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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Hoernle, Edwin

* 11.12.1883 ✝ 21.7.1952

Geb. in Cannstatt (Württemberg); Vater Pfarrer u. Missionar; 1889 Rückkehr aus Indien nach Beimbach; 1890 – 96 Privatunterricht, 1896 – 02 Lateinschule in Schorndorf, Gymnasium in Ludwigsburg u. Stuttgart; 1903 Militärdienst; 1904 – 09 Studium der Theol., Philos. u. Geschichte in Tübingen u. Berlin, kurzz. Vikar; 1909 Bruch mit Kirche u. Familie; 1909 – 11 Privatlehrer u. freier Schriftst. in Berlin; 1910 – 15 SPD; 1912 – 14 stellv. Chefred. der SPD-Ztg. »Schwäb. Tageswacht«; nach Maßregelung durch den SPD-Landesvorst. Entlassung; Teiln. am Aufbau der Freien Jugend; Engagement in der Abstinenzlerbew.; 1914 Chefred. der Stuttgarter Ztg. »Sozialdemokrat«; Chefred. der Jugend-Ztg. »Morgenrot«; ab März 1915 Ltr. des Druckschriftenvertriebs der Gruppe »Internationale« u. stellv. Chefred. der Frauenztschr. »Gleichheit«; 1915 Veröff. von Fabeln in der Ztschr. »Lichtstrahlen« (Ps. Oculi); 1916 Spartakusbund; 23./24. April 1916 Delegierter der Stuttgarter Jungsozialisten zur illeg. Konferenz der opp. soz. Jugend in Jena; Juni 1916 Verhaftung; Aug. 1916 strafweise Verschickung an die Front; April 1917 Verhaftung u. Strafkdo. wegen Verbreitung der »Spartakusbriefe«; Okt. 1918 Lazarettaufenthalt in Stuttgart; 1918/19 Mitgl. des Stuttgarter Arbeiter- u. Soldatenrats u. Chefred. der »Roten Fahne«; Jan. – Juni 1919 Haft auf der Festung Ulm u. Hauptangeklagter im sog. Stuttgarter Kommunistenprozeß, Freispruch; 1919/20 Mitbegr. u. Ltr. der KPD in Württemberg u. Chefred. der Ztg. »Kommunist« u. »Der Pflug«; ab 1920 Ltr. der Abt. Land des ZK der KPD; 1920 Mitbegr. der Kommunist. Kindergr., redigierte im Auftrag der KJI die Kinderztg. »Der junge Genosse« u. das theoret. Organ »Das proletar. Kind«; schrieb 1921 den Liedtext »Brüder, seht die rote Fahne ...«; 1921 – 24 Mitgl. der Zentr. der KPD; 1921/22 außerdem Ltr. der Abt. Bildung (Prop.); 1922/23 Vertreter der KPD beim EKKI in Moskau, dann wieder Ltr. der Abt. Land; Anhänger der von Ernst Meyer geführten »Mittelgr.«; 1924 – 33 MdR; 1925 als Instrukteur der KI in Norwegen, Niederlanden u. Großbritannien; 1925 Mitgl. des Kinderbüros der KJI; 1926 führend beteiligt an der Ausarbeitung des agrarpol. Aktionsprogramms der KPD »Das Gesicht dem Dorfe zu«; 1927/ 28 Chefred. der »Süddt. Ztg.« in Stuttgart; ab 1928 für die agrar- u. schulpol. Arbeit der KPD-Reichstagsfraktion von der hauptamtl. Parteitätigkeit freigestellt; 1931 Mitautor des Bauernhilfsprogramms der KPD; ab April 1933 für die KPD in der Schweiz tätig; Dez. 1933 – Nov. 1940 Mitarb. im Internat. Agrarinst. in Moskau; bis 1935 stellv. Dir., dann Ltr. der Abt. Zentraleuropa u. Skandinav. Länder; nach Kritik durch das Parteikomitee des Inst. ab 1936 Ref. für Dtl.; 1938 Aberkennung der dt. Staatsbürgerschaft; 1938 wirtschaftswiss. Prom. an der AdW der UdSSR; 1940 wiss. Mitarb. am Inst. für Weltwirtschaft u. Weltpol. der AdW; 1941 in der Sonderfahndungsliste »UdSSR« der Gestapo erfaßt; Okt. 1941 Evakuierung nach Taschkent; Arbeiten zur nat. Frage u. zur dt. Geschichte; 1942 Versetzung zur KI, dann Lehrer an der Kriegsgefangenenschule in Oranki; 1943 Mitgl. einer von der KPD-Ltg. initiierten Arbeitsgr. über Bauernfragen; Juli 1943 Gründungsmitgl. des NKFD; vom RKG wg. »Hochverrats« in Abwesenheit zum Tode verurteilt; 1944 Mitarb. am Nachkriegsprogramm d. KPD, inbes. f. Agrarfragen.

Mai 1945 Rückkehr nach Dtl.; 1. Stellv. des Ltr. der Abt. Ernährung des Senats von Groß-Berlin; Mitunterz. des Aufrufs der KPD vom 11.6.1945; Juli 1945 2. Vizepräs. der Provinzialverw. Brandenb. für Ernährung, Landw. u. Forsten; Aug. 1945 – 49 Präs. der Dt. ZV bzw. HV Land- u. Forstw. der DWK; maßgebl. beteiligt an Konzeption u. Durchführung der Bodenreform; 1945 Mitbegr. der Wochenztg. »Der freie Bauer«; 1949 auf eigene Bitte Entbindung von den staatl. Funktionen; Sept. 1945 Vizepräs. für Forschung der DVA; Prof. u. Dekan der Agrarpol. Fak.; 1951 Ord. Mitgl. der DAL; gest. in Bad Liebenstein.

Ocull-Fabeln. Stuttgart 1920; Die Industrialisierung der dt. Landw. Berlin o. J. (1928); Grundfragen der proletar. Erziehung. Berlin 1929; Die Bodenreform – ein Weg zu Demokratie und Frieden. Berlin 1946; Rote Lieder. Berlin 1968; Edwin Hoernle zum Bündnis zwischen Arbeitern und Bauern. Auswahl seiner agrarpol. Reden und Schriften 1928 – 1951. Berlin 1972. Mehnert, W.: Der Beitrag E. H. zum schulpol. u. pädagog. Kampf der KPD in der Zeit der Weimarer Rep. (1919 – 1929). Berlin 1958; E. H. – ein Leben für die Bauernbefreiung. Mit einem Vorwort von W. Ulbricht und einer Auswahl seiner agrarpol. Schriften. Berlin 1965 (mit Bibl.).

Peter Erler /

Handbuch Deutsche Kommunisten

Hoernle, Edwin

* 11.12.1883 ✝ 21.7.1952

Am 11. Dezember 1883 in Cannstatt/Württemberg als Sohn des Missionars und späteren Landpfarrers Hermann Hoernle und seiner Ehefrau Marie, der Tochter eines Orgelfabrikanten, geboren. Er verbrachte die ersten Lebensjahre in Mirat (Ostindien) und seine Kindheit in dem württembergischen Bauerndorf Beimbach. Schon als 10jähriger schrieb er Gedichte und entwickelte Widerspruchsgeist gegen seine protestantisch-pietistische Umgebung. Mit dreizehn Jahren kam er in verschiedene Knabenpensionate und löste sich dabei langsam von Elternhaus und Religion. 1902 Abitur, 1903 Militärdienst bei der Infanterie. Hoernle studierte von 1904 bis 1909 Theologie in Tübingen und Berlin, wo er mit der SPD in Berührung kam. Er lernte seine erste Frau Helene Hoernle, geb. Hess, (*14. 11. 1886 – † 24. 10. 1956), in Berlin kennen, trotz aller Anfeindungen lebten sie zunächst ohne Eheschließung zusammen. 1906 wurde ihr Sohn Alfred geboren, und sie heirateten nach der theologischen Dienstprüfung im Frühjahr 1909. Drei Monate Vikar, dann endgültige Trennung von der Kirche, Privatlehrer in Berlin, Mitarbeiter der SPD-Presse, u. a. der »Neuen Zeit«. 1910 Mitglied der SPD, Anhänger von Franz Mehring und Rosa Luxemburg, mit denen er und seine Frau bald befreundet waren. Ab 1912 zweiter politischer Feuilletonredakteur an der »Schwäbischen Tagwacht« in Stuttgart. Zusammen mit Arthur Crispien und Jacob Walcher vom württembergischen SPD-Vorstand nach Kriegsausbruch gemaßregelt, weil sie eine internationalistische linke Haltung vertraten.

Hoernle wurde 1915 zweiter Redakteur der Frauenzeitschrift »Gleichheit«. Während des Krieges mehrfach verhaftet, dann an die Front geschickt und dort im September 1918 schwer verwundet. Mitbegründer des Spartakusbundes und später der KPD. In Stuttgart gehörte er

dem Arbeiter- und Soldatenrat an, war von Januar bis Juni 1919 auf der Festung Ulm inhaftiert. 1919/20 Leiter der KPD in Württemberg, ab Oktober 1920 bei der Zentrale in Berlin mit dem Aufbau der Landabteilung betraut. Bis Ende 1922 zugleich für die Bildungsabteilung (später Agitprop) verantwortlich, leitete Hoernle lange Jahre auch die kommunistische Kinderarbeit. Auf dem VII. Parteitag 1921 und wieder auf dem VIII. Parteitag 1923 in die Zentrale der KPD gewählt, gehörte er in dieser Periode der rechten Politik zu den maßgebenden KPD-Führern. 1922 auf dem IV.Weltkongreß der Komintern als deutscher Vertreter ins EKKI berufen, blieb Hoernle bis Ende 1923 in Moskau. Seine bis dahin veröffentlichten Gedichtbände nannte er »Nebenprodukte kommunistischer Parteiarbeit«. Nach der Oktoberniederlage 1923 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde einer der Wortführer der Mittelgruppe. Die linke Mehrheit des IX. Parteitags verhinderte im Mai 1924 seine Kandidatur für den Reichstag. Von der Polizei gesucht, mußte Hoernle bis Dezember 1924 illegal leben, laut Steckbrief war er 1,72 Meter groß, dunkelblond und sprach schwäbische Mundart. Im Dezember 1924 dann doch in den Reichstag gewählt, dem er bis 1933 angehörte.

Nach dem »Offenen Brief« 1925 übernahm er in der Zentrale wieder die Landabteilung. Vom ZK Mitte 1927 als Chefredakteur der »Süddeutschen Arbeiterzeitung« nach Stuttgart entsandt. Das geschah nicht nur wegen des Funktionärmangels in Stuttgart, sondern auch, weil Hoernle – obwohl er nie auf dem linken Flügel gestanden hatte – energisch gegen die Methoden protestierte, mit denen die Linken ausgeschlossen wurden. 1928 kam er nach Berlin zurück und arbeitete bis 1933 in der Landabteilung des ZK. In der Wittorf-Affäre schwankte er nach eigenem Bekunden, war gegen Ernst Thälmann und distanzierte sich erst nach Stalins Eingreifen von den Versöhnlern. In der ultralinken Periode nach 1929 trat er nicht mehr besonders hervor. Hoernle entkam in der Nacht des Reichstagsbrandes der Verhaftung durch einen glücklichen Zufall, seine zweite Frau Hedda, geborene Ickert (* 24. 7. 1902 – † 27. 9. 1989), mit der er seit Anfang der dreißiger Jahre verheiratet war, hatte ihn versteckt. Ende 1933 emigrierte Hoernle in die Sowjetunion und wurde in Moskau Leiter der Abteilung Mitteleuropa im Agrarinstitut. Während des Krieges Mitglied des NKFD und Mitarbeiter des Weltwirtschaftsinstituts in Moskau.

Im Mai 1945 Rückkehr nach Deutschland, in Berlin Mitunterzeichner des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945. Ab 15.August 1945 Präsident der Deutschen Zentralverwaltung für Land- und Forstwirtschaft in der SBZ, bereits im Frühjahr 1948 bat Hoernle um seine Abberufung, trat dann aber erst im September 1949 zurück. Hoernle leitete als Dekan die agrarpolitische Fakultät der Deutschen Verwaltungsakademie in Forst Zinna. Er war Verfasser vieler Schriften, u.a. »Grundfragen der proletarischen Pädagogik« (1927), »Die Industrialisierung der deutschen Landwirtschaft« (1928) und der Gedichtbände »Aus Krieg und Kerker« (1919), »Okulifabeln« (1920) und »Die roten Lieder« (1924). Nach längerer Krankheit starb Edwin Hoernle am 21.Juli 1952 an einem Herzleiden in einem Sanatorium in Bad Liebenstein. Seine erste Frau Helene lebte seit 1923 mit Heinrich Rau zusammen. Sie emigrierte ebenfalls in die Sowjetunion und kehrte im März 1946 nach Deutschland zurück, arbeitete in der SED-BL Schwerin. Ihr beider Sohn Alfred Hoernle war Schlosser, nach 1933 illegal UB-Leiter in Berlin-Reinickendorf. 1936 verhaftet, am 4. November 1937 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Aussagen von Mithäftlingen soll Alfred Hoernle wegen angeblicher umfangreicher Aussagen bei der Gestapo im KZ Sachsenhausen von seinen Genossen »abgehängt worden« und 1942 buchstäblich verhungert sein.

Peter Erler /

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten