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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Norden, Albert

* 4.12.1904 ✝ 30.5.1982

Geb. in Myslowitz (Krs. Kattowitz, Oberschles. / Myslowice, Polen) in einer jüd. Fam.; Vater Rabbiner (1943 im KZ Theresienstadt verst.); 1907 Umzug der Fam. nach Wuppertal-Elberfeld; 1911 eingeschult, bis 1920 Realgymnasium an der Aue in Wuppertal-Elberfeld, Schulverweis, ohne Abschl.; 1918 Freie Soz. Jugend; 1919 KJVD; in dessen Auftrag Mitarb. im Jungjüd. Wanderbund; Entw. eines linken Flügels, Hrsg. der »Rundbriefe der radikalsoz. jüd. Jugend«; Handelsschule; 1921 KPD; 1920 – 23 Ausbildung zum Schreiner; 1921 Mitgl. der Holzarbeitergewerkschaft; 1923 KPD-Parteischule in Jena; 1923 – 30 Volontär, Red. u. Chefred. an Ztgn. der KPD, u. a. »Freiheit« (Düsseldorf); 1923 Red. »Rote Fahne des Westens« (Remscheid); 1923/24 pol. Haft im Gefängnis Düsseldorf-Benrath; nach Entlassung 1924/25 Red. der KPD-Ztg. »Klassenkampf« (Halle); 1925 Red. in Bremen; 1925 –27 Red. u. stellv. Chefred. der »Hamburger Volksztg.«; 1927 Haftstrafe aus pol. Gründen in Hamburg-Fuhlsbüttel; 1928 im Zusammenhang mit der Versöhnler-Affäre Ausschl. aus der Red., Versetzung als Lokalred. nach Stettin; 1930 Chefred. des »Ruhr-Echos« (Essen); 1931 – 33 Red. u. stellv. Chefred. der »Roten Fahne«; publ. in der »Linkskurve«; ab 1932 als Anhänger der ultralinken Hermann Remmele / Heinz Neumann-Gruppe gemaßregelt; März 1933 Emigr. nach Dänemark; dort u. ab Mai 1933 in Paris Chefred. der Ztschr. »Antifa. Front«, Kopenhagen / Paris; 1933 – 35 Emigr. nach Frankreich, Mitarb. am »Braunbuch über Reichstagsbrand u. Hitlerterror«; später Red. der Ztg. »Front mondial«, Organ der »Weltfront gegen imp. Krieg u. Fasch.« Paris; Ende 1934 mit der Red. nach Saarbrücken; 1934/35 Teiln. am »Abstimmungskampf« im Saargeb.; 1935 Red. der »Rundschau«, zunächst in Paris (dort Mitarb. am »Braunbuch über Reichstagsbrand u. Hitlerterror«), Ende 1935 nach Prag; dort 1936/37 Mitarb. zahlr. Exilztschr., u. a. »Dt. Volksztg.«, »Inprekorr«, »Rundschau über Pol., Wirtschaft u. Arbeiterbew.« (Basel), an der illeg. »Roten Fahne« u. in der »Internationalen« (»Hans Behrend«); 1938 Rückkehr nach Paris; Mitarb. der ZK-Kommission 20 Jahre KPD; KPD-Verbindungsmann zur »L’Humanité«; Juli 1938 Aberkennung der dt. Staatsbürgerschaft; Sept. 1938 Doz. am ZK-Lehrgang in Draveil; 1938/ 39 Sekr. des von  Heinrich Mann gegr. Aktionsaussch. dt. Oppositioneller; 1939/40 in Frankreich interniert, krankheitshalber entlassen; Jan. 1940 Verhaftung, interniert in Damigny-sur-Orne, Bassens (b. Bordeaux), dort Mitgl. der illeg. KPD-Parteiltg., Juni 1940 geflohen; Aug. 1940 Mitgl. der KPD-Ltg. Toulouse; 1941 nach Marseille, dann in die USA; 1942 – 45 Fabrikarb. in New York; Funktionär des »Dt.-Amerik. Kulturverb.«; journalist. Arbeit für »German American« u. die Ztschr. »Freies Dtl.« (Mexiko); 1944 Mitbegr. des »Council for a Democratic Germany« in den USA; Hrsg. von »German today«; zus. mit  Gerhart Eisler u.  Albert Schreiner Verf. von »The Lesson of Germany«.

Okt. 1946 Rückkehr nach Dtl.; KPD/SED; Nov./Dez. 1946 polit. Red. des »Vorwärts«, daneben Arbeit am Buch »Lehren dt. Geschichte«; Jan. – Sept. 1947 Hauptred. der Abt. Wirtschaft im ZS der SED; anschl. Pressechef der DWK; Jan. 1948 – Sept. 1949 Chefred. von »Dtl. Stimme« im Progreß Verlag Berlin; ab 1947 Vorst.-Mitgl. des VDP; 1949/ 50 Mitgl. des Dt. Volksrats bzw. Abg. der (Prov.) Volkskammer; ab Sept. 1949 Pressechef der HV für Information der DWK (Ltr. Gerhart Eisler); Okt. 1949 – Dez. 1952 Ltr. der HA Presse des Amts für Information beim Min.-Präs.; 1951 NP; 1952/53 Prof. für neuere Geschichte an der HU Berlin; Ltr. des Büros der Ständ. Delegation für die friedl. Lösung der dt. Frage bzw. nach dessen Umbenennung 1954/ 55 Sekr. bzw. Staatssekr. des Aussch. für Dt. Einheit; seit 1954 Mitgl. des Präs. des NR der NF; ab März 1955 – 81 Mitgl. u. Sekr. des ZK des SED; März 1955 – 67 Ltr. der Agit.-Kommission beim PB des ZK der SED; Juli 1958 – 81 Mitgl. des PB des ZK der SED, hier bis 1979 verantw. für die Abt. Auslandsinformation, Westabt., Befreundete Parteien, ZK-Arbeitsgr. Soz. Wehrerziehung, NR der NF u. Friedensrat; als Propagandachef der SED entscheidender Anteil an der Gestaltung der Dtl.-Pol. der DDR, vertrat 1967 als erster die These von der Existenz zweier dt. Nationen; 1958 – 81 Abg. der Volkskammer; Mitgl. des Präs. des Friedensrats der DDR u. des Büros des Weltfriedensrats, seit 1977 dessen Vizepräs.;

1960 – 79 Ltr. der Westkommission beim PB des ZK der SED; 1963 – Jan. 1979 Mitgl. des Nat. Verteidigungsrats; ab 1963 Präs.-Mitgl. der Dt.-Brit. Ges. in der DDR; 1976 – 81 Mitgl. des Staatsrats; 1964 VVO u. Held der Arbeit; 1969 KMO; 1974 Stern der Völkerfreundschaft u. (sowj.) Orden der Völkerfreundschaft; 1979 Großer Stern der Völkerfreundschaft, Dr. h. c. der HU Berlin; 1981 KMO; gest. in Berlin.

Die wahren Herren Dtl. 1939 (Ps. Hans Behrend); Lehren dt. Geschichte. Berlin 1947; So werden Kriege gemacht. Berlin 1950; Die Nation u. wir. Ausgew. Reden u. Aufsätze, 2 Bde. Berlin 1964; In Aktion für das soz. Vaterland. Ausgew. Reden u. Aufsätze. Berlin 1969. Schaul, D.: Résistance. Berlin 1973; Kießling, W.: Alemania Libre in Mexiko. Berlin 1974; ders.: Exil in Lateinamerika. Leipzig 1980; Staadt, J.: Die geheime Westpol. der SED 1960 – 70: von der gesamtdt. Orientierung zur soz. Nation. Berlin 1993; Podewin, N.: Der Rabbinersohn im SED-Politbüro. Berlin 2001.

Bernd-Rainer Barth /

Handbuch Deutsche Kommunisten

Norden, Albert

* 4.12.1904 ✝ 30.5.1982

Als Sohn des Rabbiners Dr. Joseph Norden (*1870 – † 1942), der als Opfer der Hitler-Diktatur im KZ Theresienstadt ums Leben kam, und seiner Frau Emelie Norden (* 1876 – † 1931) am 4. Dezember 1904 in Myslowitz/Krs. Kattowitz geboren. Verlebte seine Jugend in Elberfeld, wohin sein Vater als Gemeinderabbiner berufen war, besuchte dort von 1911 bis 1920 das Realgymnasium. 1919 Mitglied der FSJ und 1921 der KPD. 1921 Herausgeber der »Rundbriefe der radikalsozialistischen jüdischen Jugend«. Norden begann eine Schreinerlehre. Er trat 1923 (nach dem Besuch der KPD-Parteischule in Jena) als Volontär bei der KPD-Zeitung »Freiheit« in Düsseldorf ein und wurde dann Chefredakteur der »Roten Fahne des Westens« in Remscheid. 1923/24 ein halbes Jahr inhaftiert, danach stellvertretender Chefredakteur des »Klassenkampfes« in Halle. Ab Juni 1925 Redakteur der »Hamburger Volkszeitung«, dann bis 1928 stellvertretender Chefredakteur der HVZ bzw. Redakteur an der »Arbeiterzeitung« in Bremen. Norden gehörte (als Konny in der Partei tätig) zu den Ultralinken, trennte sich aber 1926 von ihnen. Ab Herbst 1928 politischer Redakteur der »Roten Fahne« in Berlin, löste er im Juni 1930 Alexander Abusch als Chefredakteur des »Ruhr-Echos« in Essen ab. Im April 1931 wieder zur »Roten Fahne« zurück, blieb er bis Anfang 1933 stellvertretender Chefredakteur des Zentralorgans. Als Anhänger Heinz Neumanns im Herbst 1932 kritisiert, aber weiterhin Redakteur der »Roten Fahne«.

Ende April 1933 emigrierte er nach Dänemark und übernahm in Kopenhagen die Chefredaktion der Zeitschrift »Die antifaschistische Front«, danach Sekretär des »Aktionsausschusses deutscher Oppositioneller« und Redakteur bei der von der Komintern in Paris herausgegebenen Zeitung »Weltfront«. Von 1935 bis 1938 in Basel und Prag Redakteur der Komintern-Zeitschrift »Rundschau«. 1938/39 Mitglied der KPD-Leitung in Paris, Anfang 1940 interniert. Im Juni Flucht nach Toulouse, lebte illegal und konnte im Mai 1941 auf einem französischen Schiff nach Mexiko entkommen. Von dort gelangte Norden in die USA und arbeitete bis 1945 in einer Fabrik für Radioteile in Brooklyn bzw. in einer Fabrik für die Herstellung von Industriediamanten in Manhattan. Er war Mitglied des »Rates für ein demokratisches Deutschland« und Herausgeber des Bulletins »Germany today«. Norden hatte 1940 die in Frankreich internierte Herta Fischer (* 19. 2. 1908 – † 8. 8. 1990) geheiratet, mit ihr und dem im Oktober 1942 geborenen Sohn Johnny reiste er im August 1946 auf dem sowjetischen Schiff »Nikolajew« nach Odessa und kam über Moskau nach Deutschland. Norden wurde Redakteur des »Vorwärts«, der Berliner Abendzeitung der SED, im Juli 1947 Pressechef der Deutschen Wirtschaftskommission, Anfang 1948 Chefredakteur der Zeitschrift »Deutschlands Stimme«. Im Oktober 1949 holte ihn Gerhart Eisler in das Amt für Information, hier Leiter der Hauptabteilung Presse.

Im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Slánsk´y-Prozesses Ende 1952 als Westemigrant und Jude sowie früherer Abweichler gefährdet, wurde Norden in den Hintergrund gedrängt. Am 1. Dezember 1952 zum Professor für Geschichte der Neuzeit ernannt, erhielt er im Frühjahr 1953 einen Lehrauftrag an der Humboldt-Universität. Im Januar 1954 begann seine erneute politische Karriere: Er wurde Sekretär des Ausschusses für deutsche Einheit. Im April 1955 ins ZK der SED kooptiert, Sekretär des ZK der SED. Seit dem V. Parteitag der SED 1958 Mitglied des ZK und des Politbüros sowie des Sekretariats der SED. Damit gehörte Norden bis 1971 zu den Spitzenfunktionären der Partei und war sowohl für die Agitation als auch vor allem für die Westarbeit der SED verantwortlich. Den Brief der Mitglieder des Politbüros 1971 an Breshnew mit der Bitte um Unterstützung bei der Ablösung Walter Ulbrichts hat Norden nicht unterschrieben. Auch unter Honecker blieb er protokollarisch im Spitzengremium, geriet aber mehr und mehr ins »Abseits«. Bei ihm wurde eine fortschreitende Parkinsonsche Krankheit diagnostiziert, auf dem X. SED-Parteitag 1981 kam er nicht mehr ins Politbüro. Norden veröffentlichte zahlreiche Bücher und Broschüren, u. a. »Um die deutsche Nation« (1952), »Zwischen Berlin und Moskau« (1954), »Fälscher« (1959). Eine zweibändige Auswahl seiner Schriften »Die Nation und wir« kam 1964 heraus, eine weitere Auswahl 1974 (Fünf Jahrzehnte im Dienst seiner Klasse). Er erhielt 1969 und 1981 den Karl-Marx-Orden. Albert Norden starb am 30. Mai 1982 in Ost-Berlin. Eine Biographie von Norbert Podewin »Albert Norden. Der Rabbinersohn im Politbüro« erschien 2001.

Bernd-Rainer Barth /

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten