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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Rakow, Werner

* 30.8.1893 ✝ 22.7.1936

Werner Waldemar Richard Rakow wurde am 30.August 1893 in Kreuzburg an der Düna im Gouvernement Livland des zaristischen Rußlands als Sohn des Forstwissenschaftlers Paul Gotthold Rakow geboren. 1900 übersiedelte die Familie nach Deutschland, zunächst nach Neubeckum in Westfalen, 1906 nach Hannover. Hier besuchte Rakow das Gymnasium und machte das Abitur mit Auszeichnung. Nach einer Lehre im renommierten Bankhaus »Peretz« in Hannover, reiste Werner Rakow mit seinem älteren Bruder Nikolai (* 26. 8. 1890) im Frühjahr 1914 nach St. Petersburg. Dort arbeitete er als Buchhalter und gab zusätzlich noch Deutschunterricht in der Berlitzschule. Bei Kriegsausbruch als feindlicher Ausländer interniert, kam er nach Irbit im Gouvernement Perm, Eisenbahnarbeiter. Im Februar 1917 war Werner Rakow Mitbegründer einer bolschewistischen Gruppe in Irbit, flüchtete im April 1917 wegen drohender Verhaftung in das 800 km entfernte Omsk und war hier bei den Bolschewiki aktiv. Bis Anfang 1918 Buchhalter; er organisierte den Aufbau der deutschen Sektion einer revolutionären Kriegsgefangenenorganisation in Omsk. Er kämpfte an der Seite der Roten Armee in Sibirien und im Ural, wurde bei Gefechten mit der tschechischen Legion verwundet und in ein Hospital nach Moskau gebracht. Im September 1918 wurde er in die deutsche Sprachgruppe der RKP(B) aufgenommen und redigierte die Zeitschrift »Welt-Revolution«. Dann Propagandist in Weißrußland, zeitweise stand er in Minsk dem Rat der Arbeiterdeputierten vor.

Ende 1918 reiste Rakow mit Karl Radek und Ernst Reuter (Friesland) nach Deutschland. Getarnt als entlassene österreichische Kriegsgefangene gelangten sie über Wilna und Königsberg nach Berlin und nahmen am Gründungsparteitag der KPD teil. Rakow überschritt die Grenze mit dem Paß des Schriftstellers Karl Felix Wolf (* 1. 4. 1890 in Reichenberg). Unter diesen Namen agierte er in Deutschland und wurde von den Polizei- und Justizorganen steckbrieflich gesucht. Von Mai 1919 bis November 1920 war er in Hamburg Bezirkssekretär der KPD und führend an der Verschmelzung von USPD und KPD zur VKPD beteiligt. Später gründete er mit dem Moskauer Emissär Samuel Sachs-Gladnew ( Fritz Sturm) den deutschsprachigen Komintern-Verlag Carl Hoym Nachf. Rakow-Wolf gehörte in dieser Zeit zum Führungskreis der KPD, ohne offiziellen Sitz in der Zentrale oder dem ZA. Anfang 1921 Oberbezirkssekretär für die Bezirke Hamburg, Hannover und Bremen und für die putschistische März-Aktion in Hamburg zuständig. Rakow-Wolf berichtete als »Vertrauensmann« über alle Interna der KPD nach Moskau. Im Sommer 1922 wurde er im Auftrag der Komintern nach Wien und auf den Balkan geschickt. Zur Vorbereitung des »deutschen Oktober« 1923 zurückgekehrt nach Deutschland, gehörte er zur militärischen Leitung des »Revolutionskomitees« und führte ab September 1923 die Informationsabteilung. Nach dem Scheitern des »Oktober« von der neuen linken Führung im Mai 1924 aller Parteifunktionen enthoben und als Brandlerianer nach Moskau abgeschoben. Hier traf Rakow-Wolf sich mehrmals mit den »kaltgestellten« Heinrich Brandler und August Thalheimer sowie mit Karl Radek, wurde denunziert und erhielt durch die IKK einen Verweis mit dem ausdrücklichen Verbot, sich in deutsche Parteiangelegenheiten einzumischen. 1925 in die USA entsandt, wo er getarnt als Student an der Columbia-Universität für die sowjetischen Nachrichtendienste spionierte.

Er kehrte 1927 nach Moskau zurück, schloß sich der Trotzki-Fraktion an, wurde daraufhin 1928 aus der KPdSU ausgeschlossen und von der GPU zeitweise inhaftiert. Er übersetzte den Band 10 der deutschen Lenin-Ausgabe. Nach einer »Reueerklärung« wurde er wieder in die Partei aufgenommen und mußte zur Bewährung in die chemische Industrie. Während eines privaten Familienbesuchs in Deutschland bat Rakow in einem Gespräch mit Ernst Thälmann um Rückkehr in die deutsche Parteiarbeit, dies wurde abgelehnt. 1932 setzte er seine Mitarbeit am Band 11 der deutschen Lenin-Ausgabe fort und war ab Januar 1933 in Moskau Angestellter in der VAA. Rakow-Wolf befand sich am Abend des 5. März 1933 in jener Runde von KPD-Emigranten, die in der Wohnung von Else und Hermann Taubenberger mit Erich Wollenberg die Ergebnisse der Reichstagswahl analysierten und scharfe Kritik an der deutschen Parteiführung übten. Dieses Gespräch war Gegenstand einer Verhandlung vor der IKK, in deren Folge Rakow-Wolf und Wollenberg aus der KPdSU ausgeschlossen wurden.

Im Juni 1933 erneut zur Bewährung in das westsibirische Nowosibirsk verbannt, traf sich Rakow-Wolf Ende 1933 nochmals mit Wollenberg in Moskau. Als dieser ihm seine grundsätzlichen Zweifel an der Politik der Komintern erläuterte, denunzierte er Wollenberg bei den entsprechenden Komintern-Stellen, die sich, nach entsprechender Selbstkritik, für Rakows dritte Wiederaufnahme in die KPdSU einsetzten. Erneut in der VAA, dort aber im Januar 1935 während der »Reinigung« entlassen und nach Chabarowsk geschickt. Zu jener Zeit war er bereits im Visier des NKWD, das ihn nach seiner Rückkehr nach Moskau, wo er als Übersetzer bei der »Deutschen Zentral-Zeitung« arbeitete, am 22. Juli 1936 verhaftete. Werner Rakow-Wolf wurde am 14. September 1936 vom Militärtribunal des Obersten Gerichts zum Tode verurteilt und am selben Tag erschossen. Seine beiden Brüder Nikolai und Paul Rakow gerieten ebenfalls in die stalinistischen Säuberungen. Paul wurde am 20. Dezember 1937 in Stalino erschossen, über Nikolais Schicksal, der lange Jahre für die OMS gearbeitet hatte, sind bis heute keine genauen Fakten bekannt. Einen biographischen Aufsatz über die Brüder Rakow veröffentlichte Markus Wehner 1994 in der IWK.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten