Diktatur des Proletariats (1954)
Siehe auch die Jahre 1953 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Wurde als Herrschaftssystem im Gefolge der proletarischen Revolution von Marx nur in einem einzelnen Satz seiner „Kritik des Gothaer Programms“ 1875 ohne nähere Erläuterung erwähnt, erst von Lenin zum „wichtigsten Problem“ und „Hauptinhalt“ der bolschewistischen Revolution erhoben und durch seine 1917 erschienene Schrift „Staat und Revolution“ zu einer geschlossenen Revolutionstheorie entwickelt, die später von Stalin ausgebaut wurde. Die DdP. soll den alten Staatsapparat, seine Gesetzgebung und seine Moral gewaltsam und vollständig zertrümmern, den völligen Sturz des Kapitals herbeiführen, jeden Widerstand der Gegner und alle Restaurationsversuche mit allen Mitteln unterdrücken und die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus durch die Errichtung der klassenlosen Gesellschaft und der vom Staat als einzigem Unternehmer gelenkten sozialistischen Produktionsweise in die Wege leiten. Lenin betrachtete dabei die kommunistische Parteileitung als Avantgarde (Vorhut) der Parteianhänger, die in straffster Disziplin ohne Mitbestimmungsrecht alle Anordnungen zu befolgen haben; er betrachtete die Partei als Avantgarde des Proletariats, die Proletarier als Avantgarde aller übrigen für die Revolution brauchbaren Werktätigen (unzufriedene Kleinbürger, Kleineigentümer, Intelligenz usw.), die ihrerseits ein „Klassenbündnis“ mit den werktätigen Bauern eingehen müßten, ohne daß die kommun. Parteileitung ihre „führende Rolle“ in dieser künstlich konstruierten Pyramide verlieren dürfe. Das bedeutet in der Praxis, daß weder die Bauern noch die Werktätigen noch das Proletariat oder die kommun. Parteimitglieder, sondern allein die Parteileitung, verkörpert durch das ZK, die unumschränkte Diktatur über das ganze Volk ausüben, und daß alle, die der Partei beitreten oder mit ihr paktieren, sich auf Gnade und Ungnade dieser DdP. ausliefern, die, wie Stalin sagt, nicht als eine flüchtige Periode zu gelten hat, sondern als eine ganze historische Ära, von der bis jetzt niemand sagen kann, wann sie endet. (Materialistische Geschichtsauffassung, Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus)
Literaturangaben
- Bochenski, Joseph M.: Der sowjetrussische dialektische Materialismus (Diamat). Bern 1950, Francke. 213 S.
- Gurian, Waldemar: Der Bolschewismus. Einführung in Geschichte und Lehre. Freiburg 1931, Herder. 337 S.
- Hippel, Ernst von: Die Überwindung des Bolschewismus. Köln 1953, Deutsch-Europäische Verlagsgesellschaft. 48 S.
- Monnerot, Jules: Soziologie des Kommunismus. Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 429 S.
- Sieger, Karl: Im Banne des Kommunismus … Idee und Gefahr des Kommunismus. Luzern 1952, Rex-Verlag. 360 S.
- Theimer, Walter: Der Marxismus. Lehre — Wirkung — Kritik (Sammlung Dalp, Bd. 73). Bern 1950, A. Francke. 253 S.
- Wetter, Gustav A.: Der dialektische Materialismus. Seine Geschichte und sein System in der Sowjetunion. Freiburg 1952, Herder. 647 S.
Fundstelle: SBZ von A–Z. Zweite, durchgesehene und erweiterte Auflage, Bonn 1954: S. 41
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