x

In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Remmele, Hermann

* 5.11.1880 ✝ 7.3.1939

Am 5. November 1880 in Ziegelhausen bei Heidelberg geboren, entstammte einer Müllerfamilie, sein Vater war Besitzer einer Bauernmühle. Hermann Remmele stieß ebenso wie sein Bruder Adam ([* 1877 – † 1951], später badischer SPD-Innenminister und Ministerpräsident) früh zur Arbeiterbewegung. Die Kindheit verlebte er in einem Bauerndorf im Odenwald und kam mit 14 Jahren nach Ludwigshafen/Rhein in eine Lehre als Eisendreher. 1897 Mitglied der Metallarbeitergewerkschaft und der SPD. Nach der Gesellenprüfung 1898 auf Wanderschaft. Remmele war einer der ersten, die 1901/03 in badischen Garnisonen illegal für die Sozialdemokratie warben, und er zählte zu den Mitbegründern der süddeutschen Arbeiterjugendbewegung. Die sozialistische Jugend Offenbachs delegierte ihn 1907 zum Jugendkongreß, er wurde Sekretär der Konferenz. 1907/08 besuchte er die SPD-Parteischule in Berlin, anschließend Parteifunktionär in Mannheim. Mitarbeiter der »Leipziger Volkszeitung«, ab 1910 Redakteur der Mannheimer SPD-Zeitung »Volksstimme«.

Hermann Remmele stand auf dem linken Flügel der SPD, deren Mehrheit in Baden revisionistisch war. Am 12. August 1910 schrieb er in einem Brief an Karl Kautsky, die linken Delegierten bäten zum Badischen Parteitag um Unterstützung durch einen guten Referenten, nicht Hermann Müller oder Friedrich Ebert, sondern möglichst Hermann Molkenbuhr und betonte: »Selbstverständlich verkriechen wir uns nicht angesichts der großen Übermacht ins Mauseloch.« Von 1914 bis 1918 war Remmele als Soldat an der Front. Während eines Urlaubs 1916 sammelte er die Opposition der SPD in Mannheim. Delegierter auf dem Gründungsparteitag der USPD 1917, wurde er nach der Revolution 1918 zunächst Führer der USPD in Mannheim, Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates. Remmele war 1919 einer der Initiatoren und Organisatoren der kurzlebigen Räterepublik in Mannheim. Im Frühjahr 1919 Übersiedlung nach Stuttgart, hauptamtlicher Sekretär und Redakteur der USPD in Württemberg. 1920 für die USPD in den Reichstag gewählt. Delegierter des Spaltungsparteitages, Mitglied des Reichsausschusses, der Kontrollkommission und später des ZK der USPD. Mit dem linken Flügel der USPD kam er 1920 zur KPD.

Auf dem Vereinigungsparteitag in die Zentrale der VKPD gewählt, gehörte Remmele seit dieser Zeit bis 1933 ununterbrochen der Zentrale bzw. dem ZK der KPD an. Als Zentralemitglied zog er nach Berlin, wo er verschiedene Funktionen im Orgapparat ausübte. Er war auch in der 1923 gewählten Brandler-Zentrale und beteiligte sich aktiv an der Vorbereitung des »Oktober 1923«. Als Kurier der Zentrale überbrachte er deren Aufstandsbefehl an die KP Hamburg. Nach der Niederschlagung von der Polizei gesucht (Steckbrief: »1,68 m groß, blaugraue Augen, volles, fahles Gesicht«), hielt er sich mit einem falschen Paß (Werner Luchholdt) in Deutschland auf. Remmele trennte sich von der Brandler-Spitze und wurde ein Wortführer der Mittelgruppe, die nach der Moskauer Beratung vom Januar 1924 die Parteileitung übernahm, er war bis April 1924 Vorsitzender der KPD. Auf dem IX. Parteitag 1924 geriet die Mittelgruppe zwar in die Minderheit, doch Remmele kam als ihr Vertreter auch in die neue, linke Zentrale.

1924 Mitglied des Polbüros; er gehörte bis 1932 zu diesem höchsten Parteigremium. Im Mai 1924 auch wieder in den Reichstag gewählt, behielt er das Mandat bis 1933. Hermann Remmele und Ernst Thälmann wurden 1924 von Grigori Sinowjew als »das Beste und Kostbarste, was die deutsche Partei besitzt ..., das Gold der Arbeiterklasse« bezeichnet. Seit Herbst 1925 Mitglied des EKKI-Präsidiums, übernahm Remmele 1925 auch die Chefredaktion der »Roten Fahne«. Nach dem »Offenen Brief« vom September 1925 gegen die Ruth-Fischer-Führung stieg sein Einfluß beträchtlich. Von November 1925 bis Juni 1926 war er Polleiter des Bezirks Berlin-Brandenburg. Vom VI. Weltkongreß der Komintern 1928 erneut ins EKKI-Präsidium berufen, hielt er sich als Vertreter der KPD längere Zeit in Moskau auf. Als das ZK der KPD wegen der Wittorf-Affäre 1928 Thälmann absetzte, wurde Remmele von Stalin nach Deutschland geschickt, um diesen Beschluß sofort rückgängig zu machen.

In den folgenden Jahren spielte Remmele neben Thälmann und Heinz Neumann die entscheidende Rolle in der deutschen Partei, diese drei Mitglieder des Politsekretariats bildeten als Triumvirat von 1929 bis 1932 die eigentliche Parteiführung. Auf dem XII. Parteitag der KPD 1929 hielt Remmele ein Referat über die Verteidigung der Sowjetunion und wurde ebenso wie Thälmann begeistert umjubelt. 1930 dann zum Leiter des Kampfbundes gegen den Faschismus ernannt und in der KPD neben Thälmann immer deutlicher als Führer herausgestellt. An Remmeles 50. Geburtstag 1930 feierte ihn das ZK als »einen der Besten der eisernen bolschewistischen Garde«. Außer zahlreichen Broschüren veröffentlichte er das zweibändige Werk »Die Sowjetunion«, das von der KPD in über 30000 Exemplaren vertrieben wurde. Am 25. Mai 1931 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu zwei Jahren und neun Monaten Festung verurteilt; brauchte die Strafe aber als Reichstagsabgeordneter nicht abzusitzen. Neben Thälmann und Neumann trat Remmele als einer der Hauptverfechter des von der Komintern bestimmten ultralinken Kurses der KPD auf. Sein Versuch 1931/32, zusammen mit Neumann und der Mehrheit des Polbüros Thälmann abzusetzen und sowohl gegen Nationalsozialisten wie gegen die Sozialdemokraten einen schärferen Kurs zu steuern, mißlang. Im Zusammenhang mit der Maßregelung der Neumann-Gruppe wurde er ebenfalls verwarnt, doch während Neumann degradiert wurde, behielt Remmele seinen Platz im ZK und im Polbüro. Im Oktober 1932 mußte er aus dem Sekretariat des ZK ausscheiden, blieb aber bis 1933 in Berlin, emigrierte dann nach Moskau und wohnte im Hotel »Lux«. Nachdem sein Briefwechsel mit Neumann gefunden wurde (Neumann hatte ihm geraten »Liebknecht und nicht Haase zu sein«, es also zur Spaltung kommen zu lassen), war Remmeles politische Laufbahn beendet. Im Januar 1934 mußte er Selbstkritik üben und seine Theorien über den Faschismus widerrufen. Auch die »Behauptung, daß die deutsche Arbeiterklasse [1933] die schwerste Niederlage seit 1914 erlitten habe«, erklärte er nun als »falsch«.

Hermann Remmele lebte mit seiner Frau Anna Remmele, geborene Lauer (* 22. 9. 1888), in Moskau; bis zu seiner Verhaftung durch das NKWD am 15. Mai 1937 war er dort Mitarbeiter der Agitation- und Propagandaabteilung der Komintern. Am 7. März 1939 wurde Hermann Remmele der »Teilnahme an einer konterrevolutionären terroristischen Organisation« beschuldigt, vom Militärkollegium des Obersten Gerichts zum Tode verurteilt und noch am selben Tag auf dem Donskoje-Friedhof erschossen. Anna Remmele wurde im Juli 1937 ebenfalls vom NKWD festgenommen, aus der Partei ausgeschlossen und nach achtzehn Monaten Haft Mitte Januar 1939 nach Sibirien verbannt, wo sie am 5. Juli 1947 im Tomsk starb. Der Sohn Helmut Remmele war schon vor dem Vater 1938 erschossen worden. Die Tochter Hedwig Remmele (* 20. 10. 1907 – †17.4. 1984) verlor nach der Verhaftung der Eltern ihre Arbeit im ZK der IRH, kam als Schlosserin in einen Moskauer Betrieb und wurde mit ihren beiden Töchtern im August 1941 ebenfalls nach Tomsk verbannt. Ende August 1956 durfte sie in die DDR ausreisen. Hermann Remmele wurde erst am 30.September 1988 durch Beschluß des Obersten Sowjet der UdSSR offiziell rehabilitiert.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten