DDR von A-Z, Band 1954

Lebensstandard (1954)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Der L. in der SBZ ist in erster Linie bestimmt durch eine Wirtschafts- und Handelspolitik, die die Lebensbedürfnisse der Bevölkerung vernachlässigt zugunsten der Reparationsleistungen an die SU, überstürzter Industrieinvestitionen zu über[S. 101]wiegend rüstungswirtschaftlichen Zwecken und verschleierter Steuereinnahmen (Akzise der HO), die zugleich der Kaufkraftabschöpfung dienen. Ferner ist für den L der SBZ kennzeichnend eine außerordentlich weitgehende „planmäßige“ Differenzierung, die einerseits durch die Staffelung des Lebensmittelkartensystems und den Vertrieb von Mangelwaren zu stark überhöhten Preisen in den Staatsläden der HO, andererseits durch überaus stark differenzierte Lohn- und Gehaltstarife bewirkt wird.

 

[S. 102]Ein Vergleich der allgemeinen Lebenshaltungskosten in der „DDR“ und in der Bundesrepublik ist kaum zu führen, da die Preise der rationierten Lebensmittel und vieler Gebrauchsgüter in der „DDR“ gestoppt sind und für die Währung ein Zwangskurs gilt Für den L des sowjetzonalen ..„Normalverbrauchers“ sind folgende Voraussetzungen ausschlaggebend:

 

1. Viele für den Ernährungshaushalt unentbehrliche Lebensmittel (z. B. Butter, Zucker, Feingemüse, neuerdings auch Kartoffeln) sind entweder gar nicht oder nur in unzureichenden Mengen bzw. zu überhöhten Preisen erhältlich; 2. auch wichtige Gebrauchsgüter, zumal solche, deren Herstellung Wolle. Nichteisenmetalle und andere knappe Rohstoffe erfordert, sind nicht oder nur zu überhöhten Preisen und in mangelhaften Qualitäten erhältlich; ob die mit der Verkündung des Neuen Kurses im Frühjahr 1953 in Aussicht gestellte Verbesserung der Versorgung mit Gebrauchsgütern realisiert wird, bleibt abzuwarten; auf dem Gebiete des Wohnungsbaus (Wohnungswesen) ist in der „DDR“ so gut wie nichts geschehen, unzählige berufstätige Männer und Frauen leben aus Gründen der allgemeinen Arbeitspolitik getrennt von ihren Familien und vielfach in Barackenlagern von kaum menschenwürdigem Zustand; 3. Kulturgüter sind erschwinglich, werden den breiten Massen auch durch Besucherorganisationen und Verlagerung des „Kulturkonsums“ in die Betriebe (Kulturhaus) nahegebracht, stehen aber weithin im Dienste politischer Propaganda und werden daher von der Masse der Verbraucher abgelehnt; 4. eine dünne Schicht von Funktionären, Angehörigen der technischen Intelligenz und anderer Mangelberufe, Spezialisten und Aktivisten bezieht Löhne und Gehälter, die ein Vielfaches der Grundtarife ausmachen, höhere Lebensmittelrationen, Intelligenzpakete und sonstige Vergünstigungen, die sie weit über den L. der „Normalverbraucher“ hinausheben; die Masse der letzteren kann einen höheren L. auch nicht durch größere Leistung erreichen, da die höheren Stufen des Leistungslohnes auf einen bestimmten Prozentsatz der Arbeiterschaft begrenzt sind und bei allgemeiner Verbesserung der Leistungen die Normen heraufgesetzt werden. Aus all diesen Gründen gleicht sich der L. der SBZ mehr und mehr dem der SU und ihrer Satellitenstaaten an.


 

Fundstelle: SBZ von A–Z. Zweite, durchgesehene und erweiterte Auflage, Bonn 1954: S. 96–102


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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