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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Kuntz, Albert

* 4.12.1896 ✝ 23.1.1945

Am 4. Dezember 1896 in Bennewitz bei Wurzen als Sohn eines Tischlers und eines Dienstmädchens geboren. Seit 1900 mußte die Mutter Albert und zwei jüngere Geschwister allein ernähren; er wuchs in großer Armut auf. Schon als Schulkind mußte er in einer Federnschleißfabrik arbeiten, war später Laufjunge. Von 1911 bis 1915 Lehre als Kupferschmied, Mitglied der Gewerkschaft. 1916 Soldat eines Pionierbataillons, erlitt bei Verdun eine schwere Beinverwundung. 1918 in den Soldatenrat gewählt, 1919 Mitglied des Arbeiterrates in Wurzen und im Juli 1919 Mitbegründer der dortigen KPD. Ab 1920 in der BL der KPD Mitteldeutschland, als Kupferschmied war er viel auf Montage. Nach einem Betriebsunfall 1922 Notstandsarbeiter, ab 1923 hauptamtlicher KPD-Funktionär, Orgleiter für Westsachsen in Leipzig. Von Februar 1925 bis Februar 1926 wieder Arbeiter in Chemnitz, Mitglied der BL Erzgebirge-Vogtland. Kuntz wurde 1926 vom Polleiter Alwin Heucke als Orgleiter nach Hessen-Frankfurt geholt und blieb in dieser Funktion bis 1928. Nach dem Ausschluß der Rechten übernahm er im Oktober 1928 als Polleiter die Führung des Bezirks Hessen-Frankfurt. Auf dem XII. Weddinger Parteitag 1929 zum Kandidaten des ZK berufen, ab 1930 Orgleiter des Bezirks Berlin-Brandenburg. Im April 1932 als Abgeordneter in den Preußischen Landtag gewählt, Ende Juni 1932 ging er erneut als Polleiter nach Hessen-Frankfurt. Im Februar 1933 Teilnehmer der illegalen Tagung der Parteiführung im Sporthaus Ziegenhals bei Berlin. Am 12. März 1933 bei einer illegalen Versammlung in Dreieich/Hessen verhaftet, wurde Kuntz, ein Hüne von Gestalt, fürchterlich zusammengeschlagen und lag wochenlang im Gefängnislazarett. Vom 4. bis 19.Juni 1934 stand er als Hauptangeklagter vor Gericht, im (zweiten) Prozeß wegen der Ermordung der Polizeihauptleute Anlauf und Lenck durch den KPD-Apparat am 9. August 1931 in Berlin. Während drei Angeklagte zum Tode, die anderen zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt wurden, kam es für Kuntz zu einem Freispruch: »Aufgrund der glaubhaften Aussage des Angeklagten Klause ( Michael Klause) steht somit fest, daß der Angeklagte Kuntz von dem Mordplan unterrichtet war. Er war zugegen, als Kippenberger am Sonnabend den Plan entwickelte, wie der Hauptmann Anlauf noch am selben Abend unter Mitwirkung des RFB erschossen werden sollte; er kam hinzu, als Kippenberger den zweiten Plan entwickelte; er war dabei, als Heinz Neumann am Sonntagabend den Peschky zur Tat drängte... Es hat sich aber nicht feststellen lassen, daß Kuntz irgendwie bei der Ausführung des Verbrechens mitgewirkt hat. Auch nach Klauses Darstellung hat er selbst nichts getan, um den Erfolg herbeizuführen oder die Tat irgendwie zu fördern. Wegen Mittäterschaft oder Beihilfe an dem Mord konnte er daher nicht bestraft werden. Ferner hat er nach der Begehung des Mordes den Tätern Ziemer und Mielke [später Minister für Staatssicherheit der DDR] wissentlich Beistand geleistet, um sie der Bestrafung zu entziehen.« Da Kuntz’ Vergehen unter Amnestie fielen, wurde er in diesem Prozeß freigesprochen, jedoch weiter in »Schutzhaft« im KZ Lichtenburg gefangen gehalten. Im April 1935 zu eineinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, kam er nach Verbüßung dieser Strafe im Zuchthaus Kassel erneut ins KZ Lichtenburg, im August 1937 dann nach Buchenwald, wo er zusammen mit Walter Stoecker und Theodor Neubauer die illegale KPD-Gruppe organisierte. 1942 mehrere Monate im berüchtigten Bunker des KZ eingesperrt, 1943 ins Nebenlager Kassel und im September in das Lager Dora bei Nordhausen gebracht. Unter seiner Leitung verübte eine illegale Gruppe Sabotage an den dort hergestellten V-Waffen. Im November 1944 bemühte sich die SS vergebens, von ihm die Hintergründe der Sabotage zu erfahren. Am 23.Januar 1945 wurde Albert Kuntz im Bunker ermordet, seine Leiche im Krematorium des KZ verbrannt.

Seine Frau Ellen Kuntz, geborene Geißler (*2.2. 1898 – † 21. 5. 1986), war Hausangestellte bei Alexandra und Franz Pfemfert, bei denen sie sich auch weiterbilden konnte. 1920 KPD-Mitglied, kehrte sie 1925 nach Sachsen zurück. Hier lernte sie Albert Kuntz kennen, sie heirateten 1926. Mit ihrem Mann und dem 1926 geborenen Sohn Leo siedelte sie nach Frankfurt/M. über, war hier Leiterin des Jungspartakusbundes und gehörte von 1927 bis 1929 der Reichsleitung des RFMB an. Nach der Verhaftung ihres Mannes lehnte sie Angebote, in die Emigration zu gehen, ab. Ellen Kuntz wollte den Kontakt zu ihrem Mann nicht abbrechen lassen und blieb in Berlin. 1945/46 Mitglied der KPD-BL Groß-Berlin, verlor sie nach den Oktoberwahlen 1946 ihren Posten als Vizebürgermeisterin in Berlin-Schöneberg. 1950 zunächst Instrukteurin, später stellvertretende Leiterin der Frauenabteilung des SED-PV bzw. der Arbeitsgruppe Frauen des ZK. Sie erhielt 1973 die Ehrenspange zum VVO in Gold. 2005 veröffentlichte der Sohn Leo Kuntz eine Briefedition: »Albert Kuntz: »Liebste Ellen...« Briefe aus der Nazi-Haft 1933 bis 1944«.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten