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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Mayer, Hans

* 19.3.1907 ✝ 19.5.2001

Geb. in Köln in einer jüd. Fam.; Vater Kfm., Kunstsammler (die Eltern wurden im KZ Auschwitz ermordet); Volksschule; Schillergymn. in Köln; 1925 – 29 Studium der Staats- u. Rechtswiss., Geschichte u. Musik an den Univ. Köln, Berlin u. Bonn; 1931 Dr. jur. bei Hans Kelsen, Univ. Köln; Mitgl. der SAP; 1932 – 35 KPD(O); 1933 Große Jur. Staatsprüfung; Emigr. nach Paris; 1935 – 38 u. 1939 – 45 Schweizer Exil (Genf, Zürich), 1938 Paris; Arbeit am Rockefeller-Inst. für internat. Studien (Genf), Stipendiat des Inst. für Sozialforschung; erste germanist. Arbeit »Georg Büchner u. seine Zeit« (veröff. 1946, 1948 als Habil.-Schrift in Leipzig anerkannt); 1938 Aberkennung der dt. Staatsbürgerschaft; 1945 in der Schweiz Bestätigung der KPD-Mitgliedschaft.

1945 Rückkehr nach Dtl. (Frankfurt (Main)); Kulturred.; 1946/47 pol. Chefred. von Radio Frankfurt (Main), Bruch wegen marxist. Grundpositionen; 1947/48 Doz. an der Akad. der Arbeit Frankfurt (Main) (Ausbildung von Gewerkschaftsfunktionären); 1948 Prof. für Geschichte der Nationallit. an der Univ. Leipzig; 1950 Ordinarius für Kultursoziol. u. Lit.-Geschichte; Lehrer u. a. von  Christa Wolf,  Götz Friedrich,  Uwe Johnson,  Volker Braun,  Irmtraud Morgner; 1955 NP; 1956 im trotz Radiozensur (versehentlich?) in der Ztschr. »Sonntag« abgedruckten Sendemanuskript »Zur Gegenwartslage unserer Lit.« Eintritt für eine erweiterte Lit.-Rezeption (Franz Kafka, William Faulkner, Thornton Wilder), der DDR-Lit. wurde ein »Krankheitszustand« attestiert u. der Reichtum der 20er Jahre beschworen, Revisionismusvorwürfe; Jan. 1957 Prof. für Neuere dt. Literaturgesch. u. Dir. des neugegr. Inst. für Dt. Literaturgesch. an der Philos. Fak. der KMU Leipzig; nach dem Mauerbau Aug. 1961 trotz Aufenthalts in England Rückkehr in die DDR; 1962 »Ansichten. Zur Lit. der Zeit«, soziolog. Lit.-Betrachtungen u. a. zu  Brecht, Pasternak, Sartre, Beckett, Ionesco, danach öffentl. Angriffe (»eine Lehrmeinung zuviel«) u. kulturpol. Auseinandersetzungen; Sept. 1963 blieb H. M. nach einer Vortragsreise in der Bundesrep. Dtl.; 1964 Mitgl. der AdK Berlin (West); 1965 Prof. für dt. Sprache u. Lit. an der TU Hannover; danach Gastprof. in Frankreich, Schweden u. den USA; Mitgl. des PEN-Zentrums Bundesrep. Dtl.; 1969 Dr. h. c. der Univ. Brüssel; 1971 Dir. der Abt. Lit. der AdK Berlin (West); 1972 Ehrensenator der Univ. Wisconsin (USA); 1973 em.; große Goethe-Biogr. »Goethe. Ein Versuch über den Erfolg«; 1974 Gastprof. am »College de France«; 1975 Honorarprof. der Univ. Tübingen; Ehrenmitgl. der Modern Language Association of America; erfolgr. Hauptwerk »Außenseiter«; 1986 erster Vortragsauftritt in Berlin (Ost); 1987 Korr. Mitgl. der AdK der DDR; 1987 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern u. Schulterband.

1992 Ehrensenator der Univ. Leipzig; 1993 Offz. des frz. Ordens für Kunst u. Wiss.; 1995 Ernst-Bloch-Preis; Heinrich-Mann-Preis; 1996 Ehrenpräs. des Dt. PEN-Zentrum (Ost); 1998 Bestätigung als Ehrenpräs. des wiedervereinigten PEN-Zentrums Dt.; 2001 Ehrenbürger von Leipzig; gest. in Tübingen.

Bedeutender Verf. zahl- u. einflußr. wiss. u. essayist. Arbeiten zur dt. Lit.- u. Kulturgeschichte v. a. unter soziol.-hist. Aspekt, u. a. »Georg Büchner u. seine Zeit«, 1946; »Unendliche Kette. Goethestudien«, 1949; »Thomas Mann. Werk u. Entw.«, 1950; »Thomas Mann«, 1980); »Friedrich Schiller u. die Nation«, 1953; »Richard Wagner«, 1959; »Richard Wagner. Mitwelt u. Nachwelt«, 1978; »Bertolt Brecht u. die Tradition«, 1961; »Brecht in der Geschichte«, 1971; »Erinnerungen an Brecht«, 1996; engagierter Lit.-Kritiker, Hrsg., Übersetzer u. Zeitzeuge; in seiner Dtl.-Trilogie (»Der Turm von Babel«, 1991; »Wendezeiten«, 1993; »Der Widerruf«, 1994) plädiert H. M. für eine hist. gerechte Beurteilung der DDR.

Ein Deutscher auf Widerruf. 2 Bde. Autobiogr. Frankfurt (Main) 1984, 1986; Die umerzogene Lit. Berlin 1988; Die unerwünschte Lit. Berlin 1989; Reisen nach Jerusalem. Erfahrungen 1968 bis 1995. Frankfurt (Main) 1997; Zeitgenossen: Erinnerung u. Deutung. Frankfurt (Main) 1998; Erinnerungen an Willy Brandt. Frankfurt (Main) 2001; Briefe 1948 – 63. Leipzig 2006 (hrsg. von M. Lehmstedt). Jens, I.: Über H. M. Fs. Frankfurt (Main) 1977; Klein, A.: Unästhetische Feldzüge: der siebenjährige Krieg gegen H. M. Leipzig 1997; Sandig, A.: Erinnerungen an H. M. Hamburg 2002; Berger, C.: Der späte H. M. Wien 2003; Moebius, S.: Die Zauberlehrlinge. Konstanz 2006; Lehmstedt, M. (Hrsg.): Der Fall H. M. Dokumente 1956 – 1963. Leipzig 2007.

Andreas Kölling

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten