DDR von A-Z, Band 1953

Abweichungen (1953)

 

 

Siehe auch:


 

Stehender Begriff des Pj. für Auffassungen, die nicht der als „Generallinie“ vom ZK der KPdSU in Moskau verkündeten Lehre des Marxismus-Leninismus-Stalinismus und ihrer häufig wechselnden Auslegung entsprechen; sie werden seit Lenin auf das schärfste bekämpft. A. gelten nicht nur als Verstoß gegen die Parteidisziplin, sondern auch als Verrat am Sozialismus und an den Interessen der Arbeiterklasse, die den Interessen des Volkes gleichgesetzt werden. Je nachdem, ob die A. zum Radikalismus, zur Mäßigung oder zum Ausgleich mit den Gegnern neigen, werden sie als Linksabweichungen, Rechtsabweichungen, Versöhnlertum oder Opportunismus gebrandmarkt. Darunter fiel und fällt auch die als Revisionismus und als „Verschwörung mit dem Klassenfeind“ verdammte Lehre der deutschen Sozialdemokratie (Sozialdemokratismus) seit Bernstein und Kautsky. Da der Bolschewismus vorgibt, alle Natur- und Lebenszusammenhänge endgültig und eindeutig wissenschaftlich erkannt zu haben, wird auch das natürliche Bestreben jedes Menschen, die reine Wahrheit über die Natur- und Lebenszusammenhänge durch selbständiges Denken auf wissenschaftlicher Grundlage frei von Vorurteilen objektiv zu erkennen, als Objektivismus gefürchtet und verfolgt. Zur Bekämpfung aller A. wird immer wieder die revolutionäre ➝Wachsamkeit der Parteimitglieder aufgerufen.

 

A. innerhalb der kommunistischen Parteien werden in leichten Fällen durch das Verfahren der Kritik und Selbstkritik ausgemerzt. In schweren Fällen, und wenn die Betroffenen nicht widerrufen, ist Parteiausschluß und gesellschaftliche Vernichtung in Zwangsarbeitslagern oder Todesstrafe mit oder ohne Gerichtsverfahren die Folge. Dem gleichen ideologischen Zwang sind alle Deutschen in der SBZ unterworfen. (Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus)


 

Fundstelle: SBZ von A–Z. Bonn, 1953: S. 7


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.