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JHK 2023

»Man muss die richtige Taktik anwenden.« Ermittlungsverfahren und Untersuchungshaft der DDR-Staatssicherheit in den 1950er- und 1970er-Jahren

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 187-204 | Metropol Verlag

Autor/in: Sebastian Stude

Anhand von zwei Fallbeispielen aus dem Bezirk Potsdam Mitte der 1950er-Jahre und Ende der 1970er-Jahre soll das Vorgehen der ostdeutschen Geheimpolizei bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und damit einhergehender Untersuchungshaft näher betrachtet werden. Dazu werden Inhaftierte und hauptamtliches Personal der Staatssicherheit, aber auch staatliche Institutionen, Regelungen und Verfahrensweisen beschrieben. Durch welche Handlungsweisen gerieten die inhaftierten Personen ins Visier der Staatssicherheit? Welche Erfahrungen und Motive bestimmten das Verhalten der Inhaftierten? Welche Herkunft und Verhaltensweisen prägten die Geheimpolizisten? Und was zeichnete das asymmetrische Beziehungsverhältnis zwischen Inhaftierten und hauptamtlichem Personal der Staatssicherheit aus?[1]

Es soll herausgearbeitet werden, wie die ostdeutsche Geheimpolizei ihr taktisches Vorgehen vor dem Hintergrund allgemeiner politischer und gesellschaftlicher Ereignisse anpasste, um ihr strategisches Ziel zu erreichen: die Sicherung der SED-Herrschaft. Die allgemeinen Entwicklungen provozierten beim hauptamtlichen Personal der Staatssicherheit Verunsicherung und führten zu unterschiedlichen Konflikten: zum einen innerhalb der Staatssicherheit selbst, zum anderen zwischen der Staatssicherheit und Kooperationspartnern bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht. Letztere gewannen an Bedeutung, weil die Geheimpolizei im Laufe der Zeit nicht mehr nur auf rücksichtslose Gewalt, sondern zunehmend auf ein differenziertes Vorgehen, routinierte Verfahrensweisen und institutionelle Kooperation setzte. Insgesamt erwies sich die Geheimpolizei als lernfähige Institution. Agierte sie in der Transformationsphase der 1950er-Jahre als »Instrument des ›bürokratischen Terrors‹«[2], entwickelte sie sich bis in die »sozialistische Gesellschaft« der 1970er-Jahre zu einer »modernisierten Repressionsbürokratie«[3]. Auf veränderte Rahmenbedingungen reagierte die SED-Geheimpolizei also mit einem Ausbau ihres Apparates, einer Professionalisierung ihrer Kader und differenzierenden Arbeitsmethoden.

I. »Terror« auf dem Lande

September 1956 in Wulkow, ein kleiner Ort nördlich von Berlin: Eine Gruppe von Männern zwischen Ende 20 und Anfang 40 Jahren verprügelt einen Soldaten der sowjetischen Armee. Es ist Wochenende nach Schankschluss, als das spätere Opfer vor der örtlichen Gaststätte mehrere Schüsse aus seiner Pistole abfeuert. Einheimische Bauern, ein Arbeiter und ein Feuerwehrmann stürzen sich daraufhin auf den betrunkenen Soldaten, um ihn zu entwaffnen. Eine Gewaltorgie entlädt sich über dem sowjetischen Soldaten. Als die Menge von ihm ablässt, wird er in die örtliche Bürgermeisterei gebracht und notversorgt. Später bringen ihn herbeigerufene Kameraden ins Armeelazarett.[4]

Zunächst ermittelte die Volkspolizei. Sie berichtete über die Angelegenheit als »Spitzenmeldung« an die Bezirksbehörde der Volkspolizei Potsdam und zusätzlich an die örtliche Kreisdienststelle der Staatssicherheit. Rasch wurden mehrere Tatverdächtige ermittelt, gegen die das Kreisgericht Neuruppin Haftbefehle wegen des Verdachts der »Körperverletzung« verhängte.[5] Einer der Tatverdächtigen beschrieb das Geschehene gegenüber der Polizei so: »Am Sonnabend [...] war ich [...] zur Versammlung des Erntekomitees und anschließend bin ich in die Gastwirtschaft (…) gegangen. Ich habe mich dort aufgehalten, bis vom Gastwirt Feierabend geboten wurde. Ich habe während dieser Zeit ca. 15 Glas Bier getrunken, war aber nicht betrunken. Als ich im Begriff war, die Gastwirtschaft zu verlassen, hörte ich, wie auf der Straße zwei bis drei Mal geschossen wurde. [...] Ich lief ebenfalls zu dieser Stelle und als ich dort ankam, sah ich, dass auf einen sowjetischen Offizier eingeschlagen wurde. Ich habe ebenfalls auf diesen Offizier eingeschlagen.«[6] Als Motivation für sein Handeln nannte der Tatverdächtige seine »Wut« auf Angehörige der sowjetischen Armee. Er begründete sie mit Vergewaltigungen, die seine Ehefrau im Kriegsjahr 1945 erfahren hätte,[7] während er selbst sich zwischen 1944 und 1947 in englischer und französischer Kriegsgefangenschaft befand. Zuvor habe er seit 1939 als Artillerist der deutschen Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teilgenommen. Im Krieg nahm der damals keine 30 Jahre alte Tatverdächtige an Kampfeinsätzen in Frankreich, Jugoslawien und der Sowjetunion teil. Dafür erhielt er Auszeichnungen wie das Eiserne Kreuz Erster und Zweiter Klasse. Im Jahr 1948 kehrte er aus der französischen Kriegsgefangenschaft zurück ins brandenburgische Wulkow, wo er zuletzt gemeinsam mit seiner Ehefrau in der Landwirtschaft arbeitete.[8]

Die Polizei ermittelte nach den Wulkower Ausschreitungen im September 1956 zunächst wegen »gefährlicher Körperverletzung«. Ein Delikt, das bereits in Paragraf 223 des Bürgerlichen Strafgesetzbuchs von 1871 auftaucht und in dem der Begriff »Misshandlung« eine zentrale Rolle einnimmt. Der regionale Bezirksstaatsanwalt gab die Untersuchungen aber schon bald an die Potsdamer Bezirksverwaltung für Staatssicherheit ab. Anders als die Polizei ermittelte die Staatssicherheit nun wegen »Terrors« nach Artikel 6 der DDR-Verfassung. Dieser Vorwurf zielte ebenfalls auf das Bestrafen gewalttätigen Verhaltens ab, wies aber eine deutlich politische Konnotation auf.[9] Damit ist der Fall ein typisches Beispiel für die seinerzeit vorherrschende Überlagerung politischer und krimineller Strafvorhalte.[10]

Zwei Tatverdächtige kamen in die Untersuchungshaft der Staatssicherheit in Potsdam.[11] Hier übernahm Hans Maxa die Ermittlungen.[12] Hans Maxa, Jahrgang 1921, verfügte über einen Schulabschluss nach der 8. Klasse und eine Berufsausbildung als Klempner und Rohrleger. Ähnlich wie die beiden jungen Männer, gegen die er nun ermittelte, hatte auch Hans Maxa im Zweiten Weltkrieg als Soldat gedient. Als Flugabwehrkanonier kämpfte er ab Anfang 1943 für die deutsche Wehrmacht in der Sowjetunion und in Polen. Über seinen KPD-Eintritt im Dezember 1945 kam er in die SED. Von seiner Tätigkeit als Handwerker und Kraftfahrer, zuerst bei der KPD- und später bei der SED-Bezirksleitung in Potsdam, führte ihn sein Weg im Sommer 1952 zur Staatssicherheit. Dort brachte es Hans Maxa bis zum Leutnant der Untersuchungsabteilung. Seine Leistungen als Ermittler schienen allerdings mäßig zu sein. Die Staatssicherheit selbst attestierte ihm »Schwierigkeiten« und die Notwendigkeit »ständiger Kontrolle und Anleitung«.[13] Nachdem er zwischenzeitlich einer anderen Diensteinheit angehörte, wurde Hans Maxa im Sommer 1963 ganz aus der Staatssicherheit entlassen. Als Begründung wurden eklatante Widersprüche zwischen seinem Verhalten und den Erwartungen der Geheimpolizei an ihre Offiziere angeführt. In seiner Personalakte wurde vermerkt, er sei »schwatzhaft veranlagt« und neige zum »übermäßigen Alkoholkonsum«. Schon vor seiner Entlassung hatte Maxa Disziplinarstrafen bis hin zu einem fünftägigen Arrest wegen »Verstoßes gegen Konspiration«, »unmoralischen Verhaltens« oder der Nichtanzeige familiärer Kontakte nach West-Berlin erhalten.[14] Solche Vermerke in den Potsdamer Personalakten der 1950er- und 1960er-Jahre waren kein Einzelfall. Der gemeinschaftliche Gaststättenbesuch in Dienstuniform, das Investieren der kurz zuvor ausgezahlten Prämie in Alkohol oder das öffentliche Hantieren mit der Dienstwaffe stellten wiederkehrende Verfehlungen dar. Überhaupt schien die Potsdamer Situation beispielhaft für die allgemein ungeordneten inneren Verhältnisse während der »wechselhaften Gründungs- und Aufbaujahre« der ostdeutschen Geheimpolizei zu stehen.[15] Damit widersprach sie ganz offensichtlich dem in der Ost-Berliner Zentrale entworfenen Bild, Teil der tschekistischen Avantgarde zu sein, mit der Ehre und entsprechende Verpflichtungen verbunden wurden.[16] Auch zu den von Walter Ulbricht auf dem V. SED-Parteitag im Juli 1958 verkündeten »Zehn Geboten der sozialistischen Moral und Ethik« passten solche Verhaltensweisen nicht. Geheimpolizeilicher Selbstanspruch, propagiertes Gesellschaftsbild und praktische Lebenswirklichkeit fielen auseinander. Anders als manche seiner Kameraden aus der Gründergeneration der Staatssicherheit, die es mit Disziplin, Talent oder auch aufgrund ihrer Funktionen in der hiesigen SED-Parteiorganisation dennoch bis zum Referatsleiter schafften, scheiterte Hans Maxa auf seinem Weg zum professionell agierenden Geheimpolizisten.[17] Seine Entlassung im Sommer 1963 stand aber auch für die poststalinistische Personalpolitik der Staatssicherheit insgesamt, die vorhandenen Kader im Sinne einer Professionalisierung stärker als zuvor zu disziplinieren und zu qualifizieren – gegebenenfalls aber auch zu entlassen.[18] Denn in personeller Hinsicht zielte die bereits Ende der 1950er-Jahre initiierte »Transformation zur modernisierten Repressionsbürokratie« auf eine Synthese von politischer Loyalität und fachlicher Qualifikation.[19] Als wichtiger Faktor kam die zunehmende Bedeutung des praktischen Erfahrungswissens der Geheimpolizisten hinzu.

