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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Milan, Martin

* 1957




Martin Milan Šimečka wurde 1957 in Bratislava (Pressburg) geboren und ist der Sohn von Eva und Milan Šimečka. Nachdem seine Eltern 1968 wegen sogenannter „antikommunistischer Aktivitäten“ aus der Kommunistischen Partei (KSČ) ausgeschlossen wurden, war Martin Milan der mittlere Schulabschluss verwehrt. 1972 kam er an die Berufsschule des Pressburger Unternehmens Slovnaft und legte das Fernabitur ab. Fünfmal bemühte er sich vergeblich um die Aufnahme zum Hochschulstudium. Er leistete Wehrdienst und arbeitete dann bis zur *Samtenen Revolution 1989 unter anderem als Rettungsschwimmer, Verkäufer, Krankenpfleger und Heizer.

Seit 1981 arbeitete er mit der ersten slowakischen Samisdatzeitschrift *„Kontakt“ zusammen, die viele seiner Erzählungen und Artikel druckte. Nach seiner Entlassung aus der Armee im Juni 1981 wurde er dort Redaktionsmitglied. In der zweiten Ausgabe veröffentlichte er eine Übersetzung von George Orwells Essay „Warum ich schreibe?“. Seit 1987 war er gemeinsam mit Ján Budaj und Ján Langoš Redakteur der Zeitschrift „K“. Er pflegte Kontakt zu tschechischen Dissidenten, unter anderem beteiligte er sich an den alle drei Monate stattfindenden Treffen der Mitarbeiter der Samisdatzeitschrift „Obsah“ (Inhalt). Im Verlag *Edice Petlice erschienen seine autobiografischen Erzählungen „Wehrpass“ (Vojenská knižka; 1981), „Äußerung“ (Výpoveď; 1982) und „Froschjahr“ (Žabí rok; 1983), die zusätzlich noch einmal gesammelt im Exilverlag „Index“ unter dem Titel „Žabí rok“ herausgegeben wurden. Bei „Index“ veröffentlichte Šimečka ebenfalls eine Auswahl der Korrespondenz mit seinem Vater – „Signalzeichen“ (Světelné znamení; 1984) – und die Novelle „Flaschengeist“ (Džin; 1988). Letztere erschien auch in der Slowakei. Zur Erinnerung an Dominik Tatarka schrieb er mit Langoš den Band „Schwätzereien“ (Navrávački).

Šimečkas Wohnung wurde häufig durchsucht, er wurde verhört und von der Staatssicherheit überwacht. Šimečka selbst beurteilte seine Tätigkeit nicht als regimefeindlich, sondern eher als Suche nach einer alternativen Lebensweise. Obwohl er Kontakt zu den Unterzeichnern der *Charta 77 hielt, unterschrieb er die Petition nicht, galt sie ihm doch als Versuch, mit dem kommunistischen Regime in einen Dialog zu treten.

Während der Sanften Revolution 1989 war er Mitgründer der Bewegung *Öffentlichkeit gegen Gewalt (Verejnosť proti násiliu) und Anfang 1990 Mitglied in ihrem Koordinationskomitee. In den folgenden Jahren arbeitete Šimečka jeweils als Chefredakteur bei verschiedenen publizistischen Institutionen: 1990–97 beim Verlag „Archa“, 1997–99 bei der liberalen politischen Wochenzeitschrift „Domino fórum“, 1999–2006 bei der Tageszeitung „Sme“ (Wir sind) und 2006–09 beim einflussreichen tschechischen Wochenmagazin „Respekt“. 1993–94 war er außerdem Vorsitzender des slowakischen PEN-Zentrums.

Martin Milan Šimečka ist weiterhin literarisch und publizistisch tätig. Er ist Autor vieler Analysen und Artikel, die sich mit der politischen Situation in der Slowakei auseinandersetzen. 1997 veröffentlichte er den autobiographischen Roman „Sympathie“ (Záujem), in dem er seine Enttäuschung über die Entwicklungen nach 1989 zum Ausdruck bringt. 1998 erschien in der Slowakei eine einbändige Auswahl seiner bis dahin veröffentlichten Publikationen.


Juraj Marušiak
Aus dem Polnischen von Jonas Grygier
Letzte Aktualisierung: 08/15

Information

Die Sonderzeichen * und # erscheinen lediglich aus technischen Gründen im Text. Auf der Ursprungs-Webseite dissidenten.eu finden sie weiterführende Links sowie die vollständige Version der Biografien mit Glossarerklärungen, Chroniken und ausführlichen Darstellungen der Oppositionsgeschichten aller Länder.