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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Kleine, August (Guralski

* 10.4.1890 ✝ 1960

(* 1890 – † 1960?)

August Kleine-Guralski wurde am 10. April 1890 als Abram Jakowlewitsch Heifetz, Sohn einer kinderreichen jüdischen Familie in Riga geboren. Sein Vater war dort Lehrer an der jüdischen Schule. Er besuchte von 1902 bis 1910 die Handelsschule in Riga, schloß sich der jüdischen Arbeiterorganisation »Bund« an, trat in die lettische Sozialdemokratie ein und wurde als Samuel Guralski Funktionär in deren Kulturzentrum. 1908 erste Verhaftung wegen seiner Aktivitäten im Rigaer »Bund«. Als Abgesandter des »Bundes« hielt er sich in Lettland und in Weißrußland auf, wurde mehrmals inhaftiert und erhielt Aufenthaltsbeschränkungen. 1912 emigrierte er aus Rußland und nahm im selben Jahr an der 9. Konferenz des »Bundes« in Wien teil. 1913 wurde Guralski in ¸ódê festgenommen, nach Rußland überführt, floh dann erneut nach Wien, wo er sein Universitätsstudium durch Gelegenheitsarbeiten finanzierte.

1914 setzte er sein Studium in Lausanne fort, lernte 1916 Leo Trotzki und Grigori Sinowjew kennen und reiste im Mai 1917 im zweiten »verplombten Eisenbahnzug« nach Rußland. Im Oktober 1917 gehörte Guralski als Vertreter der Internationalisten im »Bund« in Odessa zusammen mit den Bolschewiki dem Revolutionären Komitee an und wurde unter seinem Familiennamen Heifetz verhaftet. Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Kiew übernahm er verschiedene staatliche Funktionen in der Ukraine. Im September 1919 schickte ihn das EKKI als Vertreter (Pseudonym Kleine) nach Deutschland, er wurde zwar ausgewiesen, kam aber 1921 zusammen mit Bela Kun wieder zurück, um hier den März-Aufstand vorzubereiten. Kleine-Guralski nahm am III. Komintern-Kongreß teil und wurde dann Mitglied der Zentrale der KPD. Zusammen mit seiner Frau Käthe Pohl spielte er bald eine führende Rolle in der KPD. Käthe Pohl war ab 1922 Sekretärin des Polbüros der KPD, sie hatte 1922 bis 1924 in der KPD wie Kleine erheblichen Einfluß, wurde 1924 von den Linken abgelöst.

Die Ehe August Kleines mit Käthe Pohl wurde 1923 geschieden, danach heiratete er R. Jezerskaja. Auf dem VIII. Parteitag im Januar 1923 in Leipzig wurde er als August Kleine offiziell in die Zentrale der KPD gewählt, von dieser in das Polbüro aufgenommen, er beteiligte sich führend an den Aufstandsvorbereitungen im Herbst 1923. Nach der Oktoberniederlage war Kleine einer der Hauptorganisatoren der Mittelgruppe und gehörte nach deren Übernahme der Parteiführung im Januar 1924 wieder zur Spitze der KPD. Da die Mittelgruppe auf dem IX. Frankfurter Parteitag scheiterte, verließ Kleine Deutschland.

Auf dem V. Komintern-Kongreß im Sommer 1924 wandte er sich gegen Karl Radek und Heinrich Brandler, kritisierte deren Rückzugspolitik.

Ab Sommer 1924 war Guralski-Kleine offizieller EKKI-Vertreter bei der französischen KP. Er forcierte den Kurs der Bolschewisierung der FKP mit der neuen Führung um Thorez-Cachin-Semard. In Frankreich lebte er unter dem Decknamen Auguste Lepetit, wurde im Juli 1925 verhaftet, ausgewiesen und ging nach Rußland zurück. Da er hier aktiv für die »Neue Opposition« unter Sinowjew/Kamenew wirkte, aus der Komintern-Arbeit entlassen. Abteilungsleiter im Marx-Engels-Institut. Er war weiter führend in der Opposition, unterzeichnete im Mai 1927 die »Plattform der 83«. Daraufhin im Dezember 1927 zusammen mit Trotzki, Sinowjew, Radek und zahlreichen anderen Oppositionellen aus der KPdSU ausgeschlossen und Anfang 1928 nach Frunse (Kirgisien) verbannt.

Nach einer Unterwerfungserklärung im Mai 1928 durfte Kleine-Guralski nach Taschkent übersiedeln und kam als Lehrstuhlleiter an die Kommunistische Universität. Er soll sich bereit erklärt haben, für die GPU/NKWD zu arbeiten, im Juni 1928 wieder KPdSU-Mitglied. Ab August 1929 erneut im Komintern-Apparat, zuerst im Mitteleuropäischen Ländersekretariat, dann von 1930 bis 1934 unter dem Decknamen Rustico als EKKI-Vertreter in Südamerika zusammen mit seiner dritten Ehefrau Nadeshda Tultschinskaja, die als Chiffreurin für die OMS arbeitete.

Im August 1936 wurde Guralski wiederum aus der Partei ausgeschlossen, verhaftet und im August 1937 zu acht Jahren Lager verurteilt. Im Mai 1938 freigelassen, war er nach Aufhebung des Urteils als Mitarbeiter des NKWD eingesetzt und soll in Berichten Bela Kun, Poganyi-Pepper, Ossip Pjatnitzki und Hugo Eberlein »entlarvt« haben. Später Dozent an der historischen Fakultät der Moskauer Universität, promovierte im April 1941 über »Französische Geschichte 1919-1924«.

Wieder in die KPdSU aufgenommen, wirkte Kleine-Guralski bis 1948 unter dem Namen Professor Arnold als Propagandist unter deutschen Kriegsgefangenen und wurde Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften. Dort entlassen, im November 1950 im Rahmen der antijüdischen Verfolgungen festgenommen und im März 1952 zu zehn Jahren Lager verurteilt. Versuche, ihn 1956 zu amnestieren, scheiterten. Er wurde erst 1958 wegen Invalidität vorzeitig freigelassen. August Guralski-Kleine soll im Sommer 1960 in Moskau gestorben sein.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten