DDR von A-Z, Band 1956

Nationalitätenpolitik (1956)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Wie auf vielen anderen Gebieten, so führt das vorherrschende Prinzip der „bolschewistischen Parteilichkeit“ auch in der Behandlung der Nationalitätenfrage zu erheblichen Widersprüchen zwischen Theorie und Praxis und zu plötzlichen ideologischen Schwenkungen. Die in den Linguistik-Briefen von Stalin vorgetragene neue Lehre hatte sich offenbar noch nicht überall im bolschewistischen Machtbereich durchgesetzt, als das Prager deutschsprachige Gewerkschaftsorgan „Aufbau und Frieden“ im August 1952 eine Anfrage nach dem Begriff „Volk“ mit der Erklärung beantwortete, daß „Volk“ alle in einem Staate zusammenwohnenden Nationen und nationalen Volksgruppen umfasse: „Deswegen bilden zum Beispiel die Grusinier einen Bestandteil des sowjetischen, die Sorben in der ‚DDR‘ des deutschen, die Ungarn in Rumänien des rumänischen Volkes usw.“

 

Im Gegensatz dazu steht jedoch die Politik des Sowjetzonen-Regimes in der Sorbenfrage (Sorben), wobei allerdings auch die Überlegung des Regimes eine Rolle spielen mag, daß die Existenz dieser kleinen Volksgruppe als Beweis für den nichtdeutschen Charakter der an Polen abgetretenen deutschen Ostgebiete (Oder-Neiße-Linie) herhalten könnte.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 179


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.