x

In der Kategorie BioLex sind drei wichtige Lexika mit über 5500 Biografien von überzeugten Kommunistinnen und Kommunisten, Renegatinnen und Dissidenten im Volltext recherchierbar.

 

Das Handbuch „Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945“ wird von Andreas Herbst und Hermann Weber in der 8. aktualisierten Ausgabe herausgegeben. Auf breiter Quellenbasis werden die Schicksale deutscher Kommunisten knapp geschildert, von denen etwa ein Drittel während der NS-Diktatur und durch den Stalinistischen Terror gewaltsam ums Leben kam.

Kurzbiografien zu Personen des politischen Lebens in der DDR stellt das von Helmut Müller-Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann, Andreas Herbst, Ingrid Kirschey-Feix herausgegebene Lexikon ostdeutscher Biographien „Wer war wer in der DDR?“ Ch. Links Verlag, 5. Aufl. 2010 bereit.

Zudem ist das Online-Lexikon www.dissdenten.eu ebenfalls auf unserer Seite aufrufbar. Die über 700 Biografien mit umfangreichen Informationen zu Oppositionellen, Bürgerrechtlern und  Dissidenten aus vielen Ländern Ost- und Mitteleuropas werden laufend erweitert.

 

Wer war wer in der DDR

Müller, Helmut

* 12.6.1930 – ✝ 19.7.2019

Geb. in Reichenberg (ČSR / Liberec, Tschechien); Vater Textilarb.; Besuch der Volks- u. Hauptschule in Kratzau (ČSR); 1944 – 46 Drogistenlehre in Reichenberg. Jan. 1946 Umsiedl. in die SBZ; FDJ; 1946 – 48 Bauarb. in Merkers (Thür.); 1947 SED; 1948/ 49 Sekr. für Junge Pioniere der FDJ-KL Eisenach; April 1948 Lehrgang FDJ-Landeshelferschule der Kindervereinigungen Thür. (Vorläufer der Pionierorg.); 1949/50 stellv. Abt.-Ltr. für Junge Pioniere im Landesvorst. Thür.; Juli 1950 dort Sekr. für…

Wer war wer in der DDR

Mann, Dieter

* 20.6.1941 – ✝ 3.2.2022

Geb. in Berlin-Tiergarten; Vater Arbeiter; 1947 – 55 Schulausbildung; bis 1958 Ausbildung zum u. Tätigkeit als Dreher im VEB Schleifmaschinenwerk; Abitur an der ABF in Berlin; nebenbei Kleindarsteller am Berliner Ensemble; Volontariat an der Volksbühne Berlin; 1962 – 64 Studium an der Staatl. Schauspielschule Berlin (auch FDJ-Sekretär); danach Engagement am Dt. Theater (DT), erste Rolle in »Unterwegs« von Victor Rossow (R:  Friedo Solter), weitere Rollen u. a.: Tempelherr in »Nathan der Weise«…

Handbuch Deutsche Kommunisten

Remmele, Hermann

* 5.11.1880 – ✝ 7.3.1939

Am 5. November 1880 in Ziegelhausen bei Heidelberg geboren, entstammte einer Müllerfamilie, sein Vater war Besitzer einer Bauernmühle. Hermann Remmele stieß ebenso wie sein Bruder Adam ([* 1877 – † 1951], später badischer SPD-Innenminister und Ministerpräsident) früh zur Arbeiterbewegung. Die Kindheit verlebte er in einem Bauerndorf im Odenwald und kam mit 14 Jahren nach Ludwigshafen/Rhein in eine Lehre als Eisendreher. 1897 Mitglied der Metallarbeitergewerkschaft und der SPD. Nach der Gesellenprüfung 1898 auf Wanderschaft. Remmele war einer der ersten, die 1901/03 in badischen Garnisonen illegal für die Sozialdemokratie warben, und er zählte zu den Mitbegründern der süddeutschen Arbeiterjugendbewegung. Die sozialistische Jugend Offenbachs delegierte ihn 1907 zum Jugendkongreß, er wurde Sekretär der Konferenz. 1907/08 besuchte er die SPD-Parteischule in Berlin, anschließend Parteifunktionär in Mannheim. Mitarbeiter der »Leipziger Volkszeitung«, ab 1910 Redakteur der Mannheimer SPD-Zeitung »Volksstimme«. Hermann Remmele stand auf dem linken Flügel der SPD, deren Mehrheit in Baden revisionistisch war. Am 12. August 1910 schrieb er in einem Brief an Karl Kautsky, die linken Delegierten bäten zum Badischen Parteitag um Unterstützung durch einen guten Referenten, nicht Hermann Müller oder Friedrich Ebert, sondern möglichst Hermann Molkenbuhr und betonte: »Selbstverständlich verkriechen wir uns nicht angesichts der großen Übermacht ins Mauseloch.« Von 1914 bis 1918 war Remmele als Soldat an der Front. Während eines Urlaubs 1916 sammelte er die Opposition der SPD in Mannheim. Delegierter auf dem Gründungsparteitag der USPD 1917, wurde er nach der Revolution 1918 zunächst Führer der USPD in Mannheim, Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates. Remmele war 1919 einer der Initiatoren und Organisatoren der kurzlebigen Räterepublik in Mannheim. Im Frühjahr 1919 Übersiedlung nach Stuttgart, hauptamtlicher Sekretär und Redakteur der USPD in Württemberg. 1920 für die USPD in den Reichstag gewählt. Delegierter des Spaltungsparteitages, Mitglied des Reichsausschusses, der Kontrollkommission und später des ZK der USPD. Mit dem linken Flügel der USPD kam er 1920 zur KPD. Auf dem Vereinigungsparteitag in die Zentrale der VKPD gewählt, gehörte Remmele seit dieser Zeit bis 1933 ununterbrochen der Zentrale bzw. dem ZK der KPD an. Als Zentralemitglied zog er nach Berlin, wo er verschiedene Funktionen im Orgapparat ausübte. Er war auch in der 1923 gewählten Brandler-Zentrale und beteiligte sich aktiv an der Vorbereitung des »Oktober 1923«. Als Kurier der Zentrale überbrachte er deren Aufstandsbefehl an die KP Hamburg. Nach der Niederschlagung von der Polizei gesucht (Steckbrief: »1,68 m groß, blaugraue Augen, volles, fahles Gesicht«), hielt er sich mit einem falschen Paß (Werner Luchholdt) in Deutschland auf. Remmele trennte sich von der Brandler-Spitze und wurde ein Wortführer der Mittelgruppe, die nach der Moskauer Beratung vom Januar 1924 die Parteileitung übernahm, er war bis April 1924 Vorsitzender der KPD. Auf dem IX. Parteitag 1924 geriet die Mittelgruppe zwar in die Minderheit, doch Remmele kam als ihr Vertreter auch in die neue, linke Zentrale. 1924 Mitglied des Polbüros; er gehörte bis 1932 zu diesem höchsten Parteigremium. Im Mai 1924 auch wieder in den Reichstag gewählt, behielt er das Mandat bis 1933. Hermann Remmele und Ernst Thälmann wurden 1924 von Grigori Sinowjew als »das Beste und Kostbarste, was die deutsche Partei besitzt ..., das Gold der Arbeiterklasse« bezeichnet. Seit Herbst 1925 Mitglied des EKKI-Präsidiums, übernahm Remmele 1925 auch die Chefredaktion der »Roten Fahne«. Nach dem »Offenen Brief« vom September 1925 gegen die Ruth-Fischer-Führung stieg sein Einfluß beträchtlich. Von November 1925 bis Juni 1926 war er Polleiter des Bezirks Berlin-Brandenburg. Vom VI. Weltkongreß der Komintern 1928 erneut ins EKKI-Präsidium berufen, hielt er sich als Vertreter der KPD längere Zeit in Moskau auf. Als das ZK der KPD wegen der Wittorf-Affäre 1928 Thälmann absetzte, wurde Remmele von Stalin nach Deutschland geschickt, um diesen Beschluß sofort rückgängig zu machen. In den folgenden Jahren spielte Remmele neben Thälmann und Heinz Neumann die entscheidende Rolle in der deutschen Partei, diese drei Mitglieder des Politsekretariats bildeten als Triumvirat von 1929 bis 1932 die eigentliche Parteiführung. Auf dem XII. Parteitag der KPD 1929 hielt Remmele ein Referat über die Verteidigung der Sowjetunion und wurde ebenso wie Thälmann begeistert umjubelt. 1930 dann zum Leiter des Kampfbundes gegen den Faschismus ernannt und in der KPD neben Thälmann immer deutlicher als Führer herausgestellt. An Remmeles 50. Geburtstag 1930 feierte ihn das ZK als »einen der Besten der eisernen bolschewistischen Garde«. Außer zahlreichen Broschüren veröffentlichte er das zweibändige Werk »Die Sowjetunion«, das von der KPD in über 30000 Exemplaren vertrieben wurde. Am 25. Mai 1931 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu zwei Jahren und neun Monaten Festung verurteilt; brauchte die Strafe aber als Reichstagsabgeordneter nicht abzusitzen. Neben Thälmann und Neumann trat Remmele als einer der Hauptverfechter des von der Komintern bestimmten ultralinken Kurses der KPD auf. Sein Versuch 1931/32, zusammen mit Neumann und der Mehrheit des Polbüros Thälmann abzusetzen und sowohl gegen Nationalsozialisten wie gegen die Sozialdemokraten einen schärferen Kurs zu steuern, mißlang. Im Zusammenhang mit der Maßregelung der Neumann-Gruppe wurde er ebenfalls verwarnt, doch während Neumann degradiert wurde, behielt Remmele seinen Platz im ZK und im Polbüro. Im Oktober 1932 mußte er aus dem Sekretariat des ZK ausscheiden, blieb aber bis 1933 in Berlin, emigrierte dann nach Moskau und wohnte im Hotel »Lux«. Nachdem sein Briefwechsel mit Neumann gefunden wurde (Neumann hatte ihm geraten »Liebknecht und nicht Haase zu sein«, es also zur Spaltung kommen zu lassen), war Remmeles politische Laufbahn beendet. Im Januar 1934 mußte er Selbstkritik üben und seine Theorien über den Faschismus widerrufen. Auch die »Behauptung, daß die deutsche Arbeiterklasse [1933] die schwerste Niederlage seit 1914 erlitten habe«, erklärte er nun als »falsch«. Hermann Remmele lebte mit seiner Frau Anna Remmele, geborene Lauer (* 22. 9. 1888), in Moskau; bis zu seiner Verhaftung durch das NKWD am 15. Mai 1937 war er dort Mitarbeiter der Agitation- und Propagandaabteilung der Komintern. Am 7. März 1939 wurde Hermann Remmele der »Teilnahme an einer konterrevolutionären terroristischen Organisation« beschuldigt, vom Militärkollegium des Obersten Gerichts zum Tode verurteilt und noch am selben Tag auf dem Donskoje-Friedhof erschossen. Anna Remmele wurde im Juli 1937 ebenfalls vom NKWD festgenommen, aus der Partei ausgeschlossen und nach achtzehn Monaten Haft Mitte Januar 1939 nach Sibirien verbannt, wo sie am 5. Juli 1947 im Tomsk starb. Der Sohn Helmut Remmele war schon vor dem Vater 1938 erschossen worden. Die Tochter Hedwig Remmele (* 20. 10. 1907 – †17.4. 1984) verlor nach der Verhaftung der Eltern ihre Arbeit im ZK der IRH, kam als Schlosserin in einen Moskauer Betrieb und wurde mit ihren beiden Töchtern im August 1941 ebenfalls nach Tomsk verbannt. Ende August 1956 durfte sie in die DDR ausreisen. Hermann Remmele wurde erst am 30.September 1988 durch Beschluß des Obersten Sowjet der UdSSR offiziell rehabilitiert.

dissidenten.eu

Brüsewitz, Oskar

* 1929 – ✝ 1976

Am Anfang der Herbstrevolution in der DDR 1989 stand der Pfarrer Oskar Brüsewitz aus Rippicha. Mit seiner öffentlichen Selbstverbrennung am 18. August 1976 auf dem Marktplatz der Kreisstadt Zeitz setzte er ein Fanal im Kampf gegen den Kommunismus, mitten in einer Hochburg der sozialistischen Arbeiterbewegung und im „Wahlkreis“ des Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke. Jahrelang hatten die SED und ihr Staat zuvor von der Leitung der evangelischen Kirchenprovinz Sachsen verlangt, den…

Handbuch Deutsche Kommunisten

Voss, Walter

* 31.7.1907 – ✝ 21.3.1983

Geboren am 31. Juli 1907 in Berlin, Sohn eines Schmieds; zunächst Bote und Lagerarbeiter, dann Maschinenbaulehre, später kaufmännischer Angestellter. Seit 1925 Mitglied der SAJ, dann des KJVD und der Roten Jungfront, im Oktober 1927 der KPD. Nach der Ablösung Konrad Blenkles durch Kurt Müller wurde Voss im ZK des KJVD »Gegner-Obmann«. Er absolvierte 1930 einen mehrmonatigen Kurs an der KJI-Schule in Moskau, danach enger Mitarbeiter von Philipp Dengel und zeitweise Büromitglied des ZK des KJVD. Anschließend Jugendleiter der (späteren) Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit unter Ernst Grube. Voss leitete 1931 die deutsche Spartakiade-Delegation nach Moskau zum Drei-Städte-Treffen Moskau, Leningrad und Charkow. Bis Dezember 1931 Jugendsekretär im Verlag der Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit, dann Ende 1931 zum Polleiter der KJVD-BL Berlin berufen. Mit Helmut Remmele befreundet, geriet Voss 1932 in die Auseinandersetzungen innerhalb der Parteiführung. Da er Kurt Müller und Alfred Hiller unterstützte, wurde er im Sommer 1932 auf einer Sitzung des erweiterten Jugend-ZK heftig kritisiert und trotz ergebener Selbstkritik abgesetzt. Voss wurde noch im Juli 1932 in den Reichstag gewählt und daher bis Oktober 1932 Instrukteur (weil er als MdR mit einer Freifahrkarte der Bahn reisen konnte), aber im November 1932 nicht mehr als Abgeordneter nominiert und erwerbslos. Im März 1933 kurzzeitig festgenommen, setzte Voss im UB Reinickendorf die illegale Arbeit fort, war von 1935 bis 1942 Mechaniker in Berlin. Im November 1942 zur Wehrmacht eingezogen, desertierte er im Frühjahr 1945 zur Roten Armee, kam in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde Angehöriger des NKFD. Am 1. September 1945 wieder in Berlin-Wedding, hier sofort in der KPD-UB-Leitung. Seit Januar 1949 Abteilungsleiter für Arbeit und Sozialfürsorge im SED-LV, von 1954 bis 1956 Sekretär des FDGB von Ost-Berlin und ab März 1957 Leiter der dort angesiedelten Arbeitsschutzinspektion. Er erhielt 1977 den VVO in Gold. Walter Voss starb am 21. März 1983 in Ost-Berlin.

Wer war wer in der DDR

Karusseit, Ursula

* 2.8.1939 – ✝ 1.2.2019

Geb. in Elbing (Westpr./Elbląg, Polen); Vater Stellmacher u. Neulehrer; Wirtschaftsschule; Arbeit als Stenotypistin u. Sachbearb., 1960 – 62 Staatl. Schauspielschule Berlin; 1962 von  Wolfgang Heinz für die Volksbühne Berlin entdeckt u. gefördert; 1966 – 68 Dt. Theater Berlin u. 1969 – 86 wieder Volksbühne; 1968 NP (im Koll.); 1969 – 95 verh. mit dem Regisseur  Benno Besson; 1984 Debüt als Regisseurin mit John M. Synges »Held der westlichen Welt«; nach Diskussionen um die Inszenierung von…

Wer war wer in der DDR

Zaisser, Wilhelm

* 20.6.1893 – ✝ 3.3.1958

Geb. in Rotthausen (b. Gelsenkirchen); Vater Gendarmeriewachtmstr., dann Schuldiener; 1899 – 1913 Volksschule, Präparandenanstalt, Ev. Lehrerseminar in Essen; 1913/14 Militärdienst, danach Volksschullehrer in Essen; 1914 – 19 Militärdienst, 1916 Ltn.; anschl. erneut Lehrer; 1919 KPD; während des Kapp-Putsches einer der militär. Ltr. der Roten Ruhrarmee; 1921 nach vier Mon. Gefängnis aus dem Schuldienst entlassen; 1921/22 Ztg.-Red.; 1922 – 26 Mitgl. der KPD-BL Ruhrgebiet bzw. Ober-BL West; 1924… Geboren am 20. Juni 1893 in Rotthausen bei Gelsenkirchen, Sohn eines Gendarmeriewachtmeisters. Von 1907 bis 1910 besuchte er die Evangelische Präparandenanstalt zu Essen, danach das Lehrerseminar. Zaisser war wie sein Vater deutsch-national, leistete 1913/14 seinen Militärdienst und begann ab 1. April 1914 als Volksschullehrer in Essen. Von 1914 bis 1918 Soldat im Weltkrieg, 1917 zum Leutnant befördert, er erhielt das EK II. Klasse. Es war wie ein »Blutrausch«, meinte er später: »Ich habe im Nahkampf manchen Menschen getötet, und es erfüllte mich mit Befriedigung.« Im November 1918 verweigerten kriegsmüde Soldaten den Befehl, gegen die Rote Armee zu kämpfen. Zaisser erinnerte sich, man habe »mit der russischen Armee verhandeln müssen. Dabei habe ich gute Organisation, insbesondere bei der Verwaltung, wahrgenommen und bemerkt, daß man von seiten der russischen roten Armee (...) viel rigoroser vorging als es vordem von seiten der Deutschen der Fall war. Dadurch bin ich veranlaßt worden, den Bolschewismus anders zu beurteilen, als ich es vordem getan habe.« Nach dem Weltkrieg blieb er freiwillig zur »Abwicklung der Geschäfte« in Bialystok, wo er den revolutionären Umbruch vor Ort erlebte. Ein Pamphlet hat ihn nach seiner Rückkehr beeinflußt: Paul Eltzbachers »Der Bolschewismus und die deutsche Zukunft«. Der deutsch-nationale Bismarck-Anhänger schrieb, lediglich ein radikaler Bolschewismus und ein Bündnis mit Rußland, wie 1813, könne das Vaterland retten. Diese national-bolschewistischen Ideen beeindruckten Zaisser, für ihn war »der Bolschewismus die einzige Rettung«, und er befaßte sich mit linker Literatur. Seit April 1919 wieder Volksschullehrer in Essen, sympathisierte er mit der USPD. Im September 1919 Mitglied der KPD, wurde er im März 1920 einer der militärischen Führer der Roten Ruhrarmee, gehörte zur militärischen Zentralleitung in Essen (gemeinsam mit Viktor Stern). Deshalb im Januar 1921 festgenommen, stand mit Ernst Lohagen, Alfred Schroer u. a. im März 1921 in Kassel vor dem Sondergericht der Reichswehr, wurde zu vier Monaten Gefängnis verurteilt und aus dem Schuldienst entlassen. Zaisser begann 1921 als Redakteur des »Ruhr-Echos«, dann der Barmer Lokalausgabe der »Bergischen Volksstimme«. Ab April 1922 Mitglied der BL Essen und der Reichsleitung der Union der Hand- und Kopfarbeiter. 1922 heiratete er Else Knipp ( Else Zaisser). Er war ab Juli 1923 in der KPD-BL Ruhrgebiet und bis April 1926 in der Ober-BL West. Während des »deutschen Oktobers« auch M-Leiter für das Ruhrgebiet. Vom 1. März bis 15. Juni 1924 Kursant an einer Spezialschule der Komintern in Moskau, danach bis November 1925 M-Leiter für den KPD-Bezirk Ober-West (Rheinland und Westfalen). Anschließend wirkte er im Auftrag des Generalstabs der Roten Armee in Syrien, vermutlich als militärischer Berater beim Aufstand der Drusen gegen die französische Kolonialmacht sowie kurzzeitig als Berater des Präsidenten Abd-el-Krim, des Führers der Berberstämme beim Aufstand der Rifkabylen in Marokko. Zurück in Deutschland kam er in die Reichsleitung des AM-Apparates der KPD. Zaisser ging im Auftrag der Komintern und als Mitarbeiter des militärischen Nachrichtendienstes der Roten Armee von 1927 bis Anfang 1930 nach China, wo er neben Heinz Neumann u. a. Mitorganisator des Kantoner Aufstands war. Danach Orginstrukteur des EKKI in der CSR. 1932 als Mitglied in die KPdSU(B) übernommen, arbeitete Zaisser bis August 1936 unter dem Parteinamen Werner Reißner als Lehrer an der M-Schule der Komintern in Bakowka bei Moskau und an der Internationalen Leninschule. Anfang September 1936 reiste er nach Spanien, dort zunächst Berater für das 5. Regiment der spanischen Volksarmee. Im November 1936 zum Brigadegeneral befördert und berühmt als »General Gomez«, er übernahm das Kommando der XIII. Internationalen Brigade und war später verantwortlich für die Ausbildung aller Internationalen Brigadisten in Albacete. Nach der Demobilisierung im Sommer 1938 Rückkehr in die Sowjetunion, dort Chefredakteur der deutschen Sektion im Verlag für fremdsprachige Literatur. Im Auftrag der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee von 1943 bis 1946 Lehrer an Antifa-Schulen und Chef des deutschen Sektors für antifaschistische Schulung der Kriegsgefangenen. Als Leiter der Kaderabteilung des »Bundes Deutscher Offiziere« war er für die Sowjets so wichtig, daß sie ihn erst am 31.Dezember 1942 freigaben; er kehrte am 4.Februar 1946 nach Deutschland zurück. Zaisser wurde Mitglied der SED und löste Ende März 1947 Georg König als Chef der Landespolizeibehörde Sachsen-Anhalt ab. Im September 1948 folgte er Kurt Fischer als Innenminister und Vizeministerpräsident des Landes Sachsen. Im Juni 1949 Vizepräsident der Deutschen Verwaltung des Innern und Chef der Bereitschaftspolizei. Seit 1950 Mitglied des ZK der SED und des Politbüros, wurde er im Februar 1950 zum ersten DDR-Minister für Staatssicherheit berufen und erhielt noch anläßlich seines 60.Geburtstages am 20. Juni 1953 den Karl-Marx-Orden. Einen Monat später, am 26. Juli 1953, wurde er gemeinsam mit Rudolf Herrnstadt wegen »parteifeindlicher fraktioneller Tätigkeit« aus dem Politbüro und dem ZK der SED ausgestoßen und als Minister entlassen. Im Januar 1954 zum »Feind der Partei« erklärt und aus der SED ausgeschlossen. Mitarbeiter des Dietz Verlages und des IML sowie als Übersetzer tätig. Wilhelm Zaisser starb am 3. März 1958. Außer der Todesanzeige der Familie in der »Berliner Zeitung« veröffentlichte »Neues Deutschland« eine kleine Anzeige des IML: »In der Nacht vom 2.zum 3. März 1958 verstarb unser Mitarbeiter Wilhelm Zaisser im Alter von 63 Jahren. Ehre seinem Andenken! Dietz Verlag, Institut für Marxismus-Leninismus.« In der DDR war Zaisser fortan »Unperson«. Von Helmut Müller-Enbergs und Wilfriede Otto erscheint 2008 eine Biographie über Wilhelm Zaisser.Jens Gieseke / Bernd-Rainer Barth