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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Liebknecht, Karl

* 13.8.1871 ✝ 15.1.1919

(* 1871 – † 1919)

Als Sohn des Begründers der deutschen Sozialdemokratie, Wilhelm Liebknecht (* 1826 – †1900), wurde Karl am 13. August 1871 in Leipzig geboren. Er studierte von 1890 bis 1893 Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Leipzig und Berlin, leistete 1893/94 seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger bei den Garde-Pionieren in Berlin und war anschließend bis 1898 Referendar in Arnsberg und Paderborn. Die Promotion zum Dr. jur. et rer. pol. erfolgte 1897 in Würzburg mit der Dissertation »Compensationsvollzug und Compensationsvorbringen nach gemeinem Rechte«.

Karl Liebknecht eröffnete 1899 in Berlin gemeinsam mit seinem älteren Bruder Theodor eine Rechtsanwaltspraxis. Obwohl erst im August 1900 der SPD beigetreten, wurde er bereits im November 1901 in die Berliner Stadtverordnetenversammlung gewählt, der er bis 1913 angehörte. Als Kandidat für den Reichtagswahlkreis Potsdam-Spandau-Osthavelland 1903 und 1907 unterlegen, konnte er diesen Wahlkreis dann 1912 für die SPD erobern. Er war Delegierter auf den sozialdemokratischen Parteitagen und ist bereits 1908 ins Preußische Abgeordnetenhaus gewählt worden.

Bekannt wurde Liebknecht als politischer Anwalt, vor allem bei der Verteidigung von Funktionären der russischen Arbeiterbewegung.

Seit Erscheinen seines Buches »Militarismus und Antimilitarismus unter besonderer Berücksichtigung der internationalen Jugendbewegung« (1907) trat er als Gegner des Militarismus und als einer der Führer der sozialistischen Jugendbewegung hervor. Von 1907 bis 1910 Präsident der Sozialistischen Jugendinternationale, mußte Liebknecht wegen seines Anti-Militarismus-Buches von Oktober 1907 bis Juni 1909 eine Festungshaft in Glatz absitzen. 1911 unternahm er eine Agitationsreise durch die USA. Im Reichstag wandte er sich gegen die Geschäftspraktiken der Rüstungsfirmen und versuchte bei Ausbruch des Weltkriegs vergeblich, die sozialdemokratischen Abgeordneten für eine Ablehnung der Kriegskredite zu gewinnen. Nachdem Liebknecht in der Fraktion noch gegen die Kredite gestimmt hatte, unterwarf er sich der Parteidisziplin und votierte am 4. August 1914 im Reichstag wie die gesamte Fraktion für die Bewilligung. Liebknecht, der vor dem Krieg als radikaler Einzelgänger noch nicht zum Kern der Linken in der SPD um Rosa Luxemburg, Franz Mehring und Julian Marchlewski gezählt hatte, lehnte sich nun eng an diese Gruppe an.

Weil er am 2. Dezember 1914 dann als einziger Abgeordneter im Reichstag gegen die Bewilligung der Kriegskredite stimmte, wurde Karl Liebknecht zur Symbolfigur der Kriegsgegner. Die Begründung seiner Ablehnung wurde Fanal: »Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg ... Der Krieg ist kein deutscher Verteidigungskrieg ... Ein schleuniger, für keinen Teil demütigender Friede, ein Friede ohne Eroberungen ist zu fordern; alle Bemühungen dafür sind zu begrüßen ...« Seine konsequente Politik gegen den Krieg und die Burgfriedenspolitik der SPD-Führung störten die herrschenden Kreise. Da Liebknecht im Februar 1915 als Armierungssoldat zum Militärdienst eingezogen wurde, war ihm damit – bis auf sein Auftreten im Reichstag und Preußischen Abgeordnetenhaus – jede politische Betätigung untersagt. Dennoch beteiligte er sich aktiv an der Bildung der Gruppe Internationale, die seit 1916 als Spartakusgruppe bekannt wurde.

Im Mai 1915 verfaßte Karl Liebknecht das Flugblatt mit der Losung: »Der Hauptfeind steht im eigenen Land!« Er nahm im April 1916 an einer illegalen Tagung der Arbeiterjugend in Jena teil und organisierte zum 1. Mai 1916 eine Friedensdemonstration auf dem Potsdamer Platz in Berlin, dort wurde er verhaftet. Während das Kommandanturgericht Berlin Liebknecht am 28. Juni 1916 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilte, erhöhte das Oberkriegsgericht die Strafe in der Berufungsinstanz auf vier Jahre und einen Monat Zuchthaus. Ab November 1916 ins Zuchthaus Luckau eingesperrt, verfaßte er dort mehrere Schriften, darunter seine philosophischen »Studien über die Bewegungsgesetze der gesellschaftlichen Entwicklung«.

Karl Liebknecht, der die marxistische Theorie zwar als Grundidee des Sozialismus erhalten wollte, kritisierte aber sowohl die ökonomischen Kategorien von Marx als auch den historischen Materialismus. Marx’ These vom Wirken »historischer Gesetze« lehnte er ebenso ab wie dessen Schema von ökonomischer Basis und ideologischem Überbau. Philosophisch verstand sich Liebknecht als Agnostiker und Universalist, seine Sozialismus-Vorstellungen beruhten auf der Grundthese von der »Tendenz zur Steigerung der natürlichen und sozialen Solidarität«.

Am 23. Oktober 1918 vorzeitig aus dem Zuchthaus entlassen, wurde Karl Liebknecht von seinen Anhängern begeistert in Berlin begrüßt. In der Novemberrevolution führte er gemeinsam mit Rosa Luxemburg den Spartakusbund und war Herausgeber der »Roten Fahne«. Am 9.November hat er vom Balkon des Schlosses in Berlin die »Freie Sozialistische Republik« ausgerufen. In die Revolutionsregierung einzutreten, lehnte er ab und versuchte statt dessen, die Massen gegen die sozialdemokratischen Volksbeauftragten und für eine Räteherrschaft zu mobilisieren. Auf dem Gründungsparteitag der KPD forderte Liebknecht in einem Grundsatzreferat die Trennung von der USPD und die Bildung der neuen Partei, deren Führer er neben Rosa Luxemburg wurde. Liebknecht neigte einem radikalen, revolutionären Kommunismus zu. Mit Beginn der Januarkämpfe 1919 in Berlin erklärte er die Regierung Ebert für »abgesetzt«. Während der Unruhen wurde Karl Liebknecht zusammen mit Rosa Luxemburg von Soldaten der Garde-Kavallerie-Schützendivision festgenommen und beide am 15. Januar 1919 brutal ermordet.

Seine (zweite) Frau, Sophie Ryss (* 18. 1. 1884 – † 11. 11. 1964), Kunsthistorikerin, kam 1934 aus London nach Moskau, sie durfte als Stalin-Gegnerin die UdSSR nicht verlassen. Ihr Bruder Adolph wurde 1938 vom NKWD verhaftet, auch ihre Schwester Sylvia kam mit ihrem Mann, dem Physiker Jakow Spielrein, in den Gulag. Karl Liebknechts Sohn – aus erster Ehe mit Julia Paradies (* 20. 7. 1873 – † 22. 8. 1911) – Wilhelm (Helmi) (* 6. 3. 1901 – † 30. 4. 1975) studierte nach dem Abitur Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, Frankfurt/M. und Wien. Seit 1928 in der Sowjetunion, war er Mitarbeiter am Marx-Engels-Institut. Im August 1940 hatte Nazideutschland ihn ausgebürgert. Weil er Opfern der Säuberungen geholfen hatte, wurde Wilhelm Liebknecht aus der KPdSU ausgeschlossen und im Oktober 1941 nach Usbekistan verbannt. Später freischaffender Übersetzer und Redakteur. Annelies Laschitza veröffentliche 2007 eine neue Biographie über Karl und Sophie Liebknecht.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten