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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Handbuch Deutsche Kommunisten

Scholze, Paul

* 13.4.1886 ✝ 11.5.1938

Geboren am 13. April 1886 in Dresden, Sohn eines Arbeiters; lernte Werkzeugschlosser. Er war Revisor des sozialdemokratischen Zentralwahlvereins Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg, stand während des Weltkrieges in Opposition zur offiziellen Parteipolitik und schied aus der SPD aus. In einem Bericht schrieb der Berliner Polizeipräsident, Scholze gehöre »zu den radikalsten Elementen der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft. Er versucht überall, wo es ihm nur möglich ist, Unzufriedenheit zu schaffen und eine umstürzlerische Tätigkeit zu entwickeln.« Scholze organisierte 1917 den ersten Munitionsarbeiterstreik in Berlin, war dort ab April 1917 Mitglied der Leitung der Revolutionären Obleute sowie des Arbeiterrates und in den Revolutionsmonaten 1918/19 einer der führenden Funktionäre des Spartakusbundes. Am 11.Dezember 1918 übernahm er die Leitung des Pressedienstes des Vollzugsrates.

Paul Scholzes Name stand neben denen von Karl Liebknecht und von Georg Ledebour unter dem Aufruf des »Revolutions-Ausschusses« vom 6. Januar 1919 zur »Absetzung« der Ebert-Regierung. Er blieb zunächst in der USPD und kam mit deren linkem Flügel Ende 1920 zur KPD, war Delegierter des USPD-Spaltungsparteitages 1920. In den Jahren der Weimarer Republik war er führend in der IAH, zeitweise deren Leiter und verantwortlicher Redakteur ihrer Zeitung »Sichel und Hammer«. Von 1929 bis 1932 saß er in der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Bereits im April 1933 verließ Scholze Deutschland, ging zunächst nach Paris und war dort im Umfeld Willi Münzenbergs, bei der IAH aktiv. Zusammen mit Paul Scholze hatten seine Ehefrau und beider Sohn Frank Deutschland verlassen, kehrten jedoch nach einiger Zeit nach Berlin zurück. Ab 1935 lebte Scholze in Moskau, wo ihn die Gestapo noch 1941 vermutete. Als er 1938 von den deutschen Behörden ausgebürgert wurde, hieß es in einem Gestapobericht, Scholze sei seit 1921 in zweiter Ehe verheiratet und habe zwei Kinder; die Ehefrau, die zusammen mit den Kindern in Berlin-Prenzlauer Berg lebte, wurde so charakterisiert: »In staatspolizeilich und krimineller Hinsicht ist Nachteiliges über sie nichts zu ermitteln. Sie gibt an, mit ihrem Ehemann nicht mehr in Verbindung zu stehen und seinen Aufenthaltsort nicht zu kennen.« Dies entsprach, wie Sohn Frank Scholze später berichtete, nicht den Tatsachen. Vielmehr hatte seine Mutter inzwischen erfahren, daß Paul Scholze aus Moskau deportiert und als ein Opfer der stalinistischen Säuberungen umgekommen war. Trotz vieler Versuche gelang es der Familie nicht, irgendwelche Einzelheiten über das Schicksal Paul Scholzes in Erfahrung zu bringen.

Erst seit der Öffnung der NKWD-Archive war sein Lebensweg in der UdSSR zu rekonstruieren. Scholze kam 1935 in die Sowjetunion, wurde nach eigener Überprüfung selbst Mitarbeiter der Kommission zur Übernahme der KPD-Mitglieder in die KPdSU(B). Er geriet ein Jahr später in die Parteisäuberungen, wurde am 4. November 1936 vom NKWD verhaftet und zusammen mit Hans Rogalla und Josef Schneider beschuldigt, »Mitglied einer konterrevolutionären faschistisch-trotzkistischen Gruppe zu sein«. Nach dem Prinzip der Kontaktschuld wurde ihnen vorgeworfen, daß sie bei Besuchen des einstigen RFB-Führers Willy Leow in Moskau mit ihm in Hotelzimmern und Kneipen Gespräche »trotzkistischen Inhalts« geführt hätten. Deshalb wurde Scholze zusammen mit Rogalla und Schneider vom NKWD-Sondertribunal am 10.Juli 1937 zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt, anschließend in ein Lager nach Magadan verbannt. Dort wegen »Schädlingsarbeit« und »faschistischer Agitation« zum Tode verurteilt und am 11. Mai 1938 erschossen. Nach Stalins Tod insgeheim »rehabilitiert«, aber erst am 18.Oktober 1991 durch die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation öffentlich rehabilitiert. Sein Sohn Frank Scholze (* 1928), lange Zeit Schauspieler u. a. am Theater in Karlsruhe, bemühte sich intensiv, das Schicksal seines Vaters aufzuklären.

Information

Mehr Hinweise zu den beiden Lexika finden Sie unter Wer war wer in der DDR? und unter Handbuch der Deutschen Kommunisten