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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Schirdewan, Karl

* 14.5.1907 ✝ 14.7.1998

Geb. in Stettin (Szczecin, Polen); aufgew. bei Pflegeltern u. in einem kath. Waisenhaus; 1914 von der Familie Schirdewan adoptiert; Adoptivvater Heizer; kath. Mittelschule; 1922 – 24 Ausbildung zum Kfm. in Breslau; 1922 ZdA, dann Verkehrsbund; 1923 KJVD; 1925 KPD in Breslau; 1925 – 27 KJVD-Funktionär; 1927/28 Sekr., ab 1928 Mitgl. des ZK des KJVD u. Vors. im Bez. Schles.; 1926 – 29 Laufbursche u. Bürobote in Breslau; 1929 – 31 arbeitslos; Frühjahr 1931/32 Ltr. u. 2. Red. des KJVD-Verlags »Junge Garde« (Berlin); 1931/32 Vors. des KJVD Ostpr.; 1932 u. 1933/34 Ltr. der Abt. »Antimil.« (Nachrichtendienst) des KJVD (»Martin«); 1933 Ltr. des KJVD-Bez. Sachsen; anschl. Oberberater der KJVD-Bez. Hamburg, Bremen, Hannover u. Rostock; 1934 Mitgl. der KPD-Ltg. Hamburg; verhaftet, U-Haft im Columbia-Haus (Berlin), 10.5.1934 vom VGH wegen »Vorber. zum Hochverrat« zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, 1934 – 37 Haft in Coswig, 1937 – 45 KZ Sachsenhausen u. Flossenbürg (Oberpfalz). Juni 1945 Mitbegr. der KPD Nordbayern; 1945/47 Mitarb. in der Abt. Zonenltg. des ZK der KPD bzw. PV der SED; 1946/47 Krankenhaus Berlin-Buch u. Sanatorium Sülzhayn; 1947 Hauptref., dann Sektorenltr. der Abt. Personalpol. des SED-PV; dort Überprüfung von KPD-Mitgl. u. ihres Verhaltens während der NS-Zeit; 1947 – 52 Ltr. der Abt. West bzw. stellv. Ltr. der Westkommission beim PV bzw. ZK der SED; 1952 1. Sekr. der SED-LL Sachsen (Nachf. von  Ernst Lohagen) bzw. der SED-BL Leipzig; 1953 – 57 Ltr. der neugegr. Abt. Leitende Organe der Partei u. der Massenorg. des ZK der SED; 26.7.1953 koopt. Mitgl. des ZK u. PB der SED u. dessen Sekr., zuständig für Kader; 1952 – 58 Abg. der Volkskammer; 1955 u. 1982 VVO; 6.2.1958 wegen angebl. Fraktionstätigkeit aus dem ZK der SED ausgeschl., strenge Rüge; 1958 – 65 Ltr. der Staatl. Archivverw. in Potsdam; 1965 Rentner in Potsdam; 1976 Parteirüge gelöscht; 1977 Ehrenspange zum VVO; Vors. des Krs.-Komitees Potsdam der Antifa. Widerstandskämpfer; Mai 1987 Stern der Völkerfreundschaft; 20.1.1990 von der Zentr. Schiedskommission der SED/PDS rehabil.; Mitgl. des Rats der Alten beim PV; gest. in Potsdam.



Aufstand gegen Ulbricht. Berlin 1994; Ein Jahrhundert Leben. Berlin 1998 (Autobiogr.). Bretschneider, G., Libera, K., Wilhelm, R.: K. S.: Fraktionsmacherei oder gegen Ulbrichts Diktat? Eine Stellungnahme vom 1. Januar 1958. In.: BzG 32 (1990) 4; »Die Führung lag in Moskau.« M. Schumann u. W. Dreßen im Gespräch mit K. S. In: Niemandsland, Tugendterror (1992) 11/12; Grieder, P.: Eine unabh. brit. Sicht auf die Konflikte im SED-Politbüro 1956 – 1958. In: Klein, T., Otto, W., Grieder, P.: Visionen. Frankfurt (Oder) 1996; Wittich, B.: K. S. Interview. In: Faller, K., Wittich, B.: Abschied vom Antifasch. Frankfurt (Oder) 1997.

Bernd-Rainer Barth /

Handbuch Deutsche Kommunisten

Schirdewan, Karl

* 14.5.1907 ✝ 14.7.1998

Geboren am 14. Mai 1907 in Stettin, Sohn von Josefine Aretz. Er wuchs zunächst als Pflegekind der Familie Barteck, dann im katholischen Waisenhaus in Neurode auf und wurde 1914 von der Familie Robert und Martha Schirdewan adoptiert; war dann Laufbursche, Bürogehilfe und Transportarbeiter. Ab 1923 Mitglied der KJD, 1925 der KPD, 1927 wurde er Sekretär des KJVD in Schlesien und im September 1929 auf dem 11. Kongreß in Berlin-Neukölln in das ZK des KJVD gewählt. Im Frühjahr 1931 Leiter des Verlages Junge Garde in Berlin, er gehörte zum Sekretariat des ZK des KJVD. Während der Auseinandersetzungen innerhalb dessen Führung wurden Schirdewan und Friedrich Schlotterbeck im Herbst 1931 aus ihren Funktionen abgelöst und Schirdewan als KJVD-Sekretär nach Ostpreußen versetzt. Ende 1932 wieder in Berlin, leitete er den AM-Apparat im ZK des KJVD. Er ging im Februar 1933 nach Sachsen, dann als Oberberater nach Hamburg und gehörte zuletzt dem illegalen »Dreierkopf« der KJVD-Inlandsleitung an. Am 19. Februar 1934 in Hamburg festgenommen und schwer gefoltert, am 12. Mai 1934 vom VGH zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Coswig verbüßte. Anschließend »Schutzhaft«, er saß bis 1945 ununterbrochen in verschiedenen KZs. 1945 Mitarbeiter im ZK der KPD bzw. ab April 1946 im SED-PV, hier zählte Schirdewan zu den wichtigsten Spitzenfunktionären der Westabteilung, später Leiter des Arbeitsbüros des ZK der SED. Im März 1952 löste er den 1. Sekretär der SED-Landesleitung Sachsen Ernst Lohagen ab, seit Ende 1952 wieder im Apparat des ZK. Nach den Auseinandersetzungen mit Wilhelm Zaisser und Rudolf Herrnstadt 1953 in das ZK kooptiert, wurde Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED, dort bald »zweiter Mann« hinter Walter Ulbricht. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 forderte Schirdewan Reformen in der DDR und dachte, diese als Nachfolger Ulbrichts umzusetzen. Er fand im Politbüro und im Sekretariat Unterstützung, doch nach der Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn und den polnischen Ereignissen vom Sommer und Herbst 1956 erlangte Ulbricht wieder die Oberhand, Schirdewan wurde am 6. Februar 1958 auf dem 35. Plenum des ZK der SED gemeinsam mit Ernst Wollweber der »Fraktionstätigkeit« bezichtigt. Schirdewan erhielt eine strenge Rüge, wurde aus dem ZK der SED ausgeschlossen und als Leiter der Staatlichen Archivverwaltung nach Potsdam abgeschoben. Im April 1959 zur öffentlichen Selbstkritik genötigt, ging er 1965 in den Ruhestand. Er bekam 1977 die Ehrenspange zum VVO in Gold, wurde aber erst im Januar 1990 durch die SED/PDS rehabilitiert. Danach gehörte er zum »Rat der Alten« beim PDS-PV, veröffentlichte 1994 den Bericht »Aufstand gegen Ulbricht« und 1998 seine Erinnerungen unter dem Titel: »Ein Jahrhundert Leben«. Karl Schirdewan starb am 14. Juli 1998 in Potsdam.



Bernd-Rainer Barth /

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten