
Verwaltungsreform (1953)
Siehe auch:
Begriff, der im herkömmlichen Sinne auf den neuartigen Sachverhalt in der SBZ nicht zutrifft, da sich dort nicht eine V., sondern unter bewußter Verneinung der Prinzipien des Rechtsstaates eine totalitärer Gesetzmäßigkeit unterliegende Umformung des Staatsapparates nach dem Vorbild der SU vollzieht. Der Ausdruck V. wird offiziell auch nur selten gebraucht, man spricht vielmehr von „Demokratisierung der Verwaltung“ und meint damit die Umgestaltung des Verwaltungsapparates zu einem Instrument der volksdemokratischen Herrschaft.
Die entscheidende Phase der V. wurde eingeleitet durch das auf den Beschlüssen der II. Parteikonferenz der SED (9./12. 7. 1952) beruhende Gesetz vom 23. 7. 1952 über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der „DDR“ (GBl. Nr. 99/1952, S. 613), das die Länder anwies, eine Neugliederung ihrer Gebiete vorzunehmen (§ 1), und das die Überleitung der bisher von den Landesregierungen wahrgenommenen Aufgaben auf die Organe der zu bildenden Bezirke (§ 4) einleitete. Bereits Anfang August war die Errichtung der Bezirke mit der Konstituierung der Bezirkstage und der „Wahl“ der Räte der Bezirke abgeschlossen. Die geplante Verfassungsänderung unterblieb jedoch mit Rücksicht auf den „Kampf um die Einheit Deutschlands“. Trotz Auflösung der Regierungen und der Landtage der Länder (Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) existieren die Länder daher de jure noch, zumal auch die Länderkammer nicht aufgelöst wurde. (Verfassung und Verwaltung)
[S. 158]Organe der Staatsgewalt sind a) in den 14 Bezirken (Chemnitz, Cottbus, Dresden, Erfurt, Frankfurt an der Oder, Gera, Halle, Leipzig, Magdeburg, Neubrandenburg, Potsdam, Rostock, Schwerin, Suhl): Bezirkstag und Rat des Bezirkes; in den 194 Kreisen: Kreistag und Rat des Kreises. Bezirks- und Kreistage sind Scheinparlamente ohne Gesetzgebungsbefugnis. Wahlen haben nicht stattgefunden; die Bezirks- und Kreistage setzen sich vielmehr aus bisherigen Abgeordneten der Land- bzw. Kreistage und aus von der Nationalen Front benannten Abgeordneten zusammen. Die Räte sind zentralstaatliche Behörden der Republik auf Bezirks- bzw. Kreisebene, die sich in Abteilungen gliedern und sich in ihrer Spitze zusammensetzen aus einem Vorsitzenden, fünf (bei den Kreisräten nur drei) Stellvertretern des Vorsitzenden, einem Sekretär und fünf bis acht weiteren Mitgliedern. Die Funktionen der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreter haben weitgehend repräsentativen Charakter. Die politische Schlüsselposition hat der Sekretär inne, der den Arbeitsplan des Rates ausarbeitet, weitgehende Kontrollbefugnisse besitzt und nach den Direktiven des Ministerrates die Arbeit der Organisations-Instrukteur-Abteilung leitet.
Die gesetzliche Grundlage für die an sich verfassungswidrige Tätigkeit der Organe der Staatsgewalt in den Bezirken und Kreisen bilden die am 24. 7. 1952 erlassene Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke (GBl. Nr. 101/52, S. 621) und die am gleichen Tage in Kraft getretene Ordnung für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Kreise (GBl. Nr. 101/1952, S. 623).
Durch diese V. im Zuge des „Aufbaus des Sozialismus“ ist das zentralstaatliche Verwaltungsmonopol durchgesetzt worden. Die „DDR“ stellt sich seither als zentralisierter Einheitsstaat dar. (Regierung)
Fundstelle: SBZ von A–Z. Bonn, 1953: S. 157–158
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