Besatzungspolitik (1956)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985
Die B. begann nach der militärischen Besetzung Deutschlands und der deutschen Kapitulation vom 8. 5. 1945 formell am 5. 6. 1945 mit der Erklärung über die Übernahme der Regierungsgewalt durch die vier Alliierten. Die Regierungsgewalt sollte vom Kontrollrat ausgeübt werden, innerhalb dessen jeder der Oberbefehlshaber der 4 Besatzungsarmeen die Verantwortung für seine Zone übernahm. Die Behandlung der deutschen Bevölkerung sollte nach dem Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945, „soweit dieses praktisch durchführbar ist“, in ganz Deutschland gleich sein.
Die sowjetische Verwaltungsspitze wurde die Sowjetische Militär-Administration in Deutschland (SMAD) mit Sitz in Berlin-Karlshorst. Unmittelbar nach Arbeitsbeginn des Kontrollrats begann die SMAD mit der willkürlichen Auslegung der Kontrollratsdirektiven und dem Erlaß von selbständigen Verordnungen („Befehle“), die Gesetzeskraft erhielten. Die schädlichsten Folgen hatte die einseitige Auslegung der Direktiven auf dem Gebiete der Bodenreform, der Enteignung von „Kriegsverbrechern und Naziaktivisten“, der Entnazifizierung, der Reparationen und Demontagen sowie der zum Schutze der Besatzungsarmeen erlassenen Rahmenbestimmungen. Der SMAD nicht genehme Kontrollratsbeschlüsse wurden durch Veto des sowjetischen Vertreters verhindert, so daß der Kontrollrat schon sehr bald seine Funktionen praktisch nicht ausüben und von einer gemeinsamen B. nicht mehr die Rede sein konnte. Mit dem Aufbau eines neuen, bald rein kommun. deutschen Verwaltungsapparates (DWK, Verfassung und Verwaltung) entstand neben der SMAD ein Parallelapparat, der jedoch schon in den untersten Instanzen den sowjetischen Weisungen unterworfen war. Die B. konzentrierte sich auf zwei verschiedene Ziele: 1. die wirtschaftliche Ausbeutung der Zone (Wirtschaftssystem, Gosplan) und 2. die politische Bolschewisierung. Das rücksichtslose Vorgehen der SMAD in wirtschaftlicher, politischer und rechtlicher Hinsicht wandelte die anfangs auf deutscher Seite vielfach vorhandene Bereitschaft zur Zusammenarbeit in nahezu absolute Ablehnung (Juni-Aufstand).
Nachdem die Versuche, eine Vereinigung der Westzonen und der SBZ auf kommun. Grundlage herbeizuführen, an der Haltung der westdeutschen und Westberliner Bevölkerung sowie der Festigkeit der westlichen Besatzungsmächte gescheitert waren, ist seit etwa Anfang 1948 die Einbeziehung der SBZ in den Ostblock das wichtigste Ziel der sowjetischen B. (Außenpolitik).
Neben den Enteignungen war die gesonderte Währungsreform das wichtigste Hilfsmittel der B. zur Umgestaltung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur in der SBZ. Einseitige Begünstigungen der sowjetischen und deutschen kommun. Finanzinteressen kamen in dem gestaffelten Abwertungsverhältnis der Reichsmark im Vergleich zu den Einzelpersonen der SBZ zum Ausdruck. Nach Bildung der „DDR“ wurde die SMAD am 11. 11. 1949 aufgelöst, ihre Funktionen wurden formell den deutschen Verwaltungsorganen übertragen. An Stelle der SMAD wurde die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) mit Sitz wiederum in Berlin-Karlshorst gebildet. Die Aufgabe der SKK bestand nach der Erklärung Tschuikows vom gleichen Tage in der „Kontrolle der Durchführung der Potsdamer Beschlüsse und der anderen von den 4 Mächten gemeinsam getroffenen Entscheidungen über Deutschland“. Die SKK behielt sich ferner den diplomatischen Verkehr mit den anderen Besatzungsmächten vor. Im weiteren Verlauf der Erklärung werden alle anderen wesentlichen Kontrollen als zu den Aufgaben der SKK gehörend bezeichnet. Es bestand also praktisch ein Unterschied zu den früheren Zuständen nur insoweit, als der straffer durchorganisierte Apparat der SED mit größeren Aufgaben in das sowjetische Kontrollsystem eingebaut werden konnte.
In den Jahren nach 1949 ist die SED den sowjetischen Organen in der SBZ, mehr noch dem ZK der KPdSU immer höriger geworden — ihre Verehrung für das sowjetische Vorbild hat immer noch zugenommen. So muß bis heute im weiteren Sinne jede Regierungs- und Parteimaßnahme als B. bezeichnet werden. An dieser Abhängigkeit der „DDR“ von der SU änderte nichts die Umwandlung der SKK in eine Hohe Kommission, [S. 43]unter Ernennung Semjonows zum Hohen Kommissar (28. 5. 1953), und deren Verkleinerung auf ⅓ ihres vorhergehenden Umfanges (19. 6. 1954). Das gleiche gilt von den Zugeständnissen, welche die SU der „DDR“ im Moskauer Abkommen vom August 1953 gewährte (Verzicht auf offene Reparationen, Rückgabe der SAG-Betriebe, Senkung der Besatzungskosten). Abhängig von der SU blieb und bleibt die „DDR“ auch, seitdem die SU sie dem Namen nach als „souveränen Staat“ (25. 3. 1954) behandelt. — Als Nachfolger Semjonows wurde G. M. ➝Puschkin zum Hohen Kommissar der SU in der SBZ ernannt.
Literaturangaben
- Duhnke, Horst: Stalinismus in Deutschland — Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 15). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 378 S.
- Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 42–43
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