Die von Hans Maxa zu den Wulkower Ausschreitungen vom September 1956 geführten Vernehmungen dauerten bis zu sieben Stunden. Beginnend am Vormittag zogen sie sich bisweilen bis in den späten Nachmittag hinein. Von den zuvor durch die Polizei dokumentierten Aussagen unterschieden sich die geheimpolizeilichen Protokolle deutlich. Augenfällig ist einerseits die extreme Verknappung. So umfasst das Protokoll einer siebenstündigen Vernehmung gerade einmal zwei Seiten. Andererseits gab es erhebliche semantische Verschiebungen. So dokumentieren die Vernehmungsprotokolle der Staatssicherheit nicht mehr die »Wut«, sondern den »Hass« des Tatverdächtigen auf die Sowjetunion und deren Armeeangehörige. Die Vergewaltigungen der Ehefrau als vorgebliches Handlungsmotiv wurden jetzt als »Belästigungen« durch Sowjetsoldaten tituliert. Politische Akzente setzten die geheimpolizeilichen Vernehmungen und deren Protokolle, indem sie festhielten, dass die Tatverdächtigen westliche Radiosender hörten und bereits früher an Gewalttätigkeiten gegen sowjetische Armeeangehörige beteiligt waren.[20] Überhaupt zielte die Geheimpolizei mit ihren Ermittlungen in besonderer Weise auf einen vermeintlich politischen Hintergrund des Vorfalls. Dementsprechend bedeutsam schien ihr, dass einer der beiden Inhaftierten an seinem Wohnort als »offener Feind der Sowjetunion« galt. Seine Einordnung als typischer »Raufbold« und seine zurückliegenden guten Arbeitsleistungen verloren dagegen an Gewicht.[21] Innerhalb weniger Wochen schloss die Geheimpolizei ihre Ermittlungen ab. Demnach hatte der verprügelte sowjetische Offizier ohne erkennbaren Anlass mehrere Pistolenschüsse in die Luft abgegeben – und sei daraufhin das Opfer »brutaler und unmenschlicher« Misshandlungen geworden. Den Vorwurf des »Terrors« hielt die Staatssicherheit jedoch nicht aufrecht und klassifizierte das Ereignis stattdessen als »gefährliche Körperverletzung«. In den zwei inhaftierten Personen glaubte sie »typische Schlägernaturen« voller »Hass gegen die Sowjetunion« zu erkennen. Ein Gericht verurteilte beide zu je einem Jahr Gefängnis.[22]

Bemerkenswert war der Ausgang der geheimpolizeilichen Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens in mehrfacher Hinsicht: Neu war der hohe Ermittlungsaufwand der Staatssicherheit im Vergleich zur noch wenige Jahre vorher gängigen Praxis von willkürlichen Verhaftungen und Geständnisproduktion mittels Nachtverhören und anderen Foltermethoden für den »Beweis« eines Delikts, um eine möglichst hohe Strafe zu rechtfertigen. Interessant war auch das vergleichsweise milde Gerichtsurteil zu einem Jahr Gefängnis. Ähnliche Strafen hatten infolge der II. SED-Parteikonferenz im Juli 1952 und der anschließenden Kampagne zum »Aufbau des Sozialismus« schon für kleinere Diebstahldelikte gedroht. Zwar waren in den 1950er-Jahren Ermittlungsverfahren der Potsdamer Staatssicherheit ohne abschließendes Gerichtsurteil mit einer Haftstrafe keine Seltenheit und betrafen immerhin mehr als 20 Prozent der Verfahren insgesamt (ca. 350 Fälle). Sehr viel häufiger, nämlich in 56 Prozent der Ermittlungsverfahren (ca. 900 Fälle), erwarteten die in den 1950er-Jahren Inhaftierten allerdings Haftstrafen von mehr als einem Jahr, mitunter sogar bis zu zehn Jahren. Lediglich bei zehn Prozent aller Fälle (ca. 170 Fälle) folgten auf Ermittlungen der Staatssicherheit relativ niedrige Haftstrafen von bis zu einem Jahr. Beide Aspekte, die vergleichsweise differenzierte Ermittlungstätigkeit der Staatssicherheit und das milde Gerichtsurteil, waren die Folge eines politischen »Tauwetters«, das vom XX. KPdSU-Parteitag im Februar 1956 und Nikita Chruščëvs Entstalinisierungs-Kurs sowie der III. SED-Parteikonferenz im März 1956 ausgehend zumindest in seinen Ausläufern auch die geheimpolizeiliche und juristische Praxis in der DDR erreichte. Nur kurze Zeit später folgte als Reaktion auf die ungarischen und polnischen Volksaufstände bereits eine neue politische »Frostperiode«.[23]

Typisch am beschriebenen Fall ist auch, dass es der Geheimpolizei in der brandenburgischen Region in den 1950er-Jahren unter anderem oblag, gegen gewaltsame Übergriffe auf örtliche SED- und LPG-Funktionäre sowie auf ostdeutsche und sowjetische Sicherheitskräfte zu ermitteln. Die Personen, gegen die die Staatssicherheit dabei oftmals vorging, standen in unterschiedlicher Art und Weise für einen bestimmten Teil der männlichen ostdeutschen Nachkriegsgesellschaft. Es handelte sich dabei um ehemalige Soldaten der deutschen Wehrmacht, die Krieg, Kriegsniederlage, Gefangenschaft, Deportation und Besatzung erlebt hatten. Ihre inneren Einstellungen und ihre Verhaltensweisen verwiesen auf zurückliegende extreme Erfahrungen und Prägungen im Zweiten Weltkrieg und der Zeit unmittelbar danach. Charakteristisch für die gesellschaftliche Situation in der brandenburgischen Region in den 1950er-Jahren ist auch der Zusammenhang von Alkoholkonsum im öffentlichen Raum und der Gewalteskalation gegenüber Partei- und Staatsfunktionären sowie ostdeutschen und sowjetischen Sicherheitskräften. Maßgeblich für die Übernahme der Ermittlungen durch die Staatssicherheit war dabei die Zuschreibung eines politischen Hintergrunds. Gleichwohl gelangte die Geheimpolizei im Zuge ihrer Untersuchungen regelmäßig zu der Erkenntnis, den Straftaten lägen keine politischen Motive, sondern »nur« kriminelles Verhalten zugrunde.

Die Zuständigkeiten der Geheimpolizei Mitte der 1950er-Jahre beschrieb der amtierende Leiter der Potsdamer Untersuchungsabteilung, indem er angab, es müsse entweder eine strafrechtliche oder eine politische Dimension gegeben sein.[24] Die strafrechtlichen Zuständigkeiten der Staatssicherheit bezogen sich also auf ein unscharf konturiertes Feld.[25] Infolgedessen zog die Geheimpolizei fortwährend Ermittlungen an sich, die sie wegen ihres unpolitischen Kerns im weiteren Verfahren wieder an die Polizei abgab oder ganz und gar einstellte. In solchen Fällen verpflichtete die Staatssicherheit die betroffenen Personen, über die zurückliegenden Geschehnisse zu schweigen.[26] Mitte der 1950er-Jahre schien dies umso gebotener, als die Geheimpolizei selbst gegen Unregelmäßigkeiten in ihrer Potsdamer Untersuchungsabteilung vorging. Das dortige Personal war einerseits aufgefallen, weil im Jahr 1954 ein Viertel aller Untersuchungshäftlinge aus Mangel an Beweisen, wegen Verfahrenseinstellungen durch die Staatsanwaltschaft oder aufgrund eines Freispruchs vor Gericht ohne Strafe freigekommen war. In nur einem anderen Bezirk der DDR endeten noch mehr Ermittlungsverfahren ohne Strafen. Im Jahr 1955 wurde an dem Leiter der Potsdamer Untersuchungsabteilung ein Exempel statuiert. Er hatte gewaltsame Übergriffe auf inhaftierte Personen nicht nur geduldet, sondern auch gedeckt. Kein anderer als Hans Maxa hatte nachweislich beispielsweise mindestens einen Untersuchungshäftling misshandelt, gegen den die Staatssicherheit ihre Ermittlungen kurz darauf wegen einer Personenverwechslung hatte einstellen müssen. Die Ost-Berliner Zentrale befürchtete Schaden für das Ansehen der Staatssicherheit, sollten derlei Vorfälle bekannt werden.[27] Grundsätzlich herrschten in der Potsdamer Untersuchungsabteilung Planlosigkeit und Überforderung. Der Chef der Geheimpolizei, Ernst Wollweber, enthob den Potsdamer Abteilungsleiter deshalb seines Postens, stufte ihn im militärischen Rang herab und versetzte ihn in eine andere Bezirksverwaltung.[28]

Allerdings bedeutete die Ablösung des Leiters nicht automatisch das Ende von Regelverstößen in der Potsdamer Untersuchungsabteilung. Gewalt, ungenügende Aktenführung und schlechte Arbeitsorganisation hielten an. Das zumindest offenbarten interne Untersuchungen der Staatssicherheit. Dafür, dass die Angelegenheit nicht an Bedeutung verlor, sprach auch, dass der Leiter der Bezirksverwaltung Potsdam, Rudi Mittig, Anfang des Jahres 1959 persönlich an deren Auswertung teilnahm. Deutliche Kritik übten kontrollierende Offiziere aus Ost-Berlin an der Potsdamer Praxis der Vernehmungen. Insbesondere die Erstvernehmungen fielen ihrer Meinung nach zu kurz aus. Als Orientierung gaben die Geheimpolizisten aus der Zentrale vor: »Eine Erstvernehmung darf nicht fünf Stunden dauern, das ist zu wenig. Psychologisch gesehen hat der Häftling zuerst einen Schock durch seine Festnahme erhalten. Dieser Fakt muss ausgenutzt werden.«[29] Scharf kritisierten sie die Dokumentation der Vernehmungen, die oftmals verkürzt und in Einzelfällen gar nicht erfolgte. Den Potsdamer Erklärungsversuch, das Weglassen unwahrer Aussagen sei der Grund für die kurzen Protokolle, parierte ein Ost-Berliner Offizier gereizt: »Hier muss es andere Mängel bei den Genossen geben. Es gibt doch nicht nur Häftlinge, die lügen.«[30] Interessant ist in diesem Zusammenhang auch diese Aussage der Zentrale: »Fehlen solche Protokolle, so zeigt sich nicht der Kampf, den man mit dem Häftling führt [...].«[31]

Nach Stalins Tod und Nikita Chruščëvs Distanzierung von Stalin erschöpfte sich der geheimpolizeiliche »Kampf« Ende der 1950er-Jahre nicht mehr allein in rücksichtsloser Gewalt. Zwar kam es im Schatten der Grenzabriegelung nach West-Berlin im August 1961 wieder zu einer repressiveren Vorgehensweise.[32] Doch Anfang 1959 mahnten die Ost-Berliner Offiziere ihre Kollegen in der Region: »Auch liegt die Härte in der Vernehmung nicht darin, wenn die Wände wackeln und der Häftling angebrüllt wird. Das ist ein Fehler. [...] Ausdauer und konkrete Fragen dem Häftling stellen, damit kommt man zum Ziel. Schreien ist nur eine Schwäche des Vernehmers, das merkt auch der Häftling. Man muss die richtige Taktik anwenden.«[33]

Zuletzt monierten die Geheimpolizisten der Zentrale die Potsdamer Aktenführung und die Übergabe unvollständiger Ermittlungsakten an die Staatsanwaltschaft. Dass Aktenführung und Arbeitsorganisation Ende der 1950er-Jahre ein strukturelles Problem in der Potsdamer Bezirksverwaltung darstellten, deuteten die Erklärungsversuche der regionalen Ermittler an. Sie sahen ihre Tätigkeit beeinträchtigt, weil sie für Vernehmungen verwertbare operative Materialien anderer Diensteinheiten oftmals zu spät oder nur ungenügend aufbereitet erhielten. Die Geheimpolizisten in der Region waren durch die widersprüchlichen Vorgaben zu den Protokollen verunsichert: Während die Ost-Berliner Zentrale eine ausführliche Dokumentation vorgab, drängten die regionalen Kooperationspartner bei Staatsanwaltschaft und Gericht auf das genaue Gegenteil, da im Rahmen der Anklage und Gerichtsverhandlung ansonsten in den »Protokollen sehr schlecht durchzukommen« sei.[34] Auch mit der Polizei war auf regionaler Ebene keinesfalls die von der Staatssicherheit angestrebte Kooperation zustande gekommen. Der amtierende Leiter der Untersuchungsabteilung zeigte sich auf einer SED-Parteiaktivtagung der Potsdamer Bezirksverwaltung der Staatssicherheit im Frühjahr 1958 empört, weil bei einer zurückliegenden Veranstaltung der Kriminalpolizei die Staatssicherheit nicht einmal erwähnt worden sei.[35]

Insgesamt stand die Geheimpolizei in der brandenburgischen Region in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre den allgemeinen Entwicklungen verunsichert gegenüber. Grob entsprach dies der DDR-weiten Situation. Wenige Jahre nach Gründung der Staatssicherheit im Februar 1950 war ihr Personal nach dem Tode Stalins, dem Desaster des Volksaufstandes im Juni 1953, den in kurzen zeitlichen Abständen wechselnden politischen »Tauwetter-« und »Frostperioden« zwischen dem XX. KPdSU-Parteitag im Februar 1956 und den Volksaufständen in Polen und Ungarn im Oktober 1956 verunsichert. Die zwischenzeitliche Herabstufung des Ministeriums für Staatssicherheit zu einem Staatssekretariat beim Ministerium des Innern, der mehrfache Personalaustausch an der Spitze der Geheimpolizei von Wilhelm Zaisser (1953) über Ernst Wollweber (1957) zu Erich Mielke, deren Verbannung aus dem SED-Politbüro ebenso wie die formale staatsanwaltschaftliche Aufsicht seit 1952 vermittelten keine Sicherheit. Außerdem war die Personalstruktur der Geheimpolizei nicht darauf ausgerichtet, sich an solche Entwicklungen und politischen Machtkämpfe anpassen zu können. Gleiches galt für die flexible Anwendung des normativen Regelwerks aus DDR-Verfassung, Strafergänzungsgesetz, Passgesetz und Staatsanwaltsgesetz. Dafür fehlte es dem hauptamtlichen Personal oftmals an intellektueller Beweglichkeit, professioneller Ausbildung, praktischer Erfahrung und persönlichem Interesse. Denn die maßgeblichen Kriterien, nach denen das Gründerpersonal ausgewählt worden war, lauteten politische Loyalität und kompromisslose Härte.[36]

Gerade der Blick auf das operative Personal in der brandenburgischen Region verdeutlicht das Ausmaß von intellektueller Beschränktheit, fehlender Professionalität, nicht vorhandener praktischer Erfahrung und abweichenden persönlichen Interessen. Weiterhin hatten sich bis Ende der 1950er-Jahre keine festen Handlungsroutinen in der Ermittlungstätigkeit herausgebildet, die den Vorgaben der Ost-Berliner Zentrale entsprachen. Angesichts wechselhafter politischer Vorgaben, dem vielgestaltigen normativen Regelwerk und sprunghafter Kampagnen, angefangen bei der Bekämpfung westlicher Spionage und Agententätigkeit, über die Durchsetzung der sozialistischen Umgestaltung in Landwirtschaft und Industrie bis zur Verfolgung der Zeugen Jehovas, verwundert das kaum. Außerdem hatte sich in der Region keine stabile Kooperation mit den Partnern bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht entwickelt. Äußeres Anzeichen der Verunsicherungen in Potsdam war auch der häufige Austausch des Leiters der hiesigen Untersuchungsabteilung. In den 1950er-Jahren bekleidete den Posten ein halbes Dutzend unterschiedlicher Personen. Nicht zufällig verstetigte sich die Potsdamer Situation Anfang der 1960er-Jahre. Im Zuge der Abriegelung von West-Berlin etablierte sich die Staatssicherheit damals DDR-weit als zuverlässiges Herrschaftsinstrument der SED-Führung. Insofern hatte der 13. August 1961 als »heimlicher Gründungstag«[37] der DDR auch Auswirkungen auf die ostdeutsche Geheimpolizei. Die Staatssicherheit befand sich mittlerweile auf dem Weg zur »modernisierten Repressionsbürokratie«. Als dauerhafte Tätigkeitsschwerpunkte und politische Legitimation zugleich bildeten sich ihr Vorgehen gegen Grenz- und Fluchtdelikte, gegen Ausreiseantragsteller und gegen die politische Opposition heraus. Der seit November 1957 amtierende Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, stand maßgeblich für diese Entwicklung.

II. »Rowdytum« in der Kleinstadt

Mai 1979 in Werder (Havel), einer Kleinstadt südwestlich von Berlin: Es beginnt als »Herrenpartie« zu Christi Himmelfahrt. Ein knappes Dutzend junger Männer macht sich auf den Weg ins nahe gelegene Potsdam. Am frühen Vormittag starten sie dort ihren »kleinen Kneipenbummel«.[38] Anschließend geht es mit dem Dampfer auf der Havel zurück in ihre Heimatstadt. Der harte Kern von sechs Männern im Alter bis Ende 20, setzt den Umtrunk in den örtlichen Gaststätten fort. Die heitere Szenerie wandelt sich schlagartig, als einer der Männer von einem Trabant angefahren wird. Auf offener Straße entsteht ein Handgemenge. Die beiden Autoinsassen werden unsanft aus dem Fahrzeug gezogen. Den Fahrer traktieren die jungen Männer mit Faustschlägen und Fußtritten. Er erleidet Schürfwunden und Blutergüsse. Sein Beifahrer kann fliehen, um Hilfe zu holen.[39] Für drei der jungen Männer endet die »Herrenpartie« im Polizeigewahrsam, mit einem weiteren Mann werden sie tags darauf in die Untersuchungshaft bei der Staatssicherheit in Potsdam überführt. Über den Bezirksstaatsanwalt erwirkt die Geheimpolizei beim Kreisgericht Potsdam-Stadt einen Haftbefehl.[40]

Typischerweise warf die Staatssicherheit den vier jungen Männern vor, als Gruppe und aus »Missachtung der öffentlichen Ordnung [...] Gewalttätigkeiten und grobe Belästigungen gegenüber Personen«, also »Rowdytum« begangen zu haben. »Rowdytum« war als Straftatbestand in Paragraf 215 ins DDR-Strafgesetzbuch von 1968 eingegangen. Allgemeine Merkmale dieses Strafgesetzbuches waren einerseits dessen Orientierung am sowjetischen Recht und andererseits die Betonung erzieherischer Funktionen des Strafrechts. Im Vergleich zur »Körperverletzung«, mit der ähnliche Delikte definiert wurden, drohten bei Verurteilungen wegen »Rowdytums« härtere Strafen mit bis zu fünf Jahren Haft.[41]

Dass die Tat von der Geheimpolizei als »Rowdytum« eingestuft wurde, hatte vor allem zwei Gründe: Bei den zwei angegangenen Personen handelte es sich um Polizeiangehörige, die zivilen Streifendienst versahen. Zudem vermuteten Polizei und Staatssicherheit, Bundesbürger könnten Zeugen der Auseinandersetzung geworden sein. Deshalb berichteten sie die Angelegenheit auch an den Minister des Innern, den Chef der Deutschen Volkspolizei und an die zentrale Ost-Berliner Untersuchungsabteilung der Staatssicherheit. Die Geheimpolizei übernahm die Ermittlungen nicht zuletzt, um einen gezielten Angriff auf die Polizeiangehörigen und den Straftatbestand des »Terrors« zu prüfen.[42]

Überhaupt war das »Rowdytum« Ende der 1970er-Jahre im Bezirk Potsdam einer der Ermittlungsschwerpunkte der Geheimpolizei. Im Jahr 1979 leitete die Staatssicherheit insgesamt 121 Ermittlungsverfahren ein, darunter 22 Verfahren wegen »Rowdytums« (18 Prozent). Als politisch brisant galt das Delikt, weil es die Dimension des Scheiterns von sozialistischer Jugendpolitik und Bildungssystem abbildete. Als strukturelles Merkmal geheimpolizeilicher Ermittlungen gegen »Rowdytum« fielen dabei Handlungen auf, die sich gegen Personal, Inhalte oder Symbole des Staates richteten. Im gleichen Zeitraum bildeten die Ermittlungen der Staatssicherheit gegen »Ungesetzlichen Grenzübertritt« mit 53 Fällen (44 Prozent) einen noch größeren Tätigkeitsschwerpunkt.[43] Zum Vergleich der arbeitsteiligen Strafverfolgung in der Region: Die Bezirksbehörde der Volkspolizei Potsdam leitete im Jahr 1979 insgesamt 9189 Ermittlungsverfahren ein, darunter 153 Ermittlungen wegen »Rowdytums« (2 Prozent) sowie 106 Ermittlungen wegen Grenz- und Fluchtdelikten (1 Prozent). In absoluten Zahlen bearbeitete die Polizei zwar das Gros solcher Fälle, zu ihrem alltäglichen Kerngeschäft gehörten jedoch andere Angelegenheiten, allen voran Eigentumsdelikte und Körperverletzungen.[44]

Innerhalb der Potsdamer Bezirksverwaltung der Staatssicherheit ermittelte Norbert Hollwitz zum »Rowdy«-Fall aus dem Frühjahr 1979.[45] Hollwitz, Jahrgang 1950, hatte nach der 8. Klasse den Beruf des Drehers gelernt und im Rahmen der Berufsschule den Schulabschluss nach der 10. Klasse erworben. Seit Oktober 1969 war er Mitglied in der SED. Der Staatssicherheit gehörte er bereits seit November 1968 an. Die Karriere von Norbert Hollwitz steht in Teilen beispielhaft für jene Zeit: Zunächst leistete er seinen Grundwehrdienst beim Wachregiment der Potsdamer Bezirksverwaltung, anschließend wurde er als Wachposten in der Untersuchungshaftanstalt eingestellt, um zwei Jahre später als Ermittler zur Untersuchungsabteilung zu wechseln. Ein mehrmonatiger Lehrgang an einer Ausbildungseinrichtung der Staatssicherheit in Gransee vermittelte ihm Grundlagen des Strafrechts und der geheimpolizeilichen Ermittlungstätigkeit. Über ein mehrjähriges Fernstudium an der Juristischen Fachschule der Staatssicherheit in Potsdam-Eiche erwarb Hollwitz später den Abschluss eines »Fachschul-Juristen«. Er verblieb bis Ende der 1980er-Jahre in der regionalen Untersuchungsabteilung und stieg dort bis zum Referatsleiter im Range eines Majors auf. [46] Die geradezu idealtypische Karriere von Hollwitz stand für das damalige von der ostdeutschen Geheimpolizei angestrebte Ziel, ihren Personalnachwuchs in jungen Jahren einzustellen und langfristig zu professionell ausgebildeten und praktisch erfahrenen Kadern zu entwickeln.

Dass sich die zentral formulierte Kaderstrategie tatsächlich in der Region abbildete, vermittelt das Personaltableau der Potsdamer Untersuchungsabteilung im Jahr 1989. Damals gehörten die fünf Referatsleiter Geburtsjahrgängen an, die nicht mehr am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatten und bis auf eine Ausnahme in die DDR hineingeboren worden waren. Typisch waren ein Schulabschluss nach der 8. oder 10. Klasse, Berufsausbildungen (nicht selten mit Abitur), spätere Qualifikationen an Einrichtungen der Staatssicherheit, der Humboldt-Universität zu Berlin oder der Juristischen Fachschule in Potsdam. Der lange Karriereweg dieser Trägergeneration der Geheimpolizei in der »modernisierten Repressionsbürokratie« begann spätestens Mitte der 1970er-Jahre. Ihre Krönung fand diese Personalentwicklung in der Potsdamer Untersuchungsabteilung in der Person ihres langjährigen Leiters Helmut Lehmann.[47] Zur Verleihung des »Vaterländischen Verdienstordens in Bronze« hieß es über die von ihm geführte Potsdamer Untersuchungsabteilung Mitte der 1980er-Jahre, sie gehöre zu den DDR-weit leistungsstärksten, die regionale Kooperation mit anderen Diensteinheiten der Geheimpolizei ebenso wie mit der Kriminalpolizei und dem Zoll habe sich verbessert, zu den Justizorganen beim Bezirksstaatsanwalt, der Militärstaatsanwaltschaft und dem Kreisgericht bestünden enge Arbeitskontakte. Damit war gewissermaßen das poststalinistische Programm der SED-Geheimpolizei formuliert. Die Staatssicherheit strebte jetzt nach politisch zuverlässigen, fachlich qualifizierten und praktisch erfahrenen Kadern. Im Rahmen der staatlichen Sicherheitsarchitektur hatten sie die politischen Interessen der SED-Führung mittels institutioneller Kooperation und routinierter Verfahrensweisen durchzusetzen.[48]

Tatsächlich vermitteln die im Aktenapparat der Potsdamer Geheimpolizei seit Ende der 1970er-Jahre dokumentierten Arbeitsschritte und Handlungsabläufe den Eindruck institutioneller Kooperation und routinierter Verfahrensweisen – so auch das im Frühjahr 1979 gegen die vier jungen Männer wegen »Rowdytums« geführte Ermittlungsverfahren. Schon die äußere Form der Vernehmungsprotokolle, aber auch die in ihnen dokumentierten Inhalte stehen für diesen Befund. Die im Einzelfall bis zu neun Stunden dauernden Vernehmungen bildeten das zentrale Element der Ermittlungen. Über den Tathergang und die jeweiligen Tatbeteiligungen hinaus kreisten die Vernehmungen um die Zuordnung der vier Männer entlang idealtypischer Vorstellungen von »Normen der sozialistischen Gesellschaftsordnung«[49] beziehungsweise deren Gegenkonstruktion des »Rowdytums«. Deshalb interessierte sich Norbert Hollwitz für soziale Herkunft, Erziehung, Ausbildung und berufliche Karriere, Gesetzeskonflikte, Engagement in Gesellschaft und Politik, Freizeitverhalten oder auch West-Kontakte. Die jungen Männer einten nicht zu übersehende Gemeinsamkeiten hinsichtlich ihrer Parteilosigkeit und ihres politischen Desinteresses. Drei der vier waren ledig und kinderlos, sie gingen Berufen wie Maurer, Maler oder Busfahrer nach. Alle hatten am Tag ihrer Inhaftierung erhebliche Mengen Alkohol konsumiert. Einer berichtete dem Haftrichter von bis zu 15 Gläsern Bier plus einer Flasche Wein, die er getrunken habe und wovon er nach eigenem Erinnern »nur leicht angetrunken« gewesen war. Ein ärztliches Gutachten bescheinigte den Beteiligten eine Blutalkoholkonzentration von bis zu 2 Promille.[50] Die jungen Männer stammten alle aus der Region um Potsdam, sie unterschieden sich jedoch hinsichtlich ihrer Familiensituation, ihres gesellschaftlichen und beruflichen Engagements sowie vorausgegangener Gesetzeskonflikte. Damit lief die Fahndung der Staatssicherheit nach dem Idealtypus des »Rowdys« zumindest teilweise ins Leere. Einer der »Rowdys« entpuppte sich als »freiwilliger Helfer der Volkspolizei«.[51] Einen anderen priesen die Arbeitskollegen als beflissenen und unauffälligen Mitarbeiter. In einer abgeforderten Stellungnahme formulierten sie: »Die von ihm begangene rowdyhafte Handlung hätte ihm das Kollektiv [...] nie zugetraut.«[52] Von Beginn an wehrten sich auch die vier Delinquenten gegen die geheimpolizeiliche Fremdzuschreibung, »Rowdys« zu sein oder »Rowdytum« begangen zu haben.

Im Zuge der Ermittlungen wurden den Inhaftierten formale Rechte eingeräumt, die ihre Position in der Verfahrenspraxis jedoch keinesfalls stärkten. Dazu gehörten Widersprüche der Inhaftierten, die sie zur angeordneten Untersuchungshaft einlegten, die jedoch abschlägig beschieden wurden. Im konkreten Fall stand die Ablehnung der Widersprüche für eine spezifische Asymmetrie im Beziehungsverhältnis zwischen den Inhaftierten einerseits sowie der Kooperation aus Geheimpolizei, Staatsanwalt und Gericht andererseits. Die Spezifik dieses asymmetrischen Beziehungsverhältnisses prägte neben ungleichen Machtpositionen insbesondere ein unfaires juristisches Verfahren. Wegen fehlender Handhabe musste die Staatssicherheit zwei der vier Inhaftierten kurze Zeit später wieder aus der Untersuchungshaft entlassen. Seine Fortsetzung fand das asymmetrische Beziehungsverhältnis von Inhaftierten und geheimpolizeilichen Ermittlern in der Rücknahme zuvor beantragter Zeugenaussagen. Diese hatten die Inhaftierten zu ihrer Entlastung beantragt, verzichteten im Ergebnis stundenlanger Vernehmungen aber darauf – zum eigenen Nachteil. In solch raffinierten Vorgehensweisen und Verfahrenstricks, die oftmals schwer zu durchschauen und formal kaum zu beanstanden waren, und nicht mehr unbedingt in rücksichtsloser Gewalt zeigte sich Ende der 1970er-Jahre das interessengeleitete Handeln der Geheimpolizei.[53]

Die geheimpolizeiliche Praxis stand dabei im deutlichen Widerspruch zu plakativen Formulierungen des Leiters der Potsdamer Untersuchungsabteilung. Dieser etikettierte die damalige Politik von SED-Führung und DDR-Regierung im Rahmen einer Dienstkonferenz im Oktober 1978 mit »Weltoffenheit« und war der Meinung, geheimpolizeiliche Ermittlungen müssten auf »Fakten«, »Beweisen« und der »Wahrheit« beruhen. Beschuldigte dürften keine Nachteile erfahren und müssten sich nicht selbst belasten. Dabei gehörte es unverändert zur geheimpolizeilichen Auffassung, dass Ermittlungen und damit einhergehende Inhaftierungen durch die Staatssicherheit »in erster Linie eine politische Entscheidung« und keine juristische Angelegenheit darstellten. Ähnlich anderen Tätigkeitsfeldern der Staatssicherheit gestalteten sich ihre strafrechtlichen Ermittlungen Ende der 1970er-Jahre jedoch komplexer. Sie bestanden nicht mehr aus »bloße[r] Festnahme mit anschließendem Verhör und Haft«.[54] Eine solche Einschätzung bestätigen die Ausführungen des Potsdamer Abteilungsleiters: »War vor einigen Jahren die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens und die damit zwangsläufig verbundene Haftentlassung noch verpönt und eine große Schande für die Abteilung [...], so müssen wir heute, wenn wir mit der Entscheidung für eine Inhaftierung eine Fehleinschätzung getroffen haben, auch den Mut zur Korrektur haben, denn Rechtsverletzungen sind ›Geschenke auf dem Tisch des Gegners‹«.[55]

Im internen Kreis offen formuliert, verbargen sich dahinter die aus der Politik von SED-Führung und DDR-Regierung resultierenden Konsequenzen für die Geheimpolizei. Weitgehende internationale Anerkennung und zunehmende Einbindung in internationale Vertragswerke sowie streng reglementierte Öffnung gen Westen schufen neue Rahmenbedingen und neue Tätigkeitsfelder für die Staatssicherheit. In besonderer Weise schlug sich dies im Strafrechtsänderungsgesetz von 1977 nieder, das Regelungen aus den 1950er- und 1960er-Jahren wie das »Gesetz zum Schutz des Friedens« außer Kraft setzte, dafür aber das juristische Vorgehen beispielsweise gegen Fluchthelfer und Ausreiseantragsteller verschärfte. Innerhalb der Geheimpolizei war die zu Jahresbeginn 1976 formulierte Richtlinie zur »Entwicklung und Bearbeitung von Operativen Vorgängen« samt der darin enthaltenen Strategie der »Zersetzung« von Menschen und zwischenmenschlichen Beziehungen eine Zuspitzung dieser Entwicklung.[56] Die allgemeine Praxis brutaler Gewalt in der Untersuchungshaft der Gründerjahre wich zunehmend einer differenzierten und raffinierten politischen Repression – der »weißen Folter«.[57]

Anders als noch in den 1950er-Jahren legte die Staatssicherheit Ende der 1970er-Jahre ihr Augenmerk mehr als zuvor auf den Arbeitsplatz als sozialen Nahbereich derjenigen Personen, gegen die sie strafrechtlich ermittelte. Auf spezifische Art und Weise zeigte sich darin die Bedeutung von Arbeit und Arbeitsorten als »Vergesellschaftungskerne« der ostdeutschen Gesellschaft.[58] Zum einen kategorisierte die Geheimpolizei in »arbeitsame« Personen, »Arbeitsbummelei«, »gute fachliche Arbeit« sowie Verhaltensweisen wie »kameradschaftlich« und »hilfsbereit«.[59] An den Arbeitsplätzen selbst organisierte die Staatssicherheit Aussprachen zu den inhaftierten Personen. Für die Geheimpolizei erfüllten diese Veranstaltungen verschiedene Funktionen, wie z. B. Informationsgewinnung, Meinungsbildung, Disziplinierung und Erziehung ebenso wie Simulation von Partizipation und Transparenz. Überhaupt erfuhr »Erziehung« in den 1970er-Jahren einen neuen Stellenwert im strafrechtlichen Verfahren, nachdem 1968 ein neues Regelwerk aus Strafgesetzbuch, Strafprozessordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz sowie Ordnungswidrigkeitsgesetz in Kraft getreten war.[60] Nicht zuletzt ging es der Geheimpolizei in den Veranstaltungen am Arbeitsplatz um das Placet der Kolleginnen und Kollegen für die juristische Bestrafung und die soziale Markierung der Delinquenten.[61]

Einen der vier im Frühjahr 1979 inhaftierten Männer begleitete die Staatssicherheit dann auch bis in den Betrieb. Dort berichtete Norbert Hollwitz gegenüber Betriebsleitung, SED-Parteileitung, Gewerkschaftsleitung und Arbeitskollegen von seinen zurückliegenden Ermittlungen. Wie in einem ritualisierten Schauspiel verurteilten die übrigen Anwesenden den Vorgeführten und verlangten seine Bestrafung. Aufschlussreich für den sozialen Nahbereich im Betrieb war, dass die durchweg parteilosen Kolleginnen und Kollegen sich erwartungsgemäß empörten – aber dem menschlich und fachlich geschätzten Kollegen mit ihrer interessengeleiteten Imitation von staatssozialistischer Sprache und Verhaltensweisen eine Brücke zurück an den Arbeitsplatz bauten. Geheimpolizei, Betriebsleitung und Parteileitung ihrerseits unternahmen die soziale Markierung des Delinquenten und benannten ihn für den anstehenden »Kampf um den Titel ›Kollektiv der sozialistischen Arbeit‹« als »Erziehungsschwerpunkt«. Dem mutmaßlichen Gesetzesbrecher blieb lediglich übrig, vor den versammelten Arbeitskollegen »Selbstkritik« zu üben und einzugestehen, an Christi Himmelfahrt 1979 mit den falschen Leuten das Falsche getan zu haben. Für seine Rehabilitation versprach er, sich künftig konform zu verhalten.[62]

Zuletzt ließ die Geheimpolizei den Vorwurf des »Rowdytums« gegenüber zwei der verhafteten vier jungen Männer fallen, um sie stattdessen der »Beschädigung sozialistischen Eigentums« beziehungsweise der »Beleidigung« und »Verleumdung« zu verdächtigen. Laut DDR-Strafgesetzbuch drohten dafür Geldstrafen und bis zu zwei Jahre Haft, also deutlich geringere Strafen als bei einer Verurteilung wegen »Rowdytums«.[63] Nach knapp einmonatiger Untersuchungshaft kamen die beiden Männer, wie schon dargestellt, frei.[64] Während der Staatsanwalt die Ermittlungen gegen einen von ihnen ganz einstellte,[65] inhaftierte die Staatssicherheit den anderen Mann wenige Wochen später erneut. Der Hintergrund war pikant: Im privaten Kreis hatte der Mann verbreitet, mehrere Geheimpolizisten hätten ihn mit Gewalt zur Aussage gezwungen. Zwar pflegte die Staatssicherheit Ende der 1970er-Jahre weiterhin derartige Mystifikationen, allgegenwärtig und allwissend zu sein, hatte aber noch weniger als in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre ein Interesse daran, als eine Institution zu gelten, die mit rücksichtsloser Gewalt vorging. Ganz gleich, ob als »Instrument des ›bürokratischen Terrors‹« in der frühen Transformationsphase der DDR oder später als »modernisierte Repressionsbürokratie« in der »sozialistischen Gesellschaft« – eines behielt sich die Staatssicherheit vor: rigoros einzugreifen, wenn sie ihre Interessen verletzt sah. Daher leitete sie gegen den Betroffenen neue Ermittlungen samt Untersuchungshaft ein, diesmal wegen »Staatsverleumdung«.[66] Das Kreisgericht Potsdam-Stadt verurteilte den jungen Mann letztlich wegen »Rowdytums« und »Staatsverleumdung« zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten.[67] Die zwei anderen immer noch in Haft befindlichen Männer wurden vom selben Gericht wegen »Rowdytums« zu Freiheitsstrafen bis zu 20 Monaten verurteilt.[68]

III. Fazit

Unterschiedliche politische Vorgaben und zunehmend komplexer werdende Rahmenbedingungen setzten das hauptamtliche Personal der Staatssicherheit unter erheblichen Anpassungs- und Leistungsdruck. Die Geheimpolizisten agierten stets im Kontext nicht zu unterschätzender Handlungs- und Rechtfertigungszwänge. Für Richter, Staatsanwälte und Polizisten hat die DDR-Forschung das bereits beschrieben.[69] Unterschiedliche Lockerungen und neuerliche Zuspitzungen in der politischen Strafverfolgung verunsicherten aber auch Geheimpolizisten. Als Ausdruck ihres asymmetrischen Beziehungsverhältnisses wusste die große Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung in der Regel nicht um die Bedrängnis, in die das hauptamtliche Personal der Staatssicherheit durch sich wandelnde politische Vorgaben und rechtliche Rahmenbedingungen geriet. Den generellen Trendverlauf gab dabei die SED-Führung vor: die Abkehr von rücksichtsloser Gewalt zur Durchsetzung ihres Herrschaftsprogramms während der Transformationsphase in der frühen DDR und die Hinwendung im Zuge allgemeiner sozialistischer Modernisierungsbemühungen zu effizienteren Herrschaftsmethoden, die sowohl gegenüber der eigenen Bevölkerung als auch nach außen einen Wandel kommunizieren und ein Arrangement offerieren sollten. Im Zuge dessen wurde »Gewalt« tendenziell durch »Vertrauen« beziehungsweise wurde »Strafe« tendenziell durch »Erziehung« ersetzt. Der Wandel der Herrschaft blieb nicht folgenlos. Bis Ende der 1970er-Jahre erfuhr die SED-Führung Zuspruch aus der Bevölkerung wie niemals zuvor – und später nie wieder.[70]

Diese Entwicklung war weder geradlinig noch vorhersehbar. Mehrere liberale Phasen und Konjunkturen politischer Repression wechselten einander ab. Dieser Verlauf schien weder zwangsläufig noch unumkehrbar. Im Bezirk Potsdam zeigte sich das am Anstieg der Gefangenenzahlen der Staatssicherheit im Laufe politischer Zuspitzungen: nach dem Prager Frühling im Sommer 1968, nach der Ausbürgerung von Wolf Biermann im November 1976, als Reaktion auf die Ausreisebewegung und das Entstehen von Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre sowie im Revolutionsjahr 1989. Auf die eskalierende Ausreise- und Fluchtbewegung sowie die einsetzende öffentliche Protestbewegung reagierte die Potsdamer Staatssicherheit zuletzt mit der Inhaftierung von mehr als 250 Frauen und Männern zwischen Januar und Oktober 1989 – die höchste Zahl seit 1954.[71]

Die Staatssicherheit passte die Struktur ihres hauptamtlichen Personals an die Entwicklungen ab Mitte der 1950er-Jahre durch Professionalisierung und Entlassung des vorhandenen sowie Anwerbung neuen Personals an. Für die Gründergeneration der Geheimpolizei mit Erfahrungen von Krieg, Niederlage, Gefangenschaft und Besatzung war ihre geringe Professionalität zu Beginn kein Nachteil. Sie zeichnete sich durch rücksichtslose Gewalt und politische Loyalität aus, um die SED-Herrschaft innerhalb kürzester Zeit zu etablieren. Hinzu kamen eigene Interessen der Geheimpolizisten, wie ein sicheres Einkommen oder eine vergleichsweise komfortable Wohnung, die ihre praktische Bedeutung vor dem Hintergrund der allgemeinen Lebensumstände Anfang der 1950er-Jahre erlangten. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung ihrer inneren Überzeugung, nunmehr auf der Seite historischer Gesetzmäßigkeiten und Sieger zu stehen, die passende Antworten auf grundsätzliche Fragen und wirkungsvolle Reaktionen gegenüber Gegnern anzubieten schienen.[72] Die spätere Trägergeneration im hauptamtlichen Personal der Staatssicherheit zeichnete andere Eigenschaften aus. Dazu gehörten in zunehmendem Maße eine professionelle Ausbildung und die Anhäufung von praktischem Erfahrungswissen. Sie bildeten die Grundlage für den Kern geheimpolizeilicher Tätigkeiten in der »modernisierten Repressionsbürokratie« der 1970er-Jahre: routinierte Verfahrensweisen und institutionelle Kooperation. Im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Ermittlungen als Kernbereich im Aufgabenfeld der Staatssicherheit trat das beispielhaft hervor. Gleichwohl mag diese Einschätzung für die ostdeutsche Geheimpolizei insgesamt gelten.

Schließlich verweisen die hier geschilderten Fallbeispiele auf ein allgemeines Merkmal politischer Repression, das auch für den Spezialfall geheimpolizeilicher Ermittlungsverfahren in der DDR gilt. Demnach umfasst politische Repression verschiedene Dimensionen: einerseits die Kriminalisierung politischen Verhaltens, andererseits die Politisierung kriminellen Verhaltens. Die beiden hier untersuchten Fälle sind der zuletzt genannten Dimension zuzuordnen und weisen einen unübersehbaren Bezug zu gewalttätiger Delinquenz auf. Für das hauptamtliche Personal der Staatssicherheit bedeutete eine solche analytische Unterscheidung von politischer Repression wohl kaum eine Herausforderung. In ihrer beruflichen Praxis ging es den Geheimpolizisten nicht um das Unterscheiden von kriminalisiertem oder politisiertem Verhalten. Ihr Generalauftrag lautete in jedem Fall die Sicherung der SED-Herrschaft. Auf dem Weg dahin wandelte sich allenfalls die Strategie vom »Modus der Gewalt« zum »Modus des Vertrauens«. Mehr als auf das Disziplinieren und Bestrafen der frühen 1950er-Jahre setzte die Staatssicherheit dabei in den 1970er-Jahren auf Arrangement und Erziehung.[73]

 


[1] Zum hier zugrunde liegenden gesellschaftsgeschichtlichen Erklärungsmodell der »Diktatur der Grenzen« siehe Thomas Lindenberger: Die Diktatur der Grenzen. Zur Einleitung, in: ders. (Hg.): Herrschaft und Eigen-Sinn in der Diktatur. Studien zur Gesellschaftsgeschichte der DDR, Köln u. a. 1999, S. 13–44.

[2] Jens Gieseke: Deutsche Demokratische Republik, in: Lukasz Kaminski/Krzysztof Persak/Jens Gieseke (Hg.): Handbuch der kommunistischen Geheimdienste in Osteuropa 1944–1991, Göttingen 2009, S. 199–264, hier S. 222.

[3] Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt 1950–1989/90, Berlin 2000, S. 223 und 320–353.

[4] Siehe Strafanzeige v. 18. 9. 1956, Bundesarchiv (im Folgenden: BArch), Ministerium für Staatssicherheit (im Folgenden: MfS), BV Potsdam, AU 3/57, Bd. 1, Bl. 13. Vernehmung v. 25.9.1956, Ebd., Bl. 30–34. Spitzenmeldung v. 18.9.1956, ebd., Bl. 177.

[5] Siehe Strafanzeige v. 18.9.1956, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 3/57, Bd. 1, Bl. 13. Haftbefehl v. 19.9.1956, ebd., Bl. 14. Vernehmung v. 25.9.1956, ebd., Bl. 30–34. Aktennotiz, o. Dat., ebd., Bl. 112. Spitzenmeldung v. 18.9.1956, ebd., Bl. 177.

[6] Vernehmung eines Beschuldigten v. 18.9.1956, ebd., Bl. 27–29, hier Bl. 28 f.

[7] Ebd., Bl. 27–29.

[8] Vernehmung v. 25.9.1956, ebd., Bl. 30–34. Vernehmung v. 1.10.1956, ebd., Bl. 35–38.

[9] Siehe Haftbefehl v. 19.9.1956, ebd., Bl. 14. Vernehmung v. 25.9.1956, ebd., Bl. 30–34, hier Bl. 31. Beschluss v. 29.9.1956, ebd., Bl. 114. Sachstandsbericht v. 28.9.1956, ebd., Bl. 207–211.

[10] Siehe Johannes Raschka: Justizpolitik im SED-Staat. Anpassung und Wandel des Strafrechts während der Amtszeit Honeckers, Köln 2000, S. 25.

[11] Haftbeschluss v. 24.9.1956, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 3/57, Bd. 1, Bl. 11.

[12] Untersuchungsplan, o. Dat., ebd., Bl. 5.

[13] Vorschlag zur Entlassung v. 30.7.1963, BArch, MfS, Diszi, Nr. 6834/92, Bl. 164–168, hier Bl. 166.

[14] Kaderkarte H. M., BArch, MfS, HA KuSch, AKG-KA. Vermerk v. 8.11.1962, BArch, MfS, Diszi, Nr. 6834/92, Bl. 112. Vorschlag zur Entlassung v. 30.7.1963, ebd., Bl. 164–168.

[15] Jens Gieseke: Abweichendes Verhalten in der totalen Institution. Delinquenz und Disziplinierung der hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter in der Ära Honecker, in: Roger Engelmann/Clemens Vollnhals (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspraxis und Staatssicherheit in der DDR, Berlin 1999, S. 531–553, hier S. 532.

[16] Siehe Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit (Anm. 3), S. 126 ff.

[17] Siehe Auskunft, o. Dat., BArch, MfS, BV Potsdam, KS II, Nr. 502/89, Bd. 1, Bl. 7–17. Straftenor v. 27.10.1954, ebd., Bd. 2, Bl. 7. Bericht v. 2.11.1954, ebd., Bl. 8 f.

[18] Siehe Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit (Anm. 3), S. 172–208.

[19] Ebd., S. 242 f.

[20] Siehe Vernehmung v. 1.10.1956, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 3/57, Bd. 1, Bl. 35–38. Vernehmung v. 3.10.1956, ebd., Bl. 39 f.

[21] Zusätzliche Ermittlungen v. 1.10.1956, ebd., Bl. 98.

[22] Schlussbericht v. 11.10.1956, ebd., Bl. 213–220.

[23] Roger Engelmann/Frank Joestel: Hauptabteilung IX – Untersuchung, Anatomie der Staatssicherheit, MfS-Handbuch, Berlin 2016, S. 67–81. Jens Gieseke: Psychologisches Wissen in der Verfolgungspraxis der DDR-Staatssicherheit – ein historischer Überblick, in: Andreas Maercker/Jens Gieseke (Hg.): Psychologie als Instrument der SED-Diktatur. Theorien – Praktiken – Akteure – Opfer, Bern 2021, S. 37–56, hier S. 38–41. Gieseke: Deutsche Demokratische Republik (Anm. 2), S. 218, 223.

[24] Siehe Diskussion zur Dienstbesprechung am 15.8.1957 v. 20.8.1957, BArch, MfS, BV Potsdam, Allg. S., Nr. 3/60, Bd. 1, Bl. 101–103. Protokoll der Parteiaktivtagung vom 3.3.1958, ebd., Bd. 2, Bl. 24–61.

[25] Siehe Roger Engelmann: Staatssicherheitsjustiz im Aufbau. Zur Entwicklung geheimpolizeilicher und justitieller Strukturen im Bereich der politischen Strafverfolgung, in: Engelmann/Vollnhals: Justiz im Dienste der Parteiherrschaft (Anm. 15), S. 133–164, hier S. 135 f. Auch Clemens Vollnhals: »Die Macht ist das Allererste«. Staatssicherheit und Justiz in der Ära Honecker, in: ebd., S. 227–271, hier 245 f.

[26] Siehe Bericht v. 28.3.1953, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 127/53, Bd. 1, Bl. 52 f. Verpflichtung v. 14.4.1953, ebd., Bl. 54.

[27] Siehe Zentrale Dienstbesprechung am 5.10.1955, o. Dat., BArch, MfS, BV Potsdam, AS 102/66, Bl. 225–254.

[28] Siehe Engelmann: Staatssicherheitsjustiz im Aufbau (Anm. 25), S. 145–150.

[29] Protokoll v. 20.1.1959, BArch, MfS, AS, Nr. 95/66, Bd. 1, Bl. 264–277, hier Bl. 268.

[30] Ebd., hier Bl. 275.

[31] Ebd., hier Bl. 264.

[32] Siehe Henrik Bispinck: Einleitung 1956, in: ders. (bearbeitet): Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED-Führung 1956, Berlin 2016, S. 12–57. Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit (Anm. 3), S. 216–222; ders.: The Future of Torture and »Wet Jobs« after Stalin. Stasi Discourses on the Legitimacy of Violent Practices (unpublished paper), o. Dat., 16 Seiten, hier S. 5; Raschka: Justizpolitik im SED-Staat (Anm. 10), S. 35.

[33] Protokoll v. 20.1.1959, BArch, MfS, AS, Nr. 95/66, Bd. 1, Bl. 264–277, hier Bl. 273.

[34] Ebd., hier Bl. 274.

[35] Siehe Protokoll der Parteiaktivtagung vom 3.3.1958, BArch, MfS, BV Potsdam, Allg. S., Nr. 3/60, Bd. 2, Bl. 24–61, hier Bl. 38 f.

[36] Siehe Gieseke: Deutsche Demokratische Republik (Anm. 2), S. 201–208 und 216–227.

[37] Dietrich Staritz: Geschichte der DDR 1949–1990. Frankfurt a. M. 1996, S. 196. Zit. nach Elke Stadelmann-Wenz: Widerständiges Verhalten und Herrschaftspraxis in der DDR. Vom Mauerbau bis zum Ende der Ulbricht-Ära, Paderborn u. a. 2009, S. 21.

[38] Eingabe v. 26.5.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 18 f., hier Bl. 18.

[39] Siehe Vernehmungsprotokoll v. 26.5.1979, ebd., Bl. 54–58. Vernehmungsprotokoll v. 6.6.1979, ebd., Bl. 59–63. Vernehmungsprotokoll v. 6.6.1979, ebd., Bl. 69–73. Vernehmungsprotokoll v. 6.6.1979, ebd., Bl. 82–86. Bericht v. 7.6.1979, ebd., Bd. 2, Bl. 58–63. Vorschlag v. 24.5.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 12. Erstmeldung v. 26.5.1979, ebd., Bl. 20–24. Bericht v. 25.5.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 120–123.

[40] Siehe Einlieferungsanzeige v. 25.5.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 12–13. Antrag v. 26.5.1979, ebd., Bl. 14. Haftbefehl v. 26.5.1979, ebd., Bl. 15. Einlieferungsanzeige v. 25.5.1979, ebd., Bd. 2, Bl. 11 f. Hafteinlieferung v. 24.5.1979, ebd., Bl. 13.

[41] Siehe Raschka: Justizpolitik im SED-Staat (Anm. 10), S. 13 ff, 35–39, 43–45.

[42] Siehe Beschluss v. 30.5.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 7 f. Eingabe v. 26.5.1979, ebd., Bl. 18 f. Erstmeldung v. 26.5.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 20–24. Ergänzende Information v. 10.6.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 118 f.

[43] Zu den Ermittlungsverfahren und Untersuchungshäftlingen der Bezirksverwaltung Potsdam der Staatssicherheit 1979: BArch, MfS, BV Potsdam, Abt. IX, Kartei C 1/F 18.

[44] Siehe Auswertung der Kriminalstatistik des Bezirkes Potsdam [...] im Jahre 1988 und Vergleich der Jahre 1979 bis 1987 v. 13.2.1989, BLHA, Rep. 471, Nr. 465, o. Pag. Siehe auch Sebastian Stude: Neben der Gesellschaft. »Rowdys« und »Rowdytum« in Potsdam 1968–1989, in: Jörg Baberowski/Robert Kindler/Stefan Donth (Hg.): Disziplinieren und Strafen. Dimensionen politischer Repression in der DDR, Frankfurt a. M. 2021, S. 45–67.

[45] Siehe Beschluss v. 30.5.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 7 f.

[46] Siehe Kaderkartei N. H., BArch, MfS, HA KuSch, AKG-KA. Beurteilung v. 12.6.1973, BArch, MfS, BV Potsdam, Abt. KuSch, Nr. 2045, Bl. 67 f. Vorschlag v. 19.9.1977, ebd., Bl. 75. Zeugnis v. 1.3.1979, ebd., Bl. 82–84.

[47] Siehe Helmut Lehmann/Horst Kleeßen: Zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen der Untersuchungsabteilung und anderen Diensteinheiten des Ministeriums für Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Delikten staatsfeindlicher Hetze, Potsdam 1971, BArch, MfS, JHS, MF, Nr. 3194.

[48] Siehe Kaderkartei H. L., BArch, MfS, HA KuSch, AKG-KA.

[49] Schlussbericht v. 17.7.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 3, Bl. 127–137, hier Bl. 132.

[50] Siehe Vernehmung v. 26.5.1979, Ebd., Bd. 1, Bl. 16 f. Schlussbericht v. 17.7.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 127–137, hier Bl. 133.

[51] Vernehmungsprotokoll v. 13.6.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 42–52. Vernehmungsprotokoll v. 5.7.1979, ebd., Bd. 2, Bl. 28–32. Vernehmungsprotokoll v. 31.5.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 59–70. Vernehmungsprotokoll v. 6.6.1979, ebd., Bd. 4, Bl. 50–58.

[52] Kollektivbeurteilung v. 22.6.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 3, Bl. 51 f., hier Bl. 52.

[53] Siehe Eingabe v. 26.5.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 18 f. Beschluss v. 6.6.1979, ebd., Bl. 20 f. Erklärung v. 18.6.1979, ebd., Bl. 68. Beschluss v. 6.6.1979, ebd., Bd. 4, Bl. 19 f.

[54] Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit (Anm. 3), S. 313.

[55] Diskussionsbeitrag [...] am 25.10.1978 v. 28.10.1978, BArch, MfS, BV Pdm, AKG, Nr. 666, Bl. 220–226, hier Bl. 223.

[56] Richtlinie 1/76 zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge (OV) v. Januar 1976, abgedruckt in: Roger Engelmann/Frank Joestel (Bearbeiter): Grundsatzdokumente des MfS, Anatomie der Staatssicherheit. Geschichte, Struktur und Methoden. MfS-Handbuch, Bd. V/5, Berlin 2010 (faksimilierter Nachdruck), S. 245–298. Sowie Vollnhals: »Die Macht ist das Allererste« (Anm. 25), S. 229 ff. u. 264–268; Johannes Raschka: Die Entwicklung des politischen Strafrechts im ersten Jahrzehnt der Amtszeit Honeckers, in: Engelmann/Vollnhals, Justiz im Dienste der Parteiherrschaft (Anm. 15), S. 273–302; Raschka: Justizpolitik im SED-Staat (Anm. 10), S. 89–124; Gieseke: Deutsche Demokratische Republik (Anm. 2), S. 219 f. und 228 f.

[57] Gieseke: Psychologisches Wissen (Anm. 23), S. 44.

[58] Martin Kohli: Die DDR als Arbeitsgesellschaft? Arbeit, Lebenslauf und soziale Differenzierung, in: Hartmut Kaelble/Jürgen Kocka/Hartmut Zwahr (Hg.): Sozialgeschichte der DDR, Stuttgart 1994, S. 31–61.

[59] Schlussbericht v. 17.7.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 3, Bl. 127–137.

[60] Siehe Raschka: Justizpolitik im SED-Staat (Anm. 10), S. 43 ff.

[61] Siehe Protokoll v. 6.7.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 2, Bl. 33 f. Kollektivbeurteilung v. 22.6.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 51 f.

[62] Siehe Aktenvermerk v. 21.6.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 4, Bl. 66 f.

[63] Erklärung v. 20.6.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 11.

[64] Siehe Aktenvermerk v. 21.6.1979, ebd., Bl. 99. Meldung v. 20.7.1979, ebd., Bl. 101. Aktenvermerk v. 21.6.1979, ebd., Bd. 4, Bl. 66 f.

[65] Siehe Erklärung v. 20.6.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 4, Bl. 10. Erklärung v. 15.8.1979, ebd., Bl. 68.

[66] Verfügung v. 24.7.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 1, Bl. 102 f. Einlieferungsanzeige v. 24.7.1979, ebd., Bl. 104 f. Antrag v. 24.7.1979, ebd., Bl. 106. Haftbefehl v. 24.7.1979, ebd., Bl. 107.

[67] Meldung v. 15.8.1979, ebd., Bl. 131.

[68] Siehe Meldung v. 15.8.1979, BArch, MfS, BV Potsdam, AU 1292/80, Bd. 2, Bl. 70. Meldung v. 15.8.1979, ebd., Bd. 3, Bl. 141.

[69] Siehe Falco Werkentin: Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht, Berlin 1995, S. 352–358.

[70] Siehe Ulrich Mählert: Kleine Geschichte der DDR, München 1998, S. 98–132.

[71] Siehe Kartei zu den Ermittlungsverfahren der Stasi-Bezirksverwaltung Potsdam 1950–89, BArch, MfS, BV Potsdam, Abt. IX, Kartei C 1/F 18 sowie ebd., Nr. 290, Bd. 14.

[72] Siehe Ulrich Herbert: Weltanschauungseliten. Radikales Ordnungsdenken und die Dynamik der Gewalt, in: Christian Marx/Morten Reitmayer (Hg.): Die offene Moderne – Gesellschaften im 20. Jahrhundert. Festschrift für Lutz Raphael zum 65. Geburtstag, Göttingen 2020, S. 214–227, hier S. 219 f.

[73] Gieseke: Psychologisches Wissen (Anm. 23).

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