
Uranbergbau (1956)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985
Der U. in der SBZ wird von der sowjetischen Wismut-AG., seit 1. 1. 1954 angeblich zu einer deutsch-sowjetischen Aktiengesellschaft umgewandelt, betrieben. Die Sowjets schufen damit ein völkerrechtliches Novum, da erstmalig die Siegermacht eines Krieges ohne Fühlungnahme mit früheren Verbündeten nach eigenem Ermessen in dem von ihr besetzten Gebiete die Bodenschätze als Reparationsleistungen ausbeutet. Die Wismut-AG. nahm innerhalb der SAG insofern eine Sonderstellung ein, als sie nicht zur Verwaltung der sowjetischen Vermögen in Deutschland gehörte. Die Hauptverwaltung Wismut-AG. in Siegmar-Schönau bei Chemnitz (Sachsen) untersteht direkt sowjetischen Ministerien in Moskau.
Die Gründer, die alle Aktien übernommen haben, sind: 1. die Hauptverwaltung des Sowjetischen Vermögens im Auslande des Ministerrates der SU; 2. die Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie „Medj“ in der SU. Die Wismut-AG. hat seit 1946 systematisch allen Boden der SBZ, der irgend Uranvorkommen vermuten ließ, durch sog. „Geologenbrigaden“ nach Uranvorkommen untersucht. Selbst ganz unsichere Vermutungen veranlaßten Probebohrungen und Schürfungen. Nach vergeblichen Schürfungen im Harz und im Zittauer Gebirge, welche 1951/52 wieder eingestellt wurden, konzentriert sich der U. gegenwärtig auf folgende Gebiete:
1. Erzgebirge und Vogtland mit Hauptzentren in und um Aue, Johanngeorgenstadt, Oberschlema, Auerbach und Schneeberg; 2. Thüringen mit Hauptzentren um Saalfeld, Blankenburg, Ilmenau, Greiz, Werdau und Ronneburg. Die Zahl der im U. beschäftigten Deutschen wird von der Wismut-AG. streng geheimgehalten. Nach zuverlässigen Schätzungen betrug der Beschäftigtenstand bei der Wismut-AG. im Herbst 1951 etwa 225.000. Diese Zahl entsprach rund 10 v. H. aller Beschäftigten in Industrie und Bergbau der SBZ. Gegenwärtig dürften noch immer etwa 160.000 Arbeitnehmer für die Sowjets in der Wismut-AG. tätig sein. Auch die Ausbeuteergebnisse des U. werden streng, geheimgehalten. Die Werbeaktionen für Arbeitskräfte sind jetzt unmittelbar in die Betriebe und Verwaltungen gelegt. SED und FDGB unterstützen die Anwerbung deutscher Arbeitskräfte für den sowjetischen U. Äußerlich geschieht alles auf freiwilliger Basis. Tatsächlich aber werden die Arbeitskräfte dadurch gewonnen, daß man sie aus ihren bisherigen Arbeitsstellen entläßt und den Arbeitsverwaltungen zur Verfügung stellt. Die Betriebe erhalten regelmäßig „Auflagen“, wieviel Arbeitskräfte sie auf diese Weise freistellen müssen. Die Arbeitslosen werden sodann unter der Drohung, ihnen im Weigerungsfälle jede Unterstützung zu entziehen, zum Abschluß von Arbeitsverträgen für den U. gezwungen. Trotz den Lohnkürzungen seit Mitte 1950 werden im U. noch relativ hohe Löhne gezahlt. Sie stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den geforderten Leistungen und den durch mangelhaften Arbeitsschutz bestehenden Gefahren. Der Durchschnittslohn liegt zur Zeit bei 460 DM Ost monatlich. Hauer erhalten im Leistungslohn jetzt 600 bis 650 DM Ost, andere Arbeiterkategorien entsprechend weniger. Ende 1949 konnten Hauer bei gleicher Leistung das Doppelte verdienen.
Die außerordentlich hohen Kosten des U. wurden bis 1951 wahrscheinlich überwiegend aus dem Finanzaufkommen der SBZ aufgebracht. Von 1946 bis Anfang 1949 hatte die Regierung des Landes Sachsen den Hauptanteil zu tragen. Die damalige DWK und die übrigen Länder gaben nach Weisung der Sowjets Zuschüsse. Seitdem wird der U. von den Zentralstellen der SBZ finanziert. Art und Höhe der Finanzierung liegen völlig im Dunkel, da weder aus dem Staatshaushalt noch aus Unterlagen der Planungsstellen offene Angaben ersichtlich sind. Rückschlüsse aus der wechselnden Zahl der Beschäftigten und den im Erzbergbau allgemein üblichen Kosten ergeben von 1946 bis 1953 einen Gesamtaufwand von etwa 7,75 Mrd. Mark. Diese Summe ist in den unter Reparationen angegebenen Zahlen mit enthalten.
Literaturangaben
- *: Der Uranbergbau in der sowjetischen Besatzungszone.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 268