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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Heymann, Stefan

* 14.3.1896 ✝ 4.5.1967

Geb. in Mannheim in einer jüd. Familie; Vater kfm. Vertreter für Rohtabak; Volksschule, Gymnasium; Ausbildung in einer Bank; 1913 SAJ; 1914 – 18 Militärdienst; 1918 – 23 Bankangest., dort Betriebsratsvors.; Vors. der Mannheimer Betriebsrätezentr.; 2. Vors. der Bankangestelltengewerkschaft des AFA-Bunds; gemaßregelt; 1919 KPD; dort Pol.-Ltr. der Jugend u. Agit./Prop.-Ltr. der BL Baden; ab 1923 Tätigkeiten im M-Apparat (KPD-Nachrichtendienst); Dez. 1923 verhaftet, Sept. 1924 vom Staatsgerichtshof in Leipzig zu dreieinhalb Jahren Gefängnis wegen »Vorber. zum Hochverrat« verurteilt; 1926 – 30 Red. der »Arbeiterztg.« (Mannheim), 1931/32 der »Roten Fahne« (Berlin); danach beim KPD-Pressedienst; 1933 Chefred. der »Arbeiterztg.« (Breslau); acht Mon. Gefängnis wegen »Pressevergehens«; 1928 – 30 Abg. des Bad. Landtags u. des Mannheimer Krs.-Tags; Jan. – Mai 1933 illeg. pol. Tätigkeit, verhaftet, Sept. 1934 wegen »Vorber. zum Hochverrat« zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt; 1934 – 36 Haft im Zuchthaus Wohlau; dann erneut verhaftet, KZ Kislau, März 1938 KZ Dachau, ab Sept. 1938 KZ Buchenwald, ab Okt. 1942 KZ Auschwitz u. ab Jan. 1945 wieder KZ Buchenwald; im Auftrag der Ltg. der KPD im KZ Buchenwald Mitarb. beim amerik. Intelligence Service zur Abfassung des offiz. Buchenwald-Berichts für das amerik. Hauptquartier (mit Eugen Kogon).

Mai – Juli 1945 Arbeit für einen sowj. Nachrichtendienst; Juli – Okt. 1945 Sekr. des KPD-Bez. Thür.; dann Mitgl. der KPD-Landesltg.; Okt. 1945 – Jan. 1946 Lehrer der KPD-Schule Camburg; Jan. – April 1946 pol. Mitarb. im Sekr. der KPD Thür., danach bis Sept. 1948 Sekr. für Agit./Prop., SED-LL; Mitgl. des Landes- u. des Zentralvorst. der VVN; 1948 – 50 stellv. Ltr. der Abt. Parteischulung, Kultur u. Erziehung des ZK der SED; 1950/51 Mitarb. des Min. für Ausw. Angelegenh.; 1951 – 53 Ltr. der Diplomat. Mission in Ungarn (Nachf. von Erich Kops); 1953 – 56 Botschafter in Warschau (Nachf. von  Aenne Kundermann); 1957 – 59 Ltr. der HA Presse u. Information im MfAA; 1960 – 64 Prof. am Inst. für Internat. Beziehungen der DASR Potsdam; 1963 em.; gest. in Berlin.

Marxismus u. Rassenfrage. Berlin 1948; Wirtschaft, Horatio! Wirtschaft! Weimar 1949; Konzentrationslager Buchenwald. Bd. 1: Bericht des Internationalen Lagerkomitees. Weimar 1949 (Mithrsg.). Hartewig, K.: Zurückgekehrt. Die Geschichte der jüd. Kommunisten in der DDR 1945 – 1990. Köln, Weimar 2000.

Bernd-Rainer Barth

Handbuch Deutsche Kommunisten

Heymann, Stefan

* 14.3.1896 ✝ 4.5.1967

Geboren am 14. März 1896 in Mannheim, entstammte einer gutsituierten jüdischen Angestelltenfamilie. Nach dem Besuch des Gymnasiums zunächst Möbelzeichner, ab 1913 Lehre bei einer Bank in Mannheim. Sehr nationalistisch eingestellt, meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger, an der Westfront verwundet, 1917 bei den Fliegern, gegen Kriegsende nochmals verwundet. Die Kriegserlebnisse änderten Heymanns Anschauungen, er wurde – nach dem Krieg in einem Lazarett im Spessart liegend – Anarchist. Anfang 1919 versuchte er – nach Mannheim zurückgekehrt – eine »Partei der Jugend« zu gründen und stand in enger Verbindung zu den Anarchisten Ernst Toller und Erich Mühsam. Als Mühsam im Februar 1919 (nach der Ermordung Kurt Eisners) in Mannheim die wenige Tage existierende »Räterepublik Kurpfalz« ausrief, gehörte Heymann zu den führenden jungen Köpfen dieser Aktion. Im Juni 1919 trat er der KPD bei, war in der FSJ (später KJD) zunächst Ortsgruppenleiter in Mannheim und von 1920 bis 1922 Bezirksleiter für Baden. Bis zum Herbst 1923 in einem Betrieb beschäftigt, dort Betriebsratsvorsitzender und gleichzeitig zweiter Vorsitzender der Mannheimer Betriebsrätezentrale. Bei den Aufstandsvorbereitungen im Oktober 1923 wurde Heymann mit seinen militärischen Erfahrungen in den AM-Apparat aufgenommen und Kampfleiter für Unterbaden (Pseudonym Dietrich). Nach dem Verbot der KPD während einer Sitzung in Stuttgart im Dezember 1923 verhaftet und im September 1924 (im Prozeß gegen Karl Schneck u.a.) vom Staatsgerichtshof in Leipzig zu dreieinhalb Jahren verurteilt. Nach der Entlassung trat er am 1. Januar 1926 in die Redaktion der Mannheimer »Arbeiter-Zeitung« ein, wurde 1929 ihr Chefredakteur.

Heymann, der von 1926 bis 1928 Gauvorsitzender des RFB Baden-Pfalz war, gehörte zum stalinistischen Flügel der Partei in Baden. 1928 zog er für den in den Reichstag gewählten Abgeordneten Paul Schreck auch in den badischen Landtag ein, wurde aber 1929 nicht wiedergewählt. Als verantwortlicher Redakteur vom Reichsgericht im Oktober 1930 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, seine Strafe wurde wegen Haftunfähigkeit im Mai 1930 unterbrochen. Von Juni 1930 bis September 1932 war er politischer Redakteur der »Roten Fahne« in Berlin, dann vom September 1932 bis Januar 1933 politischer Redakteur im KPD-Pressedienst. Ab 15.Februar 1933 Chefredakteur der Breslauer »Arbeiter-Zeitung« und mit Beginn der Illegalität Sekretär für Agitation bzw. Polleiter der BL Schlesien. Am 12. Mai 1933 verhaftet und im September 1934 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Da Heymann im Zuchthaus Wohlau erklärte, aus Deutschland auswandern zu wollen, wurde er nach Verbüßung der Strafe am 8. Mai 1936 freigelassen, aber bereits wenige Tage später von der Gestapo wieder festgenommen. Er kam im März 1938 zunächst ins KZ Dachau, im September nach Buchenwald und im Oktober 1942 nach Auschwitz, in das Nebenlager der IG-Farben in Monowitz. Er wurde Schreiber im Krankenblock, in der illegalen KPD-Gruppe leitete er die rechte Fraktion; bei Auflösung des Lagers wurde er zurück nach Buchenwald transportiert. Nach der Befreiung gehörte er mit Eugen Kogon und Erich Römhild einer Kommission an, die für den US-General Eisenhower einen Bericht über das KZ Buchenwald verfaßte. Mit seiner zweiten Frau Liesel Martin, geborene Lapper (* 23. 3. 1907 – †Juli/ Aug. 1961), bildete er das Antifa-Komitee in Thüringen, schloß sich der KPD an und war bis Oktober 1945 im Sekretariat der BL Thüringen.

Ab April 1946 Sekretär für Agitation und Propaganda des SED-LV Thüringen, ab September 1948 Leiter der Abteilung Kultur und Erziehung des PV in Berlin. 1951 wurde Heymann Gesandter der DDR in Budapest, von November 1953 bis 1957 DDR-Botschafter in Warschau, danach von 1957 bis 1959 Abteilungsleiter Presse und Information im Außenministerium. Im Juli 1960 attackierte ihn die SED, weil er die Mao-These verbreitet hatte, die Amerikaner seien »Papiertiger«. Anschließend Professor an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam, 1963 emeritiert, bekam 1966 von dieser Akademie die Ehrendoktorwürde verliehen und 1965 das Banner der Arbeit. Stefan Heymann starb am 3. Februar 1967 in Ost-Berlin.

Bernd-Rainer Barth

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten