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JHK 2024
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Historisch-vergleichende Forschungen zu Wohlfahrtsstaaten in Mittel- und Osteuropa
Tomasz InglotDDR A-Z
Rückblick
Was geschah am 10. November?
„Weltjugendtag“ (Feiertage). 1887: Arnold Zweig geboren. 1958: Chruschtschow erklärt in Moskau, es wäre an der Zeit, den Viermächte-Status in Berlin aufzuheben. Am 27. 11. kündigt die UdSSR gleichlautenden Noten gegenüber den drei Westmächten das Besatzungsstatut für Groß-Berlin und fordert eine „entmilitarisierte Freie Stadt Berlin (West)“; in Antwortnoten vom 31.12. weisen die Westmächte die sowjetischen Vorstellungen zurück. 1959: Die Evangelische Ostkonferenz bezeichnet die pseudosakralen Feiern als gottlos. (Sozialistische Feiern, Jugendweihe; vgl. 7. 1. 1955) 1978: Erfolgreicher Abschluß der Verhandlungen über den Bau der Autobahn Berlin-Hamburg, die Wiedereröffnung des Teltow-Kanals in Berlin und den nichtkommerziellen Zahlungsverkehr zwischen dem Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR, G. Gaus, und dem stellvertretenden DDR-Außenminister, K. Nier, in Berlin (Ost); nachdem die Abmachungen am 15.11. von beiden deutschen Regierungen gebilligt wurden, werden sie am 16. 11. in Berlin (Ost) unterzeichnet Innerdeutsche Beziehungen Zahlungsverkehr, Grenzüberschreitender). 1979: Veröffentlichung eines gemeinsamen Beschlusses des Politbüros der SED und des Ministerrats der DDR über die Erhöhung der Effektivität von Investitionen und die Steigerung der ökonomischen Leistungsfähigkeit. 1980: Staatsbesuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden. E. Honecker, in Begleitung von Dr. G. Mittag (ZK-Sekretär für Wirtschaft), Außenminister O. Fischer und Dr. G. Beil (Staatssekretär im Außenhandelsministerium) in Österreich. Abschluß eines langfristigen Handels- und Zahlungsabkommens sowie eines Rahmenvertrags zwischen DDR-Betrieben und den Eisen- und Stahlwerken Vöest-Alpine in Linz über die Errichtung eines Stahlzentrums in der DDR. Außerdem werden u. a. ein Luftverkehrsabkommen und ein Vertrag über den Rechtsschutz von Erfindungen, industriellen Mustern, Modellen und Warenzeichen abgeschlossen. 1983: Am 500. Geburtstag des Reformators Martin Luther findet die kirchliche Gedenkfeier in Eisleben statt (Kirchen).DDR A-Z 1979
Jugend (1979) Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985 I. Begriff, Umfang, Zusammensetzung Der Begriff J. ist mehrdeutig. Sprachgebrauch und Recht unterscheiden zwischen den bis zu 14jährigen Kindern, den über 14jährigen Jugendlichen (der J. im engeren Sinne) und den volljährigen Erwachsenen. Das Jugendgesetz der DDR stellt dagegen auf die Gesamtheit der unter 25jährigen ab. Allerdings hatte der Jugendverband der DDR, die FDJ, 1977/78 unter seinen Mitgliedern einen Anteil von etwa 4–5 v. H., die 25 Jahre oder älter waren. Der Anteil der J. im Sinne des J.-Gesetzes an der Gesamtbevölkerung der DDR betrug am 31. 12. 1976 36,8 v. H. Von diesen rd. 6,19 Mill. junger DDR- Bürger waren noch nicht schulpflichtig: 1,15 Mill.; Schüler aller Schularten (POS, EOS, Sonderschulen): 2,65 Mill.; Lehrlinge: 0,46 Mill.; Berufstätige: rd. 1,2 Mill.; Studenten (zum geringeren Teil auch 25 Jahre und älter): 0,19 Mill. Die restlichen rd. 0,4 Mill. Personen dürften überwiegend nicht berufstätige Ehefrauen und Angehörige der bewaffneten Kräfte sein. II. Jugendpolitik, Ziele, Grundlagen Die J. auf die künftigen Aufgaben vorzubereiten und sie in die Gesellschaft zu integrieren, ist das Ziel der weite Bereiche der Bildungs-, Wirtschafts-, Sozial-, Kultur-, Gesundheits-, Kriminal- u. a. Politik umfassenden J.-Politik. Nach in der DDR vorherrschendem Verständnis ist sie „die Politik, die den Platz und die Aufgaben der Jugend und des sozialistischen Jugendverbandes im Kampf für den Sozialismus analysiert und bestimmt“ und hieraus Einzelmaßnahmen entwickelt. Die Ansprüche der J.-Politik der DDR beruhen auf der marxistisch-leninistischen Theorie einerseits und der von ihr geleiteten Analyse der konkreten gesellschaftlichen Situation andererseits. Danach wird die erzieherische Funktion des sozialistischen Staates als eine seiner wichtigsten bezeichnet; die Interessen der J. gelten als in denen von Staat und Gesellschaft aufgehoben bzw. als mit ihnen identisch. Jeglicher Generationenkonflikt sei „aufgrund der Übereinstimmung in den [S. 558]grundlegenden Lebensinteressen und der gemeinsamen sozialistischen Ideale“ ausgeschlossen (Siegfried Lorenz in der Volkskammer anl. der Beratung des 3. J.-Gesetzes. Junge Welt 18. Jg. 1974, Nr. 26 B, S. 4). Damit ist J. (in erster Linie) „allseitig zu beeinflussender“ Erziehungsgegenstand, wobei sich die ihr gestellten Aufgaben aus den gesamtgesellschaftlichen Zielen ergeben, der Beitrag der J. zur Lösung ihrer Aufgaben jedoch in jugendspezifischer Weise, in eigenen Formen und mit eigenen Methoden geleistet werden kann und soll. Die Grundsätze der J.-Politik der SED sind im J.-Gesetz zusammengefaßt. Das Gesetz über die Teilnahme der J. an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und über ihre allseitige Förderung in der DDR (J.-Gesetz) vom 28. 1. 1974 (GBl. I, S. 45) löste, das am 8. 5. 1964 in Kraft getretene Gesetz über die Teilnahme der J. der DDR am Kampf um den umfassenden Aufbau des Sozialismus und die allseitige Förderung ihrer Initiative bei der Leitung der Volkswirtschaft und des Staates, in Beruf und Schule, bei Kultur und Sport ab, dessen Vorgänger das Gesetz über die Teilnahme der J. am Aufbau der DDR und die Förderung der J. in Schule und Beruf, bei Sport und Erholung vom 8. 2. 1950 war. Ziel des (3.) J.-Gesetzes ist die „Förderung der Jugend“ und die „Gewährleistung ihrer Teilnahme an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“. Es weist in seinen 10 Abschnitten den Hauptgruppen der J.-Bevölkerung, den Berufstätigen, den Schülern, den Lehrlingen, den Studenten und den Soldaten. Reservisten und in der vormilitärischen Ausbildung Befindlichen sowie den verantwortlichen Leitern der Staats- und Wirtschaftsorgane und der FDJ Rechte und Pflichten zu. Schwerpunkte des Gesetzes sind: 1. Die Erziehung der J. zu „sozialistischen Persönlichkeiten“, gekennzeichnet durch Wissen und Können sowie durch eine Reihe näher angegebener staatsbürgerlicher, sozialer und Arbeitstugenden, 2. der Beitrag der J. zur Steigerung der Arbeitsproduktivität in speziellen „jugendgemäßen“ Kooperationsformen. Diese Zielsetzungen sind gekoppelt 3. mit einer Reihe sozial-, gesundheits- und bildungspolitischer Maßnahmen, die der J. zugute kommen sollen, und 4. einer Erweiterung der Zuständigkeiten der FDJ als Vertretung der J. in Schule, Hochschule, Betrieb und Staat. Das Gesetz weist der J.-Organisation der SED eine zentrale Rolle in der J.-Politik zu. Es spiegelt die Schwerpunkte der Politik der DDR seit dem VIII. Parteitag der SED wider (verstärkte Zusammenarbeit mit der UdSSR, verbesserte Versorgung der Bevölkerung, Verstärkung der politisch-ideologischen Erziehung) und setzt den Staatsratsbeschluß vom 31. 3. 1967 „Jugend und Sozialismus“ sowie eine Reihe von Einzelregelungen außer Kraft, wahrt jedoch den Rahmen des Kommuniqués des Politbüros des ZK der SED zu Problemen der J. in der DDR: „Der Jugend Vertrauen und Verantwortung“ (J.-Kommuniqué vom 21. 3. 1963). Die darin enthaltenen Vorstellungen zur Förderung des Leistungsstrebens, zur politisch-ideologischen Erziehung, zur Erhöhung der schulischen und beruflichen Anforderungen, zu den Aufgaben der staatlichen und Wirtschaftsleiter gegenüber der J., zu den Problemen der in der Landwirtschaft Tätigen, zur Freizeitgestaltung sowie zur J.-Forschung und zur wissenschaftlichen Begründung der jugendpolitischen Maßnahmen bilden Grundlage und Richtschnur auch des 3. J.-Gesetzes der DDR. Die Leitung der staatlichen Aufgaben der J.-Politik liegt „in Durchführung der Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse im Auftrag der Volkskammer“ beim Ministerrat und dessen Amt für Jugendfragen (AfJ). Das AfJ ist „dem vom Ministerrat beauftragten Stellv. des Vors. des Ministerrats unmittelbar unterstellt“ und verantwortlich für die gesamte J.-Arbeit. Er ist federführend für den J.-Etat, hat wesentliches Mitspracherecht bei der J.-Gesetzgebung und ist wissenschaftsleitendes Organ der Jugendforschung (Leiter des AfJ: Hans Jagenow). Die J.-Politik ist mit dem ZR der FDJ abzustimmen, der auch berechtigt ist. Vorschläge für Beschlüsse und Verordnungen zur J.-Politik und zur Berufung des Leiters des AfJ einzureichen. Auf örtlicher und regionaler Ebene sind die Volksvertretungen bzw. die staatlichen und Wirtschaftsleitungen in Abstimmung mit den Vorschlags- und kontrollberechtigten FDJ-Leitungen für die Planung, Durchführung und Kontrolle der jugendpolitischen Maßnahmen verantwortlich. III. Beteiligung der Jugend am öffentlichen Leben Als Erfolg der J.-Politik gilt die Teilnahme der J. am öffentlichen Leben auf der Grundlage des auf 18 Jahre festgelegten Mündigkeits- und Wahlberechtigungsalters und des vorwiegend über die Mitarbeit in der FDJ angebotenen Kontroll-, Mitsprache- und Vertretungsrechts im politisch-staatlichen und wirtschaftlichen Bereich, dessen formale Voraussetzung die Bestimmung des Art. 20,3 der Verfassung ist. Dort heißt es: „Die Jugend wird in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Entwicklung besonders gefördert. Sie hat alle Möglichkeiten, an der Entwicklung der sozialistischen Ordnung verantwortungsbewußt teilzunehmen.“ So waren im Jahr 1977 jünger als 25 Jahre: 40 von 500 Abgeordneten der Volkskammer; 441 von 2.840 Abgeordneten der Bezirkstage; 4.502 von 20.763 Abgeordneten der Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen; 23.997 von 166.279 Abgeordneten der Gemeindevertretungen; 776 von 3.833 Abgeordneten der Stadtbezirksversammlun[S. 559]gen und 46.672 von 358.189 Mitgliedern der 51.763 Kommissionen der Bezirkstage und anderer örtlicher Volksvertretungen. Daneben gilt die Mitwirkung der J. in den Gremien des FDGB (1977: 17.978 gewählte J.-Vertrauensleute; 5.971 J.-Kommissionen mit 40.579 ― nur z. T. jugendlichen ― Mitgliedern), in den Ausschüssen der Nationalen Front (1976: 17.000 Ausschüsse mit 335.000 Mitgliedern, davon 40.000 Jugendliche); in den FDJ-Kontrollposten und insbesondere in Produktion und Wettbewerb (s. u.) als Einlösung des Verfassungsgebots verantwortlicher Mitgestaltung beim Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft. IV. Bildungspolitik Als Erfolge der J.-Politik gelten ferner: 1. Beseitigung von Bildungsbarrieren durch die Schaffung der Einheitsschulen und von Zentralschulen auf dem Lande und die Einführung der 10klassigen obligatorischen Oberschule (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem). 2. Abbau der beruflichen Benachteiligung der Mädchen und Frauen. V. Jugend in Ausbildung und Beruf Zu den Gebieten der J.-Politik zählen auch: J.-Arbeitsschutz, J.-Förderungsplan und der Beitrag der J. zur Steigerung der Arbeitsproduktivität. Auf arbeitsrechtlichem Gebiet konkretisierte sich die J.-Politik der SED zunächst in dem bereits im Arbeitsgesetz vom 19. 4. 1950 niedergelegten und in Art. 24 der Verfassung von 1968 i. d. F. v. 7. 10. 1974 ebenfalls enthaltenen Prinzip, daß Jugendliche das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeitsleistung haben. Ferner gelten für Jugendliche besondere Arbeitsschutzanordnungen und Arbeitszeitregelungen. Bedeutsamer sind die über diese Maßnahmen hinausgehenden Bestimmungen zur beruflichen Ausbildung und vor allem die spezifischen Förderungsmaßnahmen, die im J.-Gesetz und im Arbeitsgesetzbuch angeordnet werden. In jährlich zwischen Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) und Betriebsleiter unter aktiver Beteiligung der FDJ im Rahmen des Betriebskollektivvertrages abzuschließenden J.-Förderungsplänen, die zugleich eine Reihe betrieblicher und staatlicher Maßnahmen zugunsten der J. enthalten (Weiterqualifizierung, J.- und Sporteinrichtungen usw.) soll die J. angehalten werden, ihren Beitrag zur Steigerung der Arbeitsproduktivität zu leisten. VI. Jugendförderungspläne Die J.-Förderungspläne wurden am 4. 2. 1954 durch die 5. AO zum (1.) J.-Gesetz von 1950 eingeführt. Sollten sie anfänglich der beruflichen und kulturellen Förderung der J. dienen, so bestimmte die AO des 1. Stellv. des Ministerrates für den J.-Förderungsplan im Jahre 1963, es sei die Arbeit in Jugendbrigaden. J.-Abteilungen, J.-Schichten und anderen ständigen und zeitweiligen J.-Kollektiven die „beste, tausendfach bewährte Form für die Förderung der Initiative und für die sozialistische Entwicklung unserer Jugend“. Der J.-Förderungsplan beruht seit seiner Verkündung auf § 55 des J.-Gesetzes. Alljährlich wird die Rahmen-VO der Regierung, die auch die Finanzierung des J.-Förderungsplans ordnet, ergänzt durch örtliche J.-Förderungspläne in den Betrieben, LPG, Städten und Gemeinden. Daran wirken neben der FDJ die Volksvertretungen, Betriebsleitungen, die Leitungen des FDGB, des DTSB und der GST mit. Die J.-Förderungspläne sind Teil der Gesamtplanung der Betriebe, Kreise und Gemeinden. Allerdings werden sie z. T. immer noch als bloßes „Anhängsel“ der Planung betrachtet. Der J.-Förderungsplan regelt insbesondere die Teilnahme der J. am Sozialistischen Wettbewerb in speziellen, „jugendgemäßen“ Formen. VII. Berufswettbewerb und Masseninitiativen Bestandteil des sozialistischen Wettbewerbs ist der von der Betriebsleitung und der Berufsschule in Zusammenarbeit mit FDJ und FDGB organisierte Berufswettbewerb der Lehrlinge. Seine Ziele sind der nachweisbare Erwerb guter beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten, die abrechenbare Mitarbeit an der Erreichung der betrieblichen Planziele und „gesellschaftliches Verhalten und gesellschaftliche Tätigkeit“ auf der Basis der schulischen Lehrpläne, der betrieblichen Planung und der Zielsetzungen und Vorgaben der FDJ. Hervorragende Leistungen werden durch staatliche Auszeichnungen anerkannt. Die Gesamtheit der Lehrlinge nimmt am Berufswettbewerb teil. Bestandteil des sozialistischen Wettbewerbs sind die von der FDJ ausgelösten „ökonomischen Masseninitiativen“. So war es das Ziel der FDJ, im Planjahr 1978 55 Mill. Arbeitsstunden einzusparen, 1,2 Mrd. Mark Nutzen in der FDJ-Aktion „Materialökonomie“ zu erwirtschaften, 330.000 Tonnen Schrott und 40.000 Tonnen Altpapier der Wiederverarbeitung zuzuführen. 6.900 Wohnungen zu modernisieren und in der Landwirtschaft den Futterverbrauch um 15 Mill. Mark zu senken. VIII. Jugendkollektive, Jugendbrigaden und Jugendobjekte Der nach Umfang und Bedeutung wichtigste Bestandteil des Beitrags der werktätigen J. zur Lösung der betrieblichen und der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben ist die Arbeit in den J.-Kollektiven, die als J.-Brigaden, J.-Objekte, Klubs junger Neuerer, J.-Meisterbereiche, J.-Abteilungen, J.-Schichten [S. 560]usw. bezeichnet werden. J.-Brigaden (1978: 32.000 mit 386.000 Mitgliedern) sind Kollektive junger Werktätiger (in der Regel und im Durchschnitt 10–15 Mitglieder), deren Mehrheit nicht älter als 26 Jahre und deren Kern die FDJ-Gruppe sein soll. Die Altersabgrenzung des J.-Gesetzes gab einige Probleme auf, die der Zentralrat der FDJ mit dem Hinweis auf die Förderungsabsichten des Gesetzes (Unterstützung und Anleitung der jungen Werktätigen durch die älteren, erfahrenen) beantwortete. Die Brigaden arbeiten über längere Zeit an einer fest umrissenen betrieblichen Aufgabe; daneben haben sie eine (selbst-)erzieherische Funktion bis in die Freizeit ihrer Mitglieder hinein. Seit 1977 wird der Wettbewerb der J.-Kollektive von den „Räten der Jugendbrigaden“ angeleitet. Leiter ist der Funktionär für sozialistischen Wettbewerb der jeweiligen GO der FDJ; Mitglieder sind die J.-Brigadiere, FDJ-Gruppenleiter und je ein Vertreter der BGL und der Betriebsleitung. Seit 1978 wird auf Vorschlag der FDJ für jede J.-Brigade ein „erfahrener Funktionär des Betriebes“ als „Pate“ eingesetzt. Erstmals am 21. 5. 1977 ist der „Tag der J.-Brigaden“ begangen worden, an dem die Leistungen „abgerechnet“ und ausgezeichnet, neuen Brigaden „feierlich ihre Berufungsurkunden“ verliehen und Feiern veranstaltet werden. Im Jahr 1977 bestanden u. a.: im Bauwesen 3.879 J.-Brigaden mit nahezu 40.000 Mitgliedern (jeder 3. junge Baufacharbeiter); im Produktionsbereich Elektronik/Elektrotechnik arbeiteten 1217 J.-Brigaden. Im Jahr 1978 gab es u. a.: 970 ständige J.-Brigaden „Technik in der Pflanzenproduktion“. Es wird in der DDR gelegentlich allerdings beklagt, daß die J.-Kollektive oft schon nach 2 oder 3 Jahren wieder aufgelöst werden. 1977 wurden 203 Kollektive mit dem Titel „Hervorragendes J.-Kollektiv der DDR“ ausgezeichnet. Auch die Leistungen einzelner im Sozialistischen Wettbewerb, bei der Entwicklung und Anwendung neuer Arbeitsmethoden und in der Neuererbewegung (s. u.), aber auch auf politischem und militärischem Gebiet werden ausgezeichnet. Die FDJ verleiht in der Regel an ihrem Jahrestag (7. 3.), sonst anläßlich der MMM (s. u.) oder unmittelbar nach Vollbringung hervorragender Leistungen den Titel „Jugendaktivist“ (erstmals 1949). Für besonders hohe Leistung wird die staatliche Auszeichnung „Hervorragender Jungaktivist“ verliehen. J.-Meisterbereiche und J.-Abteilungen (1976: 2.864 mit 52.958 Mitarbeitern) entsprechen im wesentlichen den J.-Brigaden. J.-Objekte sind „exakt meß- und abrechenbare, zeitlich begrenzte Aufgaben, die einem Kollektiv junger Menschen zur Lösung übertragen werden“. Sie unterscheiden sich von anderen vor allem dadurch. daß sie als Schwerpunkte der FDJ-Arbeit gelten und nur Jugendliche beteiligt sind. Hinsichtlich Arbeitsorganisation und Stellung zu den wirtschaftsleitenden Organen gibt es keine Unterschiede zu anderen industriellen oder sonstigen Vorhaben. Die Zahl der J.-Objekte stieg von 1970 bis 1977 von 24.954 auf 83.053, die der „Mitglieder“ von 313.954 auf 1.042.000. Vorwiegend handelt es sich bei diesen Objekten um Produktionsaufgaben (im weitesten Sinne), doch werden auch J.-Objekte in der NVA genannt. Mitarbeiterzahl, Anspruchsniveau, wirtschaftliche Bedeutung und organisatorische Einordnung der J- Objekte sind recht unterschiedlich, doch zielen sie insgesamt auf die Bewältigung betrieblicher und volkswirtschaftlicher Schwerpunktaufgaben ab. Seit dem X. Parlament der FDJ (Juni 1976) sind dies: „Meisterung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts“ (MMM-Bewegung, Entwicklung neuer Erzeugnisse usw.), „effektive Auslastung der Grundfonds“ (insbesondere durch Einführung der Schichtarbeit), „hohe Materialökonomie“ (Senkung der Materialkosten), Lösung der Wohnungsfrage bis 1990, Mitwirkung an der „sozialistischen ökonomischen Integration“ im RGW (Export in die UdSSR, Mitarbeit an Vorhaben in der UdSSR) und Mitarbeit bei der „industriemäßigen Produktion in der Landwirtschaft“. Diesen Schwerpunkten entsprechend werden J.-Kollektive und -Objekte ins Leben gerufen. So bestanden im Jahr 1977 in der Landwirtschaft die Zentralen J.-Objekte „Zentrale Erntetechnik“ mit über 100 Mähdreschern und 2.686 Mitgliedern, „Industriemäßige Fleischproduktion Eberswalde“ und „Havelobst“, ferner 14 Bezirks-J.-Objekte und 1262 FDJ-Komplexe in der Halmfrucht-, Hackfrucht- und Futterernte. 49.216 FDJler der Oberschulen in 452 „Lagern der Erholung und Arbeit“ halfen vor allem bei Meliorationsarbeiten und in der Ernte (Feriengestaltung). In der UdSSR arbeiteten bis Herbst 1978 über 3.000 FDJler zusammen mit älteren Kollegen über 3 Jahre an dem Bau einer zum „Zentralen Jugendobjekt Drushba-Trasse“ erklärten Pipeline mit. Der Wohnungsbau in Berlin (Ost) wurde ebenfalls zum „Zentralen Jugendobjekt“ erklärt. Der „Hauptteil der J.-Objekte“ dürfte in der Industrie eingerichtet worden sein. So gab es 1977 allein im Bereich Elektrotechnik/Elektronik 4.120 derartiger Vorhaben. Eine Vorstufe der J.-Objekte waren (1978) die 48.899 „Pionierobjekte“ der Schüler unter 14 Jahren, die vor allem der Instandhaltung der Schulen dienen. IX. Jugendneuererbewegung und Messe der Meister von Morgen Die J.-Neuererbewegung ist Teil der allgemeinen Neuererbewegung, in deren Rahmen auch die betei[S. 561]ligten Jugendlichen ihre Vorschläge, Verbesserungen und Erfindungen einreichen (Sozialistischer Wettbewerb). Doch mit dem Unterschied, daß ihre Neuerungen alljährlich auf den Messen der Meister von Morgen (MMM) ausgestellt werden, und zwar zunächst auf Betriebsebene, danach in einem Auswahlverfahren auf der Kreis- und Bezirksebene. Die jeweils besten Ergebnisse werden prämiiert. Höhepunkt der MMM-Bewegung ist die jährlich stattfindende Zentrale Messe der Meister von Morgen (erstmals im Oktober 1958 in Leipzig). Der Leiter des AfJ und der Vorsitzende der Staatlichen Plankommission geben zu Beginn jedes Jahres eine Richtlinie über die Weiterführung der MMM heraus. Veranstalter der Zentralen MMM ist eine Messeleitung mit dem Leiter des AfJ an der Spitze, Veranstalter der Bezirks- und Kreismessen sind die Räte der Bezirke und Kreise. Auch die MMM-Bewegung wird entscheidend von der FDJ (sowie vom FDGB, der Kammer der Technik, der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft als weiteren „gesellschaftlichen Trägerorganisationen“) bestimmt. Hatte die MMM-Bewegung anfangs eher den Charakter einer Hobby- und Bastelschau, so gelten die von den Beteiligten entwickelten Neuerungen heute als „planmäßige und planbare Beiträge zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik“. Neuerungen werden aufgrund von Neuerungsvereinbarungen im Rahmen der J.-Förderungspläne entwickelt, und zwar zu über 95 v. H. von Kollektiven. 1976 gab es 27.700 Messen mit 582.900 Exponaten und rd. 2,2 Mill. Teilnehmern, davon 262.562 Lehrlinge. Die hohe Teilnehmerzahl läßt auf das unterschiedliche Anspruchsniveau der Exponate und auf unterschiedliche Grade der Mitwirkung der Teilnehmer an der Realisierung der Neuerung schließen. Vermutlich sind in den 2,2 Mill. Neuerern auch die nur mit Teilaufgaben Befaßten enthalten. Kern der MMM-Bewegung sind Arbeitskollektive, die als „Klubs Junger Neuerer“, „Klubs Junger Techniker“ oder als „Forschungsgemeinschaften“ bezeichnet werden. 1976 bestanden 21.333 derartiger Kollektive mit 246.019 Mitgliedern. Die Neuerungen der Studenten und jungen Wissenschaftler werden auf der „Zentralen Leistungsschau der Studenten und jungen Wissenschaftler“ präsentiert. Die Vorhaben der MMM-Bewegung gelten z. Z. vornehmlich der Rationalisierung, der Materialökonomie, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsschutzes, der industriemäßigen Produktion in der Landwirtschaft und der Rationalisierung der Lehr- und Lernprozesse (z. B. auch in der Ausbildung der NVA). Zwischen den verschiedenen Varianten von J.-Kollektiven gibt es keine starren Grenzen. Eine vereinbarte Neuerung kann als J.-Objekt realisiert werden, oder innerhalb einer J.-Brigade entsteht ein Neuererkollektiv, um ein anstehendes Problem zu lösen. Die genannten Zahlen zeigen daher nur die Größenordnungen an. Danach sind die „Klubs Junger Techniker“ usw. eher Angelegenheit einer technischwissenschaftlichen Elite, während die Mitarbeit an J.-Objekten und in der Neuererbewegung zur Aufgabe immer größerer Teile der schulischen und berufstätigen J. wird: 1968 gab es 8.400 J.-Brigaden und 12.044 J.-Objekte; für 1977 lauten die Zahlen: 29.897 bzw. 83.053. Die MMM-Bewegung wuchs zwischen 1970 und 1976 von 0,6 auf 2,2 Mill. Teilnehmer. Insgesamt dienen die J.-Kollektive vornehmlich der individuellen und vor allem gesellschaftlichen Leistungs- und Effektivitätssteigerung. Sie wurden daher vom AfJ als eine „durch die FDJ organisierte Aktivität junger Menschen“, von der FDJ selbst als „neue Führungsmethode“ bezeichnet. Andererseits bestätigen empirische Untersuchungen des Zentralinstituts für J.-Forschung und andere Erhebungen den tendenziell positiven Einfluß der J.-Kollektive auf Kenntnisse, Arbeitshaltung, Selbstvertrauen und Selbständigkeit der Mitglieder. X. Sozialpolitische Maßnahmen Als Erfolge der sozialistischen J.-Politik gelten ferner die sozialpolitischen Maßnahmen zur Förderung junger Ehen, für Studenten und Lehrlinge sowie für junge Mütter wie: Geburtenbeihilfe, Arbeitszeit- und Urlaubsregelung, Gewährung von Krediten und der mit der Geburt von Kindern verbundene Krediterlaß, Schulspeisung, Stipendien für 90 v. H. der Studenten. Internatsplätze und finanzielle Förderung für Studentinnen mit Kind. Ferner die Maßnahmen und Erfolge auf dem Gebiete des Sports, der Wehrerziehung und der Kulturpolitik. XI. Jugendweihe und Arbeiterweihe Alle Maßnahmen der J.-Politik im Bildungs- und Ausbildungssektor, in der Arbeitswelt, auf dem Gebiet der Sozial-, Sport-, Wehr- und Kulturpolitik sind eng verknüpft mit dem Grundziel der „Entwicklung und Festigung des sozialistischen Bewußtseins“. Dieser Zielsetzung dienen auch 2 spezielle Formen politisch-moralischer Erziehung: die Jugendweihe und die sog. Arbeiterweihe. Markiert die J.-Weihe die „Aufnahme in das aktive gesellschaftliche Leben“, so wird z. B. seit dem Jahr 1973 in zunächst einzelnen Betrieben der Deutschen Post im Bezirk Neubrandenburg auch die Aufnahme der Lehrlinge in das Betriebskollektiv in „würdiger Form gestaltet“. Seit dem gemeinsamen Beschluß des Zentralkomitees der SED, des Ministerrats der DDR, des Bundesvorstandes des FDGB und des Zentralrats der FDJ vom 7. 12. 1976 über Fragen der Berufsbildung, der auch „von neuen Traditionen bei der Aufnahme der jungen Facharbeiter in die Arbeitskollektive“ spricht, hat sich die Zahl der Ar[S. 562]beiterweihen stark erhöht. Das Facharbeiterzeugnis, der erste Arbeitslohn, der Betriebsausweis, gelegentlich auch ein Satz Werkzeuge und eine Urkunde über die Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse werden in einer Feierstunde, die teilweise nach sowjetischem Vorbild als Arbeiterweihe bezeichnet wird, von Aktivisten oder Arbeiterveteranen überreicht. Die jungen Facharbeiter geloben, „durch ihre Arbeitstaten den revolutionären Arbeitsruhm des Betriebes (Kombinates, der Brigade usw.) zu mehren“. So meldet der Bezirk Neubrandenburg, daß im Jahr 1976 44 v. H. und 1977 bereits 85 v. H. aller auslernenden Lehrlinge an Arbeiterweihen teilgenommen hätten. Mit Hilfe dieser Weihen sucht die SED die Herausbildung sozialistischen Bewußtseins bei den Jugendlichen zu fördern und damit das Hauptziel ihrer politisch-ideologischen Erziehung in den Schulen und Universitäten sowie den Schulungsveranstaltungen von FDJ und JP zu unterstützen. Die hohe Zahl der Ehescheidungen, die hohe Erwerbsquote der Frauen und Mütter, die Jugendhilfe und die Kriminalität der J. sowie der hohe Stellenwert, der der Erziehung zu bewußter Disziplin beigemessen wird, deuten auf ungelöste Probleme in der J.-Politik der SED-Führung hin. Arnold Freiburg Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 557–562 Jüdische Gemeinden A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Jugendarzt
DDR A-Z 1969
Wissenschaftlich-technische Zentren (1969)
Siehe auch die Jahre 1965 1966 1975 1979 Seit Anfang 1964 bei den Vereinigungen Volkseigener Betriebe bestehende Institutionen, mit deren Hilfe die VVB eine „allseitige Entwicklung und Einführung des wissenschaftl.-techn. Fortschritts“ in dem betreffenden Industriezweig erreichen soll. Aufgaben: Analyse des technischen Standes der Erzeugnisse in dem Industriezweig oder der Erzeugnisgruppe; Ermittlung der Entwicklungstendenz des technischen Standes im internationalen Maßstab; Ausarbeitung von Grundkonzeptionen für die Entwicklung der Erzeugnisse usw. Arbeitsgebiete der WTZ. sind — bezogen auf den jeweiligen Industriezweig — Modernisierung, Mechanisierung, Automatisierung, neue technolog. Verfahren, neue Werkstoffe, wissenschaftl. Wirtschaftsführung der VVB und VEB, Arbeitsbedingungen, Arbeitsnormen usw. — Die WTZ. haben eine zentrale Stellung innerhalb der VVB. Die Leitung der WTZ. hat der Generaldirektor der VVB. Zu seiner Beratung bedient er sich der Gesellschaftlichen Räte der VVB. Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 738 Wissenschaftler des Volkes, Hervorragender A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (WTZ)DDR A-Z 1965
Juden (1965)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1966 1969 Ihre Lage in der SBZ beruht auf der ideologisch-politischen Einstellung, die die SU und dementsprechend die SED zum Judentum als solchem vertreten. Der Bolschewismus sieht im Judentum eine besonders hartnäckige religiöse Gruppe, die er ideologisch und politisch zu überwinden sucht. Hinzu kommt, daß er die J. für eine schwierige nationale Minderheit hält. Diese Einstellung der SU zu ihrer jüdischen Volksgruppe (1959 etwa 2,3 Mill. gegenüber annähernd 4 Mill. im Jahre 1898) ist um so bedenklicher, als es in der Bevölkerung immer noch antisemitische Stimmungen gibt. Ihre Haltung zu den J. bemäntelt die SU damit, daß sie die J. als Träger eines staatsfeindlichen Zionismus hinstellt. Die SU behauptet vom Zionismus, daß er die jüdischen „Werktätigen“ „vom Klassenkampf ablenkt“, und daß der durch die Gründung des Staates Israel gestärkte jüdische Sonderpatriotismus sehr gefährlich sei. Bemängelt wird, daß Israel dem Westen zuneigt. (Dazu kommen taktische Rücksichten auf die arabischen Staaten.) Im Kampf gegen den Trotzkismus hatte Stalin auch viele Kommunisten jüd. Herkunft beseitigen lassen; später dann jiddische Schriftsteller. Zehntausende von J. waren ab 1935 bei den „Säuberungen“ hingerichtet worden. Das 1927 angebahnte „Jüdische Autonome Gebiet Birobidjan“ zog zwar einige zehntausend J. an, doch wurden J. in Massen in östliche Gebiete, vor allem wohl nach Kasachstan, deportiert. Die amtliche sowjet. Auffassung von den J. in der SU prägte 1958 ein Wort Chruschtschows: „Die J. mögen keine kollektive Arbeit und kennen keine Gruppendisziplin … Sie sind Individualisten, an allem interessiert, sie wollen alles untersuchen, diskutieren alles und haben am Ende völlig verschiedene Meinungen.“ Dementsprechend sind die J. in der SU gegenüber anderen Bürgern in vielem benachteiligt, z. B. bei der Zulassung zum Studium, zum Offiziersberuf, im höheren Parteidienst. Von 450 Synagogen wurden seit 1953 etwa 354 geschlossen. Diese Tatsachen beklagte am 15. 4. 1964 eine Studiengruppe der „Sozialistischen Internationale“ und am 12. 7. 1964 der Exekutivrat des Jüdischen Weltkongresses. Antisemitismus wirkte auch in den Staaten des Sowjetblocks im Hintergrund der „antizionistischen“ Prozesse gegen Palffy-Kreis und Slansky-Gruppe (1959). Die Todes- und Kerkerstrafen gegen die Slansky-Gruppe gaben dem ZK der SED Anlaß, auch in der SBZ gegen jüdische Spitzenfunktionäre vorzugehen, da sie angeblich Agenten des Zionismus und damit des amerikanischen Monopolkapitalismus seien: So mußten Paul ➝Merker und Erich Jungmann auf Jahre in Haft. Am 20. 12. 1949 warf das ZK Merker vor, daß er „als Garantie gegen die Assimilation der Juden die national-kulturelle Autonomie forderte“. Jungmann, so rügte das ZK, habe „gefordert, daß alle den deutschen Juden zugefügten Schäden vom deutschen Volk bevorzugt vor allen anderen Schäden wiedergutgemacht werden“. Merker wurde angegriffen, weil er auch jene J. entschädigt sehen wollte, „die im Ausland bleiben wollen“. Ein eigenes Bildungs- und Organisationswesen der J. läßt die SED nicht zu. Den etwa 71 jüdischen Synagogen-Gemeinden in der Bundesrepublik und West-Berlin stehen nur 8 gegenüber: Chemnitz (Karl-Marx-Stadt); Dresden; Erfurt; Halle; Leipzig; Magdeburg; Schwerin; Sowjetsektor von Berlin. — Der „Verband der jüdischen Gemeinden in der DDR“ hat seinen Sitz jeweils am Wohnort des Vors. Im Mai 1961 setzte die Regierung der SBZ Martin Riesenburger (Ost-Berlin) als Landesrabbiner ein. Bis heute weigert sich das Regime, für die schweren Blut- und Besitzopfer, die die J. unter dem nat.-soz. Regime erlitten, eine Wiedergutmachung zu leisten, da es sich für unzuständig hält. Während die BRD Zahlungen an den einzelnen J. wie an Israel entrichtete, zahlt das Regime der SBZ nur die bescheidene allgemeine Unterhaltsrente, die alle Hitleropfer beziehen. Dazu erklärte Albert ➝Norden am 2. 2. 1960 (laut dpa) in einer Pressekonferenz, die „DDR“ sei nicht bereit, „eine Wiedergutmachung an Israel zu zahlen“. Die besondere Lage der J. in der SBZ verminderte ihre Zahl durch Abwanderung um die Hälfte: 1946 zählten sie in der SBZ und in Ost-Berlin noch rd. 3.100, Ende 1952 rd. 2.600. 1962 noch rd. 850 in der SBZ und in Ost-Berlin 1950. Literaturangaben Buber, Martin, und Nahum Goldmann: Die Juden in der UdSSR. München 1961, Ner-Tamid-Verlag. 48 S. Levain, Richard S.: Antisemitismus im Ostblock (hrsg. v. Internationalen Komitee für Information u. Soz. Aktion — CIAS). Luxemburg 1960. 36 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 202 Johanngeorgenstadt A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z JugendForschen
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