für die Staaten mit kapitalistischer Wirtschaftsordnung und auch für die Entwicklung der bürgerlichen Ökonomie. Es war nun nicht mehr das einzige System der Weltwirtschaft und zur Koexistenz mit einem rivalisierenden sozialistischen System und somit zu einer kritischen Analyse des eigenen Systems gezwungen, die über Rechtfertigungstheorie hinausgehen mußte. Unmittelbarer Anlaß waren die Weltwirtschaftskrise 1929–1933 und die darauf folgende Depression bis zum Ausbruch des II. Weltkrieges. In dieser Situation entwarf J. M. Keynes seine „Neue Ökonomie“. Ausgehend von der Feststellung, daß die reife kapitalistische Wirtschaft nicht imstande ist, die gesamte vorhandene Arbeitskraft zu beschäftigen, forderte er die aktive Intervention des Staates, um private Investitionen anzuregen, eine Hebung des Beschäftigungsgrades zu erreichen und die Konsumtätigkeit durch gesellschaftliche Umverteilung der Einkommen zugunsten der unteren Schichten zu steigern. Gleichzeitig intensivierte sich auch die sozialistische Kritik an der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sowohl aus der UdSSR (Eugen Varga) wie auch in kapitalistischen Ländern (Bauer, Sweezy, Dobb, Kalecki, Lange). Auch die bürgerliche Ökonomie selbst wandte sich nun im Zusammenhang mit Problemen der Planung der Wirtschaft, die sich konsequenterweise aus den Keynesschen Forderungen ergaben, nach dem II. Weltkrieg die relativ enge Analyse der Markterscheinungen verlassend, den grundlegenden Konzepten der klassischen bürgerlichen PÖ. zu und begann, die Prozesse der Akkumulation und Reproduktion zu untersuchen (Joan Robinson und P. Sraffa). Die marxistische Analyse des „Monopolkapitalismus“ wurde ebenfalls nach dem II. Weltkrieg fortgesetzt, wobei sie sich einerseits mit der vermeintlichen Unfähigkeit des Kapitalismus zur Industrialisierung schwach entwickelter Länder befaßte (Baran), andererseits die Wandlungen in der wirtschaftlichen und sozialen Struktur der kapitalistischen Länder untersuchte. Aus dem Versuch, eine systematische Theorie der grundlegenden ökonomischen Gesetze des Monopolkapitalismus zu formulieren, ist die Doktrin vom staatsmonopolistischen Kapitalismus entwickelt worden. Neue Probleme ergeben sich für die PÖ. beider Gesellschaftssysteme aus der Koexistenz von Sozialismus und Kapitalismus, wobei sich sowohl für die wirtschaftspolitische Ebene als auch für die inhaltlich-methodische Ebene der Theorien wechselseitige Einwirkungen konstatieren lassen. Die marxistische PÖ. wendet sich in diesem Zusammenhang entschieden gegen konvergenztheoretische Vorstellungen. III. Verhältnis zur klassischen bürgerlichen Politischen Ökonomie Die klassische bürgerliche PÖ. entstand in der Zeit von etwa 1650 bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts in den damals am weitesten industrialisierten Ländern England und Frankreich und hatte in A. Smith und D. Ricardo ihre bekanntesten Vertreter. Ihr historisches Verdienst war es, wesentliche Zusammenhänge der bürgerlichen Produktion aufgedeckt und somit dazu beigetragen zu haben, die entwickelten Produktivkräfte aus den Fesseln der feudalen Eigentums- oder Produktionsverhältnisse [S. 659]befreit zu haben. Von besonderer Bedeutung war die Entwicklung der Arbeitswerttheorie durch die klassische bürgerliche PÖ., wodurch sie den Mehrwert in Form von Profit, Zins und Grundrente als Abzug vom Produkt der Arbeit erklären konnte und damit faktisch die kapitalistische Ausbeutung aufdeckte. Allerdings fand sie — nach Marx — nicht den „Springpunkt, um den sich das Verständnis der Politischen Ökonomie dreht“ (Marx/Engels Werke, Band 23, S. 56), und den er als erster nachgewiesen zu haben glaubt, nämlich den Doppelcharakter der Arbeit, konkret nützlich und abstrakt-gesellschaftlich zu sein (Wert- und Mehrwerttheorie). Aus diesem Mangel würden sich auch letztlich alle anderen Unzulänglichkeiten ihrer Theorie erklären. Trotzdem brachten die Klassiker des Marxismus-Leninismus der klassischen bürgerlichen PÖ. große Wertschätzung entgegen und hoben sie positiv von der ihr folgenden „Vulgärökonomie“ ab. IV. Politische Ökonomie des Kapitalismus (Kritik der Politischen Ökonomie) PÖ. des Kapitalismus ist die Bezeichnung für den Teil der marxistischen ökonomischen Theorie, der die kapitalistische Produktionsweise zum Untersuchungsgegenstand hat. Sie will die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise in ihrer Widersprüchlichkeit aufzeigen, ihre historische Begrenztheit nachweisen und die Arbeiterklasse als die gesellschaftliche Kraft hervorheben, die berufen ist, die Ablösung des Kapitals zu vollziehen. Das dreibändige Hauptwerk von K. Marx, „Das Kapital“, ist als Kritik der bürgerlichen PÖ. konzipiert. Es will, vom inneren Zusammenhang der kapitalistischen Produktion ausgehend, über den Zirkulationsprozeß dem Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital bis an die Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft folgen, um zum einen das innere Band dieses Verhältnisses aufzudecken und um zum andern die Formen aufzuzeigen, in denen es an der Oberfläche erscheint. Es will zeigen, wie die ökonomischen Kategorien die dahinterstehenden gesellschaftlichen Beziehungen verschleiern und wie der Produktionsprozeß des Kapitals diese gesellschaftlichen Beziehungen der Abhängigkeit, der Ausbeutung, des Zwangs ständig produziert und reproduziert, zugleich aber auch, da er widersprüchlich und krisenhaft sei, die Bedingungen seiner Aufhebung schaffe. Da Marx den Kapitalismus der freien Konkurrenz analysierte und versuchte, seine Bewegungsgesetze darzustellen, mußte mit der Weiterentwicklung des Kapitalismus auch die Wissenschaft über ihn weiterentwickelt werden. Auf der Grundlage des Marxschen Gesetzes von der Konzentration und Zentralisation des Kapitals konstatierte Lenin das Umschlagen der Konkurrenz in das Monopol. Der Monopolkapitalismus ist nach Lenin vor allem gekennzeichnet durch die Verschränkung von Banken und industriellem Kapital zum Finanzkapital und soll das letzte und höchste Stadium des Kapitalismus vor dem Übergang in den Kommunismus sein. Als seine letzte, heute erreichte Stufe gilt der staatsmonopolistische Kapitalismus (Stamokap) (ein Begriff, den Lenin schon 1917 verwendet, der dann aus der marxistischen Diskussion verschwindet und erst wieder seit 1955 gebraucht wird). Er ist dadurch gekennzeichnet, daß der Staat die Verwertungsbedingungen des Kapitals und den gesamten Reproduktionsprozeß der Gesellschaft sichern muß. Eine unter Marxisten allgemein akzeptierte Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus konnte bisher nicht entwickelt werden; eine Erklärung für den Rückgriff auf diese Kategorie und ihren zentralen Stellenwert in der theoretischen Auseinandersetzung seit Mitte der 50er Jahre ist nicht geführt worden. Nach wie vor wird gleichzeitig an der Zusammenbruchstheorie festgehalten. V. Politische Ökonomie des Sozialismus Unter PÖ. des Sozialismus wird die Wissenschaft von den ökonomischen Gesetzen und der Planung, rationellen Organisation und Leitung der Produktion und des Austausches in der auf dem sozialistischen Eigentum an Produktionsmitteln und der politischen Herrschaft der Arbeiterklasse beruhenden sozialistischen Gesellschaft verstanden. Sie befaßt sich mit der Entstehung und Entwicklung der sozialistischen Produktionsweise und gilt als theoretische Grundlage, auf der die gesellschaftliche Reproduktion planmäßig, rationell und effektiv durchgeführt werden soll. Zu diesem Zweck erforscht sie die Wirkungsweise der „objektiven ökonomischen Gesetze“ der sozialistischen Produktionsweise und die Grundformen der gesellschaftlichen Organisation der Produktion und der erweiterten sozialistischen Reproduktion sowie die gesellschaftlichen und persönlichen Interessen der sozialistischen Produzenten. Als einer der Hauptbestandteile des Marxismus-Leninismus hat sie politische und ideologische Funktionen (handlungsanleitend und bewußtseinsbildend). Als ökonomische Theorie hat sie die Wechselbeziehungen zwischen Produktivkräften, Produktionsverhältnissen und politisch-ideologischem Überbau zu erforschen (z. B. Rückwirkung der staatlichen Wirtschaftspolitik auf die Dynamik der Produktivkräfte), und in diesem Sinne hat sie perspektivischen Charakter. Mit der Entstehung des sozialistischen Staatensystems gehört die Analyse der ökonomischen Beziehungen zwischen den sozialistischen Ländern und den dabei wirkenden ökonomischen Gesetzen zu ihrem Untersuchungsbereich. Mit der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft wachsen die Anforderungen an die PÖ. des Sozialismus als Theorie der Vervollkommnung der sozialistischen Produktionsweise. So wurde sie im Zuge der Wirtschaftsrefor[S. 660]men bei der Ausarbeitung und Gestaltung des NÖS und ÖSS mit neuen Problemen der Prognostik, der Perspektivplanung, der wirtschaftlichen Rechnungsführung und der Wissenschaftlich-technischen Revolution konfrontiert. Mit der Entwicklung der PÖ. des Sozialismus eng verbunden entstanden neue Wirtschaftswissenschaften wie die Industrieökonomik, Agrarökonomie, Arbeitsökonomik u. a. m. Diese Zweigwissenschaften und die Einbeziehung von Mathematik und Kybernetik sollen eine wirkungsvollere perspektivische Planung und Leitung der sozialistischen Wirtschaft ermöglichen und unter Ausnutzung der vermeintlichen Vorzüge der sozialistischen Ordnung (demokratischer Zentralismus) eine allseitige Überlegenheit gegenüber dem Kapitalismus sichern. Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde einer PÖ. des Sozialismus die Existenzberechtigung überhaupt bestritten, die Möglichkeit einer ökonomischen Wissenschaft im Sozialismus verneint (Bucharin). Die sozialistische Revolution sollte das Ende der PÖ. als Wissenschaft bedeuten (R. Luxemburg), da im Sozialismus nur noch technische und praxisbedingte Probleme auftauchen würden, die durch planmäßige Gestaltung der Produktion zu lösen seien. Doch da — so wurde dem entgegengehalten — die Ablösung des Kapitalismus nicht gleichbedeutend sei mit der Beseitigung aller Widersprüche und solange noch Entscheidungen über verschiedene Ziele und Mittel (Ressourcen, Programme) zu fällen seien, könnten politische Komponenten nicht ausgeschlossen werden. So bedürfe der Sozialismus einer eigenen PÖ., welche die Bewegungsgesetze der Gesellschaft erfaßt, ihre Widersprüche aufdeckt und ein Konzept der Überwindung dieser Widersprüche formuliert. Die PÖ. des Sozialismus stand damit vor einem Dilemma: Sie konnte sich nicht, ähnlich wie die klassische bürgerliche PÖ., allmählich entwickeln, sondern sollte vom Zeitpunkt der Gründung der UdSSR parallel zur Schaffung ihrer materiellen Grundlagen zugleich erste wissenschaftliche Ergebnisse vorweisen; sie war damit zunächst eine Wissenschaft ohne Geschichte; es fehlte an entfalteten Analysen des Funktionsmechanismus und an systematisierenden Erkenntnissen. Auch die Äußerungen von Marx und Engels zu Funktionsprinzipien einer sozialistischen Wirtschaft waren zurückhaltend, weil sie sich über den Mangel an Prämissen für eine wissenschaftliche Begründung konkreter Formen klar waren. Daher sind diese Äußerungen immer allgemeiner Natur und unter zweierlei Umständen entstanden: 1. im Zusammenhang mit der Analyse der Bewegungsgesetze des Kapitalismus und mit dem Zweck, dessen historischen Charakter hervorzuheben; 2. im Zusammenhang mit den praktischen Bedürfnissen des ideologischen Klassenkampfes, vor allem um ihrer Meinung nach falschen Programmthesen entgegenzutreten (Kritik des Gothaer Programms und III. Teil des Anti-Dühring). Dennoch lassen sich mit aller Vorsicht aus ihren Formulierungen der allgemeine Rahmen der Funktionsprinzipien der sozialistischen Wirtschaft herauslesen und die wichtigsten Merkmale benennen: direkte, ex ante Regulierung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung; direkte Bestimmung der individuell aufgewendeten lebendigen und vergegenständlichten Arbeit; notwendige Bilanzierung des Reproduktionsprozesses in stofflichen Größen; Verteilung des erzeugten Sozialproduktes unter dem Gesichtspunkt der Befriedigung der allgemeinen Bedürfnisse, wobei der Arbeitsaufwand das Kriterium für die Zuteilung des individuellen Konsumfonds ergibt; Konzentration des Akkumulationsfonds und der Entscheidung der Verwendung in den Händen der ganzen Gesellschaft. Die Anwendung der Naturalrechnung in stofflichen Einheiten galt von Beginn an als einzig adäquate Form der Verteilung im Sozialismus, und die Bemühungen der Theoretiker liefen durchweg darauf hinaus, zu begründen, warum es noch nicht möglich sei, das System der Naturalverteilungswirtschaft zu verwirklichen. Nach der Oktoberrevolution hatte Lenin sich für die Notwendigkeit und für die Erhaltung der Ware-Geld-Beziehungen in der ersten Periode der Machtübernahme ausgesprochen. Doch der Ausbruch des Bürgerkrieges und die Einführung des Kriegskommunismus vereitelten die Verwirklichung der Reform der Geldzirkulation. Die Periode des Kriegskommunismus (1919–1921) begann mit der Einführung der entschädigungslosen Ablieferungspflicht von Getreide- und Futtermitteln an den Staat. Sie stellte der PÖ. die Aufgabe, eine Methode der volkswirtschaftlichen Erfassung für die Ökonomik der geldlosen sozialistischen Wirtschaft auszuarbeiten. Obgleich Lenin erkannte, daß der Kriegskommunismus keine normale Entwicklungsetappe war, sah er in ihm die Möglichkeit zu einem direkten Übergang zum Naturalverteilungssystem. Die reale geschichtliche Entwicklung hat die Unhaltbarkeit des Vorgehens gezeigt, man mußte zu Ware-Geld-Formen zurückkehren (Geld im Sozialismus). Die Neue ökonomische Politik (seit März 1921) stellt eine Konzeption dar, die die Nutzung der Ware-Geld-Beziehungen durch den sozialistischen Staat in der Übergangsperiode zeigte. Sie beruhte auf der Einsicht, daß die Ware-Geld-Formen sich nicht auf die Beziehungen zwischen Stadt und Land beschränken dürfen, sondern auch auf den staatlichen Sektor ausgedehnt werden müssen, um die Rentabilität zum Kriterium des Nutzeffekts der staatlichen Industrie zu machen. Dies verlieh dieser zwar größere Selbständigkeit, bedeutete aber nicht eine Ablehnung des zentralen Planes, insbesondere [S. 661]dann nicht, wenn die grundsätzlichen Entscheidungen bei den staatlichen Organen lagen und die Möglichkeit fortbestand, in die Tätigkeit der Betriebe in gesamtgesellschaftlich begründeten Fällen einzugreifen. Auf eine Formel gebracht, hieß das, „daß die Neue Ökonomische Politik den einheitlichen staatlichen Wirtschaftsplan nicht ändert und seinen Rahmen nicht überschreitet, sondern die Art und Weise ändert, wie seine Verwirklichung in Angriff genommen werden muß“ (Lenin Werke, 4. Aufl., dt., Bd. 35, S. 510). Auch die weitere Diskussion der 20er Jahre in der UdSSR ergab, daß die sozialistische Wirtschaft in allen ihren Bestandteilen eine zentralgeleitete Wirtschaft ist, daß der Marktmechanismus im sozialistischen System ein widersprüchliches Moment darstellt, das man zwar eine Zeitlang wegen der Existenz unterschiedlicher Eigentumsformen und nichtsozialistischer Sektoren und zur Ankurbelung der Industrialisierung tolerieren muß. aber auch so rasch wie möglich überwinden sollte. Mit dem Übergang zur Neuen Ökonomischen Politik ist ein Wandel der Einstellung der sozialistischen Nationalökonomen zu verzeichnen: Man mußte aus der Wiederherstellung der Ware-Geld-Wirtschaft die Konsequenzen, die sich für das Funktionieren des sozialistischen Sektors ergaben, theoretisch aufarbeiten. Die Auffassung, daß Ware-Geld-Formen dem Plan widersprechen, wurde relativiert, man erblickte mehr und mehr im Markt einen zum Plan gehörenden Mechanismus. Das bedeutete, das Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung auszubauen (Erzielung maximalen Ausstoßes bei minimalen Kosten) und dem Wertgesetz unter Einschränkungen wieder Wirkung zukommen zu lassen. Die Bedenken gegen den Markt, die sich vor allem zur Zeit des ersten Fünfjahrplanes 1928–1932 nochmals lautstark artikulierten, hatten ihre Ursache in den Erfahrungen der ersten Jahre der Neuen Ökonomischen Politik: Es hatte sich ein enger Zusammenhang zwischen dem Markt und dem sich entwickelnden privaten, also auch kapitalistischen, Sektor herausgebildet, welcher sich einerseits besser als die vergesellschafteten Betriebe an die Marktsituation anzupassen vermocht hatte, andererseits der Planungstätigkeit des Staates und der sozialistischen Entwicklung ständig entgegenwirkte. Die theoretischen Auseinandersetzungen über den Funktionsmechanismus der sozialistischen Wirtschaft kreisten um den Problemkreis: Plan und Markt, Zentralisierung und Dezentralisierung der ökonomischen Entscheidungen, was nicht hieß. Plan und Markt, Zentralisierung und Dezentralisierung seien als sich gegenseitig ausschließende Alternative zu begreifen, sondern es ging um die Art der Verbindung von Plan und Markt, um die optimale Abgrenzung der Bereiche zentralisierter und dezentralisierter Entscheidungen. Die zu fällenden wirtschaftlichen Entscheidungen in einer sozialistischen Gesellschaft werden in 3 Gruppen geteilt: 1. die grundlegenden makro-ökonomischen Entscheidungen mit dem Charakter von direkten Entscheidungen auf zentraler Ebene; 2. Entscheidungen über die Struktur des individuellen Konsums bei gegebenem Einkommen sowie über Berufswahl und Arbeitsplatz; 3. die laufenden Wirtschaftsentscheidungen (Umfang und Struktur der Produktion in Betrieben und Branchen, Volumen und Struktur der Aufwendungen, Absatzstrategie, Rohstoffversorgung, kleinere Investitionen, konkrete Form der Entlohnung usw.), wobei für die Problemstellung Plan und/oder Markt die dritte Gruppe von Entscheidungen bedeutsam ist. Die PÖ. des Sozialismus konnte die o.g. Problemstellung nur lösen, wenn sie sich über das Wirken des Wertgesetzes im Sozialismus klar wurde. Das Wirken des Wertgesetzes bedeutet, daß die Wertrelationen die Preisrelationen bestimmen, nicht in dem Sinne, daß sie sich in jedem Fall decken, sondern daß eine kontinuierliche Rückführung der Preisrelationen auf die Wertrelationen stattfindet. Dabei muß zugleich beachtet werden, daß die Existenz von Ware-Geld-Formen nicht zugleich der Beweis ist für das Wirken des Wertgesetzes; denn überall dort, wo ein Disponent über hochgradig konzentrierte Vorräte einen wirksamen Einfluß auf die Gesamtstruktur der ökonomischen Größe hat — im Gegensatz zu Bedingungen der freien Konkurrenz — ist das Auftreten der Ware-Geld-Formen nicht mehr identisch mit dem Wirken des Wertgesetzes: Auf der Basis gesellschaftlichen Eigentums findet Kontrolle über den Großteil der wirtschaftlichen Ressourcen statt, und bei Planung der Proportionen der gesellschaftlichen Produktion und der Preise kann in der Theorie das Abweichen der Preisrelationen von den Wertrelationen nur als Ergebnis einer bewußten Politik verstanden werden. Die Schwierigkeit besteht darin, die These vom Wirken des Wertgesetzes mit der These in Einklang zu bringen, nach der die Proportionen der sozialistischen Produktion sich nach anderen ökonomischen Gesetzen (ökonomisches Grundgesetz des Sozialismus und das Gesetz der geplanten proportionalen Entwicklung) herausbilden. Das Wirken des Wertgesetzes ist nicht loszulösen von der Regulierung der Produktionsproportionen, die das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage herstellen sollen bei Annäherung von Preis- und Wertrelationen. Es ist kein absoluter, allgemeiner Regulator der Produktions- und Tauschproportionen mehr: es behält aber seine regulierende Rolle in den von den zentralen Entscheidungen gezogenen Grenzen. In diesem Fall kommt es sogar um so direkter zur Anwendung, je näher die Produktions- und Tauschproportionen dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage kommen. Das heißt, daß das Wertgesetz im Sozialismus begrenzt wirksam ist. Wie für die Wirtschaftspolitik eine optimale Verbin[S. 662]dung von Plan und Markt zu erreichen ist, hängt davon ab, welche theoretische Einschätzung Zentralisierung und Dezentralisierung durch die PÖ. des Sozialismus erfahren, welche historischen Erfahrungen berücksichtigt werden und auf welchem Entwicklungsstand sich die jeweiligen Volkswirtschaften befinden. Als negative Merkmale des zentralisierten Systems gelten: mangelnde Elastizität der Produktion, exzessive Kosten bei der Realisierung der Planziele sowie falsche Aufgliederung des Produktionsprogramms, mangelhafte Ausschöpfung des vorhandenen Produktionsapparates, ungleichmäßige Entwicklung der Branchen, geringe Entfaltung der ökonomischen Hebel, wodurch die Verbindung von individuellen und gesellschaftlichen Interessen geschwächt ist, Bürokratisierung und Schwerfälligkeit des Staats- und Wirtschaftsapparates. Die Vorteile der Zentralisierung werden vor allem in ihrer Leistungsfähigkeit für die Aufbau- und Industrialisierungsphase gesehen, in der es für notwendig erachtet wird, durch rücksichtslose Beschleunigung des Wachstumstempos und durch den Zwang zu raschen und einschneidenden Veränderungen in der ökonomischen Struktur einen hohen Konzentrationsgrad der Investitionsmittel zu sichern, die Wirtschaft dynamisch zu entwickeln, was in einer komplexen Wirtschaft faktisch nicht ohne Disproportionalitäten realisierbar ist. Zur Rechtfertigung des Marktmechanismus in den Grenzen der vom Plan festgesetzten Bedingungen wird die Elastizität der Anpassung der Angebots- an die Nachfragestruktur angesehen; die angestrebte Maximierung des Gewinns löse eine stetige Tendenz zur Senkung der Produktionskosten aus, die Gleichmäßigkeit im Prozeß der erweiterten Reproduktion werde gefördert, ein höheres Maß von Autonomie für die unteren Stufen führe zur Entlastung der zentralen Ebene und gebe ihr Spielraum für die langfristige Planerstellung; als gesellschaftlicher Aspekt ergebe sich die Heranführung breiter Massen an Probleme der Wirtschaftstätigkeit, die Verbindung der Individual- und Gruppeninteressen mit den Interessen der gesamten Volkswirtschaft, was bedeute, zugleich die Grundvoraussetzungen für die Überwindung von Entfremdung zu schaffen. Als Einwände gegen die Dezentralisierung wurden genannt: Der Marktmechanismus erlaube keine präzise Bestimmung der Entwicklungsproportionen; die Lenkung der Produktion mit Hilfe des Marktmechanismus sei uneffektiv, da der Markt eine Regulierung ex post sei und nur die Regulierung ex ante Gleichgewichtsstörungen vermeiden könne, der Marktmechanismus fordere eine größere Elastizität der Preisstruktur, die die Betriebe zur Gewinnmaximierung verleiten könne. Mitte der 60er Jahre gingen fast alle sozialistischen Länder dazu über, entscheidende Reformen ihrer Wirtschaftssysteme vorzunehmen, die sowohl zeitlich als auch in ihrer grundsätzlichen Orientierung weitgehende Parallelitäten aufwiesen. Diese Orientierung kann als Übergang von einem überzentralisierten System zu einer Planwirtschaft mit Elementen eines Marktmechanismus verstanden werden. Die Reformen sollten für die Anpassung der Angebots- an die Nachfragestruktur und für die Reduktionen der Aufwendungen und zur Stimulierung von Innovationen im Produktionsbereich günstigere Bedingungen schaffen. Die Notwendigkeit der Reformen wie auch ihre langsame Verwirklichung werden als Ausdruck des bewußten Übergangs von der extensiven zur intensiven Entwicklungsphase erklärt. Dieser Übergang wurde durch eine Verlangsamung der Entwicklungsdynamik und durch eine geringe Effizienz der Aufwendungen, die sich in der Nichterfüllung der Planziele und damit als mangelnde Bedürfnisbefriedigung manifestierte, hervorgerufen. Da die sozialistische Volkswirtschaft erklärtermaßen die möglichst umfassende Befriedigung der gesamtgesellschaftlichen Bedürfnisse zum Zweck hat, müssen die Formen der Planwirtschaft diesem Ziel untergeordnet werden. Unter den momentanen historischen Bedingungen scheint ein planwirtschaftlich regulierter Marktmechanismus als adäquate Form der Planwirtschaft zu gelten. Da der wirtschaftliche Prozeß immer komplizierter und sein Ergebnis in ständig größerem Maße von der Verbesserung der Produktion, vom technischen Fortschritt, von der Ausweitung des Außenhandels usw. abhängt, erfordere diese Situation geradezu den Einsatz des Marktmechanismus, zur Sicherung des Charakters der Planwirtschaft. Um die Zentrale nicht zu überfordern, sei es wichtig, Elemente der Selbstregulierung — hier in Form eines regulierten Marktmechanismus — einzubauen. Es wird zugleich mit Nachdruck darauf verwiesen, daß die Reformen nicht nur ökonomische Aspekte, sondern auch weittragende soziale und politische Bedeutung haben und somit in den Gesamtzusammenhang der Gesellschaftspolitik gehören und nur von da aus zu beurteilen seien. Das müßte konsequenterweise bedeuten, die Lösung konkreter Probleme des Wirtschaftens in sozialistischen Gesellschaften stärker als bisher an den individuellen Interessen des einzelnen zu orientieren. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 656–662 Polithauptverwaltung der NVA A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z PolitoffizierDDR A-Z 1975
Bodenreform (1975)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Agrarpolitik; Landwirtschaftliche Betriebsformen. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 175 Bodennutzungsgebühr A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z BodenschätzeDDR A-Z 1966
Konzentrationslager (1966)
Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1969 1975 1979 1945 wurden von der sowjet. Besatzungsmacht Zehntausende von Männern und Frauen unter der Beschuldigung „aktive Faschisten“ oder „Kriegsverbrecher“ gewesen zu sein, oder weil sie den Sowjets aus irgendeinem Grunde gefährlich erschienen, in K. gesperrt und dort auf das unmenschlichste und unwürdigste behandelt. Nur zum Teil erfolgten Verurteilungen durch Sowjetische Militärtribunale; die meisten Insassen der K. blieben ohne Urteil interniert. Besonders berüchtigte Lager befanden sich in Sachsenhausen (Oranienburg), Buchenwald, Mühlberg, Bautzen, Jamlitz, Neubrandenburg und Ketschendorf. Die Angehörigen der dorthin Verschleppten blieben ohne Nachricht und ohne Postverbindung. Die Angehörigen erhielten auch dann keine Mitteilung, wenn der Häftling verstarb. Nach westlichen Zählungen, die auf Angaben der ehemaligen Totengräber und Ärzte in K. beruhen, verstarben in den Lagern von 1945 bis 1950 über 65.000 Häftlinge (Gerhard Finn, „Die politischen Häftlinge der Sowjetzone 1945 bis 1958“), in anderen Darstellungen wird sogar von 130.000 Toten gesprochen. 1950 wurden einige K. aufgelöst, andere (Bautzen, Torgau) gingen als Strafanstalten an die Strafvollzugsbehörden über. Gegen 3.500 an Zonenbehörden übergebene KZ-Häftlinge wurden in Waldheim Kriegsverbrecherprozesse durchgeführt. (Politische ➝Häftlinge) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Zehnte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1966: S. 253 Kontrollstreifen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Konzerne, SozialistischeLesen
Fachbuch
DDR-Sozialismus in der Karibik? Die ostdeutsche Kuba-Politik zwischen 1959 und 1989
Antonia BihlmayerFachbuch
Maoismus. Eine Weltgeschichte
Julia LovellRezension
LiesMich! Kurzrezensionen für Kommunismusgeschichte.de
Lexikon | Website
Biografisches Lexikon Widerstand und Opposition im Kommunismus 1945-91
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