Tagungsbericht

Das lange Ende des Ersten Weltkriegs. Europa zwischen gewaltsamer Neuordnung und Nationalstaatsbildung

| vom 21.04.2018 | Stiftung Ettersberg | Landeszentrale für politische Bildung Thüringen
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Das Jahr 1918 beendete durch den Waffenstillstand der europäischen Großmächte den Ersten Weltkrieg, der seinen endgültigen Abschluss durch die Pariser Vorortsverträge 1919/20 fand. Trotzdem ebbten die inneren Unruhen in Europa nach dem ersten Weltkrieg nicht ab. Stattdessen war die Nachkriegszeit geprägt von Bürgerkriegen, ethnischen Konflikten und Gründungen neuer Nationalstaaten. Im Fokus der Tagung am 21.04.2018 in Erfurt standen deswegen die Jahre zwischen 1918/19 und 1923, die als das „lange Ende des Ersten Weltkrieges“ bezeichnet werden. Näher analysiert wurde die These, dass die Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg keinen Frieden für Ost-, Mittel- und Südeuropa brachte, sondern sich stattdessen eine Gewaltperiode anschloss. Ebenfalls wurde die Frage nach den Gewinnern und Verlierern des Ersten Weltkriegs neu gestellt. Näher eingegangen wurde auch auf den Zusammenhang zwischen den gewalttätigen Konflikten in Deutschland und der Entstehung der Weimarer Republik 1918 aus eben diesen. Insgesamt stellte die Tagung kritisch heraus, dass die historische Festlegung des Kriegsendes auf das Jahr 1918 mit Blick auf die weiteren Unruhen innerhalb Europas in Frage gestellt werden muss.

Infolge des Waffenstillstands der europäischen Großmächte an der Westfront bedeutete das Jahr 1918 de jure das Ende des Ersten Weltkriegs, der durch die Pariser Vorortsverträge 1919/20 seinen endgültigen Abschluss Infolge des Waffenstillstands der europäischen Großmächte an der Westfront bedeutete das Jahr 1918 de jure das Ende des Ersten Weltkriegs, der durch die Pariser Vorortsverträge 1919/20 seinen endgültigen Abschluss fand. Dennoch brachte der Waffenstillstand vom November 1918 nicht für alle den erhofften Frieden, da es im Anschluss zu zahlreichen Bürgerkriegen, Grenzkonflikten und ethnischen Auseinandersetzungen, zum Zerfall von Imperien und zur Gründung neuer Nationalstaaten kam, was von FRANZ-JOSEF SCHLICHTING (Erfurt) und JÖRG GANZENMÜLLER (Weimar / Jena) in ihren Konferenzeröffnungen unterstrichen wurde. Letzterer gab eine kurze Einführung in das Thema und bezeichnete das 14-Punkte-Programm von Woodrow Wilson als Ausgangspunkt eines „langen Endes des Ersten Weltkriegs“. Obwohl Wilson in seinen 14 Punkten eine moralisch gerechte demokratische Ordnung für Europa vorgegeben hatte, indem er das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker und die öffentliche Kontrolle der internationalen Beziehungen durch die Gründung einer internationalen Organisation (des späteren Völkerbunds) vorschlug, nahmen die inneren Unruhen in Europa unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg nicht ab. Aus diesem Grund nahmen die Tagungsteilnehmenden die Jahre zwischen 1918/19 und 1923 als das „lange Ende des Ersten Weltkrieges“ besonders in den Blick.

Den Tagungsbericht von Daria Kozlova für H-Soz-Kult können Sie hier weiterlesen.


Konferenzübersicht:


Franz-Josef Schlichting (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen) / Jörg Ganzenmüller (Stiftung Ettersberg): Begrüßung und Einführung

Robert Gerwarth (Centre for War Studies, University College Dublin), vorgetragen von Jochen Böhler (Imre Kertész Kolleg Jena): Kriege und Konflikte als Erbe des Ersten Weltkriegs

Mark Jones (Centre for War Studies, University College Dublin): Deutschland

Jochen Böhler (Imre Kertész Kolleg Jena): Polen und die Ukraine

Sabina Ferhadbegović (Friedrich-Schiller-Universität Jena): Jugoslawien

Dennis Dierks (Friedrich-Schiller-Universität Jena): Türkei

Gerhard Paul (Universität Flensburg): Visuelle und akustische Erinnerungsorte des Ersten Weltkriegs

Veranstalter: