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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Levi, Paul

* 11.3.1883 ✝ 9.2.1930

Geboren am 11. März 1883 in Hechingen, Sohn eines Webereibesitzers und Vorstehers der israelitischen Gemeinde; besuchte das Gymnasium in Stuttgart und studierte in Berlin und Grenoble. Er promovierte 1905 in Heidelberg mit der Dissertation »Das Verhältnis von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsklage«. 1906 ließ er sich in Frankfurt/M. als Rechtsanwalt nieder und wurde als Armenanwalt tätig. Mitglied der SPD, war 1913 Delegierter auf dem SPD-Parteitag. Als Verteidiger im großen Prozeß gegen Rosa Luxemburg im Februar 1914 geriet er unter ihren theoretischen und politischen Einfluß. Zwischen ihnen kam es auch zu engen persönlichen Beziehungen, wie die (erst 1983 veröffentlichten) Liebesbriefe aus dem Jahr 1914 zeigen. Im Weltkrieg gehörte er als Gegner der »Vaterlandsverteidigung« und des »Burgfriedens« der Spartakusgruppe an, lebte seit 1916 in der Schweiz, wo er in Kontakt zu Lenin stand. Er nahm als Vertreter der Spartakusgruppe im Februar 1917 an einer Konferenz der kriegsgegnerischen »Zimmerwalder Parteien« in Olten in der Schweiz teil. Nach der Revolution 1918 zählte er zur Führung des Spartakusbundes und zu den Mitbegründern der KPD. Vom Gründungsparteitag, auf dem er sich als Referent vergeblich für die Beteiligung an den Wahlen zur Nationalversammlung einsetzte, wurde er in die erste Parteizentrale gewählt.

Nach der Ermordung von Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Leo Jogiches leitete Levi seit März 1919 die KPD, er wurde im Juni 1920 (als einziger neben Clara Zetkin) für die kleine KPD (1,7 Prozent der Stimmen) in den Reichstag gewählt. Der Vereinigungsparteitag von KPD und linker USPD im Dezember 1920 hat Levi zusammen mit Ernst Däumig von der USPD zum Parteivorsitzenden der VKPD bestimmt. Er trat jedoch bereits Anfang 1921 wegen Differenzen mit der Komintern zurück, denn er war gegen die Spaltung der Italienischen Sozialistischen Partei und die Gründung der KP Italiens, da er sich für eine Massenpartei und gegen eine Kaderpartei aussprach. Levi blieb auf der Tagung des Zentralausschusses der KPD im Februar 1921 bei seiner Kritik an der Komintern und legte seine Funktionen als Vorsitzender der VKPD und der Zentrale nieder. Er mißbilligte die März-Aktion der KPD, den Aufstand in Mitteldeutschland, scharf. In seiner Broschüre »Unser Weg« bezeichnete er ihn 1921 auch öffentlich als Putsch und Werk Moskaus, deswegen wurde er im April 1921 aus der Partei ausgeschlossen. Nunmehr publizierte er auch Rosa Luxemburgs kritische Schrift »Zur russischen Revolution« gegen Lenin und Trotzki. Levi gründete mit anderen rechten Kommunisten die Kommunistische Arbeitsgemeinschaft (KAG). Doch sein Versuch, eine eigenständige kommunistische Gruppe zu bilden, scheiterte. Über die USPD ging er 1922 zur SPD zurück.

Paul Levi bemühte sich, die Politik eines »dritten Weges« zwischen Bolschewismus und Kapitalismus politisch und theoretisch zu fundieren. Er verstand sich als Bewahrer der Ideen von Rosa Luxemburg, eines demokratisch orientierten Kommunismus und radikalen Sozialismus. Privat pflegte er einen großbürgerlichen Lebensstil, bekannt war seine Vasensammlung. Der hochgebildete Mann und Humanist fühlte sich in erster Linie dem kulturellen Erbe verpflichtet. 1924 wurde er für die SPD in den Reichstag gewählt. Levi gab die »Sozialistische Politik und Wirtschaft« heraus und war Führer des linken Flügels der SPD. Der hervorragende Rechtsanwalt befaßte sich immer wieder mit dem Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Bei der Verteidigung des Schriftstellers Josef Bornstein gegen den Reichsgerichtsrat Jorns 1929 deckte er weitere Hintergründe des Mordes an Luxemburg auf. Paul Levi ist am 9. Februar 1930 in Berlin im Fieberwahn aus dem Fenster gestürzt und dabei ums Leben gekommen; von vielen Seiten wurde er als einer der wichtigsten linken Politiker der Weimarer Republik gewürdigt.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten