
Sachsen (1956)
Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969
[S. 223]Land der SBZ, umfaßt seit 1945 auch die westlich der Görlitzer Neiße gelegenen Kreise der preußischen Provinz Niederschlesien; 16.910 qkm, 5,7 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 28. 2. 1947, Hauptstadt: Dresden, Landesfarben: Weiß-Grün. — Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der sog. Verwaltungsreform unter gleichzeitiger Bildung der Bezirke Chemnitz, Dresden und Leipzig aufgehoben; staatsrechtliche Stellung des Landes seither unklar.
S. ist hervorgegangen aus der im 10. Jh. entstandenen sächsischen Mark Meißen, mit der Heinrich IV. 1089 die Wettiner belehnte. Sie erwarben Mitte des 13. Jh. die Landgrafschaft Thüringen und 1423 das namensgebende askanische Kurfürstentum S.-Wittenberg (seither: Kursachsen). 1485 zerfiel der wettinische Besitz durch die Leipziger Teilung in die Ernestinische (Kurlande und südliches Thüringen) und die Albertinische Linie (Mark Meißen, Leipziger Gebiet und nördliches Thüringen). Kurfürst Friedrich der Weise schützte Luther; auch seine Nachfolger traten für den Protestantismus ein. Nach der Niederlage der Ernestiner im Schmalkaldischen Krieg kam 1547 mit den Kurlanden auch die Kurwürde an die Albertiner, die Mitte des 16. Jh. das Vogtland und 1635 die Lausitz erwarben, jedoch in der Folgezeit die Führung der evangelischen Reichsstände an die Hohenzollern verloren. 1656 entstanden die Sekundogenitur-Herzogtümer S.-Weißenfels, S.-Merseburg und S.-Zeitz, die schon zwischen 1718 und 1746 an das Kurhaus zurückfielen. Europäische Bedeutung erlangte S., als der zum Katholizismus zurückgetretene Kurfürst Friedrich August I. (August der Starke, 1694–1733), zugleich König von Polen wurde (die Personalunion bestand bis 1763). Im 2. Schlesischen und im Siebenjährigen Krieg wurde S. auf der Seite Österreichs von Preußen überrannt. Als Rheinbundmitglied nahm Kurfürst Friedrich August III. 1806 die Königswürde an, verlor jedoch — auch in den Befreiungskriegen auf der Seite Napoleons — 1814 den größeren nördlichen Teil seines Landes an Preußen (die Niederlausitz und die östliche Oberlausitz kamen zu den Provinzen Brandenburg und Schlesien, die übrigen Gebiete zur Provinz Sachsen). Nach der Niederlage auf der Seite Österreichs im preußisch-österreichischen Krieg von 1866 trat S. dem Norddeutschen Bund bei; seit 1871 gehört S. zum Deutschen Reich. S. wurde 1918 Freistaat. Nach 1933 verlor das Land im Zuge der sog. Reichsreform weitgehend seine Eigenstaatlichkeit. In den letzten Wochen des 2. Weltkrieges wurde S. von amerikanischen und sowjetischen Truppen besetzt; am 1. 7. 1945 fiel auf Grund der alliierten Abkommen über die Zoneneinteilung auch der westlich der vorläufigen Demarkationslinie gelegene Landesteil an die Sowjets. Wenige Tage später befahl die SMAD die Einbeziehung der westlich der Görlitzer Neiße gelegenen Kreise der preußischen Provinz Niederschlesien (Oder-Neiße-Linie) in das Land und die Errichtung der „Landesverwaltung S.“ unter Präsident Rudolf Friedrichs (SPD), der sie im Okt. 45 ein beschränktes Gesetzgebungsrecht einräumte. Am 20. 10. 1946 fanden die ersten Landtagswahlen statt, bei denen trotz massivster sowjetischer Wahlbeeinflussung die SED nur 49,1 v. H. der abgegebenen Stimmen erhielt. Der Landtag bestätigte im Dezember 1946 die auf der Grundlage der Blockpolitik gebildete Landesregierung unter Ministerpräsident Dr. h. c. Rudolf Friedrichs (SED) und beschloß am 28. 2. 1947 die „Verfassung des Landes S.“, die am 15. 3. 1947 in Kraft trat. An Stelle des verstorbenen Dr. Friedrichs wurde 1947 Max Seydewitz (SED) Ministerpräsident. Seit Bildung der Sowjetzonen-Republik im Oktober 1949 ist S. Land der „DDR“. Das dem Landtag am 25. 7. 1952 aufgezwungene „Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande S.“ beraubte das Land seiner staatsrechtlichen Handlungsfähigkeit (Verwaltungsreform).
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 223