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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Hermlin, Stephan

* 13.4.1915 ✝ 6.4.1997

Geb. in Chemnitz, aufgew. in großbürgerl. Elternhaus in Berlin; Vater (David L.) Textilhändler, Kfm., Kunstsammler; 1925 Kinderspital u. Schule »Bellaria« in Zuoz (Schweiz), anschl. bis 1930 Staatsgymnasium in Chemnitz, 1930 – 32 Gymnasium in Berlin, Relegation wegen »unerlaubter pol. Betätigung« in einem Artikel der Ztschr. »Schulkampf«; 1931 Soz. Schülerbund Berlin u. KJVD; erste Gedichtveröff. unter dem Ps. »S. H.«; 1933 – 35 Druckerlehre; nach eigenen Angaben antifa. Arbeit; 1936 Emigr.; Aufenthalte in Ägypten, Palästina, England, 1937 – 40 Paris; Arbeit für die Freie Dt. Jugend u. den span. Freiheitssender 29,8; Mai 1940 – 43 Hilfssoldat, Arbeitskomp., Kurzinternierung, Gärtner; April

1943 – 45 Exil in der Schweiz, zeitw. interniert, Veröff. in Ztschr. der Résistance; Hrsg. der Ztschr. u. Schriftenreihe »Über die Grenzen« (mit  Hans Mayer u.  Michael Tschesno-Hell); Mitarb. BFD; 1945 erster Lyrikband »Zwölf Balladen von den Großen Städten«.

Sept. 1945 Rückkehr nach Dtl.; Rundfunkred. in Frankfurt (Main); 1946 Veröff. der ersten Erzählung »Der Ltn. Yorck von Wartenburg«; 1947 Übersiedl. nach Berlin; SED; Mitarb. der Ztschr. »Ulenspiegel« u. »Aufbau«; Mitgl. des DSV; seit 1947 freischaff. Schriftst. (bis 1958 Lyrik, ansonsten Prosa, Essays, Reportagen, bedeutender Nachdichter mod. frz., latein- u. nordamerik. sowie ungar. Lyrik, u. a. Paul Eluard, Pablo Neruda, Attila József); Engagement in der Weltfriedensbew.; 1948 Mitgl. des PEN-Zentrums Dtl.; Mitgl. der DAK; 1950 – 63 Vizepräs. des DSV; 1952 erschien der Lyrikband »Der Flug der Taube« mit ungewohnt elegischen Gedichten, aber auch Stalin-Elogen; 1952 – 63 Sekr. der Sekt. Dichtkunst u. Sprachpflege der AdK; 1953/54 Mitgl. des Präs.

des PEN-Zentrums Dtl.; 1955 Société Euro-

péenne de Culture (Venedig); 1956 auf dem 4. Schriftst.-Kongreß Forderung nach Veröff. der Gesamtwerke von Jean-Paul Sartre, Ernest Hemingway, William Faulkner u. John Steinbeck; die Kritik der verengten Kulturpol.

bleibt fortan essayist. Hauptthema (»Lektüre

1960 – 71«, 1973 u. a.); Organisator des Lyrikabends der AdK am 12.12.1962 mit Gedichten der neuen Dichter-Generation (u. a.  Wolf Biermann,  Volker Braun,  Uwe Greßmann,  Sarah Kirsch u.  Rainer Kirsch,  Bernd Jentzsch); nach scharfer Partei- u. Selbstkritik Niederlegung der Ämter in der AdK u. im DSV; 1962 – 90 Mitgl. des Präs. des PEN-Zentrums der DDR; 1972 Verf. eines Memorandums für  Erich Honecker mit scharfer Kritik der Zensurpraxis; ab 1975 Vizepräs. des Internat. PEN-Zentrums; 1976 Hauptinitiator u. Verf. der Wolf-Biermann-Resolution, Übergabe an die frz. Nachrichtenagentur AFP, strenge Parteirüge, seither zeitw. vom MfS im OV »Leder« überwacht; Mitgl. der AdK Berlin (West); 1978 aufsehenerregende Selbstbezeichnung als »spätbürgerl. Schriftst.« u. Einforderung der Vorbildfunktion auch der »Ära des Spätbürgertums«; 1981 Initiator des Berliner Treffens »Schriftst. für den Frieden«; 1984 Dr. phil. h. c. der FSU Jena; 1987 Teiln. am Internat. Forum »Für eine kernwaffenfreie Welt, für das Überleben der Menschheit« in Moskau; 1948 u. 1972 Heinrich-Heine-Preis; 1950 u. 1954 u. 1975 NP; 1958 F.-C.-Weiskopf-Preis; 1980 VVO; 1985 Großer Stern der Völkerfreundschaft.

1990 PDS; Vizepräs. der AdK Berlin (Ost); Ehrenpräs. des Dt. PEN-Zentrums (Ost); Mitbegr. des Komitees für Gerechtigkeit; gest. in Berlin.

Der anfängl. Versuch, die eigene Kunst in einer Nähe sowohl zur offiz. Kulturpol. wie auch zu feinsinnigen Vorbildern der frz. Lit. zu halten, wurde mit zunehmender Selbständigkeit hinfällig; S. H.s Werk – v. a. dem antifa. Widerstand gewidmet – blieb immer der kommunist. Utopie u. der DDR verpflichtet u. wurde daher in der Bundesrep. Dtl. eher krit. wahrgenommen; den Höhepunkt des erzähler. Werks bildet »Abendlicht« (1979), ein hochartifizielles Gewebe aus Erinnerungen, Träumen, Phantasien u. Erfahrungen autobiogr. Gehalts, das lange Zeit als authent. Lebenszeugnis verstanden wurde; S. H.s Sonderrolle als »homme de lettres« im Kulturleben der DDR zeigte sich u. a. in der persönl. Nähe sowohl zu  Hermann Kant u. Erich Honecker als auch zu vielen krit. Schriftst. des Landes.

Die Zeit der Gemeinsamkeit. Erzählungen. Berlin 1949; Die erste Reihe. Biogr. Skizzen. Berlin 1951; Die Kommandeuse. Erzählung. Berlin 1954; Gesammelte Gedichte. München, Wien 1979; Äußerungen Schlenstedt, S.: S. H. Berlin 1985; Rost, M., Geist, R. (Hrsg.): S. H. – Bibl./ Texte, Materialien, Bilder. Leipzig 1985; Corino, K.: »Außen Marmor, innen Gips«. Die Legenden des S. H. Düsseldorf 1996.

Leonore Krenzlin / Andreas Kölling

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten