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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Rosenberg, Arthur

* 19.12.1889 ✝ 7.2.1943

(* 1889 – † 1943)

Geboren am 19. Dezember 1889 in Berlin, Sohn des Kaufmanns Georg Henry Rosenberg. Seine kulturell sehr interessierten Eltern, die aus österreichischen Kaufmannsfamilien stammten, sind schon früh verstorben. Sie ließen als assimilierte Juden Arthur und seine Schwester Jenny protestantisch taufen. Arthur Rosenberg besuchte bis 1907 das Askanische Gymnasium in Berlin, er ließ bald seine Neigung zur Geschichte erkennen und bekam als glänzender Schüler zeitweise eine Freistelle an der Schule. Von 1907 bis 1911 studierte er an der Universität Berlin Geschichte und klassische Philologie und kam mit einem Stipendium für einige Zeit nach Italien. Er hörte u. a. bei Eduard Meyer, der Rosenberg gut kannte und ihn sehr schätzte. Rosenberg promovierte 1911 bei Otto Hirschfeld mit Untersuchungen zur »römischen Zenturienverfassung« und arbeitete an der Redaktion von Ullsteins Weltgeschichte mit sowie bei der »Frankfurter Zeitung«.

Im Januar 1914 habilitierte sich der 25jährige mit »Der Staat der alten Italiker« und wurde Privatdozent für alte Geschichte an der Berliner Universität. Obwohl seine Forschungen bereits marxistische Ansätze zeigten, stand er politisch der Arbeiterbewegung fern, noch 1914 zollte er Kaiser Wilhelm II. übermäßiges Lob und meldete sich als Kriegsfreiwilliger, wurde aber zurückgestellt. 1915 zum Militär eingezogen, zunächst im Kriegspresseamt, später als Landsturmmann in Frankreich, wo er vor den Soldaten kulturgeschichtliche Vorträge hielt, ab 1917 wieder im Kriegspresseamt. Politisch entwickelte er sich 1918 rasch nach links, trat bei Ausbruch der Revolution der USPD bei. Hier aktiv tätig, ging als Anhänger Lenins mit dem linken USPD-Flügel im Dezember 1920 zur KPD. Auf dem Vereinigungsparteitag hielt er eine ultraradikale Rede. Rosenberg machte sich 1918 bereits durch zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen einen Namen. Er exponierte sich nun vor allem politisch, wurde 1921 Stadtverordneter in Berlin und Delegierter des VII. Jenaer Parteitages. 1922/23 im kommunistischen Pressedienst, Rosenberg gehörte in Berlin zur linken Opposition um Ruth Fischer, er war Mitglied der BL.

Als die Linken 1924 die Parteiführung übernahmen, wurde er auf dem IX. Frankfurter Parteitag in die Zentrale der KPD gewählt. Im Mai 1924 zog er im Wahlkreis Berlin auch als Abgeordneter in den Reichstag ein. Als Mitglied des Polbüros der Ruth-Fischer-Ära spielte er ideologisch-politisch sowie als Verantwortlicher für außenpolitische Fragen eine bedeutende Rolle. Auf dem V. Weltkongreß der Komintern 1924 wurde er zum Mitglied des EKKI und auch ins Präsidium des EKKI gewählt. Seit Frühjahr 1925 leitete er zusammen mit Werner Scholem und Iwan Katz die ultralinke Opposition gegen die Ruth-Fischer-Führung. Trotzdem wurde er auf dem X. Parteitag im Juli 1925 in Berlin ins ZK gewählt, aber nach dem »Offenen Brief« schrittweise zurückgedrängt. Er distanzierte sich zusammen mit Scholem bereits im Februar 1926 von Katz. Auf der EKKI-Tagung trennte er sich im März 1926 von der ultralinken Gruppe und ging bald zur Thälmann-Fraktion über. Rosenberg war auch im Dezember 1924 wieder in den Reichstag gewählt worden, dort aktiv im außenpolitischen Ausschuß und an den Untersuchungen über die Kriegsschuldfrage beteiligt. Zugleich für die KPD-Presse tätig sowie im März 1927 Delegierter des XI. Parteitags in Essen, wo er bereits die Rechten und Heinrich Brandler verteidigte. Er stand in der KPD nun rechts und kritisierte z. B. als Hauptfeind der Partei die »scheinradikale Phrase«.

Am 26. April 1927 erklärte Rosenberg »wegen des Versagens der Komintern in der China-Frage« seinen Austritt aus der KPD. In einem »Offenen Brief« schrieb er, die Politik Rußlands führe nach rechts, so daß die Komintern nur ein Hemmschuh für Moskau werde und aufgelöst gehöre. Daraufhin beschimpfte ihn die KPD als Hauptträger antikommunistischer Auffassungen in der Partei, der noch »1917 überzeugter Imperialist und Monarchist« und ohne jede marxistische Bildung gewesen sei. Am 2. November 1927 soll Rosenberg angeblich zur SPD übergetreten sein, das ist umstritten, denn nach eigener Aussage blieb er parteilos. Er behielt sein Reichstagsmandat bis 1928. In der Folgezeit arbeitete er vor allem wissenschaftlich, war (seit 1930 außerpl. Professor) wieder Dozent an der Berliner Universität. Um seine Frau Elly und die Kinder Liselotte und Wolfgang ernähren zu können, ging er als Lehrer ans Köllnische Gymnasium. Er veröffentlichte eine Reihe von Büchern, die ihn als Historiker bekannt machten, in erster Linie seine hervorragende Geschichte der Entstehung der Weimarer Republik (1928) sowie »Geschichte des Bolschewismus« (mit Druckvermerk »Berlin 1933«). Einige dieser Werke sind nach 1945 von seinem Schulfreund Kurt Kersten neu herausgegeben worden. Vor 1933 gehörte Rosenberg der Deutschen Liga für Menschenrechte an, in der auch Albert Einstein u. a. wirkten.

Bereits im März 1933 von der Berliner Universität entlassen, wurde ihm die Lehrbefugnis im September 1933 auch offiziell entzogen. Rosenberg flüchtete zunächst in die Schweiz und emigrierte dann nach England, wo er von 1934 bis 1937 als Gastprofessor an der Universität Liverpool lehrte. Seine Schrift »Faschismus als Massenbewegung« wurde 1934 in Karlsbad publiziert. Als ihm NS-Behörden die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, wurde in Liverpool gerade sein drittes Kind geboren, deshalb schrieb er an die Deutsche Botschaft in London: »Soweit Sie überhaupt imstande sind, mir die deutsche Staatsangehörigkeit abzusprechen, möchte ich Sie bitten, damit dies in meiner Familie einheitlich geschieht, auch meinem jüngsten, in England geborenen Sohn die deutsche Staatsangehörigkeit abzusprechen.« Rosenbergs Hauptwerk, die »Geschichte der deutschen Republik«, erschien 1935 in Karlsbad, wurde später in zahlreiche Sprachen übersetzt und ist bis heute ein Standardwerk. Sein Buch »Demokratie und Sozialismus« kam 1938 in Amsterdam heraus. Rosenberg galt zwar als Historiker der Weimarer Republik, seine Räte-Theorien und seine Thesen zum Faschismus hatten aber vor allem in den sechziger und siebziger Jahren beachtliche Nachwirkungen. Im Oktober 1938 übersiedelte Rosenberg mit seiner Familie in die USA, lehrte in Brooklyn als Professor für Geschichte und lebte dort zeitweise unter bedrückenden Umständen. Arthur Rosenberg starb, zuletzt krebskrank, am 7. Februar 1943 in Brooklyn. Mario Keßler veröffentlichte 2003 eine Biographie Arthur Rosenbergs.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten