DDR von A-Z, Band 1956

Bibliothekswesen (1956)

 

 

Siehe auch:


 

Im B. der Zone haben die allgemeinen öffentlichen Büchereien den Vorrang, da sie unmittelbarer als die wissenschaftlichen der Sowjetisierung dienstbar gemacht werden können. Die bisher als „wissenschaftliche bezeichneten Bibliotheken dienten der Wissenschaft und Forschung, die in Dienst und Sold der bürgerlichen Klassengesellschaft standen“ (Erkl. des Volksbildungsministeriums von Juni 1950); sie waren des Objektivismus verdächtig und wurden daher bewußt vernachlässigt. Mangel an qualifizierten Fachkräften und wachsende Anforderungen der „gesellschaftlichen Arbeit“ beeinträchtigten die Erfüllung der eigentlichen Aufgaben; die Buchbestände waren durch Kriegsverluste, Säuberungen und Sekretierungen gelichtet; Anschaffungen westdeutscher und ausländischer Literatur werden (gemäß Verordnung vom 16. 3. 1950) durch die „Zentralstelle für die Beschaffung wissenschaftlicher Literatur“ kontrolliert, die die vom Staat für vordringlich erachteten Bedürfnisse vor anderen zu berücksichtigen hat; die Bibliotheken können also nicht jedem Benutzer jedes für Forschungszwecke benötigte Buch besorgen. Das allgemeine öffentliche B. wird stärker gefördert, aber durch staatliche Reglementierung, Säuberung der Bestände, „Auswahllisten“, Kontrolle der Nachwuchsausbildung, Schulung der alten Bibliothekare und privaten Leihbüchereibesitzer scharf auf die „gesellschaftlichen Aufgaben“ des Parteistaates ausgerichtet. Die Unterhaltungs- und echten Bildungsbedürfnisse der Leserschaft gelten als weniger beachtlich. Büchereien der Betriebe und „demokratischen Massenorganisationen“ genießen besondere Förderung, während die privaten Leihbüchereien zu langsamem Absterben verurteilt sind, da sie die von den Lesern gewünschte Literatur nicht führen, dürfen oder nicht erhalten können. Die Kontrolle der allgemeinen öffentlichen Büchereien und die Umschulung der Bibliothekare erfolgt durch die „Staatlichen Landesstellen für Buch- und Bibliothekswesen“; die Ausbildung des Nachwuchses (auch der wissenschaftlichen Bibliotheken) ist lt. Verordnung vom 16. 3. 1950 beim „Zentralinstitut für Bibliothekswesen“ in Ostberlin zentralisiert.

 

Die Deutsche Bücherei in Leipzig bemüht sich, ihrer alten Aufgabe als allgemeines deutsches Verlagsarchiv weiterhin nachzukommen, [S. 48]wird aber aus der Bundesrepublik nicht mehr mit Pflichtexemplaren beliefert.

 

Literaturangaben

  • *: Bibliotheken als Opfer und Werkzeug der Sowjetisierung. Zur Lage des Büchereiwesens in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 71 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 47–48


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.