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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Kantorowicz, Alfred

* 12.8.1899 ✝ 27.3.1979

Geb. in Berlin in einer jüd. Fam.; Vater Kfm.; Volksschule, ab 1910 Hauslehrerschule, später Oberrealschule in Berlin; 1917/18 Militärdienst als Freiwilliger, Einsatz an der Westfront; 1919 Mitgl. einer Bürgerwehr in Berlin; 1919 Abitur; 1920 – 23 Jura- u. Germanistik-Studium in Berlin, Freiburg i. Br. u. Erlangen; 1924 in Erlangen Prom. zum Dr. jur. mit einer Diss. über die »Völkerrechtl. Grundlagen des nationaljüd. Heims in Palästina«; 1924 – 33 Kulturred. bzw. Feuilletonchef der »Westfälischen Neuesten Nachrichten« in Bielefeld (Ps. Dr. Alfred Kant); 1928/29 Korrespondent der »Vossischen Ztg.« in Paris; Lit.- u. Theaterkritiker für versch. Ztgn.; Veröff. in »Liter. Welt« u. »Die Tat«; Herbst 1931 Mitgl. der KPD, bereits zuvor für den illeg. Nachrichtenapparat der KPD tätig; Freundschaft mit  Ernst Bloch u.  Bertolt Brecht; März 1933 Emigr. nach Paris; Mitbegr. u. Gen.-Sekr. des SDS im Exil; Initiator u. Ltr. der Dt. Freiheitsbibliothek in Paris; Veröff. in »die aktion«, »Unsere Zeit«; 1934 u. 1936 Reisen nach Moskau; Dez. 1936 – April 1938 Teiln. am span. Bürgerkrieg als Offz.; Jan. – April 1937 Informationsoffz., Red. bzw. Ltr. der Interbrigadenztg. »Le Volontaire de la Liberté« (dt. Ausg.); Hrsg. der Dokumentation »Tschapajew, das Bat. der 21 Nationen« (Madrid 1938/Rudolstadt 1948); Apr. 1938 Rückkehr nach Paris; 1939 Arbeit am »Span. Tagebuch« (Berlin 1948; erw. als »Span. Kriegstagebuch«, Köln 1979); Sept. 1939 Internierung in Süd-Frankreich, u. a. in Les Milles; Juni 1940 Flucht nach Marseille, Illegalität; 1941 in die USA; Red. der Abt. Auslandsnachrichten beim Rundfunkkonzern CBS in New York; Arbeit für versch. Exilblätter u. amerikan. Ztschr.

Dez. 1946 Rückkehr nach Dtl.; 1947 – 49 Hrsg. der von drei Besatzungsmächten lizensierten Ztschr. »Ost u. West«; mit Richard Drews Veröff. eines ersten Überblicks über die Lit. des Widerstands (»Verboten u. verbrannt. Dt. Lit. 12 Jahre unterdrückt. München 1947); 1949 Thematisierung der Erfahrungen von Emigranten im Sammelband »Vom moral. Gewinn der Niederlage« (Berlin); 1949 Mitgl. des PEN-Zentrums Dtl.; 1950 SED; ab Winter 1949 Prof. für neueste dt. Lit. an der HU Berlin; 1955 Dir. des Germanist. Inst.; 1950 – 57 Ltr. des Heinrich-Mann-Archivs der DAK u. Hrsg. der Ausgew. Werke Heinrich Manns (1951 – 56); Ltr. des Thomas-Mann-Archivs der DAW; 1956 Verweigerung der Unterschrift unter die Ungarn-Resolution des DSV; Aug. 1957 Flucht vor drohender Verhaftung nach Berlin (West); 1957 – 61 in München u. ab 1962 in Hamburg als Publizist tätig; trotz seiner antikommunist. Haltung wird A. K. auch in der Bundesrep. wiederholt öffentl. angegriffen; 1965 Mitgl. der Freien AdK Hamburg; 1969 Thomas-Dehler-Preis; gest. in Hamburg.

Zahlr. Veröff. zum Werk der Gebrüder Mann, zur dt. Exillit. u. zum geistigen Widerstand in der DDR; die Bände »Dt. Tagebuch« (1959 u. 1961) legen subjektives Zeugnis vom Lebensgefühl in der DDR der 50er Jahre ab.

Dt. Schicksale. Neue Porträts. Berlin 1949; Dt. Schicksale. Intellektuelle unter Hitler u. Stalin. Wien u. a. 1964; Exil in Frankreich. Merkwürdigkeiten u. Denkwürdigkeiten. Bremen 1971; Pol. u. Lit. im Exil. Hamburg 1978; Nachtbücher: Aufzeichnungen im frz. Exil 1935 bis 1939. Hamburg 1995. Heydorn, H. J. (Hrsg.): Wache im Niemandsland. A. K. zum 70. Geburtstag. Köln 1969; Mytze, A. W. (Hrsg.): In memoriam A. K. In Europ. Ideen (1979) 44; A. K. 100 Texte, Zeugnisse, Dokumente, Briefe, Gedichte. In: Europ. Ideen (1999) 1; McLellan, J.: The Politics of Communist Biography: A. K. and the Spanish Civil War. In: German History (2004) 4; Gruner, W.: »Ein Schicksal, das ich mit sehr vielen anderen geteilt habe«. A. K. – sein Leben u. seine Zeit von 1899 bis 1935. Kassel 2006.

Bernd-Rainer Barth

Handbuch Deutsche Kommunisten

Kantorowicz, Alfred

* 12.8.1899 ✝ 27.3.1979

(* 1899 – † 1979)

Geboren am 12. August 1899 in Berlin, Sohn eines Kaufmanns. 1917 Militärdienst als Freiwilliger, 1918 Abitur und von 1919 bis 1923 Studium (Jura und Germanistik) in Berlin und Freiburg i. Br. In Erlangen 1923 Promotion zum Dr. jur., ab 1924 Kulturredakteur in Mannheim, dazwischen 1928/29 als Korrespondent in Paris, später Redakteur der »Vossischen Zeitung« in Berlin. Kantorowicz machte sich einen Namen als Theaterkritiker, er war u. a. mit Ernst Bloch und Bertolt Brecht befreundet und trat 1931 offiziell in die KPD ein. Tatsächlich arbeitete er bereits vorher für die Partei, kurze Zeit auch für den Nachrichtendienst der Berliner Zentrale. Im März 1933 emigrierte er nach Paris, wurde dort Generalsekretär des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller (SDS) im Exil, Leiter der deutschen Freiheitsbibliothek und war für die KPD-Leitung aktiv. Kantorowicz arbeitete mit am »Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitler-Terror« von Willi Münzenberg. Von Dezember 1936 bis April 1938 war er Offizier der Interbrigaden im Spanischen Bürgerkrieg, verwundet; berühmt wurden seine Dokumentation »Tschapajew« (1938) und später sein »Spanisches Tagebuch«. Im September 1939 interniert, floh er im Juni 1940 nach Marseille und konnte 1941 mit Hilfe von Verwandten, reichen jüdischen Tuchhändlern, in die USA entkommen, dort Nachrichtenredakteur. Ende 1946 kehrte Kantorowicz nach Deutschland zurück, wurde Herausgeber der von den Alliierten in Berlin bis 1949 lizenzierten Zeitschrift »Ost und West« und veröffentlichte zahlreiche Broschüren, darunter 1947 »Verboten und verbrannt«. 1947 Mitglied der SED und 1950 Professor für Neue Deutsche Literatur an der Berliner Humboldt-Universität. Leiter des Heinrich-Mann-Archivs (mit Mann stand er in enger Verbindung). Kantorowicz weigerte sich 1956, eine Resolution gegen den ungarischen Aufstand zu unterschreiben und flüchtete 1957 vor drohender Verhaftung in die Bundesrepublik. Er lebte bis 1962 in München, dann in Hamburg, publizierte zahlreiche Werke, darunter sein »Deutsches Tagebuch« (1959 und 1961). In der Bundesrepublik wurde er öfter wegen seiner SED-Zugehörigkeit angegriffen, von der DDR als Renegat und Verräter beschimpft. Er fühlte sich als Kämpfer zwischen den Fronten. 1969 erhielt er den Thomas-Dehler-Preis. Alfred Kantorowicz starb am 27. März 1979 in Hamburg. Kantorowicz erste Frau Frieda, geborene Ebenhoech (* 18. 6. 1905 – †20.8. 1969), war Schauspielerin, bis 1932 Engagements an verschiedenen Bühnen in Deutschland. Ende März 1933 emigrierte sie nach Frankreich, war an der »Deutschen Freiheitsbibliothek« und 1937/38 in Spanien Mitarbeiterin an der deutschen Sendung von Radio Madrid und Übersetzerin im Generalkommissariat der Internationalen Brigaden.

Im März 1941 folgte sie ihrem Mann in die USA, im Januar 1947 Rückkehr nach Deutschland, Mitglied der SED, von August 1947 bis Oktober 1949 Redakteurin an der Zeitschrift »Ost und West«, ab Oktober 1949 beim Amt für Information, später beim ADN tätig. Sie erhielt 1965 den VVO in Silber.

Bernd-Rainer Barth

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten