Zwangsvereinigung – Einigung – Stalinisierung?
Anlässlich des 70. Jahrestages des Vereinigungsparteitags von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) am 22. April 1946 fand an der Universität Erfurt eine Tagung statt. Untersucht wurden die Auseinandersetzungen zwischen SPD und KPD vor 1933 und die Verfolgung beider Parteien unter dem Nationalsozialismus. Regionale Fallstudien behandelten die SED-Gründung in der Sowjetischen Besatzungszone, weitere Themen waren die Stalinisierung der SED bis 1952 sowie die Rezeptionsgeschichte der Zwangs-/Vereinigung. Diskutiert wurde auch über den Begriff „Zwang“, wobei es zu keiner endgültigen Entscheidung kam, diesen weiter zu nutzen oder aufzugeben. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde er zwar als Kampfbegriff geprägt, da die Vereinigung jedoch nicht vollkommen freiwillig vollzogen wurde, entbehrt dieser nicht gänzlich seiner Berechtigung.
Am 22. April jährte sich der Vereinigungsparteitag von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in der Sowjetischen Besatzungszone zum 70. Mal. Anlässlich dieses Jahrestags veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Willy Brandt School of Public Policy am 8. April 2016 die Tagung „Zwangsvereinigung – Einigung – Stalinisierung?“ an der Universität Erfurt. Bereits die Titelwahl deutet auf die andauernde, nicht ausschließlich wissenschaftliche Debatte um die begriffliche Festschreibung der Zwangs-/Vereinigung hin. Diese geschichtspolitischen Kontroversen wurden in den drei Sektionen dann auch wiederholt thematisiert. Inwiefern die massiven Konfrontationen zwischen SPD und KPD vor 1933, aber auch die gemeinsamen Repressionserfahrungen während des Nationalsozialismus erkennbare Auswirkungen auf die Frage der Vereinigung nach 1945 hatten, wurde in der ersten Sektion unter Moderation von Peter Brandt (Hagen) erörtert. Den ausführlichen Tagungsbericht von Hanna Feesche für H-Soz-Kult können sie hier weiterlesen.
Konferenzübersicht:
Begrüßungen
Dietmar Herz, Erfurt/Anja Kruke, Bonn/Florian Weis, Berlin
Panel 1: Zum Verhältnis zwischen Kommunismus und Sozialdemokratie seit den 1920er Jahren vor und während der NS-Herrschaft
Mario Keßler (Potsdam), SAP, KPO, Neu Beginnen, Leninbund. Gedanken zu Einheitsbestrebungen neben der KPD und SPD in der Arbeiterbewegung am Ende der Weimarer Republik
Mike Schmeitzner (Dresden), Von der ‚Arbeiterregierung‘ zur Einheitspartei? Regionale Kontinuitäten und Erfahrungen in Sachsen und Thüringen 1923/1946. Biografische Prägungen
Reiner Tosstorff (Mainz), Einheitsparteierfahrungen in der Volksfrontära. Historische Voraussetzungen für die Jahre ab 1945
Moderation: Peter Brandt, Hagen
Panel 2: Fallstudien zur Zwangs-/Vereinigung
Tobias Kühne (Bonn), Zum Verhältnis zwischen KPD und Sozialdemokratie nach 1945. Das Beispiel von Neu Beginnen in Berlin
Siegfried Heimann (Berlin), Die erzwungene Vereinigung in Berlin
Steffen Kachel (Erfurt), Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen. Regionale Fallstudie zur SED-Gründung
Meik Woyke (Bonn), Von der Blockpolitik zur inszenierten Massenbewegung. Die Zwangsvereinigung von KPD und SPD in Mecklenburg-Vorpommern
Moderation: Bernd Hüttner, Bremen
Panel 3: Die Stalinisierung der SED seit 1947/48
Andreas Malycha (Berlin), „Partei von Stalins Gnaden“. Zur Verfolgung von Sozialdemokrat_innen und zur Stalinisierung der SED nach dem Vereinigungsparteitag bis 1952
Podiumsdiskussion: Zur Rezeptionsgeschichte und wissenschaftlichen Aufarbeitung der Zwangs-/Vereinigung in West und Ost
Jürgen Hofmann, Berlin
Steffen Kachel, Erfurt
Mike Schmeitzner, Dresden
Meik Woyke, Bonn
Moderation: Detlef Nakath, Potsdam