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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Graaf, Jonny de

* 11.5.1894 ✝ 2.12.1980

Geboren am 11. Mai 1894 in Nordenham als Johann de Graaf, Sohn eines Musikers. Verließ das Elternhaus und wurde Schiffsjunge bei der Handelsmarine, später Matrose. Wegen antimilitaristischer Propaganda im Oktober 1914 in Rotterdam verhaftet und als »lästiger Ausländer« nach Deutschland abgeschoben. Zur Kriegsmarine eingezogen, wegen Meuterei 1917 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Durch die Revolution befreit, kam er von Bremen ins Ruhrgebiet. Er war Hilfsarbeiter in Ahlen und gehörte der KPD seit ihrer Gründung an. Jonny de Graaf, von kräftiger Gestalt, war ein Draufgänger und entwickelte sich zu einem unter der Arbeiterschaft bekannten KPD-Funktionär. Er war lange Jahre Vorsitzender der KPD-Ortsgruppe Ahlen, ab 1926 zunächst RFB-Führer in Hamm und ab 1928 Führer des RFB Gau Ruhrgebiet und Sekretär des KPD-UB Hamm. Er war auch Mitarbeiter des AM-Apparats und wurde 1930 in den Provinziallandtag Westfalen gewählt.

Da gegen ihn in einem Hochverratsverfahren ermittelt wurde, verließ er im Sommer 1930 Deutschland und fungierte in Moskau als Leiter eines Transports von Ruhrarbeitern, die sich als »Arbeitsemigranten« in die Sowjetunion gemeldet hatten. Jonny de Graaf besuchte die M-Schule der Komintern in Moskau, wirkte einige Zeit als Politinstrukteur für die deutschen Arbeitsemigranten im Donbass und wurde dann als Mitarbeiter des Nachrichtendienstes der Komintern eingesetzt. Er war u. a. für die Komintern und die GRU in der Mandschurei, in Shanghai und später auch in Brasilien. Hier unterstützte er unter dem Decknamen Franz Gruber gemeinsam mit dem Komintern-Emissär Arthur Ewert die brasilianischen Kommunisten um Luis Carlos Prestes beim bewaffneten Aufstand Ende 1935. Der Aufstand scheiterte, de Graaf gelangte über Argentinien wieder zurück nach Moskau. Um seinen weiteren Lebensweg ranken sich Gerüchte. So soll Jonny de Graaf bereits Anfang der dreißiger Jahre vom britischen Geheimdienst MI6 angeworben worden sein und über den Komintern-Apparat berichtet haben. Während des Krieges Angehöriger der britischen Armee, er kehrte 1945 als Offizier nach Deutschland zurück, eine Zeitlang Verbindungsoffizier der britischen Armee zum Entnazifizierungsausschuß in Bad Oeynhausen. Später ging er nach Kanada, er nannte sich fortan de Graff. Er brachte es zu Reichtum, war Besitzer u. a. einer Ferienhaussiedlung mit über 30 Holzhäusern. Zusätzlich galt er als »Rußlandexperte«, er starb am 2.Dezember 1980 in Brockville, Ontario.

Einer seiner Söhne, Jonny de Graaf jun. (*28.11. 1919), reiste mit der Mutter und den anderen Geschwistern in die Sowjetunion. Bereits im Frühjahr 1931 kehrte Maria de Graaf mit den Kindern wieder nach Deutschland zurück. Auf Druck des Vaters reiste de Graaf jun. erneut in die Sowjetunion, besuchte die Karl-Liebknecht-Schule in Moskau und die Berufsschule des Stalin-Autowerks. Am 11. Januar 1938 wurde de Graaf jun. verhaftet und beschuldigt, zum Kreis jener deutschen Kommunistenkinder zu gehören, die in Moskau eine »Hitler-Jugend-Organisation« gebildet hätten. Er wurde am 14.Mai 1938 aus der Haft entlassen, später jedoch erneut festgenommen und kam vermutlich im Gulag um.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten