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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Kuczynski, Jürgen

* 17.9.1904 ✝ 6.8.1997

Geb. in Elberfeld; Vater Bankier u. Statistiker; 1910 – 16 Privatschule in Berlin-Zehlendorf, 1916 – 1922 Gymnasium in Berlin; 1922 – 24 Studium der Philos., Finanzwirtsch. u. Statistik in Berlin, Erlangen u. Heidelberg; 1925 Prom. in Erlangen zum Thema »Der ökon. Wert«; 1925/26 angebl. Kontakte zum sowj. Militärnachrichtendienst (»Karo«); 1926 – 29 USA; 1926 Postgraduate Studies an der Brooking-School Washington; 1927 – 28 Ltr. der Forschungsabt. der American Federation of Labor; 1929 – 34 Mithrsg. der »Finanzpol. Korrespondenz«; 1930 KPD; 1930 – 33 Wirtschaftsred. der »Roten Fahne«; Lehrtätigkeit an der MASCH; Ltr. der Abt. Information in der Reichsltg. der RGO; 1933 – 36 illeg. Arbeit in der KPD-Reichsltg.; 1936 Emigr. nach Großbritannien, bis 1944 Mitgl. der KPD-Ltg. in England; 1936 – 39 Ltr. der Gruppe der dt. Kommunisten; 1936 – 44 Mitarb. in der Red. von »Labour Monthly« u. des Dt. Freiheitssenders 29,8; 1939 Mitbegr. des Freien Dt. KB; 1944 – 45 wiss. Mitarb. des United States Strategic Bombing Survey u. Oberst der US-Army.

1945 Präs. der ZV für Finanzen; 1946 SED; 1946 – 56 ord. Prof. an der Univ. Berlin, Gründer u. Ltr. des dortigen Inst. für Wirtschaftsgesch., zeitw. Dekan der Wirtschaftswiss. Fak.; 1947 – 50 Präs. der Ges. zum Studium der Kultur der Sowjetunion; 1949 – 58 Abg. der Volkskammer; 1949 – 52 nebenamtl. Dir. des Dt. Wirtschaftsinst.; 1955 Ord. Mitgl. der DAW; 1956 – 68 Ltr. der Abt. Wirtschaftsgeschichte des Inst. für Geschichte bzw. Dir. des Inst. für Wirtschaftsgeschichte der DAW; 1957 – 59 Revisionismusvorwürfe; 1965 – 79 Vors. des Nationalkomitees der Wirtschaftshist.; 1968 em.; Dr. h. c. der HU Berlin, der TU Dresden u. der MLU Halle; 1976 ausw. Mitgl. der AdW der UdSSR; Fellow der Royal Statistical Society London; zeitw. Mitgl. des EK der Internat. Economic History Association; 1949 u. 1974 NP; 1969 KMO; 1979 Stern der Völkerfreundschaft; 1984 VVO; 1989 Ehrenspange zum VVO; 1990 Mitgl. des Ältestenrats der PDS; gest. in Berlin-Weißensee, wo 2009 ein Platz nach ihm benannt wurde.

J. K. galt als Nestor der DDR-Ges.-Wiss.; er hat auf nahezu allen Gebieten der Geistes- u. Sozialwiss. publiziert, seine Bibl. weist annähernd 4.000 Publ. auf, darunter u. a. umfgr. Werke zur Geschichte der Lage der Arbeiter (40 Bde.), Studien zur Geschichte der Ges.-Wiss. (10 Bde.) u. zur Geschichte des Alltags des dt. Volkes (6 Bde.); gegen J. K. wurden mehrmals Revisionismusvorwürfe erhoben; er war dennoch außenwirtschaftspol. Berater Erich Honeckers; J. K.s Einfluß u. Engagement bewirkten, daß das von ihm gegr. Inst. für Wirtschaftsgeschichte bis 1989 eine Einrichtung blieb, an der im Gegensatz zu anderen Hist. Inst. relativ frei geforscht werden konnte.

Memoiren. Berlin, Weimar 1973; Dialog mit meinem Urenkel. Berlin, Weimar 1983; 60 Jahre Konjunkturforscher. Sonderbd. Jb. für Wirtschaftsgeschichte (JfWG). Berlin 1984; Schwierige Jahre. Berlin 1990; Kurze Bilanz eines langen Lebens. Berlin 1991; Ein linientreuer Dissident. Berlin, Weimar 1992; Nicht ohne Einfluß. Köln 1993; Frost nach dem Tauwetter. Berlin 1993; Ein Leben in der Wiss. der DDR. Münster 1994; Freunde und gute Bekannte. Berlin 1997; Ein hoffnungsloser Fall von Optimismus? Berlin 1994 (Bibl.); Fortgesetzter Dialog mit meinem Urenkel. Berlin 1996; Ein treuer Rebell. Berlin 1998. J. K. In: Grimm, T.: Was von den Träumen blieb. Berlin 1993; Fs.: ZeitGenosse J. K. Berlin 1994; Girnus, W. (Hrsg.): Sozialistischer Weltbürger u. Enzyklopädist. Mosaiksteine zu J. K. Leipzig 2007; Lembke, H. H.: Die Schwarzen Schafe bei den Gradenwitz u. Kuczynski. Zwei Berliner Familien im 19. u. 20. Jahrhundert. Berlin 2008; Bibliogr. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgesch. Sonderbd. 1974, 1979/II, Sonderbd. 1984 (Bibl.), 1989/ II.

Ilko-Sascha Kowalczuk

Handbuch Deutsche Kommunisten

Kuczynski, Jürgen

* 17.9.1904 ✝ 6.8.1997

(* 1904 – † 1997)

Geboren am 17. September 1904 in Elberfeld, Sohn des Wirtschaftswissenschaftlers René Kuczynski. Nach dem Gymnasium von 1922 bis 1924 Studium der Philosophie, Finanzwirtschaft und Statistik an den Universitäten Berlin, Erlangen und Heidelberg, 1925 Promotion zum Dr. rer. pol. Er war von 1926 bis 1929 in den USA, dort Leiter der Wirtschaftsabteilung in der American Federation of Labor in Washington. Seit 1930 Mitglied der KPD, war er von 1929 bis 1934 Mitherausgeber der »Finanzpolitischen Korrespondenz« und von 1930 bis 1933 Wirtschaftsredakteur der »Roten Fahne« sowie neben Lehrtätigkeit an der MASCH Leiter der Informationsabteilung in der RGO-Reichsleitung. 1936 Emigration nach Großbritannien, dort leitete er eine Gruppe deutscher Kommunisten, Redakteur und Mitbegründer des Freien Deutschen Kulturbundes. 1944/45 Statistiker in der US-Army, Kuczynski kehrte als US-Oberstleutnant 1945 nach Berlin zurück. Er wurde 1946 Mitglied der SED und Ordinarius für Wirtschaftsgeschichte an der Berliner Universität. Von Juni 1947 bis Juni 1950 Vorsitzender der Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion, dann bis Januar 1951 deren Vizepräsident. Kuczynski leitete von 1949 bis 1953 das Deutsche Wirtschaftsinstitut in Ost-Berlin. Seit 1955 ordentliches Mitglied der AdW, ab 1964 Leiter der Arbeitsstelle für Wirtschaftsgeschichte, später Direktor des Instituts für Wirtschaftsgeschichte. Er war nach seiner Emeritierung 1968 weiter wissenschaftlich aktiv, u. a. setzte er seine 1960 begonnene 40-bändige »Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus« fort und veröffentlichte die »Geschichte des Alltags des deutschen Volkes« in sechs Bänden. Gegen Kuczynski wurden von der SED-Führung in den Jahren 1957 bis 1959 Revisionismusvorwürfe erhoben, besonders seine populärwissenschaftlichen Schriften lösten wiederholt öffentliche Parteikritik aus, die ihn aber nur bekannter machte. Er wurde Nestor der DDR-Gesellschaftswissenschaften. Seinen »Memoiren« 1973 ließ er 1983 das Buch »Dialog mit meinem Urenkel« folgen. 1949 und 1974 erhielt er den Nationalpreis, 1969 den Karl-Marx-Orden. Kuczynski war Berater Erich Honeckers in außenwirtschaftspolitischen Fragen. Auch nach dem Ende der DDR publizierte er weiter: u. a. »Kurze Bilanz eines langen Lebens« (1991) und »Ein linientreuer Dissident« (1992). Jürgen Kuczynski starb am 6.August 1997 in Berlin.

Ilko-Sascha Kowalczuk

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten