DDR von A-Z, Band 1953

Fünfjahrplan (1953)

 

 

Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Erster langfristiger Plan in der SBZ für die Jahre 1951–1955 nach dem Muster der SU. Der F. richtet sich zwar im Sinne der marxistischen Lehre vom Primat des ökonomischen in erster Linie auf die Wirtschaft, schließt jedoch als Versuch einer sozialen Gesamtplanung alle anderen Gebiete des öffentlichen Lebens ein, also z. B. auch Verwaltung, Schulen, Sport, Gesundheitswesen, Kulturpolitik usw. Vorläufer waren Planungen für die Zeiträume Juli bis Dezember 1948: Halbjahrplan und 1949–1950: Zweijahrplan. Hauptziel des F. ist die Erhöhung der Industrieproduktion auf durchschnittlich 192,3 v. H. im Verhältnis zu 1950. Schwerpunkte sind dabei der Aus- und Neubau von Energieerzeugungsanlagen, Brennstoffbetrieben, Hütten-, Stahl- und Walzwerken, Betrieben der Großchemie und des Maschinenbaus. Die Energieerzeugung soll auf 182,7 v. H., die Metallerzeugung auf 253,6 v. H., der Maschinenbau auf 214,8 v. H. und die chemische Industrie auf 204,4 v. H. gesteigert werden, „um weitgehende Unabhängigkeit der Volkswirtschaft von dem kapitalistischen Ausland sicherzustellen“ (Gesetz über den Fünfjahrplan vom 1. 11. 1951).

 

Der F. sieht die Steigerung der Arbeitsproduktivität in den Volkseigenen Betrieben (VEB) und den SAG-Betrieben auf 172 v. H. vor; daher Forcierung der Aktivistenbewegung und Einführung sowjetischer Arbeitsmethoden (Neuererbewegung). Der F. ist in seinen wesentlichen Positionen durch die sowjetische staatliche Plankommission GOSPLAN diktiert und ein Teilstück der industriellen Arbeitsteilung innerhalb der Ostblockländer.

 

[S. 51]Durch seine Ausrichtung auf außerdeutsche Bedürfnisse gefährdet der F. die arbeitsteilige Wirtschaftsstruktur Gesamtdeutschlands. Der Aus- und Aufbau großer Kapazitäten in Metallurgie und Maschinenbau z. B. führt zu Fehlinvestitionen, da in Westdeutschland ausreichend entsprechende Werke vorhanden sind. Die Durchführung des F. setzt große Material Investitionen voraus, die — besonders im Hinblick auf die laufenden Reparationsentnahmen der SU — aus der eigenen Erzeugung der SBZ nicht aufgebracht werden können. Da die Ostblockstaaten bei ihren eigenen Industrialisierungsplänen bei den wichtigsten Positionen ebenfalls auf Einfuhren angewiesen sind, sind Westimporte zur Erfüllung des F. weiter unentbehrlich.

 

Bereits die Ergebnisse des ersten Planjahres 1951 deckten die Schwierigkeiten bei der Materialversorgung auf. Nach dem Bericht der sowjetzonalen Staatlichen ➝Plankommission (zitiert nach „Die Wirtschaft“ Nr. 8 vom 22. 2. 1952), wurden die Planziffern „nicht erreicht bei Rohstahl in Blöcken, Walzwerkerzeugnissen aus Nichteisenmetallen, Schmiede- und Preßausrüstungen, Metallurgie-Ausrüstungen, Wechselstrommotoren über 10 kW, kalzinierter Soda, Phosphordünger, feuerfesten Erzeugnissen“. Der Plan wurde also im ersten Jahr in den für den Aufbau wichtigsten Positionen nicht erfüllt. Die weiteren Aussichten für die Erfüllung des F. sind abhängig vor allem von dem Verhalten der SU in ihrer Repararationspolitik (Reparationen) gegenüber der SBZ und von der Aufrechterhaltung von Wirtschaftsbeziehungen zum Westen. (Wirtschaftssystem)


 

Fundstelle: SBZ von A–Z. Bonn, 1953: S. 50–51


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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