Parteilichkeit der Rechtsprechung (1956)
Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Ausdruck des Pj. Eine untrennbare Einheit von demokratischer Gesetzlichkeit und Parteilichkeit der Rechtsprechung wird festgestellt. „Mit dieser Parteilichkeit muß die demokratische Gesetzlichkeit in ihrer gegenwärtigen Hauptrichtung verwirklicht werden“ (Hilde ➝Benjamin in „Neue Justiz“ 1954, S. 222). Parteilichkeit der Rechtsprechung heißt „richtige Anwendung der Gesetze im Sinne der Politik von Partei und Regierung“ („Neue Justiz 1954, S. 223). Immer wieder wird gefordert, daß die Richter der sowjetzonalen Straf- und Ziviljustiz mit „bewußter Parteilichkeit“ arbeiten, und daß sie nicht einem Hang zum „Objektivismus“ erliegen. „Das Ministerium der Justiz erwartet von der richterlichen Tätigkeit der Wissenschaftler wesentliche Hilfe und Unterstützung im Kampf um die Parteilichkeit der Rechtsprechung, und zwar sowohl in Strafverfahren als in Zivilrechtsstreitigkeiten“ („Neue Justiz“ 1954, S. 551). Die Richter „müssen parteilich als politische Menschen entscheiden“ (Böhme in „Neue Justiz“ 1955, S. 327). „Die Erziehung unserer Kader muß in jedem einzelnen Richter immer stärker die Erkenntnis und das Bewußtsein vom Wesen unserer Gesetzlichkeit festigen und ihn immer stärker zur parteilichen Anwendung unseres Rechtes befähigen“ (Hilde Benjamin in „Neue Justiz“ 1953, S. 679).
Rückblickend auf die Entwicklung der sowjetzonalen Justiz können Hilde Benjamin und Melsheimer feststellen, „daß unsere Staatsanwälte und Richter in den Verfahren gegen Spione, Terroristen, Saboteure und Boykotthetzer mit großer Parteilichkeit vorgehen und sich ständig bemühen, diese Verbrechen im Zusammenhang mit der jeweiligen politischen Situation zu sehen und richtig zu differenzieren“ („Neue Justiz“ 1955, S. 265). Parteilichkeit der Rechtsprechung bedeutet in der Praxis nichts anderes, als daß der Wille der SED beachtet wird. Dabei werden Schwankungen und Brüche in der Rechtsprechung aus politischen Zweckmäßigkeitserwägungen nicht nur in Kauf genommen, sondern für richtig und notwendig gehalten.
Literaturangaben
- Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1955. 160 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 191
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