DDR von A-Z, Band 1953

Rahmenkollektivvertrag (1953)

 

 

Siehe auch:


 

Wird abgeschlossen zwischen den Fachministerien oder Betriebsbehörden und den Zentralvorständen der Industriegewerkschaften. Notwendig ist die Zustimmung des FDGB-Bundesvorstandes, des Ministeriums der Finanzen sowie die Bestätigung des Arbeitsministeriums. Lt. Ausführungsbestimmung vom 15. 12. 1951 ist der Kollektivvertrag ein Mittel zur Planerfüllung. Der Gesamtplan wird vom Industrieministerium aufgestellt und für die Fachministerien aufgegliedert. Diese schließen mit den jeweiligen Industriegewerkschaften einen R. zur Erfüllung des Planes für ihren Industriezweig ab. Die Betriebe des jeweiligen Wirtschaftsgebietes erhalten vom Fachministerium die Auflage ihres Plansolls und schließen mit der BGL den Betriebskollektiv[S. 109]vertrag ab. Dem Industrieministerium wird vom Ministerium der Finanzen die Summe der geplanten Löhne übermittelt, die in den Plan einzuarbeiten ist. Die Fachministerien müssen hierzu Lohngruppenkataloge herausgeben, damit die geplante Lohnsumme eingehalten wird, so daß die Gewerkschaft bei der Lohngestaltung völlig ausgeschaltet ist. Am 20. 3. 1951 wurde im Gesetzblatt der „DDR“ das Muster eines R. bekanntgegeben, der von der Regierung für verbindlich erklärt wurde und den bis dahin geltenden Bestimmungen gegenüber wesentliche Verschlechterungen enthält. Er verpflichtet die Betriebsleitung, alle Arbeiten nach dem amtlichen Normenkatalog zu normieren und im Leistungslohn ausführen zu lassen (Ziff. 15 a) und Arbeiter, die ihre Qualifikation erhöht haben, erst nachdem sie drei Monate hintereinander Arbeiten einer höheren Lohngruppe ausführen, in diese höhere Lohngruppe überzuführen, und zwar erst nach Ablegung der dafür vorgesehenen „Probearbeit“ (Ziff. 12 b). Hingegen kann jeder Arbeiter in den Lohngruppen 1–4 jederzeit eine Tätigkeit der niedrigsten Lohngruppe zugewiesen bekommen und erhält dann auch sofort den niedrigeren Lohn; in den Gruppen 4–8 kann jederzeit Herabsetzung um eine Gruppe erfolgen Damit gibt es für die Arbeitnehmer überhaupt keine Lohngruppengarantie mehr. Nach Ziff. 20 e hat leitendes und technisches Personal mit verantwortlicher Tätigkeit keinen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Vergünstigungen für den Arbeitnehmer (z. B. Prämiensystem für Zeitlohner, die nicht im Leistungslohn stehen, Haushaltstag für berufstätige Frauen u. a.) werden im R. lediglich als Kann-Bestimmungen aufgeführt. Der Kollektivvertrag ist ein sozialer Rückschritt auf einen Zustand, wie er in Deutschland schon seit 1890 überwunden ist. Er bedeutet eine Ausbeutung der Arbeitnehmer, wie sie heute in keinem der sog. kapitalistischen Länder denkbar wäre. Die Kollektivverträge sind dem sowjetischen Vorbild nachgeahmt und lehnen sich auch im Wortlaut eng an dieses Vorbild an. (Arbeitspolitik)


 

Fundstelle: SBZ von A–Z. Bonn, 1953: S. 108–109


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.