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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Kurella, Alfred

* 2.5.1895 ✝ 12.6.1975

Geb. in Brieg (Niederschles. / Brzeg, Polen); Vater Psychiater (Bruder Heinrich K. 1937 in Moskau zum Tode verurteilt u. erschossen); Gymnasium in Breslau, Ahrweiler u. Bonn; 1910 Eintritt in die Wandervogelbew.; Studium der Malerei u. Grafik an der Kunstgewerbeschule München; 1914 – 16 Kriegsfreiw., Artillerie, durch Simulation Entlassung; Hauslehrer u. Mitarb. an linken bürgerl. Ztg. in Leipzig u. Dresden; entzog sich 1917 einem Hochverratsprozeß durch Illegalität; Nov. 1918 Begr. u. Vors. der Ortsgr. der FSJ in München; Dez. 1918 Kommunist. Partei München, dann KPD; März/April 1919 als Kurier nach Moskau, Treffen mit Wladimir I. Lenin; Aug. 1919 als Vertreter des russ. kommunist. Jugendverb. Mitbegr. der KJI; Kand. u. ab 1921 Mitgl. u. 1. Sekr. des KJI- EK in Berlin u. in Moskau; ab 1920 zugl. Mitgl. des Büros des ZK des Komsomol; Mitorganisator der europ. kommunist. Jugendbew.; Verhaftungen in Österreich, der Schweiz (1919) u. Dänemark (1920); 1924 – 29 KPdSU; 1924 – 26 Ltr. einer KI-Jugendschule u. einer Schule der frz. KP in Bobigny; 1926 – 28 stellv. Ltr. der Agitprop-Abt. des EKKI in Moskau; 1928/29 Ltr. der Abt. Bildende Kunst im Volkskommissariat für Volksbild. der RSFSR u. Red. bei der »Komsomolskaja Prawda«; nach »ultralinken, formalist. Fehlern« auf eigenen Wunsch Rückversetzung nach Dtl.; 1929 KPD; freier Schriftst.; Propagandist der KPD in Berlin; dann Ltr. der Agitproparbeit des »Internat. Komitees der Freunde der Sowjetunion«; Mitarb. an der »AIZ«; 1930 strenge Rüge wegen Kritik an der KPD-UB-Ltg.; 1931 Lehrtätigkeit an der MASCH; 1931 Studienreise nach Italien; Mitgl. des BPRS; 1932 Aufenthalt in Moskau; 1932 – 34 im Auftrag der KI Sekr. des Internat. Komitees zum Kampf gegen Krieg u. Fasch. in Paris; Chefred. dessen Organs »Le Front Mondial«; anschl. bis 1935 Sekr. von Georgi Dimitroff in Moskau; Dez. 1934 strenge Rüge wegen der Teiln. an einer Feier ehem. KJI-Funktionäre bei Fritz Globig, Ausschl. aus dem Apparat der KI; 1934 – 38 publizist. u. schriftsteller. Arbeiten (Ps. Bernhard Ziegler u. Viktor Röbig); 1935 – 37 Ltr. der wiss.-bibl. Abt. der Moskauer Zentralbibliothek für ausländ. Lit.; Red.-Mitgl. der »Internat. Lit./Dt. Blätter«; 1937 Aberkennung der dt. Staatsbürgerschaft; sowj. Staatsbürgerschaft; 1940 u. a. Übersetzung des ukrain. Nationaldichters Taras Schewtschenko; 1941 – 45 »Oberred.« in der Pol. HV der Roten Armee; Okt. 1941 Evakuierung nach Kasan; ltd. Red. der Ztg. »Front-Illustrierte«; ab 1942 auch Red. der Ztg. »Das freie Wort«; Dez. 1942/Jan. 1943 Prop.-Einsatz im Kessel von Welikije Luki; 1943 Mitarbeit am Entwurf des Manifests des NKFD, Juli 1943 stellv. Chefred. der NKFD-Ztg. »Freies Dtl.«; 1944 Mitarb. am Nachkriegsprogramm der KPD.

1946 Umzug in den Kaukasus; Schriftst., Übersetzer u. Hrsg. u. a. von Nikolai Tschernyschewski, Nikolai Dobroljubow, Alexander Herzen u. Wissarion Belinski; 1948 Antrag auf Rückkehr nach Dtl.; 1949 Anforderung durch die SED; Rückkehr nach Moskau; 9.2.1954 Übersiedl. in die DDR; SED; VdN; 1954 – 57 Dir. des Inst. für Lit. »Johannes R. Becher« in Leipzig; 1955 Mitgl. u. 1965 – 74 Vizepräs. der AdK; 1955 Mitgl. des Vorst. des DSV; ab 1957 Mitgl. des Präsidialrats des KB; 1957 – 63 Ltr. der Kulturkommission beim PB des ZK der SED; seit 1958 Mitgl. der Volkskammer; Mitgl. des ZK der SED u. 1958 – 63 Kand. des PB; maßgebl. an der Durchsetzung des »soz. Realismus« u. vielen kulturpol. Interventionen der SED-Führung beteiligt; ab 1962 Mitgl. des Präs. der Dt.-Ital. Ges. u. ab 1964 des Präs. der Dt.-Arab. Ges.; 1963 Ehrenpension; ab 1963 Mitgl. der Ideolog. Kommission beim PB des ZK der SED; 1968 Prom. zum Dr. phil. an der FSU Jena mit der Arbeit »Das Eigene u. das Fremde« (Berlin, Weimar 1968); 1961 KMO; 1969 NP; 1970 Kunstpreis des FDGB u. der FDJ; Ehrenspange zum VVO.

Gründung u. Aufbau der KJI. Berlin 1929; Mussolini ohne Maske. 1931; Wo liegt Madrid? Kiew 1939; Ich lebe in Moskau. 1947; Der Mensch als Schöpfer seiner selbst. Berlin 1958; Dimitroff kontra Göring. Berlin 1964; Unterwegs zu Lenin. Berlin 1967. A. K. u. E. Cohn-Vossen: Der Traum von Ps’schu. Ein Briefwechsel im Zweiten Weltkrieg. Berlin, Weimar 1984.

Peter Erler

Handbuch Deutsche Kommunisten

Kurella, Alfred

* 2.5.1895 ✝ 12.6.1975

Geboren am 2. Mai 1895 in Brieg/Schlesien, Sohn eines Arztes. 1914 in Bonn Abitur, danach begann er an der Kunstgewerbeschule in München zu studieren. Vor 1914 Mitglied der Wandervogelbewegung, meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger, wurde im Weltkrieg radikalisiert. Einem Hochverratsverfahren entzog er sich 1917 durch Desertion und ging in die Illegalität. Ende 1918 gehörte Kurella zu den Mitbegründern der Münchner Ortsgruppe der FSJ und trat Anfang 1919 in die KPD ein. Im März 1919 wegen drohender Verhaftung nach Sowjetrußland geflohen, traf er dort mit Lenin zusammen. Er wurde Vertreter des russischen kommunistischen Jugendverbandes und setzte auf dem Gründungskongreß der KJI die Linie der Komintern gegen den auf Unabhängigkeit und Distanz zu Moskau bedachten Willi Münzenberg durch. Von 1919 bis 1921 war Kurella 2. Vertreter des russischen Komsomol und Kandidat des Exekutivkomitees der KJI, das seinen Sitz in Berlin hatte. Ab 1921 Vollmitglied, zeitweise 1. Sekretär des Exekutivkomitees der KJI in Moskau. Kurella arbeitete von 1920 bis 1924 im Büro des ZK des Komsomol, im Juli 1924 wurde er Mitglied der KPdSU. Von 1924 bis 1926 zunächst Leiter einer Jugendschule der Komintern, anschließend Direktor der Schule der KP Frankreichs in Bobigny. 1926 in die UdSSR zurückgekehrt, wurde er stellvertretender Leiter der Abteilung Agitation und Propaganda der Komintern, 1928/29 der Abteilung für bildende Kunst im Volkskommissariat für Bildungswesen in Moskau.

Im November 1929 ging Kurella nach Deutschland, Mitglied der KPD und zunächst freier Schriftsteller und Publizist in Berlin, dann Redakteur des Informationsblattes des neugegründeten »Internationalen Komitees der Freunde der Sowjetunion«. Er arbeitete auch für die AIZ, hielt Vorträge an der MASCH und war Mitglied des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. Ende 1932 von der Komintern mit der Leitung der in Paris erscheinenden Zeitschrift »Le Front Mondial« beauftragt und dort Sekretär des Weltkomitees gegen Faschismus und Krieg. Ab Januar 1934 wieder in der Sowjetunion, zeitweilig persönlicher Sekretär von Georgi Dimitroff. Kurella erhielt 1935 durch die IKK eine »strenge Rüge« wegen »parteischädlicher Zusammenkünfte«, daraufhin aus dem Komintern-Apparat entfernt. Er hatte Ende November 1934 an einer Zusammenkunft ehemaliger Mitglieder des Exekutivkomitees der KJI in der Wohnung Fritz Globigs teilgenommen, anwesend waren auch die ehemaligen Jugendfunktionäre Lasar Schatzkin und Voja Vujovic, die später vom NKWD ermordet wurden. Kurella wurde abgeschoben als Abteilungsleiter für Auslandsliteratur der Moskauer Unionsbibliothek. Er eröffnete in der Zeitschrift »Das Wort« die sogenannte Expressionismus-Debatte. Wegen der Verhaftung seines Bruders Heinrich Kurella durch das NKWD im Juli 1937 durfte er nur unter den Pseudonymen Bernhard Ziegler und Viktor Röbig publizieren. Hedda Zinner erinnerte sich 1989, damals sei in Moskau davon gesprochen worden, Alfred habe seinen Bruder Heinrich denunziert. 1941 kam er als Oberredakteur in die VII. Abteilung der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee, lehrte ab Sommer 1943 an der als Institut 99 getarnten KPD-Parteischule und war zugleich stellvertretender Chefredakteur der NKFD-Zeitung »Freies Deutschland«. Von 1949 bis 1954 arbeitete er als Publizist und Übersetzer in Moskau.

1954 durfte er in die DDR ausreisen, wurde Mitglied der SED und war von 1955 bis 1957 Direktor des Literaturinstituts »Johannes R. Becher« in Leipzig, ab 1957 Leiter der Kulturkommission des Politbüros der SED. Von 1958 an Mitglied im ZK sowie im selben Jahr auch Kandidat des Politbüros und Sekretär des ZK. Stets ein dogmatischer Anhänger der Reglementierung der Kulturpolitik, schied er 1963 aus dem Politbüro und dem Sekretariat des ZK aus. Als freier Schriftsteller führte er bis zu seinem Lebensende einen rigorosen Kampf gegen »Dekadenz und Modernismus«. Von 1964 bis 1974 Vizepräsident der Ostberliner Akademie der Künste, erhielt er 1945 sowjetische Medaillen für den »Sieg über das faschistische Deutschland«, 1960 den Karl-Marx-Orden und 1969 den DDR-Nationalpreis. Er war mehrmals verheiratet und hatte acht Kinder. Alfred Kurella starb am 12. Juni 1975 in Ost-Berlin.

Peter Erler

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten