x

In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Schmidt, Johann-Lorenz

* 13.12.1900 ✝ 03.07.1978

Geb. in Budapest in einer jüd. Fam.; Vater Versicherungsangest.; Volksschule u. Realgymnasium in Budapest; anschl. Studium der Phil. u. Geschichte an der Univ. Budapest; flüchtete 1919 nach der Niederschlagung der Ungar. Räterep. nach Wien; dort Forts. des Studiums; Okt. 1920 nach Dtl.; studierte weiter Philos., Soziol. u. Ökon. an der Univ. Heidelberg; 1921 in Wien Forts. des Studiums der Philos.; ab 1922 – 24 erneut Studium in Heidelberg; 1923/24 Angest. einer Buchhandlung in Heidelberg; 1923 Prom. an der Univ. Heidelberg (»Der Chiliasmus«, Heidelberg 1924); 1924 KPD; 1924/25 arbeitslos in Berlin; 1925 Heirat mit Netty Reiling (Anna Seghers); 1925 – 30 Ökonom in der Handelsvertr. der UdSSR in Berlin; gleichz. Mitarb. der Abt. Agit.-Prop. des ZK der KPD in Berlin; 1925/ 26 Gründer u. 1927 – 33 Ltr. der MASCH in Berlin (Einrichtung der KPD-BL Berlin); 1930 – 33 auch Ltr. der Reichs-MASCH (der Abt. Agit.-Prop des ZK der KPD unterstellt) u. Mitgl. der Reichsltg. Marxist. Arbeiterschulen Dtl.; gleichz. an der MASCH Lehrer für pol. Ökon. u. dial. Materialismus; 1933 – 39 Emigr. nach Frankreich; 1935 – 39 Ltr. u. Doz. der Freien Dt. HS in Paris; 1937 – 39 Hrsg. der »Ztschr. für die Freie Dt. Forschung«; Doz. versch. KPD-Schulungskurse; Studien zum »amerik. Imp.«; Jan. 1940 in Paris verhaftet, 1940/41 interniert (Le Vernet, Les Milles); 1941 Emigr. nach Mexiko; 1941 – Juni 1952 Prof. an der Arbeiteruniv. von Mexiko (Universidad Obrera); Mitarb. der Bew. »Freies Ungarn«; Mitgl. des Heinrich-Heine-Klubs in Mexiko; 1944 – 52 Prof. mit Lehrstuhl an der National-Univ. von Mexiko; schuf 1943/44 ein privates Meinungsforschungsinst., ab 1948 Hrsg. des »International Journal of Opinion and Attitude Research«.

1946 mexikan. Staatsbürger; 1948 – 52 Mitgl. der Ltg. der KPD-Gruppe in Mexiko; im Frühjahr 1947 kehrte seine Frau Anna Seghers nach Dtl. zurück; seine Abreise verzögerte sich, da er bis 1952 als Resident für einen sowj. Nachrichtendienst in Mexiko arbeitete; Juli 1952 Rückkehr nach Dtl.; SED; verf. Berichte an die ZPKK der SED u. das MfS, die den verhafteten Paul Merker sowie Erich Jungmann, Alexander Abusch, Rudolf Feistmann u. Walter Janka belasteten; ab Aug. 1952 ord. Prof. mit Lehrstuhl für Probleme des gegenwärt. Imp. an der Wirtschaftswiss. Fak. der HU Berlin; 1954 – 64 Abt.-Ltr. im Wirtschaftswiss. Inst. der DAW; nebenamtl. weiter Prof. für Wirtschaftswiss. an der HU Berlin; ab Juni 1961 Präs. der Dt.-Lateinamerik. Ges. (später: Freundschaftsges. DDR – Lateinamerika); ab 1960 Hrsg. der Ztschr. »Der Marxist«; 1961 Mitgl. des Präs. der Liga für Völkerfreundschaft; 1965 em.; 1971 VVO; gest. in Berlin.

Hegel u. wir. Berlin 1932; Der mod. Humanismus. Paris 1937; Ten Years of Sample Surveying in Mexico. Ciudad de México 1952; Die Entwicklungsländer. Berlin 1974; Internat. Konzerne. Berlin 1981. Kießling, W.: Alemania Libre in Mexiko. Berlin 1974; Zehl-Romero, Ch.: Anna Seghers. Eine Biogr. 1900 – 1947. Berlin 2000; dies.: Anna Seghers. Eine Biogr. 1947 – 1983. Berlin 2003; Radvanyi, P.: Jenseits des Stroms. Erinnerungen an meine Mutter Anna Seghers. Berlin 2005; Moreno, A., Sánchez-Castro, M.: A Lost Decade? László Radványi and the Origins of Public Opinion Research in Mexico, 1941 – 1952. In: International Journal of Public Opinion Research (2009) 1, 3 – 24.

Bernd-Rainer Barth

Handbuch Deutsche Kommunisten

Schmidt, Johann-Lorenz

* 13.12.1900 ✝ 03.07.1978

Geboren als László Radványi am 13. Dezember 1900 in Budapest, Sohn eines Versicherungsangestellten. 1918/19 Studium der Volkswirtschaft und Philosophie an der Universität Budapest. 1919 flüchtete er nach der Niederschlagung der Ungarischen Räterepublik nach Österreich und setzte an der Universität Wien bzw. von 1920 bis 1923 in Heidelberg sein Studium fort. Hier promovierte er zum Dr. phil., arbeitete als Buchhändler und trat 1924 der KPD bei. Er heiratete 1925 Netty Reiling (Anna Seghers), sie hatten zwei Kinder: Peter (* 1926) und Ruth (* 1928). Von 1925 bis 1930 war László Radványi, der sich in Deutschland Johann-Lorenz Schmidt nannte, als Ökonom Angestellter der sowjetischen Handelsvertretung in Berlin. Außerdem arbeitete er für die Agitpropabteilung des ZK der KPD und war Mitbegründer und von 1927 bis Anfang 1933 Reichsleiter der MASCH in Berlin. Im Februar 1933 emigrierte er mit seiner Familie nach Frankreich, von 1934 bis 1939 Leiter der »Freien Deutschen Hochschule« in Paris. Dort im Januar 1940 verhaftet und interniert. Im Frühjahr 1941 Emigration nach Mexiko, Professor für Ökonomie an der Arbeiteruniversität »Obrera«. Als aktives Mitglied des »Heinrich-Heine-Klubs« gehörte er der von Paul Merker geführten KPD-Gruppe an. Ab 1944 hatte er einen Lehrstuhl an der National-Universität Mexiko-City, wurde 1946 mexikanischer Staatsbürger und war zeitweilig Mitarbeiter der sowjetischen Aufklärung. Im Juni 1952, fünf Jahre später als seine Frau Anna Seghers, kam er in die DDR, erhielt als Mitglied der SED einen Lehrstuhl für »Probleme des gegenwärtigen Imperialismus« an der Ostberliner Humboldt-Universität. Bei der Überprüfung der Westemigranten mehrmals von der ZPKK und dem MfS zu Paul Merker, Erich Jungmann und anderen Mexiko-Emigranten befragt, belastete er diese in seinen Aussagen. Von 1954 bis 1965 war er Abteilungsleiter am wirtschaftswissenschaftlichen Institut der Akademie der Wissenschaften und erhielt 1971 den VVO in Gold. Johann-Lorenz Schmidt-Radványi starb am 3. Juli 1978 in Ost-Berlin.

Bernd-Rainer Barth

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten