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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Duncker, Hermann

* 24.5.1874 ✝ 22.6.1960

Geb. in Hamburg; Vater Kfm.; 1883 – 91 Gymnasium in Göttingen, 1896 Abitur in Gos-

lar; 1891 – 95 Konservatorium in Leipzig; 1896 – 1900 Studium der Philos., Nationalökon. u. Geschichte an der Univ. Leipzig, 1903 Prom. zum Dr. phil. mit einer Arbeit über

das mittelalterl. Dorfgewerbe; 1893 SPD; Red.-Volontär bei der »Leipziger Volksztg.;

1904 – 06 Ltr. des Arbeitssekr. zunächst in Leipzig, dann in Dresden; Lehrtätigkeit in SPD u. Gewerkschaft, 1912 – 14 Lehrer an der zentr. Parteischule; 1915 – 18 Militärdienst; 1918 Mitbegr. des Spartakusbunds u. Mitgl. der Zentr., Mitbegr. der KPD, bis Nov. 1919 Mitgl. ihrer Zentr.; Teiln. an der Nov.-Rev.; 1920 – 33 Wanderlehrer, Ltr. regionaler u. zentr. Schulen der KPD, u. a. der MASCH; Febr. – Nov. 1933 vom NS-Regime inhaftiert; 1936 – 41 Exil in Dänemark, England, Frankreich u. 1941 – 47 in den USA, Teiln. an antifa. Aktivitäten.

Mai 1947 Rückkehr nach Dtl.; Sept. 1947 Prof. u. Dekan der ges.-wiss. Fak. der Univ. Rostock; seit Febr. 1949 Rektor der Bundesschule des FDGB (ab 1952 HS der Dt. Gewerkschaften »Fritz Heckert«); 1953 KMO; 1954 Dr. h. c. der KMU Leipzig; seit 1955 Mitgl. des BV des FDGB; 1955 VVO; gest. in Berlin.

Volkswirtschaftl. Grundbegriffe. Stuttgart 1908; Einführungen in den Marxismus. Ausgew. Schriften u. Reden. 2 Bde. Berlin 1963; Über das kommunist. Manifest. Berlin 1983; Ausgew. Schriften u. Reden aus sechs Jahrzehnten. Berlin 1984. Gedanken H. D. zu Studium u. Lehre. Aus seinem liter. Nachlaß ausgew. u. zusammengestellt von A. Förster u. K. Dröll. Berlin 1964; Deutschland, H.: H. D. u. die russ. Bew. Berlin 1964; Grieb, G. u. a.: H. D. Lehrer dreier Generationen. Berlin 1974; Schneider, M.: H. D. Berlin 1979; Deutschland, H. (Hrsg.): Ich kann nicht durch Morden mein Leben erhalten. Briefwechsel zwischen Käte u. H. D. 1915 bis 1917. Bonn 2005.

Handbuch Deutsche Kommunisten

Duncker, Hermann

* 24.5.1874 ✝ 22.6.1960

(* 1874 – † 1960)

Geboren am 24. Mai 1874 in Hamburg, Sohn des Kaufmanns Hermann Duncker. Von 1883 bis 1891 Gymnasium in Göttingen, studierte zunächst in Leipzig Musikwissenschaft. Am 1.Mai 1893 trat er der SPD bei. Von 1896 bis 1903 Studium der Geschichte, Philosophie und Ökonomie, vor allem bei Wilhelm Wundt und Karl Lambrecht, 1903 zum Doktor der Philosophie promoviert über »Das mittelalterliche Dorfgewerbe« (1903 im Druck erschienen). Inzwischen hatte er seine Frau (Heirat 1898) Käte Duncker kennengelernt. Hermann Duncker sagte später: »Was ich für die Arbeiterbewegung habe leisten können, verdanke ich wesentlich der kameradschaftlichen Unterstützung meiner Frau.« 1903 wurde Duncker hauptamtlicher Funktionär der SPD, zunächst Redakteur der »Leipziger Volkszeitung«. Mit der Einrichtung marxistischer Schulungskurse durch die SPD wurde er 1906 der erste Wanderlehrer der Partei. Ihm kam seine große pädagogische Begabung zustatten, auch an der Zentralschule der SPD in Berlin (ab 1911), wo er eng mit Rosa Luxemburg und Franz Mehring verbunden war. 1914 gehörte Duncker zu dem kleinen Kreis der Internationalisten, die in Berlin den späteren Spartakusbund begründeten und leiteten. Er und seine Frau waren enge Mitarbeiter von Leo Jogiches bei der Organisierung der Spartakusgruppe und bei der Herausgabe illegaler Materialien. Duncker war der Verfasser der illegal vertriebenen Broschüre »Der Annexionswahnsinn«. Nach Ausbruch der Revolution besetzte er mit einer Gruppe von Anhängern des Spartakusbundes Redaktion und Druckerei des »Berliner Lokalanzeigers« und gab die erste Nummer der »Roten Fahne« heraus.

Auf dem Gründungsparteitag der KPD wurden Hermann und Käte Duncker in die Zentrale der Partei gewählt. Während er 1919 einige Monate inhaftiert war, floh seine Frau nach Dänemark. Wegen Differenzen mit der Partei wurde Duncker (ebenso wie seine Frau) auf dem II. Parteitag nicht wiedergewählt, sie übersiedelten nach Gotha, wo er 1919/20 Sekretär der (von der USPD geführten) Landesregierung von Gotha war. Dieser Funktion nach dem Kapp-Putsch enthoben, arbeitete er als Wanderlehrer für die KPD. 1923 wurde Duncker Sekretär der Thüringer KPD-Landtagsfraktion und nahm an allen KPD-Parteitagen von 1920 bis 1923 teil. Unter chronischer Bronchitis und Asthmaanfällen leidend, lebten sie, wie Käte Duncker an Frau Kautsky schrieb, mit ihren drei inzwischen fast erwachsenen Kindern in schwierigen Verhältnissen. 1923 übernahm Duncker die Schulungsabteilung der Zentrale, die er auch unter der Ruth-Fischer-Führung behielt, obwohl er zum rechten Parteiflügel tendierte und 1923/24 aktives Mitglied der Mittelgruppe war. In den zwanziger Jahren ist er auch als Herausgeber einiger Schriftenreihen in kommunistischen Verlagen bekannt geworden (u. a. »Elementarbücher des Kommunismus« und »Kleine Lenin-Bibliothek«). Zugleich war er Gründer und Leiter der MASCH, der Berliner Marxistischen Arbeiterschule. Bis 1933 betätigte er sich vor allem auf dem Gebiet der Schulungsarbeit der KPD. 1927/28 Leiter der Bildungsabteilung des ZK, verlor der immer dem rechten Flügel nahestehende Duncker in der ultralinken Periode nach 1929 seinen politischen Einfluß.

Nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 verhaftet und im Gefängnis Spandau und im KZ Brandenburg festgehalten, lebte er nach seiner Freilassung von November 1933 bis November 1936 unter Polizeiaufsicht in Friedrichroda. 1936 gelang ihm die Flucht nach Dänemark, 1937 nach Großbritannien, wo ihn die Nachricht ereilte, daß sein Sohn Wolfgang Duncker (* 1909 – † 1942) in der UdSSR verhaftet und zu acht Jahren verurteilt worden war. Über die Verfolgung seines Sohnes wie auch über die seines alten Freundes Nikolai Bucharin war Duncker völlig verzweifelt, wie Jürgen Kuczynski 1983 in seinen Erinnerungen berichtete. 1938 emigrierte Duncker nach Frankreich, über ein Internierungslager in Marokko kam er im September 1941 in die USA. Seine Frau Käte hatte eine Reise zum Sohn Karl (Dozent an einer USA-Universität, 1940 Selbstmord) bereits benutzt, um in den USA zu bleiben. Wegen seiner Ablehnung des Stalin-Hitler-Paktes bekam Duncker Schwierigkeiten mit der KPD.

Im Mai 1947 konnten die Dunckers nach Deutschland zurückkehren, hier schloß er sich der SED an und wurde Professor und Dekan der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. 1948 zum Direktor der Bundeshochschule des FDGB in Bernau berufen, war Duncker, obwohl fast erblindet, noch ein vielgefragter Referent. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1953 den Karl-Marx-Orden. Eine zweibändige Auswahl seiner Schriften »Einführung in den Marxismus« erschien 1958 in Ost-Berlin. (Bereits 1908 war seine Schrift: »Volkswirtschaftliche Grundbegriffe« gedruckt worden.) Nach längerer Krankheit starb Hermann Duncker am 22. Juni 1960 in Ost-Berlin.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten