Martin Sabrow attestiert der heutigen Bundesrepublik Deutschland, den kommunistischen Widerstand weitgehend »vergessen« zu haben. Dies sei erstens ein Vermächtnis des Kalten Krieges, denn während das SED-Regime im Osten eine realitätsferne Überhöhung des heroischen »antifaschistischen« Kampfes anordnete und die DDR in staatslegitimatorischer Absicht als dessen Vermächtnis begriff, bewirkte das deutsch-deutsche erinnerungskulturelle Konkurrenzverhältnis im Westen eine langjährige Ausgrenzung, die bis heute nachwirke. Zweitens sei die Forschung mehreren Quellenproblemen ausgeliefert. Schriftliche Kommunikation im Untergrund stellte ein Risiko dar und ist kaum erhalten, dazu erwiesen sich die am Institut für Marxismus-Leninismus in Ost-Berlin gesammelten, der westlichen Forschung aber lange nicht zugänglichen Zeugnisse nach der Wende als kanonisiert und verformt, weshalb oft weiterhin die Gestapo-Akten den wissenschaftlichen Blick lenken. Drittens stellt Sabrow einen Wandel von »heroisierender« hin zu »viktimisierender« Erinnerungskultur fest, die für den heldenhaft anmutenden, aufopferungsvollen kommunistischen Widerstand keinen Ausdruck mehr finde.[1]
Erinnerungskulturelle Marginalisierung bedeutet jedoch nicht völliges Vergessen. Insbesondere das Ende des Kalten Krieges und die deutsche Wiedervereinigung belebten die deutsche Kommunismusforschung der 1990er-Jahre und stießen teils hitzige Debatten an. So geriet etwa der 1992 gegründete, der Totalitarismustheorie verpflichtete »Forschungsverbund SED-Staat« in Konflikt mit Historikern aus dem linksliberalen Spektrum. Auch das Schwarzbuch des Kommunismus, das 1997 unter großem Medienecho die Verbrechen kommunistischer Diktaturen anprangerte, sowie neue, teils kontroverse Forschungsbeiträge zum deutschen Kommunismus vor 1945 hielten das Interesse aufrecht.[2] In diesem Kontext spitzten sich schon in den 1980er-Jahren begonnene Debatten um die von Peter Steinbach geleitete Gedenkstätte Deutscher Widerstand zum 50. Jahrestag des 20. Juli 1944 auf die Frage hin zu, ob auch Vertreter des kommunistischen Widerstands in die Ausstellung aufgenommen werden sollten.[3]
Noch komplexer erscheinen die Wogen des Vergessens und Erinnerns, wenn man berücksichtigt, dass auch die Zeit vor 1990 nicht von einer reinen Dichotomie – Glorifizierung im Osten, Vergessen im Westen – geprägt war. Vielmehr gab es auch in der BRD noch während des Kalten Krieges Versuche, den kommunistischen Widerstand in die öffentliche Erinnerung zu integrieren. In Anbetracht einer zerschlagenen Parteiorganisation und einer Exilführung außer Reichweite hatten sich kommunistische Gruppen spätestens seit Kriegsbeginn 1939 eigenständig und lokal organisieren müssen. Dies spiegelte sich nach 1945 in lokalen Erinnerungskulturen wider, die oft von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) beziehungsweise ihren Vorgänger- und Nachfolgeorganisationen getragen wurden. Insbesondere seit den 1960er-Jahren fand politisch linker Widerstand gegen den Nationalsozialismus über die historische Forschung hinaus vermehrt öffentliche Berücksichtigung.[4]
Der vorliegende Beitrag untersucht exemplarisch die öffentliche Erinnerung an den kommunistischen Widerstand um den vormaligen KPD-Landtagsabgeordneten Georg Lechleiter in Mannheim und fragt in chronologischer Strukturierung nach den Ausdrucksformen und der Trägerschaft des jeweiligen Gedenkens im Wandel der Zeit. Dabei liegt der Fokus räumlich auf Mannheim, dem Hauptort nicht nur des Wirkens der Lechleiter-Gruppe, sondern auch der öffentlichen Erinnerung nach dem Zweiten Weltkrieg, und zeitlich auf der Periode der deutschen Teilung, an deren Ende erst das lange geforderte Lechleiter-Denkmal als Hauptgedenkort realisiert wurde. Ein knapper Vergleich mit der Erinnerung an die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe in Hamburg – einer zweiten größeren kommunistischen Widerstandsorganisation auf westdeutschem Gebiet – soll eine Annäherung an erinnerungskulturelle Strukturen der BRD ermöglichen.[5] Wie zu zeigen sein wird, bestand der Preis, den kommunistischen Widerstand während des Kalten Krieges in Westdeutschland öffentlich zu erinnern, darin, seinen ideologischen Gehalt rückblickend auf »Antifaschismus« zu reduzieren und ihn als »demokratisch« zu verklären.
Die Geschichte der Lechleiter-Gruppe im Widerstand ist inzwischen gut untersucht. Weiterhin wichtig sind die frühen Darstellungen der Kommunisten Max Oppenheimer (1919–1994) und Fritz Salm (1913–1985), die selbst unter der nationalsozialistischen Verfolgung litten. Ihre späteren Abfassungen weisen jedoch hagiografische Tendenzen auf und ließen sich bei der Unterbewertung der kommunistischen Prägung der Lechleiter-Gruppe zugunsten einer angeblichen demokratischen Arbeiter-Einheitsfront erheblich von gegenwartspolitischen Bedürfnissen leiten.[6] Die maßgebliche kritische Abhandlung gelang daher erst Hermann Weber im Rahmen einer breit angelegten wissenschaftlichen Dokumentation des Mannheimer Widerstands.[7] Der Forschungsstand stagnierte anschließend für beinahe drei Jahrzehnte, bevor Karl-Heinz Schwarz-Pich sich an wesentlichen Neuinterpretationen versuchte, für die er auf größtmögliche Distanz zu Georg Lechleiter wie auch zu den frühen kommunistischen Autoren ging.[8] »Was freilich bislang fehlt, ist eine systematische Aufarbeitung der lokalen Erinnerung«, wie Angela Borgstedt unlängst bemängelte.[9] Dies mag zumindest in Teilen erklären, warum die Forschung die Bedeutung lokaler Praktiken für das westdeutsche Gedenken an den kommunistischen Widerstand bisher vernachlässigt hat.
I. Die Lechleiter-Gruppe im Widerstand
Die Industrie- und Arbeiterstadt Mannheim war eine Wiege des deutschen Kommunismus und diente bereits ab 1919 als Sitz der KPD-Bezirksleitung Baden (ab 1931: Baden-Pfalz). Der Einfluss der Kommunisten nahm insbesondere infolge der Weltwirtschaftskrise zu und stand gerade im Zenit, als die nationalsozialistische Machtübernahme die Partei in den Untergrund zwang. Mit der Reichstagsbrandverordnung setzten auch in Mannheim Verhaftungswellen ein. Ein streng an der Bezirksleitung ausgerichteter Zentralismus sollte die Parteiorganisation am Leben erhalten, etwa den Druck von Schriften wie der Arbeiter-Zeitung und die Kassierung von Mitgliedsbeiträgen fortsetzen. Doch der organisierte kommunistische Widerstand war schon Ende 1934 weitgehend zerschlagen und beruhte über mehrere Jahre hinweg nur noch auf Einzelaktionen.[10]
Dies änderte sich erst, als eine Gruppe um Georg Lechleiter (1885–1942) ihre oppositionellen Aktivitäten ausweitete. Lechleiter, gelernter Schriftsetzer, war Anfang 1919 Mitgründer der KPD-Ortsgruppe in Mannheim gewesen, außerdem von 1920 bis 1922 Politischer Sekretär bei der Bezirksleitung, ab 1922 Stadtrat und von 1922 bis 1924 Herausgeber der Arbeiter-Zeitung. Von 1925 bis 1933 saß er anschließend als Abgeordneter im badischen Landtag, von 1929 bis 1932 als Vorsitzender der KPD-Fraktion. Zweimal kam er bereits vor seinem späteren Wirken als Kopf der Lechleiter-Gruppe in Haft: zuerst 1923 als verantwortlicher Redakteur der Arbeiter-Zeitung wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, dann im März 1933 bei den Massenverhaftungen von Kommunisten nach dem Reichstagsbrand. Nach zweijähriger Gefangenschaft in den badischen Konzentrationslagern Ankenbuck und Kislau bestritt er seinen Lebensunterhalt zunächst als Erdarbeiter, ab 1937 auch wieder als Schriftsetzer.[11]
Allmählich begann Lechleiter in dieser Zeit, Kontakte zu inzwischen ebenfalls freigelassenen Kommunisten herzustellen, unter ihnen Jakob Faulhaber (1900–1942) und Rudolf Langendorf (1894–1942), die später mit ihm die Widerstandsgruppe anleiten sollten.[12] Fritz Salm schreibt in diesem Zusammenhang in der Erstauflage seines Buches Im Schatten des Henkers von einer »neue[n] Bezirksleitung«, in der zweiten Auflage dann vorsichtiger von einer »neue[n] Führung«.[13] Auch Max Oppenheimer berichtet für das Jahr 1937 von einem zielstrebigen Aufbau neuer Gruppen, die bis zum Winter 1940/41 zu »aktiven arbeitsfähigen Zentren des Widerstandes in den meisten Mannheimer Großbetrieben« herangewachsen und von einer antifaschistischen Front getragen worden seien.[14] Tatsächlich belegt sind allerdings nur Besuche Lechleiters bei Rudolf und Anette Langendorf, bei denen die Kommunisten gelegentlich den Auslandsfunk abhörten, und ab 1940 der Wiederaufbau der »Roten Hilfe« für politische Gefangene, die auch durch Spendensammlungen in Mannheimer Betrieben getragen wurde. Organisierter Widerstand ist dagegen erst für die Zeit nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juni 1941 nachweisbar.[15]
Wesentlicher Bestandteil dieses Widerstands war die Erstellung einer eigenen Untergrundzeitung, von der die Lechleiter-Gruppe zwischen September und Dezember 1941 vier Ausgaben in Umlauf brachte.[16] Der Titel Der Vorbote, von einer Zeitung des aus der badischen Revolution von 1849 bekannten Johann Philipp Becker übernommen,[17] spielte auf die erwartete Arbeiterrevolution an, die den Kampf gegen den Kapitalismus zugunsten des Sozialismus gewinnen würde. Die Zeitung richtete sich als Kadermaterial ausschließlich an politisch zuverlässige Widerstandskämpfer. Wie erfolgreich die auf diesem Wege propagierte Anleitung, Drei-Mann-Betriebszellen zu gründen, allerdings umgesetzt werden konnte, lässt sich kaum noch feststellen. Neben weiteren Kommunisten bezog die sich formierende Lechleiter-Gruppe nun auch die parteilosen Eugen Sigrist und Alfred Seitz sowie die Sozialdemokraten Philipp Brunnemer und Käthe Seitz ein. Von der geteilten Hitler-Gegnerschaft abgesehen, hatte dies wohl auch taktische Gründe, denn der Gestapo waren die Genannten weniger bekannt als die Kommunisten. Die mit einer Ausnahme von Lechleiter verfassten Texte brachte der Kurier Johann Kupka nach Heidelberg, wo Käthe Seitz sie auf Matrizen tippte. Weitere Mitglieder der Gruppe sorgten anschließend für Vervielfältigungen, die sie wiederum Lechleiter zukommen ließen.[18] Mit der Herstellung und Verteilung der Zeitung weiteten sich die Aktivitäten des Mannheimer Widerstands verstärkt auf Heidelberg und die Pfalz aus.[19]
Trotz der Mitwirkung nicht kommunistischer Widerstandskämpfer ließ der Vorbote, der ein »Sowjet-Deutschland« antizipierte, den »fähigen und kaltblütigen Führer« Stalin anpries und als Herausgeber die »K. P.« nannte, keinen Zweifel an der Gesinnung der Gruppenanführer. Die Zeitung stand also nicht, wie von Oppenheimer und Salm suggeriert, im Zeichen einer demokratischen Einheitsfront der Arbeiterklasse.[20] Umstritten ist ihre Wirkkraft: Den kommunistischen Autoren zufolge war der Vorbote »wichtig […] zum organisierten Handeln« und habe den »Kampf gegen den Krieg« überhaupt erst ermöglicht.[21] Karl-Heinz Schwarz-Pich ist dagegen bemüht, der Lechleiter-Gruppe ihre Bedeutung abzusprechen, und kritisiert, der Vorbote sei für die Widerstandsarbeit nicht notwendig gewesen, sondern habe vielmehr Spenden für die Angehörigen politischer Häftlinge abgegraben. Die Schwierigkeit von Untergrundoperationen gegen den nationalsozialistischen Terror verkennend, ergänzt er, selbst die zweifelhafte Angabe von bis zu 200 Exemplaren pro Auflage wäre nicht »übermäßig« hoch gewesen. In der Zitierung deutscher Poeten meint er zudem, die »persönliche Eitelkeit« Lechleiters zu erkennen, aufgrund dessen vermeintlich diskussionsbefreitem Handeln »auf eigene Faust« man bei der Lechleiter-Gruppe ohnehin nicht von einer »Gruppe« im eigentlichen Sinne sprechen könne.[22]
Unstrittig ist, dass der Vorbote seinen Anteil an der Enttarnung der Gruppe hatte. Zum einen fanden Elektriker bei Kellerarbeiten zufällig zwei versteckte Ausgaben, zum anderen schätzte Widerstandsmitglied Daniel Seizinger die Gesinnung eines Arbeitskollegen, des SS-Manns Kurt Burchardt, falsch ein und überließ ihm verhängnisvoll ein Exemplar. An der dritten, auf Lechleiter selbst zurückgehenden und von Salm und Oppenheimer übernommenen These, wonach zusätzlich der Widerständler Gustav Süß die Gruppe an die Gestapo verraten habe, hat Schwarz-Pich überzeugend Zweifel geäußert. Ob es allerdings, wie weiter behauptet, Lechleiter selbst war, der unter den brutalen Haftbedingungen durch Vorschieben von Süß von seiner eigenen Hauptrolle als Denunziant ablenken wollte, muss unklar bleiben.[23]
Den Widerstandskämpfern wurde kurzer Prozess gemacht. Im Mai 1942 verkündete der in Mannheim einberufene 2. Senat des Volksgerichtshofs unter Karl Engert die Verurteilung aller 14 Angeklagten zum Tod. Die Hinrichtungen am Morgen des 15. September 1942 in Stuttgart wurden noch am gleichen Tag auf tiefrotem Plakat in Mannheim bekanntgegeben. Ein zweiter Prozess im Oktober 1942 vor dem Ersten Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem berüchtigten Senatspräsidenten Hermann Cuhorst führte zu fünf weiteren Hinrichtungen von Mitgliedern der Lechleiter-Gruppe im darauffolgenden Februar. Erhalten sind Abschiedsbriefe der Todgeweihten.[24] Drei weitere Gruppenmitglieder waren außerdem bereits vor dem Prozess in der Haft umgekommen.[25] Viele der Leichen wurden anschließend, wie damals durchaus üblich, an die Anatomien in Heidelberg und Tübingen übergeben.[26] Knapp 15 Monate nach der zweiten Hinrichtungswelle endete der Zweite Weltkrieg in Europa.
II. Die Lechleiter-Gruppe in der Erinnerung
Die frühe Erinnerung: Lokalpolitik, Entnazifizierung, Opfer des Faschismus
Wie Till Kössler argumentiert hat, entwickelte sich der Antikommunismus in den westdeutschen Besatzungszonen erst »mit deutlicher Verzögerung« gegenüber der internationalen Frontenverhärtung zu einem wesentlichen politischen Faktor. Tatsächlich gab es in den ersten Nachkriegsjahren noch »in vielen Bereichen eine recht pragmatische Zusammenarbeit von Kommunisten und Nicht-Kommunisten«.[27] Die frühe Erinnerung an den kommunistischen Widerstand im Westen unterstützt diese Einschätzung. In Hamburg etwa organisierten überlebende Opfer, Hinterbliebene und Lokalpolitiker, darunter viele Kommunisten, Kundgebungen und Gedenkfeiern, ließen die Urnen ermordeter Widerstandskämpfer rückführen, für die sie auf dem Friedhof Ohlsdorf einen Ehrenhain errichteten, und gründeten aus einem Vorgängerkomitee heraus 1947 die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) Hamburg.[28]
Auffallend ähnlich gestaltete sich die Erinnerungszusammenarbeit in Bezug auf die Lechleiter-Gruppe im deutschen Südwesten. Der Stadtrat Heidelberg beschloss im Januar 1946 ohne Gegenstimme auf einen Antrag der Kommunistischen Partei hin, die ehemalige Wohnstraße eines Widerstandskämpfers nach demselben in Albert-Fritz-Straße umzubenennen. Eine gleichnamige Straße in Walldorf und die Hans-Kupka-Siedlung in Ilvesheim, jeweils 1945 so benannt, bezeugen gleichfalls die frühe öffentliche Erinnerung an Mitglieder der Lechleiter-Gruppe mit entsprechendem Lokalbezug. In Heidelberg erhielten einige von ihnen 1950 außerdem eine Ehrengrabstätte auf dem Bergfriedhof, die die örtliche VVN seit der Anbringung einer Gedenkplatte 1951 für Gedenkfeiern am 1. November eines jeden Jahres nutzt.[29] Augenfälliger als in der regionalen Umgebung war die frühe öffentliche Erinnerung an die Lechleiter-Gruppe jedoch in Mannheim selbst, wo sie sich maßgeblich auf drei Ebenen manifestierte.
Erstens wurden auch in Mannheim lokalpolitisch verankerte Umbenennungen vorgenommen. Einen eigenen Stadtrat, der die Entscheidung dazu hätte fällen können, gab es zunächst noch nicht – ab Mai 1945 unterstützten vielmehr drei einbestellte Beiräte, darunter ein KPD-Mitglied, den von der amerikanischen Militärregierung eingesetzten christdemokratischen Oberbürgermeister (OB) Josef Braun. Die Erweiterung des Beirats im Dezember 1945 bedeutete den Beginn der langjährigen Aktivität von Anette Langendorf (KPD), der Witwe von Rudolf Langendorf, im Mannheimer Gemeinderat.[30] Eine von der Besatzungsregierung redigierte Zeitung verkündete im Juli 1945 die Umbenennung verschiedener im Sinne der Nationalsozialisten benannter Einrichtungen, Straßen und Plätze; der »Platz des 30. Januar« in der Schwetzingerstadt sollte fortan »Georg-Lechleiter-Platz« heißen.[31] Am 13. Februar 1947 entschloss sich der inzwischen gewählte Stadtrat – die KPD erhielt bei den ersten Wahlen immerhin knapp 18, die SPD 40 Prozent aller Stimmen – zu Änderungen auch von nationalsozialistisch unbelasteten Straßenbezeichnungen zugunsten einer Rudolf-Langendorf-Straße in Friedrichsfeld und einer Jakob-Faulhaber-Straße in Waldhof. Dazu war 1945 in der Gartenstadt bereits ein Weg nach Philipp Brunnemer benannt worden.[32]
Bald nach Kriegsende waren damit die Anführer der Gruppe bereits öffentlich geehrt, nicht zuletzt, weil sich verfolgte Kommunisten maßgeblich am Wiederaufbau beteiligten.[33] Die Umbenennungen standen zwar zunächst im Zeichen der Besatzungspolitik, lassen jedoch bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit auch auf einen durchsetzungsfähigen politischen Willen der Mannheimer selbst zur Anerkennung des Lechleiter-Widerstands schließen. Diesen Willen unterstreicht auch eine Spende über 30 000 Reichsmark »für Wohlfahrtszwecke« der Tiefbaufirma Vatter, von der Wohlfahrtsdezernent Richard Böttger (SPD) im Februar 1946 je 1000 Reichsmark an diejenigen neun Witwen von hingerichteten Mitgliedern der Lechleiter-Gruppe auszahlen ließ, die noch in Mannheim lebten und (noch) nicht erneut geheiratet hatten. Den Spender lobte Böttger als einen »edelgesinnte[n] Gemeindebürger«. Auch die beiden Söhne des hingerichteten Widerstandsmitglieds Anton Kurz wurden etwas später mit je 500 Reichsmark bedacht.[34] Doch hatte die Großzügigkeit auch Grenzen: Anfang der 1950er-Jahre ließ die Stadtverwaltung zu, dass seit 1945 getätigte kommunale Entschädigungszahlungen u. a. an Witwen der Lechleiter-Gruppe auf spätere Zahlungen aus Landesmitteln angerechnet wurden.[35]
Die zweite Triebkraft des frühen Erinnerns resultierte aus den Entnazifizierungen von Richter Hermann Cuhorst und SS-Mann Kurt Burchardt. Den Nürnberger Juristenprozess 1947, in dem auch Cuhorst angeklagt war, nahmen Mannheimer Überlebende der politischen Verfolgung zum Anlass für eine Kundgebung mit Eduard Bischoff, einem ehemaligen anarchosyndikalistischen Widerstandskämpfer in Mannheim und Buchenwald-Häftling. In diesem Zusammenhang entstand eine Resolution gegen Cuhorst, gerichtet an das Nürnberger Gericht und die Militärregierung. Der Jurist, obwohl »gewissenloser Sadist in […] Richterrobe«, wie der Mannheimer Morgen dämonisierte, wurde aus Beweismangel zunächst freigesprochen.[36] Nach Protesten und zahlreichen neuen Hinweisen folgte jedoch eine erneute Verhaftung; ein Spruchkammerverfahren verurteilte Cuhorst schließlich als Hauptschuldigen zu einer mehrjährigen Haftstrafe, aus der er 1950 vorzeitig entlassen wurde. Seine jahrzehntelangen Bemühungen um Rehabilitierung sollten bis zu seinem Tod 1991 scheitern.[37] Daran, dass er überhaupt verurteilt wurde, hatte womöglich auch die im Sommer 1945 gegründete VVN Württemberg-Baden ihren Anteil, die zur Beweissammlung gegen Cuhorst aufgerufen hatte.[38] Deutlich weniger Aufsehen als die Entnazifizierung des berüchtigten Scharfrichters erregte unterdessen das Verfahren gegen den unbekannteren Denunzianten Kurt Burchardt. Die Spruchkammer in Mannheim verurteilte ihn als Hauptschuldigen zu acht Jahren Arbeitslager und ließ sein Vermögen einziehen.[39]
Einen dritten Schwerpunkt der frühen Erinnerung bildeten städtische Gedenkfeiern. Zu einem ersten Zusammentreffen, bei dem insbesondere die KPD das Erbe des Widerstands beanspruchte, kam es am 15. September 1945 auf dem Mannheimer Hauptfriedhof. Zwischen 1946 und 1950 fanden die orchesterbegleiteten Gedenkfeiern im Mannheimer Nationaltheater statt – jeweils am zweiten Sonntag im September, dem Gedenktag der Opfer des Faschismus, der zudem dem Jahrestag der ersten Hinrichtungswelle gegen die Lechleiter-Gruppe vom 15. September 1942 nahe lag. Zu diesem Anlass fand OB Braun 1946 »ergreifende Worte des Gedenkens« für Georg Lechleiter. Die Feier ging einher mit einer pathetischen Lokalpresse, die Mannheim (freilich nicht grundsätzlich zu Unrecht, doch überhöhend) als Zentrum des Widerstands feierte und die Hinrichtungen der Widerstandskämpfer um Lechleiter mit der sachlich falschen Behauptung, sie seien unter dem Vorsitz des ehemaligen Präsidenten des Volksgerichtshofs Roland Freisler verurteilt worden, noch einmal dramatisierte.[40]
Auf der Feier im darauffolgenden Jahr war erstmals die VVN Mannheim vertreten, die im Februar 1947 von der Militärregierung genehmigt worden war und wie im November und Dezember 1945 verbotene Vorgängerstellen die Interessen der Mannheimer Verfolgten insbesondere in Entschädigungsfragen vertrat. Neben dem sozialdemokratischen Widerstandskämpfer, Gewerkschafter und Stadtrat Jakob Baumann wurde sie von der KPD-Stadträtin Anette Langendorf aus der Lechleiter-Gruppe angeführt. Umrahmt von Gedichtvorträgen war es diesmal der spätere Lebensgefährte von Langendorf, Willy Grimm, der – als Kommunist, ehemaliger KZ-Insasse und VVN-Gründungsmitglied – auch auf den Lechleiter-Widerstand einging. Zum mit der Feier einhergehenden fünften Jahrestag der Hinrichtungen von Lechleiter und seinen Mitstreitern urteilte die Lokalzeitung, die Mannheimer »hätten wohl einigen Grund«, auf die Widerständler »stolz zu sein«, und schrieb von einer »Verpflichtung […] auch für die Lebenden zu sorgen«. Von Beginn an wurde damit ein Vermächtnis des Widerstands postuliert, das die Überlebenden zu erfüllen hätten.[41]
Zu diesem Bedürfnis nach öffentlicher Erinnerung passt, dass die VVN im August 1949 den Antrag stellte, am Georg-Leichleiter-Platz eine Gedenktafel zu Ehren der Lechleiter-Gruppe anzubringen. OB Hermann Heimerich (SPD) regte jedoch stattdessen an, in zentralerer Lage ein Denkmal für alle Mannheimer Opfer des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs zu errichten. Der Gemeinderat folgte ihm mehrheitlich, obwohl sein Mitglied Anette Langendorf kritisierte, dass damit der politisch Verfolgten gemeinsam mit solchen Opfern gedacht werde, die zunächst »mit großem Elan und mit großer Begeisterung für Hitler in den Krieg gezogen« waren. Auch weitere Bemühungen der KPD um eine besondere Gedenktafel für die Lechleiter-Gruppe am Georg-Lechleiter-Platz blieben ohne Erfolg. Am Volkstrauertag 1952 wurde der Mannheimer Friedensengel von Bildhauer Gerhard Marcks in Anwesenheit von Bundeskanzler Konrad Adenauer als allgemeines Mahnmal am innerstädtischen Schillerplatz feierlich eingeweiht – in seiner integrativen Rede nannte Heimerich den kommunistischen Widerstand ausdrücklich als eine von mehreren Opfergruppen.[42] Das jahrzehntelange Ringen um ein ehrendes materielles Gedenken am Georg-Lechleiter-Platz, der vorerst leer ausging, hatte begonnen.
Die 1960er- und 1970er-Jahre: Wiederaufnahme und Ritualisierung
Deutete sich die wichtige Rolle der VVN Mannheim als Trägerin der Erinnerung schon in der Frühphase des Lechleiter-Gedenkens an, so trat sie umso mehr in den darauffolgenden Jahrzehnten hervor. In den 1950er-Jahren war davon jedoch zunächst wenig zu spüren. Die gesellschaftliche Wahrnehmung der VVN als von der SED finanziertes und instrumentalisiertes Sammelbecken ehemals verfolgter Kommunisten[43] verstärkte sich mit den antikommunistischen Abspaltungen sozial- und christdemokratischer Opferverbände (1948/50) weiter und ließ während laufender Gerichtsverfahren – ein Verbotsantrag der Bundesregierung aus dem Jahr 1959 sollte bis 1964 scheitern – ein ehrendes Gedenken an die Lechleiter-Gruppe kaum zu. Auch das Bundesergänzungs- sowie das Bundesentschädigungsgesetz (1953/56) grenzten kommunistische Verfolgte aus. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde zudem 1956 die KPD verboten. Die meisten nicht kommunistischen Entscheidungsträger der zweiten deutschen Demokratie mochten nicht jene unterstützen oder entschädigen, die vor 1933 gegen die Sozialdemokratie als »sozialfaschistischen« Hauptfeind und damit letztlich gegen die Weimarer Republik sowie im Widerstand ab 1933 für eine »andere Diktatur« gekämpft hatten – nun, da dieses Ziel in Ostdeutschland Wirklichkeit geworden war und die deutsche Teilung zum Preis hatte. Im Zeichen des Antitotalitarismus lag während der Frontenverhärtung im Kalten Krieg, die Ende der 1940er-Jahre auch Deutschland erreicht hatte, ein integraler Widerstandsbegriff noch fern.[44]
Nicht zuletzt weil er so erfolgreich war, wandelte sich der Antikommunismus ab Mitte der 1950er-Jahre jedoch erneut. Die sich langsam entschärfende westdeutsche Bedrohungswahrnehmung ermöglichte die Wiederaufnahme der öffentlichen Erinnerung an den kommunistischen Widerstand. Symptomatisch dafür stand der Tabubruch von Bundespräsident Heinrich Lübke, der 1964 in seinen Appell für eine breitere Berücksichtigung des politisch heterogenen Widerstands auch die Kommunisten einschloss. Sein Amtsnachfolger Gustav Heinemann tat es ihm 1969 gleich, als er den Hamburger Kommunisten Fiete Schulze würdigte. Dass Heinemann dafür scharfe Kritik erntete und der Sozialdemokrat Herbert Wehner beim jährlichen Widerstandsgedenken zum 20. Juli nach Einwänden wegen seiner kommunistischen Vergangenheit selbst im Jahr 1978 noch auf das Sprecheramt verzichtete, verdeutlicht jedoch gleichzeitig die fortwährenden Grenzen der wiederentdeckten Anerkennung.[45]
In Hamburg hatte die Frontenverhärtung in der Frühphase des Kalten Krieges 1951 das Verbot des VVN-Landesverbands zur Folge. Bezeichnend für das antikommunistische Klima gründeten ehemalige Mitglieder mit der Vereinigten Arbeitsgemeinschaft der Naziverfolgten (VAN) erst 1958 eine neue Organisation. Der Betriebsrat der Werft Blohm & Voss erinnerte in den 1950er-Jahren unterdessen mit einer Gedenktafel an Firmenmitglieder, die der Bästlein-Jacob-Abshagen-Organisation angehört hatten. Ein neu gegründetes Kuratorium pflegte ab 1962 den umgebetteten Ehrenhain auf dem Friedhof Ohlsdorf; im selben Jahr setzten dort Gedenkfeiern ein. Die Urnen verschiedener Widerstandskämpfer ergänzten in den folgenden Jahren die gestalterisch mehrfach erweiterte Stätte, wobei 13 der Begrabenen zu Lebzeiten Teil der Bästlein-Gruppe gewesen waren. 1961 gründete die Geschwister-Scholl-Stiftung zudem eine weitere Begräbnisstätte auf dem Ohlsdorfer Friedhof, die heute weit über 300 kommunistische Widerstandskämpfer ehrt.[46]
Auch die Erinnerung an die Lechleiter-Gruppe zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren spiegelt die Entwicklung des bundesrepublikanischen Antikommunismus wider. So erlitt die VVN, die in den frühen Nachkriegsjahren noch eine Vielzahl an Aktivitäten verzeichnen konnte, Ende der 1940er-Jahre auch im Südwesten eine massive Schwächung. Ihrem Selbstverständnis als »Erbwalterin des deutschen Widerstandes« konnte sie erst wieder verstärkt nachkommen, als ihre mahnend-warnende »antifaschistische« Geschichtsarbeit in den 1960er-Jahren erneut »politische Konjunktur« genoss.[47] In Mannheim diente insbesondere der 20. Jahrestag der Hinrichtungen 1962 als Anlass für die Wiederaufnahme der öffentlichen Gedenkfeiern, die fortan statt im Nationaltheater im Mozartsaal des Rosengartens stattfinden sollten. VVN-Gründungsmitglied und Gewerkschafter August Locherer (1902–1998), als Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) ehemals selbst Widerstandskämpfer sowie zwischen 1948 und 1977 langjähriger Stadtrat (KPD, nach dem Parteiverbot u. a. Deutsche Friedens-Union und DKP),[48] verband in seiner Ansprache in Anwesenheit von Georg Lechleiters Witwe die Erinnerung an den kommunistischen mit sozialdemokratischem und gewerkschaftlichem Widerstand. Hier ebenso wie in seinem Aufruf zur »Anklage« gegen die Kontinuitäten zwischen NS-Deutschland und Bundesrepublik trat die nur aus der Gegenwartspolitik heraus verständliche Inszenierung des Gedenkens deutlich hervor. Die Stadtverwaltung sanktionierte die Veranstaltung von offizieller Seite durch Kranzniederlegungen.[49]
Ende der 1960er-Jahre setzte überdies die publizistische Aufarbeitung des Lechleiter-Widerstands ein. Max Oppenheimer stellte einen Prospekt seines in Arbeit befindlichen Buches Der Fall Vorbote bereits 1967 auf der Frankfurter Buchmesse vor; es sollte 1969 erscheinen. Der Autor war inzwischen zu einem der bekanntesten Gesichter der bundesrepublikanischen VVN avanciert und leitete ab 1970, dem Jahr der raschen Zweitauflage seines Buchs, das Referat Geschichtsforschung und -vermittlung beim VVN-Präsidium in Frankfurt.[50] Der Widerstandskämpfer und langjährige Erste Bürgermeister Jakob Trumpfheller (SPD), selbst bereits in hohem Alter, interpretierte den Lechleiter-Widerstand in seinem Vorwort für Oppenheimers Buch als »Mahnung und Vermächtnis« für die »junge Generation«.[51]
Ebenfalls Ende der 1960er-Jahre begann die lange Arbeit an der umfassenden wissenschaftlichen Dokumentation des gesamten Mannheimer Widerstands. Im Anschluss an einen Vortrag von Professor Erich Matthias im Jahr 1968 gab OB Hans Reschke (parteilos, CDU-nah) der Universität Mannheim einen entsprechenden Auftrag, woraufhin das Stadtarchiv seine Bestände ausbaute. Organisatorische Schwierigkeiten und gesundheitliche Probleme Matthiasʼ verhinderten jedoch ein baldiges Erscheinen der Dokumentation.[52] So war es stattdessen zunächst die Schrift von Fritz Salm, die den Widerstand in Mannheim näher beleuchtete. Der DKP-Vorsitzende Herbert Mies reklamierte diesen im Vorwort für seine eigene Partei und plädierte zeittypisch dafür, dass sich »Kommunisten und Sozialdemokraten […] zur antifaschistischen, demokratischen Aktionseinheit zusammenfinden« mögen. Auch für die zweite Auflage steuerte der prominente Kommunist, der selbst aus Mannheim stammte und dort wie Salm in der KPD gewirkt hatte, ein verklärendes Vorwort bei.[53]
Doch nicht nur der Bundesvorsitzende, auch die lokale DKP bemühte sich um die Erinnerung an den kommunistischen Widerstand. Auf ihren Vorschlag hin brachte die Stadt Mannheim 1972 zum 30. Jahrestag der Hinrichtungen eine Gedenktafel an Lechleiters ehemaligem Wohnhaus in der Alten Frankfurter Straße 30 in Waldhof an. Gerald Unger (DKP) hatte in seinem Antrag auf Trumpfhellers Vorwort in Oppenheimers Buch verwiesen und Lechleiter als Vorbild für die Jugend präsentiert. Die vorgeschlagene Beschriftung – Unger schrieb von der »bedeutendsten antifaschistischen Widerstandsgruppe in Mannheim« – übernahm die Stadt indes nicht. Das Archiv unter Jörg Schadt konnte noch nicht auf eine kritische wissenschaftliche Aufarbeitung zurückgreifen und riet daher von »Superlativen« ab. Unger gegenüber teilte das zuständige Dezernat jedoch lediglich mit, sein Textvorschlag sei »zu lang«. Die sprachlich entpolitisierte Umsetzung beschrieb Lechleiter schließlich als »führenden Mannheimer Widerstandskämpfer«.[54] Ebenfalls 1972 kam durch das Engagement des Stadtjugendrings die in Frankfurt eröffnete Ausstellung »Antifaschistischer Widerstand 1933–1945«, die auch kurz auf die Lechleiter-Gruppe einging, nach Mannheim und zog tausende Besucherinnen und Besucher an.[55]
Der 30. Jahrestag der Hinrichtungen war ferner dem Kreisvorstand der DKP Anlass, einen Kranz am Georg-Lechleiter-Platz abzulegen. Tags darauf klagte Walter E. Senk in der Rhein-Neckar-Zeitung, man besinne sich »nur noch gelegentlich zu Jahrestagen« des Mannheimer Widerstands. Er forderte: »Das Vermächtnis muß lebendig bleiben!«[56] Auch die über eine reine Verfolgtenorganisation hinaus zum »Bund der Antifaschisten« (BdA) erweiterte VVN Mannheim orientierte sich in ihrem Gedenken zwar weiterhin an Jahrestagen. Doch erwirkte sie fortan nicht bloß eine entkonkretisierende Ritualisierung der Erinnerung, sondern etablierte den kommunistischen Widerstand mit ihrem seit 1973 jährlich abgehaltenen Septembergedenken am Georg-Lechleiter-Platz gleichzeitig fest in der Mannheimer Erinnerungskultur. Zunächst war es erneut August Locherer, der in einer Rede dazu aufrief, »wachsam [zu] sein in unseren Tagen, damit Faschismus und Krieg nur noch historische Erinnerung bleiben«.[57] Bis heute dient der 15. September – der Tag der ersten Hinrichtungswelle 1942 – als institutionalisierter Bezugspunkt für das Zusammenkommen.
1973 bedeutete jedoch auch eine Wachablösung, denn fortan trug statt Locherer zunehmend der gut zehn Jahre jüngere Kommunist Fritz Salm, der im selben Jahr zum VVN-Kreisvorsitzenden aufstieg, die maßgebliche Verantwortung für das Lechleiter-Gedenken. In seiner Rede im Mozartsaal zum 30. Jahrestag der zweiten Hinrichtungswelle 1973 richtete er sich gegen den bundesrepublikanischen Antikommunismus und bedauerte, dass noch immer kein Denkmal für die Lechleiter-Gruppe existiere. Rezitationen unter anderem aus dem Vorboten, ein Streichquartett, der Besuch italienischer Widerstandskämpfer und eine kleine Ausstellung im Vorraum des Saales verliehen der Zusammenkunft einen andächtigen und feierlichen Rahmen.[58]
Bei den jährlichen Gedenkfeiern der VVN-BdA Mannheim am Georg-Lechleiter-Platz blieben scharfe gegenwartspolitische Kommentare konstitutive Elemente. 1974 formulierte Salm eine Variante der »antikapitalistischen Faschismusdeutung«, welche die Schuld am Nationalsozialismus in erster Linie bei den Großkonzernen sah, und rief 1979 zur Verhinderung eines NPD-Parteitags auf; Max Oppenheimer fuhr 1977 schwerstes Geschütz gegen die Entwicklung der BRD auf, und im selben Jahr wetterte ein vom Berufsverbot betroffener Studienreferendar gegen Antikommunismus und Radikalenerlass.[59] Lesungen und Diskussionsveranstaltungen mit Oppenheimer und Salm im Rahmen der »Buchwoche zum 30. Jahrestag der Befreiung vom Hitler-Faschismus«, die Verleihung von Medaillen und Ehrenurkunden an 33 noch lebende Mannheimer Widerstandskämpfer sowie (vorerst) vergebliche Versuche Salms, die materielle Erinnerung am Georg-Lechleiter-Platz ausbauen zu lassen, ergänzten die Aktivitäten der VVN-BdA in den 1970er-Jahren.[60]
Unterdessen entwickelte sich die öffentliche Erinnerung an die Lechleiter-Gruppe allmählich auch außerhalb von Mannheim. Auf dem »Gräberfeld X« in Tübingen liegen bis heute vor allem Personen begraben, deren sterbliche Überreste während des Nationalsozialismus der dortigen Anatomie übergeben worden waren, darunter mit Eugen Sigrist und Daniel Seizinger auch zwei Mitglieder der Lechleiter-Gruppe. Auf drei von der Stadt aufgestellte Kreuze im Jahr 1952 folgten 1960 eine Gedenkplatte, 1980 Bodenplatten mit Namen der Toten und 1990 ein neuer Gedenkstein. In Heidelberg, wo die VVN das jährliche Novembergedenken auf dem Bergfriedhof fortsetzte, erinnert seit einem Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1974 zudem die Seitzstraße an Käthe und Alfred Seitz.[61] Naturgemäß sollte es jedoch Mannheim sein, wo der kommunistische Widerstand der Lechleiter-Gruppe in den 1980er-Jahren den Höhepunkt seines öffentlichen Gedenkens erfuhr.
Die 1980er-Jahre: Über Wissenschaft und Straßenbenennungen zum Denkmal
Die deutsch-deutsche Entspannung ermöglichte in den 1980er-Jahren wesentliche Erweiterungen des Gedenkens an den linken beziehungsweise kommunistischen Widerstand. Erstmals erhielten in dieser Zeit auch aufwendige erinnerungskulturelle Projektideen die Zustimmung von lokalpolitischen Mehrheiten und Behörden. In Hamburg hatte die 1971 aus der Vereinigten Arbeitsgemeinschaft der Naziverfolgten hervorgegangene Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes, die sich ab 1979 wie der Bundesverband als VVN-BdA bezeichnete, in den späten 1970er-Jahren ihre Arbeit in der Jugendbildung ausgeweitet. Gemeinsam mit Hamburger Lokalpolitikern initiierte sie in den 1980er- und 1990er-Jahren nicht nur die Ehrung einiger Mitglieder der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe, sondern auch weiterer kommunistischer Widerstandskämpfer mit Straßennamen. Ferner bezeugten ein mit den Umbenennungen einhergehendes Mahnmal im Stadtteil Niendorf, die Ausweitung des bestehenden Gedenkens an den in Hamburg geborenen Ernst Thälmann und eine Gedenktafel am Thalia Theater, die explizit der »kommunistischen Widerstandsorganisation« um Bästlein gewidmet war, die zunehmende erinnerungskulturelle Öffnung. Die VVN-BdA Hamburg nutzte den Ehrenhain überdies weiterhin als Gedenkstätte.[62]
Auch in Mannheim setzte die VVN-BdA in den 1980er-Jahren ihre Geschichtsarbeit fort. Zum 38. Jahrestag der Hinrichtungen Lechleiters und seiner Mitstreiter war im September und Oktober 1980 im oberen Foyer des Rosengartens die Ausstellung »Widerstand in Mannheim 1933 bis 1945« zu sehen. Unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Manfred David (SPD) hatten sich insbesondere der Stadtjugendring und die VVN-BdA, außerdem der Deutsche Gewerkschaftsbund um seinen Kreisvorsitzenden Fritz Karg und die Fachhochschule für Gestaltung beteiligt. Der emsige Fritz Salm stellte sich beim Besuch von Schulklassen als Diskussionspartner zur Verfügung. Für die Ausstellung sammelte er zudem »Fakten«, »Zahlen« und »Argumente«, deren Zusammenstellung er mit einem Plädoyer für »antifaschistische Politik« enden ließ.[63]
Ebenfalls 1980 nahm die Antifaschistische Arbeitsgruppe (Antifa-AG) Mannheim unter Thomas Schmutz, dessen Vater Paul (1908–1982) als Mitglied der linkssozialistischen Gruppe »Neu Beginnen« im Widerstand und bis 1975 für die SPD im Stadtrat gewesen war,[64] ihre Bemühungen um das Lechleiter-Gedenken auf. Mit Erfolg verlangte Schmutz im August 1980 vom Mannheimer Armaturenhersteller Bopp & Reuther, NS-Parolen und -Symbole von einer beschmierten Mauer auf dem Firmengelände zu entfernen. Dabei verwies er auf die Lechleiter-Gruppe, die schließlich auch bei Bopp & Reuther Betriebszellen aufgebaut habe.[65] Nur einen Monat später stellte die Antifa-AG zum 38. Jahrestag der Hinrichtungen ohne Erlaubnis der Stadt einen Gedenkstein auf dem Georg-Lechleiter-Platz auf. Da die VVN-BdA in Person von Fritz Salm 1977 ebenfalls einen solchen Gedenkstein gefordert hatte, könnten sich die »Antifaschisten« abgesprochen haben. Sprachlich unverblümt und handwerklich eher wenig professionell war auf dem Stein in fünf Zeilen zu lesen: »GEDENKT LECHLEITER / U. GENOSSEN: / Nieder mit Faschismus / u. Reaktion – Für Demo- / kratie u. Sozialismus!«[66] Das Hauptamt der Stadt teilte der Antifa-AG daraufhin mit, dass für eine solch »gut gemeinte Aktion« ein Gemeinderatsbeschluss vorliegen und das Stadtarchiv eingeschaltet werden müsse, zudem treffe das Grünflächenamt bei der Rasenpflege nun auf »erhebliche Schwierigkeiten«. Die AG möge den Stein daher wieder entfernen, doch wolle die Stadt sich »mit einem namhaften Bildhauer ins Benehmen setzen, um eine auch künstlerisch ansprechende Lösung zu finden«. Die AG reagierte, indem sie den Stein zur leichteren Rasenpflege an eine Mauer nach hinten versetzte, verweigerte jedoch die Entfernung, zu der der Stadtdirektor sie aufgefordert hatte. Thomas Schmutz bezeichnete den Schriftzug sowohl als »historisch […] fundiert als auch richtig formuliert« und regte in seinem bisweilen ridikülisierenden Schreiben dazu an, den Stein als »eine Art Beschlußvorlage« für die Lokalpolitik zu begreifen. Tatsächlich: Die Stadt duldete den Verbleib des Gedenksteins an der Mauer, wo er die Mäharbeiten nicht länger beeinträchtigte, zumindest bis einst ein offizielles Gedenken der Stadt an selber Stelle organisiert wäre.[67]
So war der Gedenkstein auch noch am Georg-Lechleiter-Platz zu sehen, als 1983/84 die wissenschaftliche Aufarbeitung Aufsehen erregte. Der Gemeinderat hatte dem Sozialdemokratischen Bildungsverein auf Antrag der SPD Gelder für die maßgeblich von dem Historiker Günter Braun kuratierte Ausstellung »Widerstand und Verfolgung in Mannheim 1933–1945« im Reiß-Museum zugesichert. Die feierliche Eröffnung im Januar 1983 zum 50. Jahrestag der nationalsozialistischen Machtübernahme übernahmen der Vorsitzende des Bildungsvereins und Mannheimer Universitätsprofessor Hermann Weber, OB Wilhelm Varnholt (SPD) und der SPD-Kreisvorsitzende Karl Feuerstein. Außerdem hielt der 74-jährige Max Diamant, ehemals Widerstandskämpfer der SAP in Mannheim, eine Rede. Erstmals stand bei einer Ausstellung damit explizit der sozialdemokratische und linkssozialistische, nicht der kommunistische Mannheimer Widerstand im Vordergrund. Auch Fritz Salm beteiligte sich, trat kurz vor der Eröffnung gemeinsam mit den ehemaligen SAP-Widerstandskämpfern Otto Bauder und Adolf Schröder sogar im Fernsehen auf und erzählte Schulklassen auf Stadtrundfahrten in Kooperation mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom Lechleiter-Widerstand.[68]
Im Dezember 1984 konnte überdies endlich die schon in den späten 1960er-Jahren angeregte und lange erwartete wissenschaftliche Widerstandsdokumentation von Hermann Weber (1928–2014) und dem 1983 bei einem Verkehrsunfall verunglückten Erich Matthias fertiggestellt werden. Etwa 100 der 550 Seiten widmete Weber, der aus biografischen Gründen selbst ein komplexes Verhältnis zum Kommunismus hatte, dem kommunistischen Widerstand, davon etwa 20 der Lechleiter-Gruppe.[69] »Wir stehen tief in der Schuld des Widerstands«, befand OB Gerhard Widder (SPD) bei der Buchvorstellung vor einer Gruppe von Ehrengästen. Einhergegangen war die wissenschaftliche Aufarbeitung mit langen Diskussionen um die Einrichtung eines Taufbezirks, also eines räumlich zusammenhängenden Gebiets mit inhaltlich verwandten Straßenbezeichnungen, zum Gedenken an die Widerstandskämpfer. Widder rief in seiner Rede dazu auf, die Gegenwehr gegen diese Umbenennungen aufzugeben.[70]
Ausgangspunkt der Debatte war 1978 ein Antrag des Stadtrats und späteren Bundestagsabgeordneten Lothar Mark gewesen. Dem SPD-Politiker stand dabei die Entwicklung der extremen Rechten vor Augen, die seit dem Scheitern der NPD bei der Bundestagswahl 1969 die Hoffnung auf parlamentarische Repräsentation weitgehend aufgegeben und sich zusehends fragmentiert und bewaffnet, etwa paramilitärische Wehrsportgruppen gegründet hatte. »Im Zeichen zunehmender neofaschistischer Aktivitäten« plädierte Mark dafür, »demokratisches und antinationalsozialistisches Verhalten« der Lechleiter-Gruppe mit Straßenbenennungen zu würdigen. Der Antrag wurde »[o]hne Sachvortrag und ohne Wortmeldungen […] einstimmig« beschlossen.[71]
Bei der Diskussion um die Straßenbenennungen im Baugebiet Niederfeld V 1981 folgte der Gemeinderat seinem Beschluss jedoch nicht. Dem Bezirksbeirat war zwar ein entsprechender Entwurf vorgelegt worden: Demzufolge sollten Kupka und das Ehepaar Seitz, an die schon in Ilvesheim beziehungsweise Heidelberg erinnert wurde, ebenso wenig berücksichtigt werden wie Ludwig Moldrzyk (»aus Gründen der Schreibweise und der Aussprache«) und Henriette Wagner, um einer Verwechslung mit der Richard-Wagner-Straße vorzubeugen. Außerdem hatte das Stadtarchiv Marks Antrag um die Namen weiterer, auch nicht kommunistischer Widerstandskämpfer ergänzt. Der Bezirksbeirat verwies jedoch darauf, dass kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Baugebiet bestehe und schon in Niederfeld II Straßen nach Widerstandskämpfern benannt seien. Die Ablehnung des Bezirksbeirats wollte wiederum der Gemeinderat nicht übergehen und beschloss stattdessen, die betreffenden Straßen nach Begriffen aus der europäischen Sagenwelt zu benennen.[72] Auch der Vorschlag des Vermessungsamtes im November 1983, eine einzelne Straße nach dem Lechleiter-Gruppenmitglied Max Winterhalter zu benennen, fand keine Berücksichtigung. Das Stadtarchiv wies ablehnend darauf hin, dass für die Widerstandskämpfer zusammenhängende Straßenbenennungen in einem gemeinsamen Taufbezirk vorgesehen seien.[73]
Nach der Nichtberücksichtigung für Niederfeld V brachte Mark im September 1983 einen zweiten, von der VVN-BdA unterstützten Antrag ein. Darin forderte er, den Beschluss von 1978 endlich umzusetzen. Marks Namensliste berücksichtigte nicht länger die auswärtigen Mitglieder der Lechleiter-Gruppe, dafür aber die vor den Hinrichtungen schon in der Haft umgekommenen Hans Heck, Willi Probst und Fritz Grund sowie mit den Kommunisten Josef Rutz und Friedrich Dürr und dem Jesuitenpater Alfred Delp drei Widerstandskämpfer außerhalb der Lechleiter-Gruppe, deren Namen das Stadtarchiv bereits 1981 vorgeschlagen hatte. Die Straßen in Schönau-Nordost, dem letzten größeren Neubaugebiet, waren zur Vervollständigung eines schon existenten Taufbezirks jedoch bereits 1982 nach Luftfahrtpionieren benannt worden; auf dem Gebiet hatten einmal Luftschiffhallen gestanden. Auch hier schien die Umsetzung des 1978 gefassten Beschlusses daher zunächst nicht möglich. So beschwerte sich die VVN-BdA am 17. März 1984 erneut, dass die »international bekannte« Lechleiter-Gruppe immer noch nicht gewürdigt sei. Nur drei Tage später beauftragte der Hauptausschuss jedoch die beifällige Verwaltung, eine nachträgliche Umbenennung der Straßen in Schönau-Nordost vorzubereiten – die Antwort an die VVN-BdA konnte somit vorsichtig optimistisch ausfallen.[74]
Tatsächlich sprach sich der Gemeinderat am 24. Juli 1984 für die Umbenennungen aus, um damit statt Luftfahrtpionieren die Widerstandskämpfer zu ehren. Zur rechtlichen Absicherung sollten jedoch zunächst die Anwohner in Schönau-Nordost gehört werden. Die von OB Widder persönlich angebotene Gelegenheit zur Stellungnahme nutzten in 13 Schreiben insgesamt 26 Familien, die dem Beschluss allesamt ablehnend gegenüberstanden. Sie argumentierten mit dem Zeit- und Kostenaufwand, verteidigten die lokalhistorisch begründete Benennung nach Luftfahrtpionieren und plädierten für ein Gedenken an die Widerstandskämpfer in anderen Neubaugebieten oder auch bestehenden Siedlungen, etwa an den ehemaligen Wohnstraßen und -häusern der zu Ehrenden. Außerdem kritisierten sie das Verfahren, erst Namen aus der Luftfahrt festzusetzen, nur um diesen Beschluss anschließend wieder zu verwerfen. Einigen Schreiben zufolge fehlte der jungen Anwohnerschaft zudem der Bezug zu den Widerstandskämpfern. Ein Ehepaar kündigte sogar an, dass es »die Stadt Mannheim für alle […] durch eine Umbenennung entstehenden Auslagen in Regreß nehmen« werde. Auch der Bezirksbeirat lehnte den Beschluss ab. Als Reaktion darauf ergänzte Widder den erneut im Gemeinderat zu diskutierenden Sachverhalt um eine Klausel, welche die »Interessen der Allgemeinheit« gegenüber den »Interessen der Anlieger« verteidigte.[75]
Die Gemeinderatssitzung am 20. November 1984 brachte schließlich die endgültige Entscheidung. Sämtliche Diskussionsteilnehmer von SPD, Grünen und DKP äußerten ihre Zustimmung, nur das bürgerliche Lager war sich uneins. Vertreter von CDU und FDP verwiesen etwa auf die ablehnende Haltung der Anwohner und des Bezirksbeirats, die nicht zu übergehen sei. Einige CDU-Abgeordnete taten jedoch kund, die Diskussion beenden und dem Antrag zustimmen zu wollen, obschon sie, wie auch ein Abgeordneter der Mannheimer Liste, das Verfahren kritisierten, das nun zur Überschreibung der Erstbenennungen in Schönau-Nordost führte. Bei sechs Gegenstimmen und drei Enthaltungen stimmte letztlich eine Mehrheit für die Vorlage. Damit wurden zwölf Straßen in Schönau-Nordost nach Widerstandskämpfern benannt, zehn von ihnen Mitglieder der Lechleiter-Gruppe.[76]
Unterdessen setzte die VVN-BdA das ritualisierte September-Gedenken auf dem Georg-Lechleiter-Platz auch in den 1980er-Jahren fort, insbesondere die Feier zum 40. Jahrestag der Hinrichtungen fand einige Aufmerksamkeit. Mitte der 1980er-Jahre organisierte die Vereinigung zusätzlich Gedenkfeiern zum jeweiligen Jahrestag der nationalsozialistischen Machtübernahme am 30. Januar 1933. Dabei lösten jüngere VVN-Funktionärinnen und -Funktionäre, wie z. B. Usch Köhler, Carola Fromm oder Peter Dreyer, den betagten, 1985 schließlich verstorbenen Salm als Redner ab, wobei mit Richard Hofmann jedoch weiterhin auch ein VVN-Gründungsmitglied aus der Widerstandsgeneration die Vereinigung vertrat. Institutionell begleiteten Stadtjugendring und Gewerkschaftsjugend, inhaltlich Partisanen- und Arbeiterlieder, Brecht-Zitate, Kapitalismuskritik und Mahnungen gegen einen neuen Rechtextremismus die Veranstaltungen.[77] Der Georg-Lechleiter-Platz kristallisierte sich damit zunehmend als wichtigste Gedenkstätte heraus, verfügte jedoch nach wie vor nur über einen geduldeten Gedenkstein, nicht über ein offizielles Denkmal zu Ehren seines Namensgebers. Erst beim September-Gedenken 1987 konnte Carola Fromm verkünden, dieses finde »zum letzten Mal ohne Denkmal« statt.[78]
Die Initiatorin für die Errichtung eines neuen Denkmals war die VVN-BdA selbst. Die Kreisvorsitzende Usch Köhler hatte gegenüber OB Widder und dem Gemeinderat schon im August 1984 angeregt, einen entsprechenden Künstlerwettbewerb auszuschreiben. Daraufhin einigte sich die Dezernentenkonferenz im Dezember 1984, Baudezernent Niels Gormsen mit der Einleitung von »Maßnahmen zur Gestaltung des Lechleiterplatzes« zu beauftragen.[79] Die Bemühungen des Hochbauamtes blieben jedoch halbherzig. Nach über einem halben Jahr Verzögerung schlug es infolge einer Ortsbesichtigung lediglich vor, den seit 1980 geduldeten Gedenkstein besser sichtbar zu machen und ein »sehr bescheidenes Zusatzschild« anzubringen, das die (sachlich falsche) Information, auf dem Georg-Lechleiter-Platz hätten die Hinrichtungen stattgefunden, tragen sollte. Die beteiligten Dezernate einigten sich stattdessen, dem Vorschlag der VVN-BdA zu folgen und in Kooperation mit dem Bezirksverband Bildender Künstler Region Mannheim-Heidelberg (BBK) einen Wettbewerb unter fünf Künstlern zu organisieren. Finanzierungsprobleme sorgten für einige Verzögerungen; erst im Oktober 1986 trafen sich die Preisrichter aus Gemeinderat, Bezirksbeirat, Stadtverwaltung, BBK und VVN-BdA zur Vorbesprechung.[80]
Der erste Textvorschlag von Michael Caroli, Stadtarchiv Mannheim, quantifizierte Lechleiters »18 Mitkämpfer«, was einen Bezug allein auf die Hingerichteten erkennen lässt, bezeichnete sie als »Kommunisten, Sozialdemokraten und Parteilose« und gab die genauen Daten der Hinrichtungen an. Ein »mit Kenntnisnahme des Herrn Oberbürgermeisters« Widder überarbeiteter Vorschlag des Archivs verzichtete dagegen auf die Quantifizierung, sprach zusammenfassend von »Mitkämpfer[n] aus der Arbeiterbewegung«, reduzierte die Angaben zu den Hinrichtungen auf die jeweilige Jahreszahl und ergänzte die Verurteilungen »zu langen Haftstrafen« – und zwar »aus grundsätzlichen Erwägungen, aber auch aus Rücksicht auf Überlebende und Angehörige der Widerstandskämpfer und um mögliche Mißverständnisse zu vermeiden«.[81] Tatsächlich halfen diese Änderungen dabei, niemanden außerhalb des Kreises der 19 Hingerichteten auszugrenzen und den Inschriftentext zu verdichten. Gerade in Anbetracht der nebulösen Begründung lässt sich zusätzlich die Vermutung anstellen, dass »Kommunisten« auch Ende der 1980er-Jahre noch nicht explizit geehrt werden sollten.
Das Preisgericht entschied sich im Januar 1987 für den Entwurf des Mannheimer Bildhauers Manfred Kieselbach (1935–2018), der als Professor in Ludwigshafen lehrte. Seine mehr als zwei Meter hohe Bronzeplastik inszenierte die Widerstandskämpfer oberhalb der Inschrift als eine Gruppe von elf gesichtslosen, aufrecht Schulter an Schulter stehenden Gestalten vor einer abstrakten Häuserreihe. Gemeinsam mit einem zugrunde liegenden Sandsteinquader als Sockel sollte das Denkmal eine Gesamthöhe von beinahe drei Metern erreichen. Knapp hinter Kieselbachs Entwurf folgte die Arbeit des Heidelberger Künstlers Rainer Selg, und auch für die weiteren drei Entwürfe fand die Jury würdigendes Lob.[82] Alle fünf Arbeiten wurden ab Ende Januar für eine Woche im Collini-Center ausgestellt. Die erforderliche Zustimmung des Technischen Ausschusses war eine Formalie, wenngleich Baudezernent Gormsen nicht nur intern, sondern auch öffentlich auf Finanzierungsprobleme hinwies und Geduld erbat.[83] CDU, SPD, Grüne und FDP bewiesen im März 1987 erstaunliche Eintracht, als sie dem Vorstoß der VVN-BdA folgten und für das Denkmal gemeinsam die Einstellung zusätzlicher Gelder in den Haushalt beantragten.[84]
Bald stand zudem die finale, in Großbuchstaben gehauene Inschrift fest: »Zum Gedenken an / Georg Lechleiter / und seine Mitkämpfer aus der Arbeiterbewegung / die wegen Widerstand / gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime / in den Jahren 1942 und 1943 / zum Tode und zu langjährigen Haftstrafen / verurteilt wurden«. Dem Vorschlag des Künstlers Selg, den Verweis auf die Haftstrafen wieder zu streichen, entsprach das Stadtarchiv nicht. Widders Zustimmung fand dagegen ein Textentwurf ohne den Zusatz »Den Lebenden zur Mahnung«, dessen Streichung das Stadtarchiv im Mai 1987 nach Rücksprache mit Stadtrat Werner Kaltenborn (SPD) vorgeschlagen hatte. Als vagen Grund nannte das Archiv, dass die politisch aufgeladene Schlusszeile, die das Mahnmal explizit als ein solches ausgewiesen hätte, »offensichtlich zu Mißverständnissen Anlaß gegeben« habe. Mit der Terminierung der Einweihung auf den 24. Februar 1988 entsprach die Stadtverwaltung dem Vorschlag der VVN-BdA, einen Jahrestag der Hinrichtungen zu wählen, und zeigte sich ebenfalls offen, zu diesem Anlass Max Oppenheimer als Redner zuzulassen.[85]
Die Vorbereitungen der Stadt auf die Enthüllungsfeier erwiesen sich als überaus chaotisch. Am 20. Januar 1988, gerade einmal einen Monat vor der Einweihung, sandte die dem Hauptamt des Oberbürgermeisters zugeordnete Abteilung Repräsentation einen »Hilferuf«, um endlich Einladungen, Uhrzeit und Redner abzusprechen, wenn man nicht bloß der VVN-BdA »nachhinken« wolle. Ein Grund für die Verzögerungen war, dass Kieselbach bei zwei Einzelteilen für sein Mahnmal zunächst Produktionsfehler vermutet hatte, was Aufschub erfordert hätte, und zugleich die Gießerei unter Termindruck stand. Die Abteilung Repräsentation versandte die Einladung an ausgewählte Ehrengäste schließlich erst eine Woche vor der Einweihung.[86] Bei der Enthüllung des Bronzedenkmals am 24. Februar 1988 hielt Max Oppenheimer eine feierliche Rede, in der er dazu ermahnte, das »Vermächtnis des Widerstandes zu erfüllen« und gegen Neonazis vorzugehen. Der für das Bauwesen zuständige Bürgermeister Gormsen, der sich mit Oppenheimers Buch vorbereitet hatte, lobte die künstlerische Gestaltung des Denkmals und regte zu Stolz auf die Leistungen des Mannheimer Widerstands an. »[T]rotz miesem Wetter« nahmen »ca. 80« Menschen an der einstündigen Veranstaltung teil, hielt die Abteilung Repräsentation zufrieden fest.[87]
Die chaotische Vorbereitung hatte jedoch ein Nachspiel. Mehrere Angehörige beschwerten sich während der Feier bei Gormsen, dass die Stadt sie nicht eingeladen und auch über die vorigen Straßenumbenennungen in Schönau-Nordost nicht informiert hatte. Gormsen hatte nach eigener Aussage damit gerechnet, dass die VVN-BdA die Einladungen besorgen würde, und verwies darauf, dass eine von der Vereinigung versprochene Kontaktliste nicht eingegangen sei. Er regte jedoch an, eine »Adressenkartei« mit den Namen der Angehörigen anzulegen. Diese könne auch dazu verwendet werden, um dieselben im Nachhinein über die Straßenumbenennungen zu informieren. Die Abteilung Repräsentation verteidigte sich derweil, sie sei über die Veranstaltung nicht ausreichend informiert worden, und beklagte die ihres Erachtens unzureichende Bewerbung der Feier im Mannheimer Morgen.[88]
Mit der Einweihung des Lechleiter-Denkmals war die öffentliche Erinnerung an die Lechleiter-Gruppe in Stein gemeißelt. Überhaupt lassen sich die ausgehenden 1980er-Jahre als Versuch deuten, das Gedenken zu verstetigen und die Grundlagen für die zukünftige Erinnerung zu schaffen. Schon 1987 hatte ein Depositalvertrag der VVN-BdA mit dem Stadtarchiv Mannheim zum Ziel gehabt, »die Dokumente des Widerstandes auch für die künftigen Generationen [zu] erhalten«. Zusätzlich bat Gertrud Weber, stellvertretende Vorsitzende der Mannheimer VVN-BdA, den damaligen PDS-Vorsitzenden Gregor Gysi im Jahr 1990, die Akten ehemaliger Mannheimer KPD-Mitglieder aus dem SED-Parteiarchiv in ihre Heimatstadt überführen zu lassen – allerdings ohne dass daraufhin tatsächlich ein Aktentransfer erfolgte. Eine Gedenkplatte für Jakob Faulhaber an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Gartenstadt, angebracht von seinem Bruder Max, und die Zusage von Widder, die Stadt werde die auslaufenden Nutzungsrechte am bis heute bestehenden Grab der Langendorfs auf dem Friedhof Friedrichsfeld verlängern und die Grabpflege von der VVN-BdA übernehmen, schlossen die erinnerungskulturellen Entwicklungen des Jahrzehnts im Jahr 1990 ab.[89]
III. Fazit
Die Erinnerung an den Widerstand der kommunistischen Lechleiter-Gruppe gegen den Nationalsozialismus stand ganz im Zeichen westdeutscher erinnerungskultureller Konjunkturverläufe während des Kalten Krieges. In den ersten Nachkriegsjahren fand sie Ausdruck in politischen Entscheidungen zur Umbenennung von Straßen und Plätzen in Mannheim sowohl durch die US-amerikanische Besatzungsmacht als auch durch den neuen Gemeinderat, in materieller »Wiedergutmachung«, in Gedenkfeiern für die Opfer des Faschismus im Mannheimer Nationaltheater sowie im Kontext der Entnazifizierungen von Richter Hermann Cuhorst und SS-Mann Kurt Burchardt. Die Träger der Erinnerung waren vor allem ehemals selbst politisch verfolgte Widerstandskämpfer aus der Arbeiterbewegung – als Lokalpolitiker, VVN-Mitglieder, Redner und Zeugen. Wie auch das Gedenken an die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe in Hamburg bestätigt, arbeiteten Nichtkommunisten und Kommunisten in den westlichen Besatzungszonen im Wiederaufbau und bei der öffentlichen Erinnerung zunächst noch zusammen.
Erst in den 1950er-Jahren verhinderte der bundesrepublikanische Antikommunismus im Kontext der Frontenverhärtung im Kalten Krieg beinahe jede Bemühung, den kommunistischen Widerstand öffentlich zu erinnern. Die neu gegründete westdeutsche Demokratie stand dabei in erinnerungskultureller Konkurrenz zur ostdeutschen Diktatur, die den kommunistischen Widerstand für sich vereinnahmte. Die in Mannheim wie in Hamburg aus diesem Grund erst 1962 erfolgte Wiederaufnahme des feierlichen Gedenkens bezeugt die immense Wichtigkeit von Jahrestagen – bis heute – für die immer stärker ritualisierte Erinnerung. Die VVN Mannheim um die Kommunisten August Locherer und Fritz Salm avancierte in ihrer unermüdlichen Geschichtsarbeit zur mit Abstand wichtigsten Trägerin des öffentlichen Gedenkens an die Lechleiter-Gruppe. Sie nahm stets Bezug auf die Gegenwartspolitik und mahnte zu anhaltender Wachsamkeit. Den mutigen Widerstand der Kommunisten gegen den Nationalsozialismus konstruierte sie dabei historisch unzutreffend als »demokratisch« oder verallgemeinerte ihn als »antifaschistisch«, um die Legitimität seines »Vermächtnisses« glaubhaft zu vermitteln.
In den 1980er-Jahren ermöglichte die deutsch-deutsche Entspannung erstmals behördliche Unterstützung bei der Umsetzung größerer erinnerungskultureller Projekte. In Mannheim erregte zunächst die lange erwartete wissenschaftliche Aufarbeitung Aufmerksamkeit, bei der sich Hermann Weber standesgemäß für den kommunistischen Widerstand verantwortlich zeigte. Darüber hinaus wurden in Hamburg und Mannheim in größerem Umfang Straßen umbenannt, wobei der Mannheimer Taufbezirk Schönau-Nordost eine Sonderstellung einnimmt. Neben den Straßennamen war es die Errichtung eines Denkmals auf dem Georg-Lechleiter-Platz, die den kommunistischen Widerstand gut sichtbar im Mannheimer Stadtbild verankerte. In beiden Fällen handelte es sich um mehrjährige Aushandlungsprozesse, die maßgeblich von linksorientierter Lokalpolitik und VVN-BdA vorangetrieben wurden. Die Tendenz der westdeutschen Antifaschisten, den kommunistischen Widerstand als »demokratischen« Widerstand zu verklären, setzte sich ebenso fort wie die Tendenz der Behörden, die Bezeichnung »kommunistisch« im Rahmen einer ehrenden Erinnerung im öffentlichen Raum zu vermeiden.
Letztlich standen die Träger der öffentlichen Erinnerung an die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe in Hamburg und die Lechleiter-Gruppe in Mannheim vor dem gleichen Problem. Beide Städte waren während des Zweiten Weltkrieges Hochburgen des kommunistischen Widerstands gewesen, der sich selbstständig von unten formiert hatte – eine effektive Anleitung aus dem Ausland war zu Kriegszeiten praktisch unmöglich gewesen. Dieser starke Lokalbezug sowie die beeindruckende Courage und die großen erbrachten Opfer der Widerstandsgruppen gingen nach Kriegsende mit einem lokalen Bedürfnis nach Erinnerung und Anerkennung bei den überlebenden Verfolgten einher, deren Familienangehörige, Freunde und Parteikollegen die Nationalsozialisten ermordet hatten. Doch wie konnte ein öffentliches Gedenken westlich des Eisernen Vorhangs aussehen, wo der kommunistische Widerstand doch in der DDR seine Erfüllung gefunden zu haben schien, sein »antifaschistisch-demokratisches« Vermächtnis von dieser jedenfalls staatsdoktrinär und mit Monopolanspruch als Gründungsmythos und Existenzberechtigung beansprucht wurde? Die Lösung lag im gleichen entkonkretisierenden Vokabular, das auch die SED verwandte und die antidemokratische Ausrichtung des stalinisierten Kommunismus ausblendete. Schließlich verwies zur Selbstlegitimierung in Konkurrenz zur DDR auch die BRD auf die Überwindung des Faschismus und – mit ungleich größerer Berechtigung – auf die Wiedereinführung der Demokratie. Eine Berufung auf den kommunistischen Widerstand als »demokratisch-antifaschistischen« Arbeiterwiderstand konnte somit, abhängig von Spannungen und Entspannungen in der deutsch-deutschen Politik, auch im westdeutschen Gedenken Sinn stiften. Für die bundesrepublikanische VVN und ihre beharrliche Geschichtsarbeit verlangte das Vermächtnis des kommunistischen Widerstands in der BRD, personelle Kontinuitäten mit dem Nationalsozialismus anzuprangern, den westdeutschen Kapitalismus und Antikommunismus anzuklagen und für anhaltende Wachsamkeit gegenüber der extremen Rechten zu appellieren. Auf Bundes- und Landesebene lange ausgegrenzt, vergaßen die lokalen Erinnerungsträger den kommunistischen Widerstand keineswegs, sondern passten das Gedenken an die Bedürfnisse ihrer Erinnerungsgegenwart an.
Mit der Einweihung des Lechleiter-Denkmals hatten die Träger des Gedenkens in Mannheim zwar ein lang ersehntes Ziel erreicht, doch waren die Entwicklungen alles andere als abgeschlossen. So setzt die VVN-BdA ihre jährlichen Gedenkfeiern in Mannheim und Heidelberg bis heute fort. 1995 thematisierten zudem zwei Ausstellungen – im Heimatmuseum Neckarau und im Kurpfälzischen Museum Heidelberg – auch die Lechleiter-Gruppe.[90] Für das 21. Jahrhundert sind schließlich folgende erinnerungskulturelle Manifestationen zu verzeichnen: eine gespaltene schwarze Granitstele des Bildhauers Günter Braun aus Eppelheim, der damit einen Künstlerwettbewerb der Stadt Heidelberg gewann, sowie eine Namenstafel auf dem Heidelberger Bergfriedhof (2001); besonders große Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Hinrichtungen im Beisein der Lechleiter-Familie in Mannheim (2002); einhergehend eine vielbeachtete Ausstellung in der Gartenstadt (2002); die auf Herbert Mies zurückgehende und vom Deutschen Gewerkschaftsbund unterstützte, jedoch erfolglose Forderung, Georg Lechleiter zum Mannheimer Ehrenbürger zu ernennen (2002); Hakenkreuzschmierereien am Lechleiter-Denkmal (2005); zwölf Stolpersteine in Mannheim (2007 bis 2017); die wiederholte Thematisierung im Projekt »Grenzenlos« des regionalen Freien Radios bermuda.funk (spätestens seit 2008); drei Stolpersteine in Heidelberg (2011/12); die distanzierten Neuinterpretationen von Schwarz-Pich (2011/12); umfangreiche Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag inklusive einer Ausstellung im Mannheimer Jugendzentrum »forum« (2012); Legendenschilder für die Albert-Fritz- (2012) und die Seitzstraße (2016) in Heidelberg; eine Gedenktafel für Georg Lechleiter in seinem Geburtsort Appenweier (2013); ein Stolperstein für Georg Lechleiter in Karlsruhe (2013); ein von der VVN-BdA und den Parteien Die Grünen und Die Linke sowie weiteren linken Organisationen und Projekten vorangetriebener Gemeinderatsbeschluss zur Einrichtung eines neuen Taufbezirks zu Ehren des Mannheimer Widerstands auf dem früheren amerikanischen Kasernengelände Turley Barracks, inklusive der Benennung einer Straße nach Fritz Salm (2014), die drei Jahre später im Rahmen eines Straßenfests, bei dem eine Gedenktafel für Salm enthüllt wurde, nachträglich eingeweiht wurde (2017); ein Stolperstein für Johann Kupka in Ilvesheim (2022); ein 72-minütiger Film der VVN-BdA zu Anette Langendorf (2022), nach der, geht es nach der VVN-BdA und den linksorientierten Parteien im Gemeinderat, bald auch ein Park auf dem Turley-Areal benannt werden soll; ein weiteres Straßenfest zu Fritz Salms 110. Geburtstag (2023).[91] Trotz fortschreitender Ritualisierung zeigt sich somit, dass die Träger des Gedenkens an die Lechleiter-Gruppe bis in die Gegenwart hinein auch neue Formen der Erinnerung finden.
[1] Martin Sabrow: Die vergessene Erinnerung. Kommunistischer Widerstand und kulturelles Gedächtnis, in: Klaus G. Saur (Hg.): Widerstand im »Dritten Reich«. Kolloquium an der Staatsbibliothek zu Berlin im Mai 2014, Frankfurt a. M. 2015, S. 69–87. Siehe in breiterer – altlinker, gleichwohl das SED-Gedenken kritisch analysierender – Perspektive auch Werner Bramke: Die öffentliche Erinnerung an die Verfolgung und den Widerstand aus der Arbeiterbewegung. Defizite und Perspektiven, in: Hans Coppi/Stefan Heinz (Hg.): Der vergessene Widerstand der Arbeiter. Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, Trotzkisten, Anarchisten und Zwangsarbeiter, Berlin 2012, S. 289–304.
[2] Siehe kritisch Jens Mecklenburg/Wolfgang Wippermann (Hg.): »Roter Holocaust«? Kritik des Schwarzbuchs des Kommunismus, Hamburg 1998; größtenteils affirmierend dagegen Horst Möller (Hg.): Der Rote Holocaust und die Deutschen. Die Debatte um das »Schwarzbuch des Kommunismus«, München/Zürich 1999. Und siehe Marcel Bois/Florian Wilde: Ein kleiner Boom: Entwicklungen und Tendenzen der KPD-Forschung seit 1989/90, in: Ulrich Mählert u. a. (Hg.): Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2010, Berlin 2010, S. 309–322.
[3] Bis heute berücksichtigt die Berliner Gedenkstätte auch den kommunistischen Widerstand. Zur Kontroverse siehe die Literaturübersicht in Johannes Tuchel: Vergessen, verdrängt, ignoriert. Überlegungen zur Rezeptionsgeschichte des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus im Nachkriegsdeutschland, in: ders. (Hg.): Der vergessene Widerstand. Zur Realgeschichte und Wahrnehmung des Kampfes gegen die NS-Diktatur, Göttingen 2005, S. 7–35, hier S. 32, Anm. 64–66, darunter insbesondere Peter Steinbach: Darf der pluralistische Staat »Geschichtspolitik« betreiben? Zu einer Kontroverse der jüngsten Vergangenheit, in: Eckhard Jesse/Konrad Löw (Hg.): Vergangenheitsbewältigung, Berlin 1997, S. 79–87.
[4] Siehe überblicksartig zum Beispiel Klaus-Jürgen Müller/Hans Mommsen: Der deutsche Widerstand gegen das NS-Regime. Zur Historiographie des Widerstandes, in: Klaus-Jürgen Müller (Hg.): Der deutsche Widerstand 1933–1945, Paderborn u. a. 1986, S. 13–21; Klaus-Jürgen Müller: Vom öffentlichen Umgang mit dem deutschen Widerstand, in: Clemens-Peter Haase/Olli Vehviläinen (Hg.): Vom öffentlichen Umgang mit Geschichte, Tampere 1995, S. 23–41.
[5] Zur Bästlein-Jacob-Abshagen- beziehungsweise Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation – die Hamburger Bernhard Bästlein und Franz Jacob wirkten im späteren Kriegsverlauf auch in Berlin, wo sie mit dem Berliner Anton Saefkow, der seinerseits zuvor auch in Hamburg aktiv gewesen war, eine weit verzweigte Widerstandsgruppe anführten – siehe Klaus Bästlein: »Hitlers Niederlage ist nicht unsere Niederlage, sondern unser Sieg!« Die Bästlein-Organisation. Zum Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Hamburg und Nordwestdeutschland während des Krieges (1939–1945), in: Beate Meyer/Joachim Szodrzynski (Hg.): Vom Zweifeln und Weitermachen. Fragmente der Hamburger KPD-Geschichte. Für Helmuth Warnke zum 80. Geburtstag, Hamburg 1988, S. 44–89; Ursel Hochmuth: Illegale KPD und Bewegung »Freies Deutschland« in Berlin und Brandenburg 1942–1945. Biographien und Zeugnisse aus der Widerstandsorganisation um Saefkow, Jacob und Bästlein, Teetz 1998; Karen Holtmann: Die Saefkow-Jacob-Bästlein-Gruppe vor dem Volksgerichtshof. Die Hochverratsverfahren gegen die Frauen und Männer der Berliner Widerstandsorganisation 1944–1945, Paderborn u. a. 2010; Annette Neumann/Bärbel Schindler-Saefkow: Die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation 1942 bis 1945, in: Coppi/Heinz: Der vergessene Widerstand (Anm. 1), S. 144–157.
[6] Siehe Max Oppenheimer: Der Fall Vorbote. Zeugnisse des Mannheimer Widerstandes, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1970; Fritz Salm: Im Schatten des Henkers. Widerstand in Mannheim gegen Faschismus und Krieg, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1979 [1. Aufl. 1973]. Für eine unkritische Übernahme siehe Michael Czaszkoczy/Dieter Fehrentz/Vera Glitscher: Mannheim geheim. Der Fall Vorbote. Geschichte der Mannheimer Lechleiter-Widerstandsgruppe, 2. Aufl. Heidelberg 2005.
[7] Siehe Hermann Weber: Die Kommunisten, in: Erich Matthias/Hermann Weber (Hg.): Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Mannheim, Mannheim 1984, S. 245–347, hier S. 323–345.
[8] Siehe Karl-Heinz Schwarz-Pich: Die kommunistische Lechleiter-Gruppe. Von ihrer Gründung in Mannheim 1941 bis zu ihrer Zerschlagung im Februar 1942, in: Ulrich Mählert u. a. (Hg.): Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2012, Berlin 2012, S. 303–314. Bedauerlicherweise hat die jüngste Forschung Schwarz-Pichs Beitrag teilweise übersehen.
[9] Angela Borgstedt: Widerstand und Erinnerungskultur. Die Mannheimer Lechleiter-Gruppe und ihre Darstellung in Wikipedia, in: Diskurse – digital 5 (2023), H. 1, S. 42–55, hier S. 44.
[10] Siehe Weber: Die Kommunisten (Anm. 7), S. 249–306.
[11] Zur Biografie Georg Lechleiters siehe Günter Braun: Georg Lechleiter. Ein Mannheimer Kommunist, in: Michael Bosch/Wolfgang Niess (Hg.): Der Widerstand im deutschen Südwesten 1933–1945, Stuttgart u. a. 1984, S. 183–191; Karl-Heinz Schwarz-Pich: Art. Lechleiter, Georg, in: Badische Biographien. Neue Folge, Bd. VI, Stuttgart 2011, S. 251–254; Sebastian Gewert: Georg Lechleiter (1885–1942). Kopf des KPD-Widerstands in Mannheim, in: Angela Borgstedt/Sibylle Thelen/Reinhold Weber (Hg.): Mut bewiesen. Widerstandsbiographien aus dem Südwesten, Stuttgart 2017, S. 91–98.
[12] Zu Faulhaber siehe Wolfgang Benz/Walter H. Pehle (Hg.): Lexikon des deutschen Widerstandes, Frankfurt a. M. 2001, S. 345; zu Rudolf und seiner Frau Antonie, genannt Anette, Langendorf (1894–1969) siehe Hermann Weber/Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945, 2. Aufl. Berlin 2008, S. 523 f.; Ulrich Nieß (Hg.): Jede Frau hat eine Geschichte. 25 Biographien Mannheimer Pionierinnen, Mannheim 2020, S. 30 f.
[13] Salm: Im Schatten des Henkers (Anm. 6), 1. Aufl. S. 136, 2. Aufl. S. 131.
[14] Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 31 f., 35–37 (Zitat auf S. 37).
[15] Siehe Weber: Die Kommunisten (Anm. 7), S. 328–330; Schwarz-Pich: Die kommunistische Lechleiter-Gruppe (Anm. 8), S. 305 f.
[16] Die Ausgaben sind abgedruckt in Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 169–210 und in Salm: Im Schatten des Henkers (Anm. 6), S. 243–274.
[17] Ebd., S. 183.
[18] Siehe Weber: Die Kommunisten (Anm. 7), S. 330–338.
[19] Siehe dazu Rainer Christian Ast: Sie hatten Vertrauen. Menschenbild und Selbstverständnis des Heidelberger Widerstands, in: Jörn Bahns (Hg.): Verführt und verraten. Jugend im Nationalsozialismus. Bruchstücke aus der Region, Heidelberg 1995, S. 137–153, hier 146–152; Friederike Reutter: Verfolgung und Widerstand der Arbeiterparteien in Heidelberg (1933–1945), in: Jörg Schadt/Michael Caroli (Hg.): Heidelberg unter dem Nationalsozialismus. Studien zu Verfolgung, Widerstand und Anpassung, Heidelberg 1985, S. 469–550, hier S. 499, 518; Klaus J. Becker: Die KPD in Rheinland-Pfalz 1946–1956, Mainz 2001, S. 65–68.
[20] Siehe Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 41, 49–51; Salm: Im Schatten des Henkers (Anm. 6), S. 178, 198.
[21] Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 81; Salm: Im Schatten des Henkers (Anm. 6), S. 182.
[22] Schwarz-Pich: Die kommunistische Lechleiter-Gruppe (Anm. 8), S. 308 f. Siehe zur behaupteten Auflagenstärke Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 44.
[23] Siehe Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 84–86; Salm: Im Schatten des Henkers (Anm. 6), S. 189–192; Schwarz-Pich: Die kommunistische Lechleiter-Gruppe (Anm. 8), S. 309–314; Skepsis gegenüber dem vermeintlichen Verrat von Süß schon bei Weber: Die Kommunisten (Anm. 7), S. 339.
[24] Ebd., S. 341–345; Fritz Endemann: Nationalsozialistische Strafjustiz in Stuttgart, in: Schwäbische Heimat 42 (1991), H. 4, S. 303–313, hier 308, 310 f.; Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hg.): NS-Justiz in Stuttgart. Katalog zur Dauerausstellung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg im Landgericht Stuttgart, Stuttgart 2019, S. 93–97, 146 u. 148. Die Abschiedsbriefe sind abgedruckt in Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 135–154.
[25] Ebd., S. 94.
[26] Wolfgang U. Eckart: Die Heidelberger Anatomie im Nationalsozialismus, in: Sara Doll/Joachim Kirsch/Wolfgang U. Eckart (Hg.): Wenn der Tod dem Leben dient. Der Mensch als Lehrmittel. Institut für Anatomie und Zellbiologie, Berlin 2017, S. 75–81, hier S. 79 f.; Felix Sommer: Anatomie, in: Wolfgang U. Eckart/Volker Sellin/Eike Wolgast (Hg.): Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus, Heidelberg 2006, S. 651–670, hier 660 f.; Benigna Schönhagen: Das Gräberfeld X in Tübingen, in: Konrad Pflug/Ulrike Raab-Nicolai/Reinhold Weber (Hg.): Orte des Gedenkens und Erinnerns in Baden-Württemberg, Stuttgart 2007, S. 376–382, hier S. 378.
[27] Till Kössler: Die Grenzen der Demokratie: Antikommunismus als politische und gesellschaftliche Praxis in der frühen Bundesrepublik, in: Stefan Creuzberger/Dierk Hoffmann (Hg.): »Geistige Gefahr« und »Immunisierung der Gesellschaft«. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik, München 2014, S. 229–250, hier S. 230 f.
[28] Siehe Wolf-Dietrich Schmidt: »Wir sind die Verfolgten geblieben«. Zur Geschichte der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Hamburg 1945–1951, in: Jörg Berlin (Hg.): Das andere Hamburg. Freiheitliche Bestrebungen in der Hansestadt seit dem Spätmittelalter, 2. Aufl. Köln 1982, S. 329–356; Albin Stobwasser: Die den roten Winkel trugen. Zur Geschichte der VVN-Bund der Antifaschisten-Hamburg, Hamburg 1983, S. 7–43; Ursel Hochmuth: Niemand und nichts wird vergessen. Biogramme und Briefe Hamburger Widerstandskämpfer 1933–1945. Eine Ehrenhain-Dokumentation in Text und Bild, Hamburg 2005, S. 154–171.
[29] Siehe Ulrike Puvogel/Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Bd. I, 2. Aufl. Berlin 1996, S. 43 f., 49 u. 102; Mannheimer Morgen (im Folgenden: MM) vom 18. u. 24. Juli 1950; Meinhold Lurz: Öffentliches Gedächtnis in den Jahren 1945 und 1946, in: Jürgen C. Heß/Hartmut Lehmann/Volker Sellin (Hg.): Heidelberg 1945, Stuttgart 1996, S. 231–254, hier S. 248 f.; Dieter Fehrentz/Hans-Martin Mumm: Das Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz auf dem Bergfriedhof, in: Heidelberger Geschichtsverein e. V. (Hg.): Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 7, Heidelberg 2002, S. 271–291. Teile der nach dem Ilvesheimer Johann Kupka benannten Siedlung sind 1960 umbenannt worden. Nachdem der Name Kupkas auf Drängen seiner Witwe als Straßenbezeichnung zwischenzeitlich ganz aufgegeben war, erinnern in Ilvesheim heute der Hans-Kupka-Platz und ein Stolperstein wieder an ihn. Für die freundliche Auskunft danke ich Markus Enzenauer, Marchivum. Die Umbenennung der Adolf-Hitler-Straße in Walldorf in Albert-Fritz-Straße ging auf die schon vor 1933 etablierten Verbindungen des Geehrten mit Walldorfer Kommunisten zurück. Siehe dazu das Buch »Walldorf im Nationalsozialismus« von Andy Herrmann, Vereinigung Walldorfer Heimatfreunde e. V. 1965, dem ich für seine freundliche Auskunft danke.
[30] Siehe Bericht des Oberinspektors vom 17. September 1948, Marchivum (im Folgenden: MA), Ratsprotokolle, 1/1900 Nr. 309, S. 1.
[31] Military Government Gazette vom 21. Juli 1945. Zu den Anordnungen der Militärregierung und ihrer Diskussion in der Lokalpolitik siehe allgemeiner Christian Peters: »Glücklicherweise bilden wir eine Ausnahme.« Mannheim in den fünfziger Jahren, Stuttgart 2002, S. 23–31.
[32] Protokoll der Stadtratssitzung vom 13. Februar 1947, MA, Ratsprotokolle 1/1900 Nr. 309, S. 108. Zu den Wahlergebnissen für den Gemeinderat siehe Wolfgang Brach: Der Mannheimer Gemeinderat 1945–1984. Biographisches Handbuch, Mannheim 1984, S. 196; und siehe die Straßennamendatenbank des Marchivums, in: www.marchivum.de/de/strassennamen (ges. am 29. September 2023).
[33] Siehe Weber: Die Kommunisten (Anm. 7), S. 346 f.
[34] Schreiben betr. Fürsorge für Nazi-Opfer vom 19. Februar 1946, 20. März 1946 und 3. September 1946, jeweils in MA, Dokumentationen, D2 Widerstand, 7/1950 Nr. 549 (Bl. 1 f., 5 u. 14 f.).
[35] Siehe Peters: »Glücklicherweise bilden wir eine Ausnahme« (Anm. 31), S. 50–57.
[36] MM vom 1., 4. (Zitat) und 22. Februar 1947.
[37] Zu Cuhorsts Biografie nach 1945 siehe Stefan Baur: Rechtsprechung im nationalsozialistischen Geist. Hermann Albert Cuhorst, Senatspräsident und Vorsitzender des Sondergerichts Stuttgart, in: Michael Kißener/Joachim Scholtyseck (Hg.): Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg, Konstanz 1997, S. 111–142, hier S. 133–141.
[38] Siehe MM vom 2. August 1948; Christiane Toyka-Seid: »Nicht in die Lage versetzt, Erbauer eines friedlichen Deutschlands zu sein«. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Württemberg-Baden, in: Thomas Schnabel (Hg.): Formen des Widerstandes im Südwesten 1933–1945. Scheitern und Nachwirken, Ulm 1994, S. 270–283.
[39] Siehe MM vom 11. März 1948.
[40] Der Morgen [Vorgängerzeitung des Mannheimer Morgen] vom 14. u. 17. September 1946. Die Falschangabe zu Freisler sollte sich zeitungsintern hartnäckig halten, siehe MM vom 4. u. 22. Februar 1947 u. sogar 15. September 1967.
[41] MM vom 13. u. 16. September 1947. Ein Manuskript von Grimms Rede ist ohne Verfasserangabe überliefert in MA, NL Fritz Salm, 13/1986 Nr. 43. Siehe vom VVN-Landesverband auch Karl Hauff: Die dagegen waren. Aus der Widerstandsbewegung im Dritten Reich. Zum Gedenktag der Opfer des Faschismus am 14. September 1947, Stuttgart 1947. Zu den Gedenkfeiern und zur Frühzeit der VVN Mannheim, die 1949 860 Mitglieder zählte, siehe Peters: »Glücklicherweise bilden wir eine Ausnahme« (Anm. 31), S. 40–50, 53 f.; außerdem in Eigendarstellung Fritz Salm: Geschichte der VVN Mannheim, MA, NL Fritz Salm, 13/1986 Nr. 40 sowie Fritz Reidenbach: 70 Jahre VVN Mannheim, in: mannheim.vvn-bda.de/2018/01/06/70-jahre-vvn-mannheim-referat-von-fritz-reidenbach/ (ges. am 29. September 2023); Fritz Reidenbach: 75 Jahre VVN Mannheim, in: https://www.marchivum.de/de/blog/ns-zeit-26 (ges. am 29. September 2023).
[42] Peters: »Glücklicherweise bilden wir eine Ausnahme« (Anm. 31), S. 65–73.
[43] VVN-Eigendarstellungen haben in der Regel pathetisch-heroisierenden Charakter, doch ebenso verzerrend ist die Beschränkung auf die Perspektive des Verfassungsschutzes, siehe etwa Bettina Blank: Die »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten« (VVN-BdA), in: Jahrbuch Extremismus & Demokratie 12 (2000), S. 224–239. Für eine ausgewogenere Darstellung siehe Jascha März: Zwischen Politik und Interessenvertretung. Die Verbände der politischen Opfer des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland von 1947 bis 1990, Dissertation Universität Köln 2016, in: kups.ub.uni-koeln.de/9516/1/Doktorarbeit_J.Maerz.pdf (ges. am 29. September 2023) bzw. ders.: VVN, ZDWV und AvS. Die Verbände der politischen Opfer des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland, in: Philipp Neumann-Thein/Daniel Schuch/Markus Wegewitz (Hg.): Organisiertes Gedächtnis. Kollektive Aktivitäten von Überlebenden der nationalsozialistischen Verbrechen, Göttingen 2022, S. 39–77.
[44] Zur Entwicklung in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren siehe Till Kössler: Kommunistische Verfolgungserfahrung. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und die Frage der Wiedergutmachung, in: Alfons Kenkmann/Christoph Spieker/Bernd Walter (Hg.): Wiedergutmachung als Auftrag, Essen 2007, S. 193–204, hier S. 199–204; Boris Spernol: Wiedergutmachung und Kalter Krieg. Der Umgang mit kommunistischen NS-Verfolgten in Westdeutschland, Dissertation Universität Jena 2010; ders.: Die ›Kommunistenklausel‹. Wiedergutmachungspraxis als Instrument des Antikommunismus, in: Creuzberger/Hoffmann: »Geistige Gefahr« (Anm. 27), S. 251–273; März: VVN (Anm. 43), S. 48–66.
[45] Siehe Hermann Wentker: Antikommunismus in der frühen Bonner Republik. Dimensionen eines zentralen Elements politischer Kultur im Ost-West-Konflikt, in: Creuzberger/Hoffmann: »Geistige Gefahr« (Anm. 27), S. 355–369, hier S. 366–368; Peter Steinbach: Zur Einführung, in: Hochmuth: Illegale KPD (Anm. 5), S. 10–21, hier S. 10–14; Tuchel: Vergessen, verdrängt, ignoriert (Anm. 3), S. 13.
[46] Siehe Stobwasser: Die den roten Winkel trugen (Anm. 28), S. 43–72; Hochmuth: Niemand und nichts wird vergessen (Anm. 28), S. 11 f., 14, 65 u. 174–207; Puvogel/Stankowski: Gedenkstätten (Anm. 29), S. 248, 262 f.; Ursel Hochmuth/Ursula Suhling: Ehrenfeld für Verfolgte der NS-Herrschaft. Eine Begräbnis- und Gedenkstätte der Geschwister-Scholl-Stiftung auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Hamburg 2012.
[47] Toyka-Seid: »Nicht in die Lage versetzt …« (Anm. 38), S. 275–281 (Zitat auf S. 275); März: Zwischen Politik und Interessenvertretung (Anm. 43), S. 271.
[48] Siehe Volker R. Berghahn/Reinhard Schiffers: Die SAP in Mannheim und Südwestdeutschland, in: Matthias/Weber: Widerstand (Anm. 7), S. 207–231; Brach: Der Mannheimer Gemeinderat (Anm. 32), S. 79 f.; August Locherer/Klaus Dagenbach: Einsatz für die Interessen der »kleinen Leute«. Fünfzig Jahre aktiv in der Gewerkschaft, dreißig Jahre im Mannheimer Gemeinderat, Mannheim 1989.
[49] Siehe MM vom 24. u. 26. November 1962; Rhein-Neckar-Zeitung (im Folgenden: RNZ) vom 26. November 1962. Das Manuskript von Locherers Rede ist überliefert in MA, NL August Locherer, 46/2001 Nr. 34.
[50] Siehe MM vom 15. September 1967. Zur Biografie Oppenheimers, dessen Nachlass im Stadtarchiv Wiesloch aufbewahrt wird, siehe Barbara Bromberger/Karl-Heinz Jahnke: Max Oppenheimer (1919–1994), in: Günter Benser/Michael Schneider (Hg.): »Bewahren – Verbreiten – Aufklären.« Archivare, Bibliothekare und Sammler der Quellen der deutschsprachigen Arbeiterbewegung, Bonn 2009, S. 238–241; Gaby Oppenheimer/Manfred Gerber: Das Leben des Dr. Max Ludwig Oppenheimer, in: Norbert Giovannini/Frank Moraw (Hg.): Erinnertes Leben. Autobiographische Texte zur jüdischen Geschichte Heidelbergs, Heidelberg 1998, S. 323–329.
[51] Oppenheimer: Der Fall Vorbote (Anm. 6), S. 1 f.
[52] Siehe MM vom 22. Juli 1969; Matthias/Weber: Widerstand (Anm. 7), S. 12 f. Die Erforschung regionaler, auch linker, Widerstandsgruppen stellte zu dem Zeitpunkt eine bundesweite Tendenz dar, siehe Müller/Mommsen: Der deutsche Widerstand (Anm. 4), S. 17.
[53] MM vom 11. Dezember 1979; Salm: Im Schatten des Henkers (Anm. 6), 1. Aufl. S. 8, 2. Aufl. S. 7–9.
[54] Antrag von Gerald Unger an den Mannheimer Gemeinderat vom 25. Juli 1972; Dezernat I an Gerald Unger vom 3. August 1972; und Stadtarchiv an Dezernat I vom 10. August 1972, jeweils in MA, Stadtarchiv, 22/1983 Nr. 693; RNZ vom 30. November 1972; MM vom 1. Dezember 1972. Bei der heute sichtbaren Gedenktafel handelt es sich nicht um das Original von 1972, das 1984 offenbar von Unbekannten gestohlen wurde – so jedenfalls die Feststellung der Stadt nach Hinweis der DKP. Den Antrag des kommunistischen Stadtrats Walter Ebert, eine neue Gedenktafel anzubringen, empfahl die Verwaltung um OB Widder (SPD). Im Gemeinderat erhob sich diesbezüglich im September 1985 »kein Widerspruch«. Siehe Antrag von Walter Ebert vom 23. Januar 1984 und Mitteilung von Gerhard Widder an den Gemeinderat vom 30. Januar 1984, jeweils in MA, Grünflächenamt, 48/1997 Nr. 1699, sowie Niederschrift des Gemeinderats vom 24. September 1985, MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462.
[55] Siehe MM vom 2., 16. u. 18. Mai 1972; RNZ vom 10., 12. u. 18. Mai 1972. Die Ausstellungsbroschüre ist einzusehen in MA, VVN, 68/1996 Nr. 29.
[56] MM vom 15. September 1972; RNZ vom 16. September 1972.
[57] MM vom 18. September 1973.
[58] Siehe MM vom 12. Februar 1973; RNZ vom 13. Februar 1973; Beschreibung der Ausstellung zur Widerstandsgruppe Georg Lechleiter am 11. Februar 1973, MA, NL Fritz Salm, 13/1986 Nr. 38. Die Initiative zu diesem Februargedenken ging gegen die Stimme von Richard Stark, Salms Vorgänger als VVN-Kreisvorsitzender, von Locherer aus; siehe Protokolle der außerordentlichen Leitungssitzung der VVN Mannheim vom 5. Januar 1973 bzw. der erweiterten Leitungssitzung vom 31. Januar 1973 und der erweiterten Vorstandssitzung vom 15. März 1973, jeweils in MA, VVN, 68/1996 Nr. 30. Salms Wendung gegen den Antikommunismus blieb derweil nicht unwidersprochen, siehe MM vom 24. Februar 1973.
[59] Siehe MM vom 16. September 1974, 28. November 1977 u. 17. September 1979. Zur »antikapitalistischen Faschismusdeutung« siehe auch Kössler: Kommunistische Verfolgungserfahrung (Anm. 44), S. 197.
[60] Siehe RNZ vom 14. Mai 1975; MM vom 1. September sowie 25. u. 28. November 1977; Ludwig Ratzel an Fritz Salm vom 7. September 1977, MA, Stadtarchiv, 22/1983 Nr. 693.
[61] Puvogel/Stankowski: Gedenkstätten (Anm. 29), S. 44, 94; Schönhagen: Gräberfeld X (Anm. 26); Fehrentz/Mumm: Das Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz (Anm. 29), S. 288.
[62] Siehe Stobwasser: Die den roten Winkel trugen (Anm. 28), S. 91–145; Gymnasium Ohmoor (Hg.): Gedenken heißt: Nicht schweigen. 11 neue Straßen in Niendorf zu Ehren von Frauen und Männern des Widerstands, Hamburg 1984, S. 6–18, 27–31, 53–57, 59–65 u. 70 f.; Ursel Hochmuth: Zur Bildungsarbeit der VVN/Bund der Antifaschisten: Widerstandskämpfer und junge Generation, in: dies./Hans-Peter de Lorent (Hg.): Hamburg: Schule unterm Hakenkreuz, Hamburg 1985, S. 129–133; Sabina Cambeis: Widerstand bleibt lebendig. Straßenbenennung nach Widerstandskämpfern in Hamburg-Poppenbüttel, Hamburg 1986, S. 17–27; Puvogel/Stankowski: Gedenkstätten (Anm. 29), S. 245 f., 254, 260 f., 265 u. 269; Hochmuth: Niemand und nichts wird vergessen (Anm. 28), S. 44, 54, 85, 112, 142, 145 u. 217–227; Detlef Garbe/Kerstin Klingel: Gedenkstätten in Hamburg. Ein Wegweiser zu Stätten der Erinnerung an die Jahre 1933 bis 1945, Hamburg 2008, S. 29, 43, 50 u. 104. Siehe zu den Straßenbenennungen auch die ab 2015 in Hamburg bzw. online erschienene und von Rita Bake erarbeitete dreibändige Reihe »Ein Gedächtnis der Stadt. Nach Frauen und Männern benannte Straßen, Plätze, Brücken in Hamburg«, auf deren Basis zurzeit eine Online-Datenbank entsteht, hier Bd. 1, S. 50–55, 112–130 sowie diverse Einträge zu den Frauen und Männern des kommunistischen Widerstands in Bd. 2 u. Bd. 3.
[63] RNZ vom 17. September 1980; MM vom 11., 16., 17. u. 27./28. September 1980; Unterlagen für die Führung durch die Widerstandsausstellung vom 15. September 1980, MA, NL Fritz Salm, 13/1986 Nr. 5. Der CDU-Kreisvorsitzende Josef Bugl warf der VVN-BdA und ihren kommunistischen Mitgliedern vor, sie benutzten die Ausstellung als Wahlkampfplattform für die DKP – Salm und Stadtjugendring widersprachen. Siehe RNZ vom 3. Oktober 1980 sowie MM vom 6. und 24. Oktober 1980.
[64] Siehe Konstanze Wegner: Die Gruppe »Neu Beginnen«, in: Matthias/Weber: Widerstand (Anm. 7), S. 233–243; Brach: Der Mannheimer Gemeinderat (Anm. 32), S. 107.
[65] Thomas Schmutz an Bopp & Reuther vom 1. August 1980 und Bopp & Reuther an Thomas Schmutz vom 4. August 1980, jeweils in MA, NL Paul Schmutz, 42/2011 Nr. 51.
[66] RNZ vom 17. September 1980; MM vom 16. September 1980 sowie 1. September 1977; Mitteilung der Antifa-AG vom 15. September 1980, MA, Stadtarchiv, 15/2017 Nr. 55.
[67] Heinz Baumann an Thomas Schmutz vom 30. September 1980 und Thomas Schmutz an Heinz Baumann vom 20. Oktober 1980, jeweils in MA, NL Paul Schmutz, 42/2011 Nr. 51; Notizen des Grünflächenamts von Gesprächen mit Heinz Baumann vom 22. September 1980 und mit Paul Schmutz vom 14. u. 16. Oktober 1980, jeweils in MA, Grünflächenamt, 48/1997 Nr. 1700.
[68] Siehe MM vom 18., 20., 26. u. 31. Januar 1983; RNZ vom 26. u. 31. Januar sowie 17. u. 18. Februar 1983; Günter Braun: Widerstand und Verfolgung in Mannheim 1933–1945. Mannheimer Sozialdemokraten gegen die Nazi-Diktatur, Mannheim 1983; Notizen zur Stadtrundfahrt, MA, NL Fritz Salm, 13/1986 Nr. 3; der Film »Mannheim im Widerstand. Eine antifaschistische Stadtrundfahrt mit Fritz Salm«, MA, Audiovisuelle Sammlung Nr. 3413.
[69] Siehe Weber: Die Kommunisten (Anm. 7). Nachdem sein Vater als Kommunist im Widerstand verfolgt worden war, trat Hermann Weber 1945 selbst in die KPD ein und besuchte zwischen 1947 und 1949 die Parteihochschule »Karl Marx« der SED. Zurück im Westen wurde er 1953 als Mitglied der kommunistischen Freien Deutschen Jugend (FDJ) verhaftet. Kurz darauf brach er mit der SED, trat 1955 der SPD bei, schloss in den 1960er-Jahren unter Erich Matthias ein Studium ab und avancierte als nunmehr demokratischer Linker zum Nestor der DDR- und historischen Kommunismusforschung. Siehe Hermann Weber: Damals, als ich Wunderlich hieß. Vom Parteihochschüler zum kritischen Sozialisten. Die SED-Parteihochschule »Karl Marx« bis 1949, Berlin 2002; Hermann und Gerda Weber: Leben nach dem »Prinzip links«. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten, Berlin 2006.
[70] MM vom 13. u. 20. Dezember 1984; RNZ vom 13. u. 19. Dezember 1984; Rheinpfalz vom 18. Dezember 1984. Anlässlich der Veröffentlichung schaffte es der Mannheimer Widerstand auch ins Fernsehen: Hermann Weber, Günter Braun und Manfred Koch, die jeweils an der Dokumentation mitgewirkt hatten, nahmen an einer Diskussion des Senders Südwest 3 teil, siehe MM vom 13. Mai 1985.
[71] Antrag von Lothar Mark vom 25. September 1978, MA, Ratsprotokolle 1/1900 Nr. 421, Bl. 3354; Niederschrift des Gemeinderats vom 24. Oktober 1978, ebd., S. 60 f. (Bl. 3191 f.).
[72] Siehe Verlauf der Namensgebung für das Baugebiet Niederfeld V vom 13. Februar 1984 und Anlage 1 des Sachstandsberichts zur Benennung von Straßen nach Widerstandskämpfern vom 28. März 1984, jeweils in MA, Stadtarchiv, 15/2017 Nr. 49; RNZ vom 2. Januar 1982. Die Argumentation des Bezirksbeirats war insofern fragwürdig, als unter den 1965 im Baugebiet Niederfeld II geehrten Widerstandskämpfern kein Mitglied der Lechleiter-Gruppe war und unter ihnen nur Alfred Delp überhaupt einen direkten Bezug zu Mannheim aufwies; siehe auch MM vom 18. November 1965.
[73] Siehe Vermessungsamt an Hauptamt und Stadtarchiv vom 3. November 1983, Stadtarchiv an Hauptamt vom 24. November 1983 und Vermessungsamt an Hauptamt und Stadtarchiv vom 6. Dezember 1983, jeweils in MA, Stadtarchiv, 15/2017 Nr. 49.
[74] Antrag von Lothar Mark vom 19. September 1983, VVN-BdA an Oberbürgermeister und Gemeinderäte vom 16. September 1983, VVN-BdA an Oberbürgermeister und Gemeinderäte vom 17. März 1984 (zitiert), Stadtverwaltung an VVN-BdA vom 16. April 1984 und Mitteilung zum Beschluss des Hauptausschusses vom 28. März 1984, jeweils in MA, Dezernatsregistratur, 2/2001 Nr. 378.
[75] Mitteilung zum Gemeinderatsbeschluss vom 31. Juli 1984, Gerhard Widder an Anlieger vom 13. August 1984, Anlage 1 der Mitteilung zur Gemeinderatssitzung vom 18. Oktober 1984 und Gerhard Widder an Gemeinderäte vom 20. November 1984 (zitiert), jeweils in MA, Dezernatsregistratur, 2/2001 Nr. 378; siehe die Antwortschreiben der Anwohner an OB Widder in ebd. (Zitat: Antwortschreiben vom 28. August 1984).
[76] Siehe Niederschrift des Gemeinderats vom 20. November 1984, MA, Ratsprotokolle 1/1900 Nr. 478, S. 7–11 (Bl. 4311–4315) u. Bl. 4335 f. Allerdings schlich sich ein Fehler ein, der zuerst in der Vorlage vom 31. Juli 1984 nachweisbar ist (Anm. 75). Der Widerstandskämpfer Robert Schmoll sollte fälschlicherweise mit einem »Albert-Schmoll-Weg« geehrt werden – in der Stadtverwaltung verwechselte man Schmoll womöglich mit Albert Fritz, der ebenfalls für eine Straßenbenennung vorgesehen war. Der erst 1997 aufgefallene Irrtum führte 1998 zur Korrektur, zum Unmut einiger Anwohner. Ruth Hackmayer nutzte die Gelegenheit zur rückblickenden Klage über die Entscheidung von 1984, gegen die sie damals als CDU-Stadträtin opponiert hatte; siehe MM vom 2. April 1997; Rheinpfalz vom 31. Januar 1998.
[77] Siehe MM vom 14. September u. 7. Dezember 1982; RNZ vom 14. September 1982; MM vom 16. u. 19. September 1983 sowie vom 1. Februar 1985 u. 31. Januar 1986; RNZ vom 1./2. Februar 1986. Stadtjugendring, Deutscher Gewerkschaftsbund und VVN-BdA kooperierten außerdem bei der Erstellung eines alternativen Stadtführers und der Veranstaltung eines »Werkstattseminars« – beide Projekte behandelten auch den Mannheimer Widerstand. Siehe Fritz Salm/Lothar Hüneke/Heiner Storm: Mannheim in Geschichte und Gegenwart, Mannheim 1984 in der Bibliothek des Marchivum sowie die Unterlagen in MA, NL Kurt und Gertrud Weber, 23/1985 Nr. 100.
[78] MM vom 17. September 1987. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Lechleiter-Gedenkens der VVN-BdA infolge der zwischenzeitlichen Aberkennung der 1974 erstmals festgestellten Gemeinnützigkeit des baden-württembergischen Landesverbands zwischen 1985 und 1989 durch das Finanzamt Stuttgart ist nicht feststellbar, wenngleich die Vereinigung finanziell hart getroffen wurde; siehe RNZ vom 14. Mai 1985 sowie die Artikel »Spenden an die VVN sind Steuerbegünstigt! [sic!]« (Nr. 26, 1974), »Solidarität gegen Willkür« (Nr. 68, 1985) und »VVN-Bund der Antifaschisten wieder gemeinnützig« (Januar 1990) im Newsletter »Nachrichten« des baden-württembergischen VVN-Landesverbands.
[79] Siehe VVN-BdA an Oberbürgermeister und Gemeinderat vom 21. August 1984 und Dezernat V an VVN-BdA vom 12. Dezember 1984, jeweils in MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462.
[80] Hochbauamt an Dezernat IV vom 23. Juli 1985, Dezernat IV an Hochbauamt vom 29. Juli 1985, Hochbauamt an Dezernat IV vom 15. November u. 30. Dezember 1985, BBK an Hochbauamt vom 18. Dezember 1985, Niederschriften der Ämterbesprechungen vom 22. Januar, 17. März u. 17. April 1986, Dezernat IV betr. Durchführung eines beschränkten Künstlerwettbewerbs vom 25. September 1986 und Niels Gormsen betr. Durchführung eines beschränkten Künstlerwettbewerbs vom 1. Oktober 1986, jeweils in MA, Grünflächenamt, 48/1997 Nr. 1700.
[81] Besprechungsniederschrift des Bauverwaltungsamts vom 12. November 1986, MA, Grünflächenamt, 48/1997 Nr. 1700; Dezernat IV und Bauverwaltungsamt betr. Denkmal vom April 1987, MA, Bauverwaltungsamt, 33/1997 Nr. 2374.
[82] Siehe Protokoll zur Sitzung des Preisgerichts vom 16. Januar 1987, MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462.
[83] Siehe Dezernat IV an Oberbürgermeister vom 10. Februar 1987 und Abteilung Repräsentation an Stadtarchiv vom 14. Juli 1987, jeweils in MA, Bauverwaltungsamt, 33/1997 Nr. 2374; MM vom 28. Januar 1987.
[84] Siehe Antrag der VVN-BdA vom 20. Februar 1987, MA, Ratsprotokolle 1/1900 Nr. 512, Bl. 1235 f.; Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats vom 23./24. März 1987, ebd., S. 361 (Bl. 822); Anträge der CDU vom 6. März 1987, der SPD vom 7. März 1987, der Grünen vom 6. März 1987 und der FDP vom 8. März 1987, MA, Ratsprotokolle 1/1900 Nr. 513, Bl. 1672–1675.
[85] Stadtarchiv an Gerhard Widder vom 15. Mai 1987, VVN-BdA an die Dezernate IV und V vom 2. Juli 1987 und Dezernat V an VVN-BdA vom 19. August 1987, jeweils in MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462.
[86] Siehe Hochbauamt an Dezernat IV vom 17. Juli 1987, MA, Bauverwaltungsamt, 33/1997 Nr. 2374; Abteilung Repräsentation an Dezernate IV und V, Hochbauamt und Stadtarchiv vom 20. Januar 1988 (zitiert), Abteilung Repräsentation an Presseamt vom 16. Februar 1988 und Einladung zur Einweihung des Denkmals vom 17. Februar 1988, jeweils in MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462; für die diversen Antwortschreiben auf den »Hilferuf« siehe ebd.
[87] MM vom 25. Februar 1988; RNZ vom 26. Februar 1988; Abteilung Repräsentation an Niels Gormsen vom 18. Februar 1988, Max Oppenheimer an Niels Gormsen vom 26. Februar 1988 und Abschlussnotiz der Abteilung Repräsentation zur Einweihung des Denkmals vom 1. März 1988, jeweils in MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462. Manuskripte von Oppenheimers Rede in verschiedenen Stadien sind überliefert im Stadtarchiv Wiesloch, NL Max Oppenheimer, Nr. 651 sowie MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462.
[88] Niels Gormsen betr. Erinnerung an Widerstandskämpfer vom 29. Februar 1988, Kulturamt an Abteilung Repräsentation vom 26. Februar 1988, Abteilung Repräsentation an Kulturamt vom 3. März 1988, Abteilung Repräsentation an Dezernat IV vom 4. März 1988 und Niels Gormsen an VVN-BdA vom 10. März 1988, jeweils in MA, Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, 29/1999 Nr. 462.
[89] Depositalvertrag vom 17. Februar 1987, Gertrud Weber betr. Depositalvertrag vom 5. April 1987 und Gertrud Weber an Gregor Gysi vom 2. Mai 1990, jeweils in MA, NL Kurt und Gertrud Weber, 23/1985 Nr. 70; Puvogel/Stankowski: Gedenkstätten (Anm. 29), S. 58; Gertrud Weber an Gerhard Widder vom 12. August 1990 und Gerhard Widder an Gertrud Weber vom 22. Oktober 1990, jeweils in MA, D2 Widerstand, 7/1950 Nr. 1873.
[90] Siehe MM vom 19. April 1995; Bahns: Verführt und verraten (Anm. 19); Frieder Hepp: Verraten und entlarvt. Bilanz der Ausstellung »Verführt und verraten« im Kurpfälzischen Museum, in: Heidelberger Geschichtsverein (Hg.): Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 1, Heidelberg 1996, S. 227–233.
[91] Fehrentz/Mumm: Das Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz (Anm. 29), S. 271; MM vom 11. u. 16. Mai 2002; RNZ vom 4. u. 12. September 2002; MM vom 6., 7., 9., 11. u. 20. September 2002; Herbert Mies: Mit einem Ziel vor Augen. Vom Jung- zum Altkommunisten. Erinnerungen, Berlin 2009, S. 60 f.; MM vom 17. u. 21. September 2005; Marchivum, Stolpersteine, in: www.marchivum.de/de/stolpersteine-karte (ges. am 29. September 2023); MA, Audiovisuelle Sammlung Nr. 1868 u. 1871 sowie bermudafunk.org/sendungen/sendungen/funkfeuer-mannheim.html (ges. am 29. September 2023); Initiative Heidelberger Stolpersteine (Hg.): Stolpersteine in Heidelberg. 2010–2015, Heidelberg 2017, S. 38–41, 54 f.; Schwarz-Pich: Art. Lechleiter, Georg (Anm. 11) und ders.: Die kommunistische Lechleiter-Gruppe (Anm. 8), siehe auch ders. in MM vom 13. März 2017; Bericht von Erich Vehrenkamp vom 1. Juni 2012 und VVN-Flyer vom 14. September 2012, in: MA, Zeitgeschichtliche Sammlung, S2/1402, S. 2, 10; Legendenschilder in Heidelberg, in: www.metropolnews.info/mp202278/heidelberg-legendenschilder-zur-seitzstrasse-in-neuenheim-wurden-enthuellt (ges. am 29. September 2023); Baden Online vom 19. März 2013, in: www.bo.de/lokales/achern-oberkirch/gedenktafel-erinnert-georg-lechleiter (ges. am 29. September 2023); Stolpersteine in Karlsruhe, in: www.foerderverein-karlsruher-stadtgeschichte.de/stra%C3%9Fenverzeichnis-1/ (ges. am 29. September 2023); Fritz-Salm-Straße, MA, Straßennamendatenbank (Anm. 32); Broschüre »Fritz-Salm-Straße in Mannheim« (2017) in der Bibliothek des Marchivum; MM vom 28. April 2017; MM vom 17. September 2022; Film »Die Aufrechte. Anette Langendorf, eine Mannheimer Antifaschistin«, in: https://mannheim.vvn-bda.de/2018/02/07/erinnerung-an-anette-langendorf/ (ges. am 29. September 2023); Mannheim-Turley. Fritz-Salm-Straßenfest zum 110. Geburtstag, in: mannheim.vvn-bda.de/2023/08/17/mannheim-turley-fritz-salm-strassenfest-zum-110-geburtstag/ (ges. am 29. September 2023).