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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Boulanger, Jakob

* 8.1.1897 ✝ 16.3.1968

Geb. in Köln; Vater Schuhmacher; Volksschule; 1912 – 15 Ausbildung zum Kunstschmied; 1915 Mitgl. des DMV; 1916 – 18 Militärdienst; 1917 an Verbrüderungsakt. mit russ. Soldaten beteiligt; Nov. 1918 USPD, dann Spartakusbund in Nürnberg, 1920 VKPD; Betriebsratsvors.; 1923 Teiln. an bewaffneten Kämpfen gegen Separatisten im Rheinl.; 1924/25 Besuch der »Spezialschule«/ M-Schule in Moskau, Teiln. am 2. Lehrgang zur Ausbildung von Militärkadern für den »bewaffneten Aufstand« (zus. mit  Richard Stahlmann, Gustav König, Klaus Überbrück u. a.); 1925 Schmied in einem Moskauer Apparatewerk; 1926 – 33 hauptamtl. KPD-Funktionär in Köln u. Mitarb. im M-Apparat; ab 1927 RFB-Gaultr. Mittelrhein u. Org.-Sekr. des KPD-UB Mittelrhein; 1927 – 33 Pol.-Ltr. der KPD-BL Nordbayern; 1932 / 33 Abg. der KPD im bayr. Landtag; ab 1933 illeg. pol. Arbeit, kurzz. Pol.-Ltr. in Thür. (»Ewald Rüdiger«); Juli 1933 verhaftet u. 1935 vom VGH wegen »Vorber. zum Hochverrat« zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt; 1935 u. 1946 Haft im Zuchthaus Amberg (Bayern), 1936 – 39 KZ Dachau (Einzelhaft), 1939 –42 KZ Buchenwald (Einzelhaft) u. 1942 – 45 KZ Mauthausen, dort Mitgl. der illeg. KPD-Lagerltg. u. stellv. Ltr. des Hauptmagazins; Teiln. am bewaffneten Häflingsaufstand.

1945 Mitaufbau der KPÖ in Wien, Kurier zwischen KPD u. KPÖ; ab 1945 Mitgl. im Aussch. für Wirtschaftsfragen der KPD in Berlin; 1946/47 Vizepräs. der Dt. ZV für Industrie (DZVI), gerügt; Nov. 1947 Absetzung wg. »grober Verfehlung in seinem persönl. Verhalten im Amte«; 1948/49 Kulturdir., dann Dir. des Stahl- u. Walzwerk Hennigsdorf; 1949 – 51 Kulturdir., später Werkltr. des VEB Lowa Lokomotivbau »Karl-Marx« Babelsberg, SED-Betriebsgr. fordert erfolgr. seine Ablösung; 1950 KPS; 1951 – 56 Werkltr. im VEB Straßenbahn- u. Waggonreparatur Berlin-Johannisthal; 1956 Ing.-Examen; 1956 – 63 GD des VEH DIA bzw. AHB Invest-Export; 1957 VVO; danach Mitarb. im FDGB-BV; 1965 Medaille für vorbildlichen Grenzdienst; 1967 VVO; gest. in Berlin.

Eine Ziffer über dem Herzen. Erlebnisbericht aus 12 Jahren Haft. Aufgezeichn. von M. Tschesno-Hell. Berlin 1957.

Bernd-Rainer Barth

Handbuch Deutsche Kommunisten

Boulanger, Jakob

* 8.1.1897 ✝ 16.3.1968

Geboren am 8. Januar 1897 in Köln, durchlebte eine schwere Kindheit; nach dem frühen Tod des Vaters mußte die Mutter ihn und vier Geschwister allein ernähren. Nach der Schulentlassung arbeitete er zunächst als Schleifer in einer Aluminiumfabrik, mußte diese Tätigkeit aber einstellen, da er zu schwach und unterernährt war. Boulanger lernte das Kunstschmiedehandwerk und trat 1915 der Gewerkschaft bei. 1916 kam er an die Front und wurde dort zum Sozialisten. Nach dem Krieg übersiedelte er nach Nürnberg und schloß sich 1919 der KPD an. Boulanger besuchte 1924/25 die Parteischule in Moskau. 1927 Gauführer und Sekretär des RFB in Nordbayern, 1929 Orgleiter der KPD Nordbayern und 1930 Polleiter dieses KPD-Bezirks, dann 1932 auch in den Bayerischen Landtag gewählt. Im April 1933 kam er als Polleiter nach Thüringen, wo er am 29. Juli festgenommen und anschließend zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Am 12. September 1936 aus dem Zuchthaus Amberg ins KZ Dachau eingeliefert, begann für Boulanger, der nach den Worten Himmlers der »bestgehaßte Mann in Bayern« war, ein Martyrium. Er verbrachte drei Jahre im berüchtigten »Bunker«. Im September 1939 nach Buchenwald überführt, wurde er hier weitere drei Jahre im »Bunker« – einer Zelle von 2 Meter Länge und 1,20 Meter Breite – eingesperrt. Die anschließende Haft im Vernichtungslager Mauthausen endete für ihn erst am 5. Mai 1945. In seinem Erlebnisbericht (Jakob Boulanger/Michael Tschesno-Hell: »Eine Ziffer über dem Herzen«, Berlin 1957) ist das erschütternd dokumentiert. 1946 wurde Boulanger 1. Vizepräsident der Zentralverwaltung für Industrie in der SBZ. Dort »aufgrund eines in Gang befindlichen Parteiverfahrens wegen grober Verfehlungen in seinem persönlichen Verhalten im Amte« im November 1947 abgesetzt, später wurde er Kulturdirektor in Hennigsdorf und Potsdam-Babelsberg. Von 1951 bis 1956 war er Werkleiter des VEB Straßenbahn- und Waggonbau Berlin-Johannisthal bzw. des VEB LOWA Waggonbau Reparaturwerks, schließlich im Dezember 1956 Generaldirektor des Außenhandelsunternehmens Invest-Export, danach Parteiveteran. Zum 70. Geburtstag 1967 noch mit dem VVO in Gold ausgezeichnet, starb Jakob Boulanger am 16. März 1968 in Ost-Berlin.

Bernd-Rainer Barth

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten