x

In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Olberg, Valentin

* 26.6.1907 ✝ 5.1.1936

Geboren am 26. Juni 1907 in Zürich, Sohn des bekannten menschewistischen Publizisten Paul Szmuszkewicz, später Olberg. Valentin kam 1927 nach Berlin, studierte Geschichte und trat der KPD bei. Er tendierte zur Weddinger Opposition, hatte Verbindungen zu Alexander Müller, war zeitweilig Redakteur der »Inprekorr«, blieb aber im Hintergrund. Anfang 1930 begann Olberg einen intensiven Briefwechsel mit Trotzki und nahm im März 1930 als ein Vertreter der Weddinger Opposition an der gemeinsamen Tagung mit der Leninbund-Opposition teil, wurde in die Reichsleitung der LO gewählt und war danach führend bei den deutschen Trotzkisten aktiv. Besonders von Kurt Landau gefördert, sammelte er offenbar eifrig Nachrichten über den Trotzkismus. In einem Brief an Trotzki warnte Franz Pfemfert vor Olberg: »Wir müssen doch die Stalin-Horde nicht unterschätzen ... Sie wird nichts unversucht lassen, um in unseren Reihen Spitzel zu haben ... Gerade weil die deutsche Gruppe winzig ist ..., ist Vorsicht dreimal und hundertmal geboten ... Vielleicht ist der O. Journalist und noch kein Agent Stalins. Aber ... er ist ein hysterischer, aufdringlicher Typ ... O. hat bei Ihnen dort nichts zu suchen ...« Olberg wurde nicht, wie er geplant hatte, Sekretär bei Trotzki, sondern arbeitete im Auftrag Landaus in der KPD, bis diese ihn Anfang 1932 als »Trotzkist« ausschloß. Im März 1933 übersiedelte er in die âSR, dann in die Sowjetunion, war dort als Ingenieur tätig. Am 5. Januar 1936 vom NKWD verhaftet, mußte er im August 1936 als Angeklagter beim ersten großen Schauprozeß gegen Sinowjew u. a. vor Gericht. Wie Fritz David, Alexander Emel (Lurje) oder Hans Stauer (Berman-Jurin), die in der KPD aktiv gewesen waren, gestand Olberg alle »Verbrechen«. Da er tatsächlich zu den Trotzkisten gehört hatte, eignete er sich in der Konstruktion des Staatsanwalts Wyschinski als »Kronzeuge« gegen Trotzki, obwohl er seit 1932 keinerlei Verbindung mehr zu Trotzkisten hatte. Entsprechend den Anweisungen der sowjetischen Geheimpolizei und Anklage gestand er seine »Verbindungen mit der Gestapo«. Sein ebenfalls vom NKWD verhafteter Bruder Paul Olberg (der dann im Oktober 1936 erschossen wurde), belastete Valentin und »bestätigte« diese Legende. Alles sei von Trotzki angeordnet worden, auch die befohlenen »Terrorakte«, »gestand« Valentin Olberg. Stalin sollte von ihm ermordet werden, aber auch Kliment Woroschilow, Andrej Shdanow, Lasar Kaganowitsch, ebenso Stanislaw Kossior und Pawel Postyschew. Diese vom Ankläger Andrej Wyschinski zusammengestellte Namensliste mußte in den nächsten Prozessen geändert werden, weil Kossior und Postyschew tatsächlich umgebracht worden waren, aber im Zuge der Stalinschen Säuberungen. In seinem Schlußwort im August 1936 bat Olberg um Gnade, um »wenigstens zum Teil meine ungeheuren Verbrechen wieder gut zu machen«. Da Wyschinski in seinem Schlußplädoyer gefordert hatte, »diese tollgewordenen Hunde allesamt zu erschießen«, wurde auch Valentin Olberg wie alle 16 Angeklagten am 24. August zum Tode verurteilt und am 25. August 1936 erschossen. Seine erste Frau Sulamith Olberg, geborene Braun (* 1909 – † 1937), kam im Juli 1932 von Berlin nach Moskau, Stenotypistin und Übersetzerin beim EKKI. Nach Valentin Olbergs Festnahme 1936 verhaftet, kam sie in den Gulag von Solowki, im Oktober 1937 nach Karelien überführt und neben weiteren 1110 Häftlingen nach NKWD-Beschluß am 3. November 1937 ermordet. Die zweite Ehefrau Betty, geborene Siermann (* 10. 4. 1906 in Neuruppin – †18. 10. 1945), wurde 1936 zu zehn Jahren Gulag verurteilt und im Februar 1940 an NS-Deutschland ausgeliefert. Sie lebte bis Kriegsende bei ihren Eltern in Forst/L. Bezüglich Valentin Olbergs Rolle in Deutschland, insbesondere bis 1933 bei den Trotzkisten, ist sich die Forschung nicht darüber einig, ob er bereits damals ein Agent der sowjetischen Geheimpolizei war.

 

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten