DDR von A-Z, Band 1954

Jugendstrafrecht (1954)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Bis zum 1. 6. 1952 war in der SBZ das auch für die Bundesrepublik geltende Jugendgerichtsgesetz in Kraft. In politischen Verfahren wurden die Vorschriften dieses Gesetzes bewußt nicht angewandt; es wurden fegen Jugendliche ebenfalls hohe Zuchthausstrafen verhängt, auch gegen Jugendliche wurden Schauprozesse durchgeführt. Begründung: „Es geht bei den in Betracht kommenden Delikten darum, die Grundlagen unserer demokratischen Ordnung und damit den Frieden in der Welt zu schützen“ (Abteilungsleiter Weiß vom sowjetzonalen Justizministerium auf einer Tagung am 25. 9. 1950). In ihrer Sitzung vom 23. 5. 1952 hat die Volkskammer ein neues Jugendgerichtsgesetz beschlossen, das am 1. 6. 1952 in Kraft getreten ist. § 24 bestimmt, daß Jugendliche nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts, höchstens allerdings zu lebenslänglichem Zuchthaus, verurteilt werden müssen, wenn sie sich des vollendeten oder versuchten Verbrechens des Mordes, der Vergewaltigung, der Sabotage oder eines Verbrechens gegen Artikel 6 der Verfassung (Boykott-, Kriegs- und Mordhetze) oder gegen das Gesetz zum Schutze des Friedens (Friedensschutzgesetz) schuldig gemacht haben. Nach § 33, 2 werden die Jugendlichen, die wegen ihrer gegnerischen politischen Einstellung angeklagt werden, nicht durch Jugendgerichte, sondern durch die für Erwachsene zuständigen Gerichte, d. h. also durch die politischen Sondersenate abgeurteilt. Gegen Jugendliche kann nach § 41 auch öffentlich verhandelt werden. Aus diesem neuen Gesetz ergibt sich klar der Sinn der sowjetzonalen Strafrechtsprechung: Übergang zur Generalprävention. (Rechtswesen)

 

Literaturangaben

  • Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der Sowjetzone. (BB) 1953. 100 S.

 

Fundstelle: SBZ von A–Z. Zweite, durchgesehene und erweiterte Auflage, Bonn 1954: S. 77


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.