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In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR?

Usatiuc, Alexandru

* 1915 ✝ 2003




Alexandru Usatiuc wurde 1915 im Dorf Ivancea im damals noch zum russischen Zarenreich gehörenden Bessarabien geboren. Während des Zweiten Weltkriegs – Bessarabien stand in jenen Jahren unter rumänischer Verwaltung – diente er 1941–44 in der mit Nazi-Deutschland verbündeten rumänischen Armee als Feldwebel. Nach Kriegsende fiel Bessarabien an die UdSSR und wurde Teil der Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Als Sowjetbürger studierte Usatiuc am Moskauer Handelsinstitut und fand anschließend im moldauischen Handelsunternehmen Moldobuwtorg eine Anstellung als Warenkundler.

Im Herbst 1967 arbeitete Usatiuc gemeinsam mit Gheorghe Ghimpu an der Gründung der National-Patriotischen Front (Frontul Național Patriotic din Basarabia și Nordul Bucovinei; FNP). Im Programm der im Untergrund agierenden Organisation wurde die Befreiung Bessarabiens und der Nordbukowina von sowjetischer Herrschaft gefordert, die Nationalitätenpolitik der KPdSU kritisiert sowie zum Kampf für den Austritt Moldaus aus der UdSSR und zur Vereinigung mit Rumänien aufgerufen. Usatiuc und Gheorghe Ghimpu verfassten im Namen der noch gar nicht existierenden National-Patriotischen Front einen Appell, um ihre Ideen zu verbreiten und Anhänger zu gewinnen, die den Kern der künftigen Organisation bilden sollten. Unabhängig voneinander rekrutierten beide neue Mitglieder; Usatiuc knüpfte vor allem Kontakte zu Vertretern älterer Generationen.

Die erste Versammlung der National-Patriotischen Front bereiteten Usatiuc und Gheorghe Ghimpu gemeinsam vor und verfassten 1968/69 den „Bericht vom 1. Treffen der National-Patriotischen Front zur Befreiung Bessarabiens und der Bukowina vom russisch-sowjetischen Joch“ (Raport la Congresul I al Frontului national-patriotic pentru eliberaria Basarabiei si Bucovinei de sub jugul ruso-sovietic). Usatiuc formulierte die Resolution dieser ersten Versammlung, schmuggelte sie im März 1969 über die Grenze nach Rumänien und schickte sie dort an den Rumänischen Staatsrat. 1970 schrieb Usatiuc erneut in dieser Angelegenheit: zunächst im Mai an den rumänischen Staats- und Parteichef Nicolae Ceaușescu und im Juni an die Kanzlei des Rumänischen Staatsrats. Zwischen 1968 und 1971 bereitete er insgesamt 19 Dokumente zur späteren Veröffentlichung vor, die anhand historischer Akten aus den Jahren 1918–40 den staatsrechtlichen Status Bessarabiens, die ethnische Zusammensetzung von Regierung und Oberstem Sowjet der Moldauischen Sowjetrepublik sowie die Russifizierung der rumänischen Bevölkerung in Moldau belegten.

Am 13. Dezember 1971 wurde Usatiuc verhaftet und nach Artikel 67, Paragraf 1 und 69 des Strafgesetzbuches der Moldauischen Sowjetrepublik angeklagt (siehe *Artikel 70 Strafgesetzbuch der RSFSR und *Artikel 72 Strafgesetzbuch der RSFSR). Ihm wurde vorgeworfen, „antikommunistische, verleumderische und provokative“ Schriften verfasst, vervielfältigt, im In- und Ausland verbreitet zu haben und einer antisowjetischen Organisation anzugehören. Das Oberste Gericht der Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik verurteilte ihn am 13. Juli 1972 zu sieben Jahren Gefängnis und zu fünf Jahren Verbannung. Im gleichen Prozess wurden auch Gheorghe Ghimpu und Valeriu Graur verurteilt. Seine Strafe verbüßte Usatiuc in den *Permer Lagern, die anschließende Verbannung im Gebiet Tjumen in Westsibirien. 1983 kehrte er nach Chișinău zurück.

Während der Perestroika war Usatiuc in der Bewegung für nationale Befreiung und Demokratie aktiv. Später gründete er den Verband der Opfer der kommunistischen Okkupation und der Kriegsveteranen der rumänischen Armee. Als die Republik Moldau 1991 unabhängig wurde, bemühte er sich um die Anerkennung als Reserveoffizier der rumänischen Armee.

Alexandru Usatiuc starb 2003. Für seinen Kampf gegen die sowjetische Diktatur wurde ihm posthum 2010 und 2013 der Orden der Republik Moldau verliehen.


Ion Șișcanu
Aus dem Polnischen von Beata Kosmala
Letzte Aktualisierung: 06/17

Information

Die Sonderzeichen * und # erscheinen lediglich aus technischen Gründen im Text. Auf der Ursprungs-Webseite dissidenten.eu finden sie weiterführende Links sowie die vollständige Version der Biografien mit Glossarerklärungen, Chroniken und ausführlichen Darstellungen der Oppositionsgeschichten aller Länder.