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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Schehr, John

* 9.2.1896 ✝ 1.2.1934

Geboren am 9. Februar 1896 in Altona, Sohn einer Arbeiterfamilie; Schlosser. Ende 1912 Mitglied der SPD, während des Krieges Übertritt zur USPD. Schehr war einer der eifrigsten Hamburger Anhänger von Ernst Thälmann in der USPD, ging mit diesem 1920 zur KPD. 1924 wurde er Polleiter von Altona, dort auch Stadtverordneter, Schlosser im Hafen, 1925 in den hauptamtlichen Apparat aufgenommen. Von Thälmann protegiert, wählte ihn der X. Parteitag 1925 in die Beschwerdekommission und als Kandidat ins ZK. Zunächst UB-Leiter von Harburg-Wilhelmsburg, 1927 Orgleiter des KPD-Bezirks Wasserkante (unter dem Polleiter John Wittorf), Delegierter des XI. Parteitags in Essen und erneut als ZK-Kandidat berufen. Schehr hat als Mitglied der Kontrollkommission des Bezirks Wasserkante Thäl-

mann bei der Vertuschung der Wittorf-Unterschlagung 1928 maßgeblich geholfen. Deswegen enthob ihn das ZK im Oktober 1928 aller Funktionen, sogar sein Parteiausschluß wurde gefordert. Doch nach Thälmanns Rehabilitierung wurde Schehr wieder als Orgleiter eingesetzt und auf dem XII. Parteitag 1929 abermals zum Kandidaten des ZK gewählt. Bis März 1930 Orgleiter der BL Wasserkante, dann Polleiter der BL Niedersachsen in Hannover. Im April 1932 rückte er als Abgeordneter in den Preußischen Landtag ein, wurde außerdem

in den Reichstag gewählt, dem er von Juli 1932 bis 1933 angehörte. Mitte 1932 ging Schehrs steile Karriere weiter: Zum Vollmitglied des ZK kooptiert, kam er als Sekretär des ZK und als Polbüromitglied nach Berlin, er wurde damit praktisch Stellvertreter Thälmanns (nachdem Heinz Neumann ausgeschaltet war). Bei seiner Verhaftung am 20. November 1932 fand die Polizei wichtiges Material über den illegalen Apparat der KPD, er wurde dennoch als Reichstagsabgeordneter bereits nach acht

Tagen wieder freigelassen. Nach Thälmanns Festnahme im März 1933 übertrug die Komintern den Parteivorsitz an Schehr. Zwischen ihm, Walter Ulbricht und Hermann Schubert kam es jedoch zu Auseinandersetzungen um die Leitung der KPD. Aber am 13. November 1933 wurde Schehr verhaftet. Da die Gestapo wußte, daß Schehr ein sehr hoher Parteifunktionär war, versuchte sie, Aussagen zu erpressen und folterte ihn auf schlimmste Weise; dabei erlitt er schwere Verbrennungen, auch das linke Auge soll ihm ausgeschlagen worden sein. Von ihm erfuhr die Gestapo aber nichts, Schehr blieb standhaft: »Ich erkläre, daß ich über die Tätigkeit der Organisation der Kommunistischen Partei Deutschlands, über meine politische Arbeit, über die meiner Mitarbeiter keine Aussagen zu machen habe.« Am 1.Februar 1934 wurde der frühere KPD-Funktionär Alfred Kattner, der beschuldigt wurde, Thälmann verraten zu haben, im Auftrag des KPD-Apparates ermordet. Dafür rächten sich die Nazis sofort, sie verschleppten John Schehr und mit ihm die KPD-Funktionäre Erich Steinfurth, Eugen Schönhaar und Rudolf Schwarz aus der berüchtigten Gestapozentrale Columbiahaus in Berlin nach Wannsee. Auf dem Weg dahin wurden alle vier am 1. Februar 1934 erschossen. Über den Mord gab es widersprüchliche Meldungen: Einerseits hieß es, Schehr und Genossen seien »auf der Flucht erschossen« worden, andererseits wurde nachdrücklich auf den »Fall Kattner« hingewie-

sen, das Motiv der »Vergeltung« war offensichtlich.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten