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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Bauer, Leo

* 18.12.1912 ✝ 18.9.1972

Geb. in Skalat (b. Tarnopol, Ostgalizien, Österr.-Ungarn/Ukraine) in einer jüd. Familie; Vater Uhrmacher u. Goldwarenhändler (alle Angehörigen wurden später in dt. Vernichtungslagern ermordet); 1914 nach Pogromen Flucht der Fam. nach Sachsen; aufgew. in Chemnitz, dort 1919-30 Realschule u. Gymnasium; 1925 dt. Staatsangehörigkeit; 1927 SAJ, 1928 SPD, 1930 Übersiedl. nach Berlin, dort 1930/31 Privatunterricht, 1932 Abitur; 1931 SAP u. ab 1932 KPD; als Werkstudent 1932/33 Studium der Rechtswiss. u. Nat.-Ökon. an der Univ. Berlin, aus »rass. Gründen« relegiert; 1932/33 Mitarb. der Abwehr des M-Apparates der KPD (»Rudi«); März – Juni 1933 kurzz. inhaftiert; anschl. weiter für den M-Apparat tätig; Dez. 1933 Emigr. nach Prag, Febr. 1934 nach Paris (»Plau«); hier aktiv in den »Freundeskreisen der dt. Volksfront«, ab 1935 in der Flüchtlingsarbeit; ab 1936 Sekr. der »Zentralvereinigung der dt. Emigr.« (ZVE); 1936 – 39 Beigeordneter Sekr. beim Völkerbund-Hochkommissar für Flüchtlinge aus Dtl. in Paris, 1938/39 in Prag (»Rudolf Katz«), maßgebl. beteiligt an der Evakuierungsaktion von KPD-Kadern nach Großbritannien; Sept. 1939 in Paris verhaftet, in versch. Lagern interniert u. zus. mit  Paul Bertz im Juli 1940 in die Schweiz geflohen; Vertrauensmann der KPD für die Westschweiz, Grenzarbeit nach Frankreich; lebte illeg. unter der Identität eines Bankangest. in Genf (»Paul-Eric Perret«); Sept. 1942 Kontakte zum Office of Strategic Services (OSS) der USA (durch Noel H. Field); Okt. 1942 in Genf unter Spionageverdacht verhaftet; Okt. 1943 wg. Fälschung v. Ausweisen, nachrichtendienstl. Tätigkeit, Verletzung d. Neutralität der Schweiz u. kommunist. Betätigung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt; in Genf u. im Internierungslager Bascourt inhaftiert; Mai 1944 vorzeitige Entlassung auf Bewährung; ab Juni 1944 Mitarb. der Bew. »Freies Dtl.« u. deren Ltr. in der Region Westschweiz, Verbindungsmann zur illeg. Partei der Arbeit der Schweiz; Sekr. der KP-nahen Hilfsorg. Centrale Sanitaire Suisse (»Erwin Zoller«).

Juli 1945 Rückkehr nach Dtl.; Beauftragter des Centrale Sanitaire Suisse in Frankfurt (Main); ab 1945 geheimer Mitarb. eines sowj. Nachrichtendienstes; 1945/46 freier Mitarb. der »Frankfurter Rundschau«; 1945 – 49 Mitgl. des Sekr. der KPD-LL Hessen; 1946 Migl. des Beratenden Landesaussch. u. der verfassungsberatenden Versamml. Groß-Hessen, 1946 – 48 Abg. im Hess. Landtag, KPD-Fraktionsvors., Vizepräs. des Hess. Landtags; 1946/47 Hrsg. der KPD-Ztschr. »Wissen u. Tat«; 1947 Verkehrsunfall u. bis 1949 Krankenhausaufenthalt in der SBZ; 1949/50 Chefred. des Dtl.-Senders; 23.8.1950 wegen Verbindungen zu Noel H. Field u. angebl. umfangr. Hilfe für den »Klassenfeind« aus der SED ausgeschl. u. zus. mit seiner Ehefrau vom MfS verhaftet; Haft in den MfS-U-Haftanstalten Schumannstr. (Friedrich-Karl-Bunker) u. Berlin-Hohenschönhausen sowie ab Aug. 1951 im MGB-Gefängnis in Berlin-Karlshorst, Folterungen durch dt. u. sowj. Vernehmer; Dez. 1952 zus. mit Erica Glaser vom sowj. Militärgericht in Berlin-Lichtenberg als »amerik. Spion« zum Tode verurteilt; Jan. 1953 in die UdSSR deportiert u. wartete dort in einer Todeszelle auf seine Hinrichtung; Juni 1953 begnadigt zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Sibirien; Haft im Straflager Taischet, im Lager 013 b. Bratsk u. ab Nov. 1954 im Krankenlager Vichorevka; Okt. 1955 in die Bundesrep. Dtl. entlassen (aufgrund der dt.-sowj. Vereinbarung über Gefangenenrückführung); Herbst/Winter 1955/56 CIA-Befragungen; lebte in Frankfurt (Main), pol. Bildungsarbeit; 1956 SPD; 1957/58 Mitarb. der Illustrierten »Quick«; 1959 – 61 freier Mitarb, ab 1961 sozialpol. Red. des »Stern«; gehörte ab Mitte der 1960er Jahre zum Beraterkrs. von Willy Brandt; ab 1967 Gesprächsführer im geheimen Dialog zw. SPD u. KPI in Rom; 1968 – 72 Chefred. der SPD-Ztschr. »Die Neue Ges.«; ab 1969 polit. Mitarb. im Bundeskanzleramt, außenpolit. Berater des Bundeskanzlers Willy Brandt in Fragen der Ost- u. Dtl.-Politik; schwere Erkrankung (Haftfolgeschäden), gest. in Bonn.

»Die Partei hat immer recht.« Bemerkungen zum geplanten dt. Rajk-Prozeß. In: Das Parlament vom 4.7.1956; Autobiogr. Beitrag. In: Krüger, H. (Hrsg.): Das Ende einer Utopie. Hingabe u. Selbstbefreiung früherer Kommunisten. Olten 1963; Perspektiven im Übergang zu den 70er Jahren (mit Horst Ehmke). Bonn 1968; Gespräche. Vorw. von Herbert Wehner. Bonn 1973. Lewis, F.: Bauer im Roten Spiel. Das Leben des Noel H. Field. Berlin, Frankfurt (Main) 1965; Brandt, P. u. a.: Karrieren eines Außenseiters: L. B. zwischen Kommunismus u. Sozialdemokratie 1912 – 1972. Bonn 1983; Hodos, G. H.: Schauprozesse. Frankfurt (Main) 1988; Kießling, W.: Partner im »Narrenparadies«. Berlin 1994; Barth, B.-R., Schweizer, W. (Hrsg.): Der Fall Noel Field. 2 Bde. Berlin 2005 u. 2007.

Karin Hartewig / Bernd-Rainer Barth

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten