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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Gräf, Hugo

* 10.10.1892 ✝ 23.10.1958

Geb. in Rehestädt (Krs. Arnstadt/Thür.); Vater Maurer; Mutter Dienstmagd u. Landarbeiterin; ab 1902 als Knecht bei einem Bauern; Volksschule; Ausb. zum Schlosser; im Beruf tätig, Wanderschaft; 1907 DMV; 1910 SPD; 1912 – 16 Militärdienst, schwer verwundet, 1916/17 zwangsverpflichtet in der Gewehrfabrik Erfurt; 1917 Mitbegr. des Reichsbunds der Kriegsbeschädigten in Thür.; 1917 USPD u. Spartakusbund in Erfurt; 1919 KPD, Mitbegr. der KPD-Ortsgr. Erfurt; 1919 Mitbegr. des Bundes der Kriegsopfer; 1920 KPD-Ausschluß wg. Weigerung, für den Reichstag zu kandidieren (1923 Wiederaufn.); 1920 Sekr. der dt. Sektion des Internat. Bundes der Opfer des Krieges u. der Arbeit, 1927 – 33 dessen Vors.; 1921 Mitbegr. u. Mitgl. der Exekutive der IAH; Mitbegr. der Roten Hilfe Dtl.; 1927 – 33 Mitarb. der Org.-Abt. des ZK der KPD u. Mitgl. der Exekutive der IAH; 1928 – 33 Mitgl. des Reichstags; März 1933 in Dresden verhaftet, März – Nov. 1933 Polizeihaft in Dresden; Nov. 1933 – Juni 1935 »Schutzhaft« im KZ Sachsenburg u. ab Mai 1934 im KZ Colditz, hier Ltr. der illeg. KPD-Gruppe, Ltr. der Lagerbibliothek u. Buchbinderei; 1935 Emigr. in die ČSR; 1935 in Moskau Schüler der KUNMS (»Engler«); 10.7.1938 Mitunterz. des Prager Volksfrontaufrufs; Dez. 1938 Emigr. nach Großbritannien; Juli 1940 – Okt. 1941 interniert auf der Isle of Man; Mitgl. der KPD-Landesltg. Großbritannien; 1942 – 45 Werkzeugmacher in Glasgow; 1943 Mitbegr. der »Dt. Freien Bewegung«; 1945 Ltr. des Scottish Refugee Centre.

1946 Rückkehr nach Dtl.; SED u. FDGB; 1946 – 48 Referent, dann Ltr. der Abt. Gesundheitswesen des ZS des SED-Parteivorst.; 1949 – 51 Vors. des Zentralvorst. der Gewerkschaft Gesundheitswesen; 1950 – 54 Mitgl. des FDGB-Bundesvorst.; 1951 – 53 Landrat, ab 1952 Vors. des Rats des Krs. Gotha; Nov./Dez. 1952 Parteiuntersuchung, Rüge durch die SED-LL Thür. ohne ordentl. Parteiverfahren (1956 parteiinterne Rehabilitierung); Mai 1953 aus gesundheitl. Gründen Entbindung von allen Funktionen, Rentner; 1955 – 58 Mitgl. der SED-KL Gotha; gest. in Gotha.

Köpstein, H. (Hrsg.): Beiderseits der Grenze (Erinnerungen). Berlin 1965; Hockerts, H. G. et al.: Geschichte der Sozialpolitik in Dtl. seit 1945. Baden-Baden 2001; Baganz, C.: Erziehung zur »Volksgemeinschaft«? Die frühen Konzentrationslager in Sachsen 1933 – 33/ 34. Berlin 2005.

Bernd-Rainer Barth /

Handbuch Deutsche Kommunisten

Gräf, Hugo

* 10.10.1892 ✝ 23.10.1958

Geboren am 10. Oktober 1892 in Rehestädt bei Arnstadt, Sohn eines Maurers; lernte Schlosser und ging auf Wanderschaft. 1910 Mitglied der SPD. Nach der Militärzeit wieder Schlosser, kam 1914 an die Front, von der er schwerverwundet heimkehrte, er hatte das linke Bein verloren. Ab 1917 aktiv im Reichsbund der Kriegsbeschädigten. Er arbeitete als stellvertretender Meister in Erfurt. Gräf schloß sich 1917 der USPD an, wurde 1919 Mitglied der KPD. Nach Spaltung des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten führte Gräf den neuen radikalen Internationalen Bund der Opfer des Krieges und der Arbeit. Von April 1919 bis Juli 1920 angestellter Sekretär des Thüringer Verbandes des Bundes. Im Juni 1920 wegen Anti-Parlamentarismus aus der KPD ausgeschlossen, 1923 wieder aufgenommen. Ab Juni 1920 war Gräf Mitarbeiter des Bundesvorstandes und leitete die Org- und Rechtsabteilung des Internationalen Bundes in Berlin. Ende 1924 Bezirksvorsitzender des Bundes Nordwestdeutschland in Hamburg. Von April 1927 bis 1933 als Nachfolger Karl Tiedts Vorsitzender dieser Organisation. 1928 wurde er im Wahlkreis Dresden-Bautzen in den Reichstag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Gräf wurde am 13. März 1933 verhaftet und war bis 24. Juni 1935 in »Schutzhaft« in den KZs Colditz und Sachsenburg, leitete die Buchbinderei im Lager. Dort wurde er von der SS besonders schikaniert, durfte weder seinen Stock benutzen noch wurde er von Appellen oder Marschübungen freigestellt. Eine dramatische Begebenheit während einer Visite Himmlers im KZ Sachsenburg im Februar 1935 schildert Walter Janka in seinen Erinnerungen »Spuren eines Lebens«. Als Himmler die Buchbinderei betrat, »richtete er seinen Stock auf Gräf, den ehemaligen Kollegen im Reichstag. Lächelnd, beinahe freundlich fragte er: ?Wie geht es denn, Häftling Gräf?? Die Antwort ließ nicht auf sich warten. Hugo zeigte sich gefaßt und erwiderte: ?Ganz gut Herr Reichsführer.? Nach kurzer Überlegung fügte er hinzu: ?Ich mache halt auf einem Bein, was andere mit Mühe auf zwei Beinen schaffen.? Himmler senkte den Blick, sah auf die Prothese und antwortete: ?Sie haben in Frankreich gekämpft, wenn man mich richtig informiert hat.? ?So ist es, Herr Reichsführer. Und da ist auch das linke Bein geblieben.? Himmler, etwas verlegen, erwiderte: ?Das ehrt Sie.?« Später aus dem KZ entlassen, emigrierte Gräf in die âSR, im Dezember 1938 über Frankreich nach Großbritannien, wo er in Glasgow als Werkzeugmacher arbeitete. 1940/41 Internierung auf der Isle of Man. Er gehörte der KPD-Landesleitung in Großbritannien an und leitete 1945 das Scottish Refugee Centre (Schottisches Emigrantenzentrum) in Glasgow. Im August 1946 kehrte Gräf nach Deutschland zurück, war von 1946 bis 1949 in der Abteilung Arbeit und Sozialfürsorge des ZS der SED, zuletzt Leiter dieser Abteilung. Von 1949 bis 1951 Vorsitzender der FDGB-Gewerkschaft Gesundheitswesen. Er wurde im November 1951 Landrat bzw. Vorsitzender des Rates des Kreises Gotha. 1957 erhielt er den VVO in Silber. Hugo Gräf starb am 22.Oktober 1958 in Gotha. Gräfs erste Frau Herta, geborene Klaue (*28. 2. 1903 - † 4. 8. 2007), war Stenotypistin und Kontoristin. Seit 1918 Mitglied der SAJ, ab 1923 der KPD, arbeitete sie beim Internationalen Bund der Kriegsopfer, 1925 bei der KPD-BL Wasserkante in Hamburg, ab 1928 beim ZK der KPD in Berlin. Im Sommer 1928 Sekretärin in der deutschen Vertretung bei der Komintern, sie nahm im Februar 1933 an der KPD-Tagung in Ziegenhals bei Berlin teil. Im September 1933 unter Polizeiaufsicht Heirat mit Hugo Gräf. Bis 1936 illegale Arbeit, dann Emigration mit ihrem Sohn Arno (*1932) in die âSR. Ende 1938 nach Großbritannien, wo sie den Emigrantenklub in Glasgow leitete. Im September 1947 Rückkehr nach Deutschland, Mitglied der SED, bis 1958 in verschiedenen staatlichen und gesellschaftlichen Verwaltungen in der SBZ/DDR.

Bernd-Rainer Barth /

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten