Dialektischer Materialismus (1954)
Siehe auch die Jahre 1953 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
„Die Weltanschauung der marxistisch-leninistischen Partei“ be[S. 40]trachtet — im Gegensatz zum Idealismus — nicht den Geist und im Gegensatz zum Realismus nicht das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis von Geist und Materie, sondern allein die Materie als die „objektive Realität“, als den Ursprung aller Erscheinungen, wobei alle Dinge, alle Erscheinungen der Natur miteinander organisch verbunden sind, voneinander abhängen und einander bedingen. Auch der Geist ist nur „das höchste Produkt der Materie“ (Engels). Jede beliebige Erscheinung könne nur dann verstanden und begründet werden, wenn sie in ihrem unlösbaren Zusammenhang mit den sie umgebenden Erscheinungen, in ihrer Bedingtheit durch die sie umgebenden Erscheinungen, betrachtet wird. — Dabei befindet sich die Natur in einem Zustand unaufhörlicher Bewegung und Veränderung, unaufhörlicher Erneuerung und Entwicklung, in welchem immer irgend etwas entsteht und sich entwickelt, irgend etwas zugrunde geht und sich überlebt. — Dieser Entwicklungsprozeß führe gesetzmäßig von quantitativen Veränderungen durch sprunghaften Übergang (dialektischer Sprung) zu qualitativen Veränderungen, erweise sich also als aufsteigende, ständig fortschrittliche Bewegung. — Da allen Dingen und Naturerscheinungen innere Widersprüche eigen sind, denn sie alle haben ihr Ablebendes, Negatives und sich Entwickelndes, Positives in sich, ergibt sich aus der dialektischen Methode, daß die Entwicklung nicht harmonisch, sondern durch das Hervorbrechen der Widersprüche in Form eines Kampfes gegensätzlicher Tendenzen (antagonistischer Widersprüche) verläuft. „Im eigentlichen Sinn ist die Dialektik (Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus) die Erforschung der Widersprüche im Wesen der Dinge selbst“ (Lenin). Die Verneinung des unabhängigen menschlichen Geistes als schöpferisch gestaltender Kraft führt den Marxismus zur Übertragung der dialektischen Methode von der Naturwissenschaft auf die Erforschung des gesellschaftlichen Lebens und der Geschichte der Gesellschaft durch den Historischen Materialismus oder die Materialistische Geschichtsauffassung.
Literaturangaben
- Bochenski, Joseph M.: Der sowjetrussische dialektische Materialismus (Diamat). Bern 1950, Francke. 213 S.
- Gurian, Waldemar: Der Bolschewismus. Einführung in Geschichte und Lehre. Freiburg 1931, Herder. 337 S.
- Hippel, Ernst von: Die Überwindung des Bolschewismus. Köln 1953, Deutsch-Europäische Verlagsgesellschaft. 48 S.
- Monnerot, Jules: Soziologie des Kommunismus. Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 429 S.
- Sieger, Karl: Im Banne des Kommunismus … Idee und Gefahr des Kommunismus. Luzern 1952, Rex-Verlag. 360 S.
- Theimer, Walter: Der Marxismus. Lehre — Wirkung — Kritik (Sammlung Dalp, Bd. 73). Bern 1950, A. Francke. 253 S.
- Wetter, Gustav A.: Der dialektische Materialismus. Seine Geschichte und sein System in der Sowjetunion. Freiburg 1952, Herder. 647 S.
Fundstelle: SBZ von A–Z. Zweite, durchgesehene und erweiterte Auflage, Bonn 1954: S. 39–40