
Handwerkssteuer (1953)
Siehe auch:
Durch die ab 1. 1. 1950 in der SBZ eingeführte H. trat bei allen Gewerbetreibenden, die in die Handwerksrolle eingetragen sind, an die Stelle der Einzelveranlagungen zur Einkommen-, Vermögens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer eine Pauschalbesteuerung mit gestaffelten Steuersätzen je nach Art des Betriebes, der Zahl der Beschäftigten und der Ortsklasse. Nach dem Gesetz über die H. sind die Handwerke in 18 [S. 57]Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Zuschläge zu einem Grundbetrag je nach dem Materialanteil der Fertigwaren zahlen müssen. Die höchsten Zuschläge zahlen die Handwerke mit geringem Lohnanteil, also u. a. Bäcker, Fleischer und Müller. Die Zuschlagsteuer wächst progressiv mit der Zahl der im Lohn Beschäftigten und wird nach der Lohnsumme errechnet. Die Zuschlagsteuer wirkt sich z. B. bei Betrieben mit 10 Beschäftigten etwa zweieinhalbmal so hoch aus als bei Betrieben mit nur einem Beschäftigten. Zur Produktionssteuer (Grund- und Zuschlagsteuer) kommt als weiterer Teil der H. die sog. Handelssteuer. Sie wird aus der Summe der Verkaufspreise derjenigen Waren errechnet, die der Handwerker eingekauft hat, abzüglich der im Betrieb verarbeiteten Waren. Es handelt sich praktisch um eine Ablösung der Umsatzsteuer für nicht verarbeitete Waren, also reine Handelsartikel. Eine abschließende Beurteilung der H. ist zur Zeit noch nicht möglich. Wenn besondere Umstände vorliegen, mögen einzelne Handwerksbetriebe dabei Vorteile haben.
Der politische Zweck der H. ist unverkennbar. Bestimmte Kategorien von Kleinbetrieben werden so stark belastet, daß sie nicht mehr leben können. Sie müssen daher schließen, ihre Inhaber Lohnempfänger bei einem volkseigenen oder kommunalen Betrieb werden. Die staatlichen Handwerks- und Industriebetriebe haben einen ausgesprochenen Mangel an Facharbeitern; er wird auf diesem Umwege gemildert. Durch die progressive Besteuerung fremder Arbeitskräfte wird praktisch jede Entfaltung des Handwerks unterbunden. (Handwerk)
Fundstelle: SBZ von A–Z. Bonn, 1953: S. 56–57