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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Pfemfert, Franz

* 20.11.1879 ✝ 26.5.1954

Geboren am 20. November 1879 in Lötzen/Ostpreußen, wuchs im kleinbürgerlichen Milieu in Berlin auf. Nach dem Tod des Vaters 1892 mußte er das Gymnasium verlassen, schlug sich beim Zirkus und als Botenjunge durch und soll seinerzeit sogar Radrennmeister gewesen sein. Er hat dann eine Buchdruckerlehre abgeschlossen, doch die Jugendzeit liegt im dunkeln, ebenso seine frühen Beziehungen zum Anarchismus und zur Boheme. Der Autodidakt Pfemfert veröffentlichte 1904/05 Artikel in der anarchistischen Zeitschrift »Kampf«, war 1908/09 Mitarbeiter an linksliberalen Blättern und Mitglied der Demokratischen Vereinigung. 1910 wurde Pfemfert Redakteur der Wochenschrift »Der Demokrat«, schied aber im Januar 1911 wegen Streits mit dem Herausgeber aus und gründete schon im Februar 1911 »Die Aktion«, die bis 1931 sein Lebensinhalt wurde.

Diese berühmte radikale Kulturzeitschrift war nach dem Weltkrieg auch ein radikalkommunistisches Organ. Pfemfert gab sie in enger Zusammenarbeit mit Alexandra Ramm (*31. 1. 1883 – † 17. 1. 1963) heraus, mit der er seit 1911 verheiratet war. Nach Ausbruch des Weltkrieges beteiligte er sich an illegaler Antikriegspropaganda und bildete mit Mitarbeitern der »Aktion« die Antinationale Sozialistische Partei, die sich später dem Spartakusbund anschloß. Er war Teilnehmer am Gründungsparteitag der KPD, gehörte aber ab Mitte 1919 zur linken Opposition. Nach dem II. Parteitag brach er mit der KPD und hat die KAPD mitbegründet, führte dort mit James Broh den »föderalistischen Flügel« und wurde 1921 ausgeschlossen. Mit Broh und Otto Rühle führte er dann die Allgemeine Arbeiter-Union-Einheitsorganisation. In seiner »Aktion« bot Pfemfert insbesondere kommunistischen Oppositionellen (etwa Leo Trotzki) eine politische Plattform.

Er selbst blieb ein revolutionärer und scharf antistalinistisch eingestellter Politiker. 1926 schloß er sich dem von Iwan Katz gegründeten ultralinken Spartakusbund der linkskommunistischen Organisationen an. Bereits 1932 mußte er die »Aktion« einstellen, seinen Unterhalt verdiente er seit 1927 mit einer »Werkstatt für Porträtfotografie«. Pfemfert und Alexandra Ramm (die sich inzwischen als Trotzki-Übersetzerin einen Namen gemacht hatte) gelang 1933 die Flucht in die âSR. Dort wurden sie von den Parteikommunisten heftig angefeindet, verleumdet und bedroht, vor allem weil er als unabhängiger Kommunist den Moskauer Schauprozeß von 1936 öffentlich als Barbarei Stalins angegriffen hatte. Emigration nach Frankreich, dort vorübergehend interniert, kamen beide 1941 ins Exil nach Mexiko, wo sie isoliert und in großer Armut lebten. Wie alle Wahrheitsfanatiker verteidigte auch Pfemfert seine anarchokommunistische Überzeugung bis ins Extrem und verlor durch diese rigorose Haltung immer wieder Weggenossen. Seine Geradlinigkeit als politischer Rebell seit seiner scharfen Ablehnung der Kriegshysterie und des Chauvinismus 1914 schuf ihm zwar Feinde, aber ebenso Freunde und Mitkämpfer. Und auch seine Weitsicht in der modernen Kunst als Wegbereiter des Expressionismus bleibt verdienstvoll. Franz Pfemfert starb am 26. Mai 1954 in Mexiko. Alexandra Ramm-Pfemfert kehrte 1955 nach Berlin zurück. Hier versuchte sie bis zu ihrem Tod 1963, den damals fast (inzwischen nicht mehr) vergessenen Pfemfert wieder ins Gedächtnis der Öffentlichkeit zu bringen. Über sie liegt jetzt eine Dissertation (von Juliane Ranc) vor. Texte und Briefe Franz Pfemferts (Pfemfert. Erinnerungen und Abrechnungen) wurden 2000 von Lisbeth Exner und Herbert Kapfer herausgegeben.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten